Tuvia Tenenbom „Allein unter Amerkikanern“

…..ist auch eines der Bücher, die ich nach Weihnachten lese. Diesmal war ich skeptisch: Nach „Allein unter Deutschen“ und „Allein unter Juden“ nun das dritte „allein“-Buch. Das ist eine Masche, das kann nicht gut gehen. Ich hatte bei dieser meiner Meinung übersehen, dass Tuvia kein Schriftsteller ist, der die Erfolgsmasche eines ersten gut verkauften Romans kopiert, sondern dass er in Wirklichkeit ein Journalist ist, der es wissen will…. Was will er wissen? In erster Linie will er wissen, wie die Leute „ticken“. Welche politische Einstellung sie haben, welche Einstellung zum Leben und zu der Gesellschaft. Er vergleicht die Antworten, die er auf seine naiven, fast kindlichen Fragen erhält, mit der Realität und den Lebensumständen, die er rundherum wahrnimmt.

- Einschub: In gewisser Weise fühle ich mich Tuvia verwandt, was vielleicht eine Anmaßung ist, aber der Titel dieses Blogs „Im Luftreich des Traums“ soll genau darauf anspielen. Vielleicht ist das auch ein Grund, dass ich auch Tuvias neues Buch wieder als sehr lesenswert empfinde.

Tuvia zieht also durch ein Land, das in Wirklichkeit aus 50 Bundesstaaten besteht, und von denen hat er einen großen Teil besucht, sogar Alaska und Hawai. Manchmal legte er größere Strecken mit dem Flugzeug zurück, in der Regel durchfuhr er die Staaten mit gemieteten Autos, zu denen er eine innige Beziehung hatte und ihnen Namen gab. Seine Vorliebe für gutes Essen (in USA außerordentlich rar), sein Unmut über striktes Rauchverbot fast überall, seine untersetzte rosige Gestalt, die kindliche Gutmütigkeit mit der er auf die Menschen zugeht, sind der äußerer Rahmen für seine Recherchen, so dass man ihn fast für eine Kunstfigur halten könnte. Dass er es nicht ist, erlebte ich im Februar 2013 in Berlin bei einer Buchvorstellung (samt Diskussionsrunde), wo er genau so da saß, wie man ihn in seinen Büchern wieder findet.

Obwohl Tuvia selbst Einwohner von New York ist, erklärt er, dass er vom Rest der USA nur eine sehr allgemeine Vorstellung hat, denn er ist ein New Yorker, der sich nicht aus seiner Stadt hinaus bewegt hat, es sei denn zu Reisen Richtung Osten, also nach Europa oder seinem Geburtsland Israel. So ist er neugierig, in diese für ihn fremde Welt gen Westen zu reisen. Eine allgemeine Vorstellung von der amerikanischen Bevölkerung hat er zwar, aber die muss er gründlich revidieren. Seine Gesprächspartner sind oft die Leute auf die er zufällig trifft – in Gaststätten, in Kirchen, in Museen. Er verabredet sich aber auch zu Interviews mit für ihn interessanten Menschen dort wo er gerade ist, mir Politikern, mit Bürgermeistern. Sein besonderes Augenmerk legt er darauf, wie sich die Menschen in der Gesellschaft fühlen und unweigerlich nimmt das Thema Rassenunterschiede einen großen Raum ein. Für ihn unerwartet spielt der Konflikt Israel-Palästina, den er aus dieser großen Entfernung für nicht besonders relevant hielt, eine große Rolle im Denken der Menschen sowie der Klimawandel.

Zusammengehalten werden die Ansichten der Menschen zu den gesellschaftlichen Gegebenheiten der großen Community USA, die wiederum in viele kleine Communities aufgespalten ist, durch den Oberbegriff: „political Correctness“. Tuvia bemerkt, wie die Menschen geradezu besessen von der Sorge sind, etwas politisch Falsches zu sagen, und er bemerkt auch große Unterschiede in dem was sie öffentlich sagen und dem was sie ihm - oft unter vier Augen – anvertrauen. Die „Spaltung der Gesellschaft“, von der nach den Wahlen im November 2016 oft die Rede ist, kam schon damals, 2015 sehr deutlich zum Vorschein.

(Fortsetzung folgt)

Im Luftreich des Traums

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