Sonntag, 26. März 2017

Wahlergebnisse: 96,34 % – cirka 99,85 % - 100 %

Das Ergebnis von 96,34 Ja-Stimmern in DDR-Wahlen war außergewöhnlich niedrig. 1968 durfte das DDR-Wahlvolk darüber abstimmen, ob die Volkskammer eine neue Verfassung beschließen soll, die die Rechte der Bürger noch weiter beschneiden wird. Es herrschte Unmut in der Bevölkerung. Menschen sprachen sich öffentlich ablehnend aus. Angeblich fanden sogar konspirative Aktionen dagegen statt. Diesem und jenem war klar, dass für ihn der Schaden einer Zustimmung größer ist als der Schaden, den er sich mit einer Nichtteilnahme zufügt oder vielleicht mit dem Durchstreichen des Wahlzettels in der Wahlkabine (die es tatsächlich gab, aber deren Gebrauch registriert wurde, was entsprechende Auswertungen und Verdächtigungen nach sich zog). So kam es zu der ungewöhnlich niedrigen Zustimmung zur Verfassungsänderung von nur 96,34 %.

Wegen des spürbaren Unmuts der Bevölkerung vor dieser „Wahl“ wurde ein ungeheurer Propagandaaufwand betrieben, der den Menschen die Vorzüge der neuen Verfassung schmackhaft machen und sie vom Nein-Wählen abhalten sollte. (in welcher Form das „Nein“ formell vollzogen werden konnte, das weiß ich nicht, denn ich war noch nicht im Wahlalter). Die Lehrer in den Schulen, und zwar alle Lehrer, nicht nur die Staatsbürgerkundler, waren instruiert, ihre Schüler, die wiederum auf ihre Eltern einwirken sollten, von den Vorzügen der neuen Verfassung zu überzeugen. Das überall verbreitete Logo, ein Kreis mit gekreuzten Strichen, als ein Ja, war auf Plakaten allgegenwärtig.

Damals war ich Schülerin. So trat eines Tages unser Mathelehrer in die Klasse, malte einen Kreis mit gekreuzten Strichen darin auf die Tafel und fragte: „Was ist das“? Spontan rief ich in die Klasse: „Eine Glühlampe“. Denn es ist tatsächlich das allgemeine Symbol für die Glühlampe. Und ich schwöre, dass ich an nichts anderes gedacht hatte, weil ich mir nicht hatte vorstellen können, dass in der Mathematikstunde Propaganda stattfinden könnte, was zwar in vielen Fächern üblich war, aber nicht in den naturwissenschaftlichen. Da ich in der Schule als „renitent“ eingestuft war, konnte sich der Lehrer wieder nichts anderes vorstellen, als dass ich provozieren wollte. Ein typisches Beispiel von Konfusion. Es gab ein ungeheures Donnerwetter von dem sonst eigentlich netten Mathelehrer, auch er wurde wohl innerlich konfus über die renitente Schülerin, der er aber zumindest unbewusst Recht geben musste.

(eine Betrachtung in drei Teilen)

Mittwoch, 15. März 2017

Tuvia Tenenboom „Allein unter Flüchtlingen“

Das neue „Tuvia“-Buch erhielt ich schon am Tag des Erscheinens. Diesmal war ich aufgrund meiner früheren Leseerfahrungen mit diesem Autor nicht skeptisch, dass ein neues „Allein“-Buch eine Wiederholung von Altem sein könnte. Im Gegenteil, denn es spielt in einem Milieu, in dem ich mich auskenne. Der erste Blick war trotzdem eine Enttäuschung: Es ist zu dünn. Allerdings war es auch die einzige Enttäuschung.

Tuvia bereist den Osten und den Westen Deutschlands und er nutzt seine altbewährte Art, direkt auf die Menschen zuzugehen, sich auf sie einzulassen, sie zu beobachten, mit ihnen ins Gespräch zu kommen, und auf eine geniale Weise die „richtigen“ Fragen zu stellen, auf die er dann auch prompt die „richtigen“ Antworten erhält. Da er Deutschland erst spät in seinem Leben kennengelernt hat und über die deutsche Sprache (wohl) nur vermittels seiner (ihn unsichtbar begleitenden) Frau verfügt, ist der Leser immer wieder verblüfft, wie er mit seinen Beobachtungen ins Schwarze trifft. Diesmal hat Tuvia einen unschätzbaren Vorteil, denn er beherrscht Arabisch und kommt dadurch schnell mit Flüchtlingen (die damals noch nicht Geflüchtete hießen) ins Gespräch. Sie erzählen ihm über ihre Lebensumstände, legen ihre berechtigten oder unberechtigten Klagen vor, er lernt Flüchtlingsheime und -unterkünfte von innen kennen. Daneben trifft er die Einwohner, sowohl Menschen auf der Straße, als auch Politiker oder „Prominente“. Berührungsängste kennt er nicht, die AfD und ihre Vertreter interessieren ihn sehr und im Gegensatz zu den deutschen Medien, in denen AfD-Vertreter als eine Art von Untermenschen ignoriert oder diffamiert werden, erlebt er sie als Individuen, mit denen er sich auseinandersetzt und über die er sich Gedanken macht..

Der Unterschied zwischen Ost und West fällt ihm auf. Im Osten reden die einfachen Menschen direkter und unverblümter, im Westen herrscht eher eine an Correctness geschulte Sprechweise vor. Wie von Zauberhand gelenkt, taucht sowohl bei Flüchtlingen als auch bei Deutschen immer wieder eine Fixierung auf Israel oder die Juden auf.

Die einzelnen Episoden will ich nicht schildern, man soll sie selbst in Tuvias unnachahmlicher pointierter Sprachweise lesen. Nur so viel sei angemerkt, dass er die Zustände in vielen Flüchtlingsunterkünften als desolat erlebt hat. Mit der Mentalität von Flüchtlingen kenne ich mich zu wenig aus, um mir ein Urteil bilden zu können, wohl aber mit der Mentalität von Flüchtlingshelfern. Und die ist derart authentisch geschildert, dass man jedes Erlebnis und sei es noch so absurd, nachvollziehen kann. Interessanterweise wird ihm oft auf seine Frage, warum ausgerechnet Deutschland diese Unmengen von Flüchtlingen aufgenommen hat geantwortet, das wäre darum, weil „Deutschland seinen schlechten Ruf auf der Welt gut machen und man nicht als ein ‚Naziland‘ dastehen will“. Tuvia akzeptiert diese Meinung seiner Gesprächspartner. Mich wundert diese Einstellung ein wenig, denn seit Jahrzehnten ist in den Medien immer wieder zu lesen und zu hören, wie hoch Deutschland auf der Skala der beliebtesten Länder auf der Welt stünde - einer der vordersten, wenn nicht der erste Platz ist ihm immer gewiss. Möglicherweise ist Deutschland „wegen seiner Vergangenheit“ (dieser allgemein geliebte Ausdruck, der alles und nichts aussagt) wie von einem Waschzwang besessen. Der erste Platz reicht nicht, man muss rein waschen und rein waschen! Ich könnte mir auch eine andere Erklärung für die große Zahl der „Aufnahme von Schutzsuchenden“ vorstellen, so etwa wie die Negation der Negation, die wir im politischen Unterricht gelernt haben: Viele Judenhasser ins Land lassen, um damit die Ermordung der Juden vergessen zu machen.

Dass Tuvia für sein Buch böse Verrisse bekommen wird, ist gewiss, es wird aber sicher auch von vielen Menschen, so auch von mir, mit Freude gelesen.

Donnerstag, 9. März 2017

Basedow II oder Meditation über ein Kriegerdenkmal

Wer die Kirche von Basedow von innen erblickt, kommt aus dem Staunen nicht heraus. In der Kirche eines kleinen mecklenburgischen Dorfes bietet sich dem Betrachter ein herrlicher Anblick: Die Epitaphen der ehemaligen Schlossherren und der Altar üppig geschnitzt und verziert, die Orgel, die sich über die gesamte Empore erstreckt, ebenfalls. In der Kirche gibt es eine Menge barocke Schönheit. Die Orgel ist ein Kleinod, die älteste Barockorgel Mecklenburgs, zu der Orgelfreunde aus aller Welt pilgern. Mit etwas Aufmerksamkeit entdeckt man zwei Kriegertafeln, wie sie in Kirchen üblich sind. Zur Zeit der DDR hatte man Kriegertafeln für Gefallene des zweiten Weltkriegs nicht in Kirchen anbringen dürfen (einige Pfarrer sollen es geschafft haben, den Staat zu überlisten und schon damals Tafeln angebracht haben). Dieses Manko wurde nach der Wende schnell behoben, wenngleich nicht mit so viel Öffentlichkeit wie neu angebrachte Glocken oder restaurierte Orgeln. Auf einmal waren sie da. So auch in Basedow.

Das Kreuz, das die Namen der gefallenen Soldaten umschlingt, befremdet. Soll das Kreuz, das für das Leiden Jesu steht, den Tod deutscher Soldaten symbolisieren, mögen sie mit oder gegen ihren Willen in den Krieg gezogen sein? Immerhin war es ein barbarischer Angriffskrieg. Oder soll damit angedeutet werden, dass Jesus auch für diese Menschen in den Tod gegangen ist?

Der Vers, der etwas versteckt, die Kriegertafel des 2. Weltkriegs ziert, lautet: „Ausgesät, nur ausgesät wurden alle die, die starben. Wind und Regenzeit vergeht, und es kommt der Tag der Garben“.

Der Spruch ist schon einer Meditation Wert. Ein unbefangener Leser denkt natürlich: Das Opfer der Leben dieser Soldaten diente etwas Größerem und so wird eines Tages die Saat aufgehen, die dieser opferreiche Krieg gesät hat. In welcher Form sollte man es sich vorstellen? Etwa als eine Art „4. Reich“? Soll hier verkündigt werden, dass die Eroberungs- und Vernichtungsvorhaben des zweiten Weltkriegs so wie Getreidegarben nach einer gehörigen „Wind- und Regenzeit“ als eine Art „Ernte“ eingebracht werden? Gedanken dieser Art möchte ich den Erschaffern der Tafel nicht unterstellen. Der Spruch könnte ein theologisches Synonym für den „reichen Mann“ im Neuen Testament sein, der von der Hölle aus seine früheren Mitmenschen warnen möchte, auf dass sie es ihnen nicht gleich tun. Die getöteten Soldaten als Warner gegen den Krieg. Symbolisieren die Garben den Frieden?

Wahrscheinlich wird die Erklärung eine viel einfachere sein: Nach ein wenig Recherchieren erwies es sich, dass diesen Spruch Mathias Claudius verfasste. Derselbe Dichter, der das Lied „Der Mond ist aufgegangen“ gedichtet hat. Ein guter Mann, also auch ein guter Spruch!

Freitag, 3. März 2017

Basedow oder Meditation über ein Grabmal

Das Grabmal steht öffentlich zugänglich auf dem Friedhof der interessanten Kirche von Basedow, die herrliche Schätze, aber auch dunkles Gedankengut in ihrem Innern birgt. Direkt vor dem Eingang ist das Grab eines Landesbischofs, wie darauf zu lesen ist. Zum Andenken seines 1944 in Frankreich vermissten Sohnes ist ein kleiner Grabstein gesetzt, der die Inschrift trägt: „Aus Feindes Hand in Gottes Hand“.

Zuerst stellt sich die Frage, was den Sohn des Bischofs nach St. Denis getrieben hat? Und was hat er dort getan? Irgendwie fiel er dort in die Hände seiner Feinde. Darüber, unter welchen Umständen er ins Land seiner Feinde geraten ist, sagt der Grabstein nichts.

Nun besagt der Begriff „Feinde“ nichts darüber aus, wie der Bischof - dessen Profession es ist, zu verkünden, dass man seine Feinde lieben soll - zu seinen Feinden steht. Vielleicht hat er sie geliebt, vielleicht bereiste er das Land seiner Feinde um dort Versöhnungsarbeit zu betreiben. Zumindest Möglichkeiten gibt es viele.

Ein kleiner Grabstein bietet eben zu wenig Platz für eine längere Meditation, und so bleiben im Gedächtnis des Betrachters lediglich die Schlagworte „Feinde“, „Vermisst in St. Denis“ und "Gottes Hand" zurück.

feind

Samstag, 25. Februar 2017

Fake News

Es ist mehr als 30 Jahre her. Während der Arbeit hörte ich damals oft Radio. Eines Tages wurde eine Sensationsnachricht bekannt gegeben: Die Zeitschrift „stern“ wäre in den Besitz von Hitlers Tagebüchern gekommen, und Passagen aus den Tagebüchern würden nach und nach im „stern“ veröffentlicht. Da sagte ich: „Na, wenn das mal nicht wieder irgendwelche Fälschungen sind“. Wie die Geschichte ausging, ist bekannt.

Nicht alles, was in Medien, seien sie „konventionell“, „sozial“ oder „öffentlich-rechtlich“ veröffentlicht wird, kann man mit ein wenig gesundem Menschenverstand sofort verifizieren. Im Augenblick macht sich die Medienwelt Gedanken über die „fake news“, die angeblich die Köpfe und Gemüter der Menschheit zerstören und die Welt von den Füßen auf den Kopf stellen. Mit Interesse hörte ich mir eine einstündige Diskussion im Sender „Phönix“ zum Thema fake news an, die unter der Moderation von Marietta Slomka ausgestrahlt wurde. Zwei namhafte Journalisten wirkten mit, ein junger Professor und der Intendant des ZDF. Dass bei diesem Thema auch Vernunft vorhanden sein kann, bewies der Vorstandsvorsitzende des Springer-Verlages, Mathias Döpfner. Er hatte die These, dass die Leute Medienkompetenz erwerben sollen, damit sie die modernen Medien, die sowieso nicht rückgängig gemacht werden können, beherrschen lernen, und dass für Medienschaffende die Möglichkeiten aber auch die Gefahren des Internets Herausforderungen seien, die dazu führen, dass der Beruf noch interessanter und verantwortungsbewusster ausgeübt werden kann.

Hier erinnerte ich mich, wie ich vor einiger Zeit im Internet las, dass die Leitung der Antonio Amadeo Stiftung auf dubiose Weise ausgewechselt werde. Da wunderte ich mich, wurde unsicher, und deshalb googelte ich ein wenig, bis mir klar wurde, dass dieser Beitrag eine Satire war. Das war keine zu aufwändige Arbeit. Außer bei Mathias Döpfner herrschte große Sorge vor Falschinformationen dieser Art im Internet. Man war sich allerdings einig, dass es diese schon immer, auch in konventionellen Medien gegeben hat (das beweisen die gefälschten Hitlertagebücher). Heute würden die Falschinformationen nur viel schneller kreisen und eine ungleich breitere Masse von Menschen erreichen.

Nun ist im Internet vieles möglich, aber dass jeder alles was geschrieben wird, jederzeit liest, ist nicht möglich. Dass Milliarden von Einträgen die Relevanz haben, die die Professoren und Doktoren aus dieser Diskussionsrunde ihnen zutrauen, ist zu bezweifeln. Es beherrschte die Angst dieses Gespräch, dass etwas Grundfalsches ins Netz gestellt wird, und wie von Zauberhand gelenkt, der Weltuntergang nahe sei. Die dafür angegebenen Beispiele waren ebenso dürftig wie absurd: Hillary Clinton war im Internet unterstellt worden, sie betreibe aus einer Pizzeria heraus einen Kinderschänderring, und einmal geisterte das Gerücht, Julian Assange sei ermordet worden für einige Momente durchs Netz. Mehr fiel den Diskutanten nicht ein, sie hatten kein überzeugendes Beispiel für Schäden, die fake news hervorgebracht haben.

Mathias Döpfner deutete es an, aber die anderen Teilnehmer kamen nicht auf die Idee: dass ein Journalist in der Lage sein sollte, zu recherchieren und nicht auf jede Dummheit hinein zu fallen aus Sorge, er könnte wegen der Recherche seine Neuigkeit erst einige Minuten später verkünden. Der Professor hatte erkundet, dass 95 % der Deutschen ihre Meinung gar nicht vom Internet abhängig machen. Da kann man doch sagen: ´Was soll die Diskussion?´ Er sorgte sich aber um die restlichen 5% der Deutschen, denn das wäre eine beträchtliche Menge. Große Sorge bereiteten Populisten, die ihren Freunden, die wahrscheinlich zu den „5%“ gehören, über Internet den Rat gäben, die falsche Partei zu wählen. Vielleicht auch die falsche Zeitung zu lesen und den falschen Fernsehsender zu schauen, denn die Sorge um das eigene Medium, dessen Einfluss zu schwinden droht, schien der eigentliche Beweggrund der Diskussion zu sein.

Eine eindeutige Fake News hat uns im vergangenen Jahr die ARD gebracht, dass war ein Beitrag über „Wassermangel im Westjordanland“, die sich eindeutig als Fake herausgestellt hat und wofür sich die ARD nie entschuldigt hat.

Freitag, 17. Februar 2017

Was lässt viele Menschen wie gebannt auf Israel starren?

Mit einer guten Bekannten hatte ich einen kurzen Dialog: „Was halten Sie davon, dass Israel schon wieder so viele Häuser in der Westbank baut?“ Ich antwortete: „Na ja, in den Häusern werden Menschen wohnen, das ist doch besser, als das was in Syrien los ist. Häuser bauen ist auf jeden Fall besser als Häuser zu zerstören, und wenn es einen palästinensischen Staat geben wird, kann auf jeden Fall jemand in den Häusern leben“. Die Bekannte war verblüfft: „Ach, da haben sie Recht, in den Häusern können ja dann Palästinenser wohnen!“ Ich verzichtete darauf, das Thema zu vertiefen. Sonst hätte ich gefragt, warum denn nicht auch nach einer palästinensischen Staatsgründung Juden dort wohnen könnten, ebenso wie Araber in großer Zahl in Israel leben.

Unsere Bekanntschaft war durch Gespräche über Israel zustande gekommen. Vor Jahren schilderte sie mir ihre Reiseerlebnisse. Bei einer Ägyptenreise hatte sie durch Zufall Gelegenheit, auch ein paar Tage nach Israel zu fahren. Mit einem deutschsprachigen Ranger namens Alfonso hatten sie einen zauberhaften Trip durch die Wüste gemacht. Seitdem erzählten wir uns immer mal bei einem Treffen, wie schön es in Israel ist. Irgendwie hatte sich inzwischen der Tonfall meiner Bekannten geändert, wenn sie über Israel sprach. Er klang gereizter. Ich habe den Eindruck, dass dieser veränderte Tonfall durch die permanente Anti-Israel-Berieselung aus den Medien verursacht sein könnte.

In Gedanken ging ich allein die Erlebnisse durch, die ich selbst im vorigen Jahr hatte: Ein Bischof macht es sich zur Aufgabe, Vorträge zu halten unter dem Gesichtspunkt, dass Juden eigentlich nicht ins „Heilige Land“ gehören, denn „Gott bindet sich nicht an ein Territorium“. (27.7./1.8./6.8.) Oder die Aufführung einer Theatertruppe – zur gleichen Zeit als Aleppo in Schutt und Asche gelegt wurde -, das den ganz allgemeinen Schrecken des Krieges zum Inhalt hatte. Wie von Zauberhand gelenkt, fiel ihnen der Gaza-Krieg ein, der auf Grund von jahrelangem Raketenbeschuss Israels von Gaza aus verursacht wurde. (13.11.) Auch wenn diese Truppe aus palästinensischen Jugendlichen bestand, so hätten sie ebenso gut der zahllosen getöteten Palästinenser im syrischen Lager Jarmuk gedenken können.

Weiterhin: ich fahre nichts ahnend in eine schöne Stadt Deutschlands, und kaum schaue ich mir den kulturellen Ratgeber an, so fällt mir die „Kunstinstallation“ der israelisch/palästinensischen Mauer ins Auge. (13.6./18.6.) Nicht etwa der Berliner Mauer, die die deutsche Bevölkerung 28 Jahre lang ziemlich klaglos ertragen hat (als ich letzteren Satz sinngemäß in einem Leserbrief schrieb, da wurde der Brief abgedruckt, aber um diesen Satz gekürzt, denn es fehlte an Platz!) Oder jedwede andere gewaltige Mauer oder Sperranlage auf der Welt von denen es unzählige gibt.

Oder, am 14.8. in der Tagesschau, als mir nichts, dir nichts ein Beitrag darüber gesendet wurde, wie Israel den palästinensischen Gebieten das Wasser vorenthält. Für diesen Beitrag hat sich die Tagesschau nie entschuldigt, obwohl im Bezug darauf klar nachgewiesen wurde, dass die geschilderte Wasserknappheit auf einen Wasserrohrbruch zurück zu führen war, mit dem Israel absolut nichts zu tun hatte.

Es muss etwas geben, was viele Menschen dazu bringt, wie gebannt auf Israel zu starren.

Donnerstag, 2. Februar 2017

„Trumps Einreiseverbot für Muslime"

Vor einigen Jahren kam ich zu Besuch zu einer Bekannten. Sie war gerade dabei, die Unterlagen für eine Mittelmeerkreuzfahrt auszufüllen. Es waren gar nicht so wenige Papiere die dort lagen. Unter anderem musste sie angeben, ob Sie in den letzten Jahren (den Zeitraum weiß ich nicht mehr) einmal in Israel gewesen ist. Nur unter der Bedingung, dass kein israelischer Einreisestempel in ihrem Pass ist, war die Kreuzfahrtgesellschaft willens, sie mitzunehmen, bzw. sie hätte in bestimmten Häfen nicht an Land gehen können. Die Papiere wurden mit großer Selbstverständlichkeit ausgefüllt. Niemand hielt die Tatsache, dass es Länder gibt, die nicht etwa nur Israelischen Bürgern, sondern Menschen, die überhaupt in Israel waren, die Einreise verweigern, für interessant oder aufregenswert. Umgekehrt ist es wohl auch der Fall, dass Israel misstrauisch gegenüber Menschen ist, die in islamisch regierten Staaten gewesen sind. Aber darum geht es jetzt nicht.

Es geht um die große Aufregung, die weltweite Empörung, die dem amerikanischen Präsidenten Trump entgegen gebracht wird, weil er befristete Einsreisesperren gegen Menschen aus einigen islamischen Staaten verhängt hat. Ob diese Tatsache in Ordnung, ob sie verurteilenswert ist, damit können sich amerikanische Gerichte befassen, mir ist das ziemlich egal. Was mir nicht egal ist, ist die Unwahrhaftigkeit, mit der hiesige Medien damit umgehen. Nicht nur einmal, sondern immer wieder wird berichtet über: „Trumps Einreiseverbot für Muslime“. Das ist eine falsche Tatsachenverbreitung, man könnte es auch als fake new bezeichnen, denn es geht nicht gegen Muslime, sondern gegen Bürger aus bestimmten muslimischen Staaten. Man könnte sich vielleicht fragen, warum Saudi Arabien woher ja der große Teil der Attentäter vom 11.9. gekommen war, nicht unter jene Anordnung zählt.

Dass sich hier in unserem Land Unwahrhaftigkeit ins mediale Leben nicht nur eingeschlichen hat, sondern dass sie so verbreitet ist, dass sie kaum wahrgenommen wird, dass sie kolportiert wird, das ist für mich ein wirklicher Skandal. Erst wenn die Empörung darüber, dass nicht nur Israeli, sondern Juden überhaupt in gewisse Staaten nicht einreisen dürfen, sich mit dem Entsetzen über Trumps Einreisesperre die Waage hielten, könnte man von einer fairen und ausgewogenen Berichterstattung sprechen.

Freitag, 27. Januar 2017

Holocaustgedenken 27.1.2017

Der kürzlich verstorbene Bundespräsident Herzog installierte ins gesellschaftliche Leben den Tag des Holocaustgedenkens am 27. Januar. Über den Sinn oder Unsinn solcher Tage kann man diskutieren. Dienen sie als Beschwichtigung, sollen Tatsachen in diese oder jene Richtung gedeutet oder missdeutet werden? Damit möchte ich mich jetzt nicht beschäftigen, es gibt diesen Tag nun einmal, und darum fahre ich ins nahe gelegene Städtchen und nehme an der Gedenkfeier am Mahnmal, das sich auf dem Gelände eines ehemaligen KZ-Außenlagers befindet, teil.

An diesem Spätjanuartag lag ausnahmsweise kein Schnee. Das Mahnmal war nach langen Tagen der Düsternis in eine milde Wintersonne getaucht. Etwa 30 Personen aus einem Einzugsgebiet von ca. 10 000 Einwohnern, waren erschienen. Man kann sich Gedanken machen, was die einzelnen Leute zu dieser Teilnahme bewogen hat. Das ist letztendlich nicht wichtig, jeder hat seine persönlichen Beweggründe, die sich sehr unterscheiden können, aber in diesem Augenblick ist man wie eine kleine Gemeinde und nimmt Anteil aneinander.

Der Bürgermeister und ein Pfarrer sind immer dabei, sowie Schüler aus Realschule und Gymnasium, die das Programm gestalten. Es sind keine perfekten Auftritte, vieles erscheint komisch, was dadurch aufgewogen wird, das jeder viel von sich selbst in den Beitrag hinein legt und auch von sich preisgibt. Der Kulturbeauftragte der Stadt sorgt über eine Anlage für eine dezente musikalische Untermalung, meist ist es getragene Klezmermusik. Den Abschluss der Zeremonie bildet eine Kranzniederlegung vor den Stelen, auf denen viele Namen von in diesem KZ Umgekommenen eingraviert sind.

Die Schüler lasen einen Text von Martin Niemöller, Auszüge aus dem Bericht einer Überlebenden, die in diesem Lager gelitten hat und rezitierten ein Poem. Der Pfarrer hielt eine allgemein gehaltene Rede, dann folgte der Bürgermeister. Wie man es oft in Reden zu dem Anlass hört, sprach er davon, dass wir die Lehren daraus gezogen haben, dass alle Menschen gleich Wert sind und dass man die Würde keines Menschen herabsetzen darf. Ich wartete darauf, dass er den Bogen in die heutige Zeit spannt und auf die Flüchtlinge, von denen es in seiner Stadt etliche gibt, zu sprechen kommt. Tatsächlich schlug er diesen Bogen, aber ganz anders als ich erwartet hatte. Er sagte, dass wir diese Lehren auch den Menschen, die aus islamischen Ländern zu uns gekommen sind, beibringen müssen, denn unter diesen Menschen herrsche ein starker Antisemitismus und das wäre nicht hinzunehmen.

So kann ich die Teilnahme an so einer Veranstaltung – möge sie so oder so sein – immer als ein Erlebnis bezeichnen. So manches erfährt man über Menschen, die in der näheren Umgebung leben. Die Veranstaltungen geben dem Jahr ein Gepräge, sie wirken tatsächlich ein winziges bisschen „wider das Vergessen“, sie schaffen eine (winzige) Gemeinschaft. Sie sind „ein Wert an sich“.

Im Luftreich des Traums

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