Samstag, 17. Februar 2024

Leserbrief in Zeitungen

Der 7. Oktober 2013 war ein Schock. Nicht weniger schockierend war, wie die „Welt“ darauf reagiert hat. Es kommt so viel Bosheit und Gemeinheit zum Vorschein, so viel Judenhass, es scheint, als wäre dem Antisemitismus ein Tor geöffnet worden. Paradoxerweise wird gleichzeitig verkündet, dass man gegen Antisemitismus vorgehen muss und schiebt ihn gleichzeitig sozusagen durch die Hintertür herein. Das kann man besonders in Medien Tag für Tag erfahren. So kam mir ein Exemplar einer lokalen Kirchenzeitung in die Hände, in dem mittels eines Leserbriefs eine bösartige Tirade abgedruckt wird, die das Gleiche aussagt, was Herr Guterres schon verkündet hat: „Selbst Schuld!“ Hier meine Antwort darauf:

Liebe Redaktion der Kirchenzeitung,

Auch wenn ich weiß, dass Leserzuschriften nicht die Meinung der Zeitung widerspiegeln, so transportieren sie Meinungen, Ansichten und auch Gerüchte an ihre Leser. So das „Gerücht über die Juden“, das auch Antisemitismus genannt wird. In der Zuschrift von Herrn Ramm ist einiges enthalten, was weit über eine „Meinung“ hinausgeht. Der Jude als Brunnenvergifter, das war schon seit dem Mittelalter ein antisemitisches Stereotyp. Juden, die so schlimm sind wie die Nazis. Juden, die „selbst Schuld sind“ an dem, was man ihnen angetan hat. Geschichtsklitterung, die ein falsches bzw. unvollständiges Bild über die Entstehung des Staates Israel an die Leser weiter geben.

Nach der „Meinung“ von Herrn Ramm, ist es gut verstehbar, dass jüdische Kinder geköpft, verbrannt, vergewaltigt werden. Es ist die natürliche Folge des Hasses der Hamas-mörder, dessen Ursache Herr Ramm versucht zu erklären. Bitte, liebe Kirchenzeitung, erklären sie auch einmal, warum in der Nazizeit Juden vergast, verbrannt, entmenschlicht wurden. Welche verstehbaren Ursachen hat es damals gegeben? In den „Protokollen der Weisen von Zion“ kann man sicher einiges nachlesen.

Donnerstag, 8. Februar 2024

"Weltgbetstag der Frauen 2024"

Liebe Frau T.-M.

Ich wende mich an Sie als Leiterin des Frauenwerks der Nordkirche.

als Mitglied der evangelischen Kirche bekam ich das Vorbereitungsheft für den diesjährigen Weltgebetstag der Frauen in die Hand. Nach ausgiebigem Studieren bin ich zu der Meinung gekommen, dass darin Passagen enthalten sind, die bösartig, fehlinformierend und auch den Antisemitismus, der in der Kirche so beklagt wird, fördernd sind. Dass der Weltgebetstag an sich, aber besonders nach dem 7. Oktober, in dieser Art und Weise, veranstaltet wird, empfinde ich als beschämend. In meinem angefügten Schreiben (Blogeintrag 5.2.) gebe ich nähere Erklärungen dazu. Es wäre schön, wenn mein Schreiben im Frauenwerk Verbreitung finden wird und es eine Diskussion dazu gäbe.
Mit freundlichen Grüßen

Liebe Frau C.

vielen Dank für Ihre ausführliche Stellungnahme. Seit dem grausamen Überfall der Hamas auf jüdische Zivilist*innen am 7. Oktober 2024 wurde sich in vielen Weltgebetstags-Vorbereitungsgruppen und auf unterschiedlichen innerkirchlichen Ebenen intensiv über den diesjährigen Weltgebetstag ausgetauscht.
Dabei wurde nie das Existenzrecht Israels angezweifelt. Einer solidarischen Haltung mit den Israelis und einer klaren Positionierung gegen jede Form von Antisemitismus wurde stets Ausdruck verliehen. Gern sende ich Ihnen den Link auf unsere WGT-Info, der Sie unsere Stellungnahme entnehmen können.
Der WGT wird am 1. März sicher sehr unterschiedlich begangen – eng an die überarbeitete Gottesdienstordnung angelegt oder ganz unabhängig von der Vorlage als Friedensgebet, dass aller Opfer gedenkt – die jeweiligen Vorbereitungsgruppen entscheiden. Ich freue mich, wenn Sie die für Sie angemessene WGT-Form finden. Bitte melden Sie sich gern, wenn Sie eine Veranstaltung suchen.
Ich bin zuversichtlich, dass das Ziel des Weltgebetstages, sich für Frieden auf der Welt und für Gleichberechtigung für alle einzusetzen, auch in diesem Jahr gelingt.

Liebe Frau T.-M.

vielen Dank für Ihre Antwort auf meine Anmerkung zum „Weltgebetstag“. Leider bin ich mit Ihrer Antwort nicht zufrieden gestellt. Mir geht es nicht darum, ob die Kirche das Existenzrecht Israels in Frage stellt oder nicht, sondern wie sie für eine breite Masse von Frauen/Menschen, die Informationen über Israel und seine Entstehung weiter gibt. Da gibt es an dem Begleitheft durchaus Zweifel. Die Tatsache, dass eine der betroffenen palästinensischen Frauen über die Bomardierungen in ihrer Kindheit berichtet, und dabei in keiner Weise, entweder von ihr oder über die begleitenden Informationen, zum Ausdruck kommt, wie der neu gegründete Staat 1948 von 5 arabischen Armeen überfallen wurde, sehe ich als Geschichtsklitterung an. Ebenso wird von jahrzehntelangem Terror, kriegerischen Überfällen und Raketenbeschuss auf Israel geschwiegen. So dass für die vielen Teilnehmerinnen am Weltgebetstag das Bild von Israel als brutalem Angreifer und Besatzer transportiert wird. Ich sehe den "Weltgebetag 2024" keineswegs als antisemitisch, aber als einen wackeren Transporteur von Antisemitismus.

Mit freundlichen Grüßen

Montag, 5. Februar 2024

"Weltgebetstag der Frauen" , oder: Wo war Machsom Watch am 7. Oktober?

Im Vorbereitungsheft auf den Weltgebetstag der Frauen 2024 (Frauen aus Palästina) werden verschiedene Aspekte des Lebens christlicher palästinensischer Frauen aufgezeigt. Eine Seite des Heftes ist dem Projekt Machsom Watch gewidmet, das sind israelische Frauen, die die Grenzübergänge zwischen Israel und palästinensischen Gebieten überwachen, um „Menschenrechtsverletzungen“ israelischer Grenzposten gegenüber Einwohnern von palästinensischen Gebieten zu dokumentieren. Wenn man sich das Vorbereitungsheft zum Weltgebetstag anschaut, dann kann man feststellen, dass das, was an der Grenze u Gaza am 7. Oktober geschah, Machsom Watch nicht als Menschenrechtsverletzung dokumentiert hat. Ein unbeschriebener „unfassbarer, grausamer“ Terroranschlag wurde im Heft erwähnt, während die so genannten „Menschenrechtsverletzungen“ von Israelis, zum Beispiel Tippfehler im Computer der israelischen Grenzsoldaten, ausführlich beschrieben werden.

Der noch andauernde Militäreinsatz Israels wird in dem Heft mit dem „unfassbar grausamen Terroranschlag“ auf eine Stufe gestellt. Nicht erwähnt dagegen werden die vielen Geiseln, die weiterhin in Hamas-Tunneln leiden, darunter sind kleinste Kinder. Lieber nicht beschrieben wird, was die Hamas mit Israelis (und auch anderen Volksangehörigen) angestellt hat: Verbrennen von Menschen bei lebendigem Leib, Köpfen von Babys, Verbrennen von Babys in Backöfen, Vergewaltigungen, Abschneiden von Gliedern und Genitalien, teilweise vor den Augen ihrer Angehörigen. Die Tatsache, dass im Vorbereitungsheft zum Weltgebetstag etwaige Schikanen von israelischen Grenzbeamten ausgiebig Beachtung finden, was am 7. Oktober in Israel begangen wurde, wie nebenbei und marginal erwähnt wird, kann ich nur so interpretieren, dass Juden für „Weltgebetstag“ keine Menschen sind, nicht der Erwähnung wert. Machsom Watch hat am 7. Oktober versagt, wird aber sein Versagen in Zukunft durch „höhere persönliche Risiken“ wieder gut machen, in dem es auf die Juden weiter aufpasst. (S.24)

Das Heft wurde größtenteils vor dem 7. Oktober verfasst, danach wurde es korrigiert. Gar nicht wissen möchte ich, was zuvor im Heft stand. Das Titelbild, mit der Frau mit dem Schlüssel, gezeichnet von einer Frau, die in einer Gruppe arbeitet, die für ausgesprochen antisemitische Karikaturen bekannt ist - man kann sie im Internet betrachten -, spricht für sich. Aber erwähnt wird im Heft weder vor noch nach dem 7. Oktober: ständiger Raketenbeschuss aus Gaza auf Israel, ständig wiederholte Terroranschläge innerhalb Israels. Das kann ich ebenfalls nur so interpretieren, dass diese Dinge für den Weltgebetstag keine Rolle spielen, weil sie ja Juden angetan werden.

Im Heft ist viel von Liebe und Frieden die Rede. Dagegen nicht von Wahrheit und Wahrhaftigkeit, die vollkommen zu vermissen sind. Ein falsches, verschwommenes und unvollständiges Bild zu zeichnen ist auch eine Lüge! So ist mehrmals von „Nakba“ die Rede. Die Sprecherin im Heft erzählt von schwerem Beschuss und Bombardierung in ihrer Kindheit (im Unabhängigkeitskrieg), was die Vorstellung hervorruft, dass Juden aus reiner Bosheit Araber bombardierten. Jeder, der die Geschichte nur ein wenig kennt, weiß, dass der auf UNO-Beschluss neu gegründete Staat Israel am Tag nach seiner Gründung von fünf arabischen Armeen angegriffen wurde und sich seiner bloßen Existenz wehrte. Warum wird diese Tatsache nicht benannt? Auf Seite 19 ist zu lesen, dass die Staatsgründung Israels für Palästinenser Vertreibung und Verlust von Heimat brachte. Hat die UNO den Arabern nicht etwa ebenso einen Staat zugesprochen, sie lehnten ihn aber ab und zogen den Krieg vor? Das bleibt bis heute so. War es nicht so, dass Araber damals in großen Mengen flüchteten, weil sie meinten, nach einem gewonnenen Krieg wieder zurückkehren zu können? Warum werden in dem Heft vollkommen unscharfe und verschwommene Geschichtsbilder geliefert oder kreiert? Zur Dämonisierung von Israel!

Der Weltgebetstag ist dem Leiden der christlichen Palästinenser unter israelischer Herrschaft gewidmet. Von eventuellen Leiden unter der Hamas, unter muslimischen Mitbürgern ist keine Rede, so kann man aus dem Heft nur schließen, dass das Zusammenleben zwischen Muslimen und Christen völlig unproblematisch ist. Warum ist die christliche Bevölkerung von Bethlehem im Lauf der Zeit von 80% auf 20 % gesunken? Hat Israel sie aus dem Land verjagt? Warum widmen die tapfer klagenden Christinnen in dem Vorbereitungsheft solchen Tatsachen kein Wort? Tragen Christinnen aus Bethlehem, nun in der Welt verstreut, auch einen Schlüssel um ihren Hals? Oder haben sie gar nicht erst die Hoffnung, wieder in das Haus ihrer Vorfahren zurückzukommen? Warum trage ich selbst eigentlich keinen Schlüssel um den Hals, um in das Haus meines Großvaters in Stettin zurückzukommen? Die ursprüngliche Fassung des Heftes mit dem Schlüssel am Hals der Palästinenserin spricht eindeutig die gleichen Drohungen wie die der Hamas an Israel an: „Wir kommen zurück und jagen euch ins Meer!“

Mit diesem moralischen Desaster macht der „Weltgebetstag“ gemeinsame Sache! Und verbreitet genau das, was als Antiisraelismus definiert wird (auch wenn er das bestreitet): Dämonisierung, Delegitimierung und das Anlegen doppelter Standards an Israel. An jenes Land also, in dem der christliche Glaube seinen Ursprung hat und von dem Christentum nicht zu trennen ist, wie es Paulus in Römer 11/18 schreibt: „Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich“.

Mittwoch, 31. Januar 2024

Holocaustgedenktag 2024

Seit vielen Jahren ist es ein jährliches Ritual für mich, am 27.1. ins nahe Städtchen zu fahren, um an einer Holocaust-Gedenkstunde teilzunehmen. Auch wenn so etwas von manchem als leeres Ritual empfunden wird, als eine stereotype Kranzablegung. Das kann es durchaus sein. Besonders bei staatlich-offiziellen Veranstaltungen mag das der Fall sein. Aber was wäre, wenn es diese Rituale nicht gäbe? Wenn ich mit unserer kleinen Schar am Mahnmal in der kleinen Stadt stehe, stelle ich mir vor, wie viele Menschen dort in den Häusern sind, und sich nicht im Geringsten für die Gedenkstunde interessieren. Schon das ist eine Motivation, daran teilzunehmen. Außerdem bin ich neugierig, wie so etwas stattfindet, wer dabei ist, welche Beweggründe er dazu hat. Gerade in so einer kleinen Stadt, wo die Menschen sich kennen, ist das gut möglich.

Jedes Jahr am 27. Januar findet sich also eine kleine Schar von Menschen am Mahnmal des ehemaligen KZ-Außenlagers des Städtchens zusammen. Man ist wie eine Familie, die sich einmal im Jahr zum Familientag trifft. Die Schar der Teilnehmer ist geringer geworden, viele sind zu alt oder gar gestorben. Meistens wird die Kundgebung von dezenter Musik oder von Klezmermusik beschallt. Reden werden gehalten, Kränze an der Stelle wo viele Häftlinge begraben sind, und wo sich heute künstlerische Stelen und Namenstafeln befinden, niedergelegt.

Mahnmal

Der Bürgermeister der Stadt begann die Veranstaltung mit einer Rede. Er war ein distinguierter, recht sympathischer Herr, er wirkte glaubwürdig. Er sprach sehr persönlich zu den Leuten: schwer wäre ihm die Rede gefallen, eine schlaflose Nacht hätte sie ihn gekostet, seine Rede wäre ihm ein wichtiges Anliegen. Dabei könne er von sich behaupten, dass seine Familie in keiner Weise ins Nazigeschehen involviert gewesen sei, wenngleich Vater und Großeltern, nahe beim KZ Ravensbrück wohnend, sehr genau mitbekommen haben, was für schlimme Dinge damals geschehen sind. Er sprach von den „schlimmen Dingen“, die ja auch dieses Städtchen nicht unberührt gelassen haben, und es wäre sehr schlimm, dass nun schon wieder Schlimmes in Israel geschehe. Und auch in Gaza. Das, was in Gaza geschieht, wäre unverhältnismäßig

Dann betonte der Bürgermeister seine „bewusst christliche Haltung“, und aus dieser heraus müsse er sagen, dass man nicht nach dem Spruch. „Auge und Auge, Zahn um Zahn“ handeln darf. Man soll Versöhnung anstreben. Die Verurteilung des Rachegedankens (wie er es meinte) beschäftigte ihn sehr, er widmete ihm mehrere Sätze. Wie er die Rede beendete, weiß ich nicht mehr, denn ich war zu konsterniert. Das am 27.1.2024 ! Die Rede wurde mit verhaltenem Schweigen quittiert, was daran lag, dass wirklich nur wenige, ca. 40 Personen, der Rede zugehört hatten.

Später sprach der Pfarrer – mehr so in philosophischer Weise – und erwähnte einen Satz von Alexander Mitscherlich (in Abwandlung von Hölderlin), in dem vorkommt: „Die Deutschen sind Denker, aber keine Menschen“. Ich flüsterte meinem Begleiter zu: „Der Bürgermeister ist ein Mensch, aber kein Denker!“

Das muss man sich vorstellen: am Holocaustgedenktag, der dazu da ist, nicht zu vergessen, was einst Schreckliches Juden angetan wurde, belehrt der Redner die Juden, dass sie sich nicht wehren dürfen, dass sie alles über sich ergehen lassen müssen. Und das nach diesem Massaker, nach dieser furchtbaren Verwundung des Staates Israel. Man kann die Rede als eine Ermunterung zu einem neuen Holocaust interpretieren! Dazu der Hinweis, dass die Juden mit dem Gedanken der Rache leben (Auge um Auge), und da müssen wir ihnen sagen, dass wir als Christen da ganz anders handeln. Davon abgesehen hat er, auch wenn er sein Christentum betont, keine Ahnung, was diese Aussage „Auge um Auge“ bedeutet, nämlich damals die Abkehr von der Blutrache.

Alles, was er sagte, sagte er in tiefem Ernst, so wie jemand, der nach reiflicher Überlegung zu hehren Gedanken gekommen ist. Die Rede war ein eindrucksvolles Beispiel, wie jemand, der wohl kein böser Mensch ist, den Geist des Antisemitismus in sich aufnimmt und auch weiter verbreitet. So funktioniert es! Und dem Bürgermeister, der in einer schlaflosen Nacht nachgedacht hat, dem war nicht bewusst, dass er gar nicht gedacht hat, sondern dass „es in ihm gedacht hat“. Wirklich ein Musterbeispiel.

Später trat eine Bekannte auf mich zu, um mich zu begrüßen. Mit einem Blick auf meinen Israel-Aufnäher auf der Jacke, sagte sie spontan: „Du bist mit der Rede vom Bürgermeister doch sicher nicht einverstanden!“ , was ich bestätigte. Das heißt: Die Botschaft war eindeutig und gut erkennbar.

Warum ich nach dieser Rede ruhigblieb und nicht widersprach? Ich musste die Rede erst einmal „verdauen“, mir bewusst machen, was er da eigentlich gesagt hat. So kann ich nur mit einiger Verspätung auf die Rede reagieren.

Samstag, 27. Januar 2024

Medienberichterstattung (Ende)

Der Leiter des ZdF Fernsehstudio in Tel Aviv, Michael Bewerunge sprach bedeutend realistischer als Frau Helberg und fragte, wie wohl Israeli mit solchen Menschen, die solche Untaten an ihnen begehen - und er zählte einige auf -, Staat an Staat zusammen leben sollen, und dass es da wohl noch einige Zeit und einige Überlegungen braucht, bis man da weiter kommt. Frau Helberg hatte sofort entschuldigende Erklärungen: Die einfachen Menschen von Gaza glauben einfach nicht, dass Muslime so etwas wie Vergewaltigungen begehen. (Sie feiern sie nur!). Der israelische Professor Dan Diner war sichtlich emotional berührt von der Kaltschnäuzigkeit der „Nahostexpertin“ und meinte, dass es nicht auf den Staat ankommt, sondern auf die Gesinnung, die in so einem Staat herrscht.

Eigentlich lohnt es sich nicht, weder so etwas zu schauen, geschweige mit „Nahostexperten“ jener Art zu reden. Ich habe selbst mehrere von der Sorte kennengelernt, unter anderem einen evangelischen Bischof, der es sich zur Berufung gemacht hat, Vorträge darüber zu halten, dass Juden eigentlich im „Heiligen Land“ nichts zu suchen haben, und der mit den gleichen unscharfen Halbwahrheiten arbeitete (hier im Blog beschrieben 2016). Doch ich beobachte, wie gerade die „Weisheiten“ der so genannten Experten in die Herzen und Köpfe der Menschen fallen (wie man so sagt). Anders kann ich es mir nicht erklären, warum man immer mal – unvermittelt -, von Leuten, die man eigentlich schätzt, allzu platte Sprüche über Israel zu hören bekommt, die im Sinne von Frau Helberg sind. Das bedeutet nicht, dass die Menschen Antisemiten sind, aber dass sie sich von Antisemiten manipulieren lassen. So hörte ich mehrmals Aussagen wie: „Können die da nicht einfach als zwei Staaten friedlich zusammen leben?“ (wobei immer impliziert wird, dass Israel das nicht will ja, dass es da nur stört). Wer ein bisschen nachdenken kann, dem müsste klar sein, was es bedeutet, wenn einer der beiden Staaten – angeführt und von der Bevölkerung hoch akzeptiert von einer Terrororganisation, die immer wieder beteuert und auch praktiziert, den Tod jedes Bürger des anderen Staates zu wollen -, wenn also diese beide Staaten „friedlich“ nebeneinander leben. Das kann doch eigentlich nur bedeuten, dass man sich wünscht, es gäbe Israel bzw. Juden nicht. Und was ist Antisemitismus anderes?

Freitag, 26. Januar 2024

Medienberichterstattung (Teil1 )

Jeden Abend höre ich den deutschsprachigen Podcast von Arye Shalicar: „Israel im Krieg“. Darin berichtete er über die Ereignisse und Kämpfe des Tages, aber er reflektiert auch, wie sich die Menschen fühlen und erzählt, was in den Jahren zuvor zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten vor sich gegangen ist. Seine Gedanken kann jedermann nachvollziehen. Eigentlich kann man sagen: So, wie A.Shalicar spricht, das ist die verständlichste und nachvollziehbarste Sache der Welt.

Umso erstaunter und umso mehr vor den Kopf geschlagen ist man, wenn in öffentlichen Medien über diesen Krieg berichtet wird. In den Sendungen wird nicht mit Tatsachen gearbeitet, sondern mit Unterstellungen und Weglassungen. So kommt ein Bild heraus, das nicht erst seit diesem Krieg etwa so aussieht: Es gab einst einen palästinensischen, friedlichen, blühenden Landstrich, in den Juden einfielen, ihn kolonialisierten (diesen Ausdruck hörte ich mehrmals). Sie raubten das Land, sie vertrieben die Araber daraus, gründeten für sich einen Staat, und taten alles, um die Gründung eines Araberstaates daneben zu verhindern. Die Aussagen kann man so bezeichnen: Sie sind unscharf und vage und lassen das aus, was für Israel sprechen könnte. In meinen Augen ist die Art und Weise, wie über Israel berichtet wird antisemitisch gemäß der berühmten 3 D: delegitimierend, dämonisierend und mit einem doppelten Standard anderen Staaten der Welt gegenüber.

Deshalb sah ich mir am 25.1. im Sender Phoenix eine Diskussionsrunde an, die den Titel hatte: „Wie realistisch ist eine Zweistaatenlösung“? Ich wollte erfahren, wie man im ÖR jetzt „tickt“, was für Gesprächspartner dabei sind und wie sie sich verhalten. Ich kann im Nachhinein sagen, dass die Sendung nicht so schlimm war, wie ich es mir vorgestellt hatte. Sie hatten diesmal nicht – wie es oft der Fall ist – ausschließlich „Israelkritiker“ in der Runde, die oft unwidersprochen jeden Unsinn in den Raum stellen können. Es gab jedoch eine „Nahostexpertin“ (was immer das sein mag) namens Kirsten Helberg, die die Rolle der Hamasversteherin übernahm. So, wie man es gewohnt ist: indem alles ausgelassen wird, was zum Verständnis Israels beitragen könnte. Das beliebte Wort von der „Unverhältnismäßigkeit“ wurde hervorgeholt, von dem zerstörten Gaza, wo niemand leben kann, und sie verkündete Zahlen von gazanischen Getöteten, die sich ausschließlich auf Hamasberichte stützen.

Sie erzählte, wie unheimlich beliebt Hamas in Gaza und Westjordanland wäre. (Was ja den logischen Schluss zulässt, dass die Bewohner von Gaza durchaus ihr Unglück mitverschulden). Sie ließ durchblicken, dass die Einwohner von Gaza gerade wegen des „Unrechts des Krieges“ nun zu immer mehr Hass herausgefordert werden, was mich im Stillen immer die Frage stellen lässt, was die Juden damals vor 80 Jahren Schlimmes getan hatten, um die Deutschen zum Hass und Holocaust herauszufordern. Ab und zu ließ Frau Helberg sich von Mitdiskutanten korrigieren, denn als ausgewiesene „Nahostexpertin“ wollte sie sich nicht die Blöße geben und nicht direkt aus dem Munde der Hamas sprechen. Trotzdem war es das Übliche: ´Ja, die Hamas ist schlimm, aber Israel …..` Von dem „Eingeschlossensein“ der Gazaner sprach sie – natürlich ohne zu erwähnen, wieviel Zehntausende Gazaner vor dem Krieg in Israel ihre Arbeit und ihren Lebensunterhalt hatten. Mehrmals versuchte sie den Beweis zu erbringen, dass die Palästinenser ja keinen Staat haben (also nicht anders können!), natürlich ohne das dreifache Nein von Khartoum 1967 zu erwähnen, in dem die arabischen Staaten Israel für alle Zeiten ablehnen.
(Fortsetzung folgt)

Mittwoch, 17. Januar 2024

Lüge ist Wahrheit, Krieg ist Frieden, Sklaverei ist Freiheit, Barbarei ist Wohltätigkeit, böse ist gut

Frei nach George Orwell

Wenn man erlebt, wie Israel von der Welt behandelt wird, erlebt man, wie die Dinge auf den Kopf gestellt werden.

Natürlich nicht von jedem einzelnen Menschen auf der Welt, aber von dem, was „die Welt“ repräsentiert, von ihren großen, als moralisch geltenden Weltorganisationen. Sei es die UNO und ihre diversen Unterorganisationen, seien es die großen Religionen und ihre Vertreter. Seien es große internationale Wohltätigkeitsorganisationen.

Da denke ich daran, wie sich die UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese verhalten hat und immer wieder verhält, die öffentlich sagte: „Dass die Juden den Holocaust durchleben mussten, gebe Israel nicht das Recht, heute etwas Ähnliches mit den Palästinensern zu tun…“ Baut Israel Gaskammern und lässt tausende Palästinenser darin ersticken? Gibt es Massenerschießungen mit tausenden, sogar zehntausenden Erschossenen, die z.T. lebend in Massengräbern verscharrt werden? Usw., man kann und will es nicht alles aufzählen. Juristisch, wie Frau Albanese ausgebildet ist, sagt sie nicht etwa „dasselbe“, sondern „Ähnliches“, und was „ähnlich“ ist, kann man eventuell juristisch weit auseinander ziehen. Und wenn sie so etwas sagt, warum gibt es keinen Protestschrei ihrer UNO-Kollegen? Wie sollte es den Protestschrei geben, wo doch ihr oberster Chef Guterres die gleiche Geisteshaltung aufweist?

Ich versuche, in meinem persönlichen Leben für die Geschehnisse auf der Welt und die Stellungnahmen dazu, die eigentlich unglaublich sind – jedenfalls wenn man noch gelernt hat, dass so etwas wie Wahrheit, Wahrhaftigkeit, Humanität Richtlinien im Leben der menschlichen Gesellschaft sein sollten -, Anknüpfungspunkte zu finden. (und sie hier im Blog ev. aufzuschreiben) Um zu verstehen, wie diese grotesken Aussagen überhaupt möglich sind.
So führte ich vor ca. 20 Jahren einmal eine harmlose Unterhaltung mit einem guten Bekannten über alles Mögliche. Unvermittelt sagte er: „Sharon ist wie Hitler!“. Ich antwortete: „Steckt er Menschen in Gaskammern, führt er Massenerschießungen durch?“ Die Antwort war: „Er würde es aber gerne“. Ich gab darauf keine Antwort nach dem Motto: „Dummheit muss man im Raum stehen lassen, dann entlarvt sie sich von selbst“.

Eine Parallele zu den Aussagen von Frau Albanese ist in dieser kleinen Episode gut zu erkennen. Leider kann man die Dummheit, bzw. den Antisemitismus dieser Frau nicht im Raum stehen lassen, dazu ist ihre Position zu öffentlich, und das, was sie sagt, fällt auf einen zu fruchtbaren Boden. So z.B. in die Köpfe solcher Menschen, die aus heiterem Himmel sagen: „Sharon (oder welcher Jude auch immer, jetzt wird es Netanjahu sein) ist wie Hitler.
Ich frage mich, wie Leute auf solche Aussagen kommen, die das Gegenteil der Realität beschreiben, und die sich gleichzeitig noch als moralisch darstellen wollen. Ergründen kann man es nicht, aber man muss trotzdem immer wieder versuchen es zu ergründen, damit das, was am 7. Oktober in Israel Realität wurde, nicht zur Norm auf der Welt wird. George Orwell hat viel darüber gewusst, was möglich ist.

Freitag, 12. Januar 2024

Ist es Antisemitismus, oder was ist es sonst noch? (Teil 2)

Aber wie eingangs erwähnt, (die Komplexität in einem Phänomen) wird das Verhalten der deutschen Regierung nicht allein Antisemitismus sein. Ich denke, die „große Zahl“ spielt auch eine Rolle. Wieviel muslimische Staaten gibt es, während es nur einen jüdischen Staat gibt. Mögen diese Staaten auch nicht nach den Regeln eines demokratischen Rechtsstaats handeln, mögen in ihnen Frauen und Minderheiten rechtlos sein, sie haben aber doch sehr viele Einwohner, die Konsumenten für unsere Produkte sein können.

Und die bei Abstimmungen die Mehrheit bilden. Es ist doch viel günstiger, sich bei der Mehrheit zu befinden, wie z.B. im Oktober 2023 also nach dem Hamas-Attentat, als Deutschland fröhlich den meisten gegen Israel gerichteten Resolutionen zustimmte. Gemeinsam mit sehr fragwürdigen Staaten. Ja, Deutschland fühlt sich wohl in Gemeinschaft von Staaten wie Iran, Syrien, Jemen, Weißrussland usw. Es mag auch eine Hingezogenheit zu „Schurkenstaaten“ in dem Verhalten liegen, denn Deutschland war bewiesenermaßen einst ein schlimmer Schurkenstaat. Da kann durchaus eine Hingezogenheit herrühren, bzw. die Genugtuung, dass nun andere die „Schurkenstaaten“ sind, wofür man ihnen doch auch wieder dankbar ist und sie belohnen möchte. Dass diese nun die Judenvernichter sein wollen, überdeckt manch deutsche Tat aus der Vergangenheit.

Die „große Zahl“ spielt auch in der deutschen Innenpolitik eine Rolle. Die Parteien, denen die inländischen Wähler weglaufen, werben um die Stimmen derjenigen Menschen, die sie darum schnell einbürgern wollen, und von denen sie sich Wählerstimmen versprechen. Dass darunter eine große Menge ist, die ihren Antisemitismus offen zugeben, führt dazu, dass sich Parteien, bzw. Regierungen so verhalten, dass sie den Antisemitismus der potentiellen Wähler marginalisieren und sich so verhalten, dass es eben diesen potentiellen Wählern gefällt. Dass es einmal so weit kommen könnte, dass diese potentiellen Wähler die Regeln diktieren (in mancher Hinsicht tun sie es ja schon), das ist den sich zur Wahl Stellenden egal, es liegt ja noch weit weg.

Eine Portion Dummheit wird auch eine Rolle spielen. Die sehe ich wieder im Antisemitismus, der diese hervor bringt. Leider mit vielen, vielen Opfern.

Im Luftreich des Traums

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