Allesdichtmachen (Alles dicht machen)

Unter dieser Bezeichnung kam vor Kurzem ein Video heraus, auf dem sich 53 Schauspieler zur augenblicklichen Coronabekämpfung äußern. Als ich einiges davon sah, sagte ich „Oh, das wird große Wellen schlagen. Da sprechen ja Schauspieler! In unserem Land sind Schauspieler das Höchste, was es überhaupt gibt!“ Was ich danach noch lernte: je mehr ein Schauspieler in die Sendung „Tatort“ involviert ist, desto höher ist seine Bekanntheit. Es kam wie vorausgesagt, ausgerechnet die Statements der Schauspieler regten die Bevölkerung, aber viel mehr noch die Journalisten, besonders auf. Nicht nur, dass ich manche der Schauspieler überhaupt kennen lernte (denn einen „Tatort“ anzuschauen, könnte ich nicht übers Herz bringen alle Szenen daraus, die mir hier und da vor Augen kamen, empfand ich als abstoßend), die Reaktion auf das Video ist interessanter als das Video selbst
.
Ich weiß, dass Schauspieler oft am Existenzminimum leben (wenn sie nicht gerade in Tatorten mitspielen) Das ist es nicht allein, sie sind darauf angewiesen, dass man sie sieht, dass sie sich anderen Menschen präsentieren. Auch ihre Fähigkeiten und ihre Motivation verlieren sich mit der Zeit. Sie sind besonders hart durch die Coronamaßnahmen getroffen. Man kann sich vorstellen, dass einige sehr verzweifelt sind, vor allem durch die Ungewissheit, die ständig verlängert wird. Sie haben zu jedem Protest ihr Recht, der in diesem Fall ja eher humorvoll und zugespitzt ist und niemanden beleidigt.

Im Zuge der Diskussion darüber, hörte ich manchmal die Meinung, die Situation erinnere an die Proteste von DDR-Prominenten nach der Biermann-Ausbürgerung. Genau dieser Gedanke kam mir auch. Damals ging es auch ständig darum, wer – sehr Böses – unterschrieben hat, und wer seine Unterschrift wieder zurück genommen hat. Wer Selbstkritik geübt hat. Aber die Schauspieler von heute können nicht in die Bundesrepublik ausreisen.

Schauspielermilieus sind, glaube ich, fast immer „links“. Da ist es bemerkenswert, dass dem Berufsstand vor Augen geführt wird, wie eng ihm die Grenzen gesetzt sind (es weist auch darauf hin, wie es ihnen geschieht, wenn sie weiter aufmucken), Wenn einige von ihnen sich wagen sich zu beklagen und auf ihre Situation hinzuweisen, werden sie als Coronaleugner, Querdenker oder wer weiß was beschimpft. Sie werden beschuldigt, auf den Tod von Menschen hinzuarbeiten. Das würde bedeuten, dass alle „Coronamaßnahmen“ 100 %-ig stimmig sind. Wenn man nur an einigen Maßnahmen Kritik übt, müsste man mit der Anschuldigung leben: „Du willst den Tod von Menschen!“

So kenne ich einige ältere oder nicht gesunde Menschen, die seit langem sehr zurück gezogen leben und in ständiger Sorge vor Corona sind. Dazu haben sie ihr gutes Recht und auch auf die Tatsache, dass sie vor Erkrankung geschützt werden. Wenn aber jemand von ihnen behauptet: wenn im Stadtpark von Düsseldorf ein Läufer eine Verschnaufpause macht (Verweilverbot), dann will dieser meinen Tod – Verweilen in einem Park muss unterbunden werden! Oder eben, wenn Schauspieler auf ihre Notlage aufmerksam machen, nähmen sie den Tod anderer in Kauf. Das hat etwas Absurdes.

Mich erinnert im Umgang mit Corona wirklich vieles an die DDR. Als die Bauern sich zu Genossenschaften zusammen schließen mussten, da wurde hier und da Folgendes veranstaltet: Die Bauern, die ihre Eintrittserklärung in die LPG unterschrieben, durften den Raum durch eine Tür verlassen, über der geschrieben stand: ICH BIN FÜR DEN FRIEDEN, während diejenige, die die Unterschrift verweigerten, den Raum durch eine Tür verlassen mussten, auf der stand: ICH BIN FÜR DEN KRIEG.
Da sind durchaus Parallelen zu erkennen!
C. Araxe - 5. Mai, 19:05

Mal abgesehen davon, dass die Kritik an dieser Aktion sich teilweise quasi gegen jegliche freie Meinungsäußerung äußert (und dies durchaus – verbal – sehr gewalttätig), so finde ich #allesdichtmachen mehr als kritisierbar. Aus meiner Sicht wird bei dieser Aktion größtenteils (ich habe nicht alle Videos gesehen) nicht gerechtfertigte und vor allem pointierte Kritik an Politik und Presse geäußert, sondern eine pauschale Ablehnung im Ganzen. Wenn man sich das Konzept, mit dem die Schauspieler angeschrieben wurden, ansieht, ist dort die Rede von „Propaganda, die wir andauernd sehen”. Neben durchaus vorhandenen bürokratischen Nonsensmaßnahmen werden somit sämtliche Coronamaßnahmen in Frage gestellt und eine staatlich gelenkte Presse vorausgesetzt. Ich bin zwar nicht der Meinung, dass wir wirklich demokratische Verhältnisse haben, aber dennoch gewiss keine Diktatur. Auch keine Meinungsdiktatur. Jeder hat das Recht auf seine eigene Meinung, muss dann aber auch Gegenmeinungen hinnehmen. Wünschenswert wären nur zivilisierte und vor allem fundierte Äußerungen von allen Seiten. Meinungen sind frei und persönlich. Persönliche Fakten gibt es nicht.

anne.c - 6. Mai, 19:05

Wie zwei verschiedene Menschen Dasselbe völlig anders sehen können! Wenn man sich die einzelnen Stücke ansieht, ist da genau das gesagt, was im Allgemeinen in den Medien gesagt wird. Man sollte die Videos einfach wörtlich nehmen und nicht als Satire. Wenn sie jemand als Satire ansieht, dann muss er selbst den Eindruck haben, dass im Allgemeinen etwas nicht stimmt.

Im Luftreich des Traums

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