Sonntag, 19. Oktober 2025

70 Jahre Stuttgarter „Schuldbekenntnis“

Am Sonntag, dem 19.10. wurde in DLF daran gedacht, dass vor 70 Jahren, also einige Monate nach Kriegsende, die evangelische Kirche folgendes Bekenntnis herausgab.

"Mit großem Schmerz sagen wir: Durch uns ist unendliches Leid über viele Völker und Länder gebracht worden. Was wir unseren Gemeinden oft bezeugt haben, das sprechen wir jetzt im Namen der ganzen Kirche aus: Wohl haben wir lange Jahre hindurch im Namen Jesu Christi gegen den Geist gekämpft, der im nationalsozialistischen Gewaltregiment seinen furchtbaren Ausdruck gefunden hat; aber wir klagen uns an, daß wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben." (Auszug)

Dieses „Bekenntnis“ war mir in den Jahren schon einige Male vor die Augen gekommen, und ich war jedes Mal auf´s Gleiche entsetzt. Ich stellte mir Taten des „nationalsozialistischen Gewaltregiments“ vor: das Warschauer Ghetto, das Massaker von Babi Yar und unzählige andere, die Auslöschung von ganzen Dörfern wie Oradour oder Lidice, das Verhungernlassen von Millionen sowjetischer Kriegsgefangener. Auf der anderen Seite hatte ich die christliche Botschaft vor Augen: die Botschaft von Nächstenliebe, Opferbereitschaft und Pazifismus. Und zwischen diesen beiden Extremen dieses „Schuldbekenntnis“. Ich stellte mir vor, ob Geistliche hätten vor den Gaskammern stehen sollen, um treu für die zum Tode Bestimmten zu beten, sie zu segnen und mit Liebe zu überschütten.

Wozu dieses schwammige Bekenntnis, unendliches Leid wäre über Völker gebracht worden? Bloß nichts Konkretes, jeder kann sich darunter vorstellen, was er will. Und bloß keine Konsequenzen, so weiter machen, wie bisher. In Berlin gab es einen Pfarrer, Karl Themel, der aus eigener Initiative eine sogenannte Kirchenbuchstelle gründete und akribisch Forschung betrieb, wer in seinem Archiv jüdische Vorfahren hatte und der eng mit der Gestapo zusammen arbeitete. Nach dem Krieg konnte er diese Forschung zwar nicht weiter führen, aber er bekam wieder eine Pfarrstelle und durfte sich im Ruhestand kirchenarchivarisch betätigen.

Aus meinem eigenen Erleben: In meiner Heimatstadt gab es einen Superintendenten. Jeder wusste, dass er einst ein strammer Nazi gewesen war. Nach dem Krieg war er als Superintendent nicht mehr tragbar, so wurde er zum Pfarrer „degradiert“. Nach 8 Jahren war er wieder Superintendent. Als er gestorben war, gab es beim Nachruf im Kirchenblättchen keinerlei Hinweis auf Unregelmäßigkeiten in seinem Lebenslauf.

So denke ich, dass der „fröhliche Glaube“ und die „brennende Liebe“ der evangelischen Kirche sich selbst galt. Zur Vergebung war sie immer bereit, wenn es dann den eigenen Leuten galt.

Sonntag, 12. Oktober 2025

Begünstigung der Hamas

In einem Zusammenhang (Überlegungen zum eventuellen Ausschluss Israels aus der FIFA) schrieb jemand, dass ein Ausschluss Israels gleichzeitig eine Begünstigung der Hamas wäre. Diese Überlegung ist sehr einleuchtend. Ja, sehr vieles, was seit dem 7. Oktober 2023 geschah, war eine Begünstigung der Hamas. All die Strafmaßnahmen, Ausschlüsse, Boykotte, das Nichtliefern von Waffen, die Anerkennung eines palästinensischen Staates (der sich im Übrigen nie anerkennen lassen wollte, man denke an das 3-fache Nein in Khartoum), das war mehr eine Begünstigung der Hamas, als eine Strafe für Israel. Und diejenigen, die, diese „Strafmaßnahmen“ durchführten, wussten das. Wo war der „Druck“ auf die Hamas, durch den sie sich hätte in die Enge treiben lassen müssen? Auch das h o f f e n t l i c h e Nachgeben der Hamas, was die Freilassung der Geiseln betrifft, soll – so hörte ich im Radio – auf massiven Druck von Seiten arabischer Länder zustande gekommen sein. Hätte Europa nicht auch Mittel und Wege finden können, auf seine Art Druck auszuüben?

Die Lage in Israel – Gaza ist so gravierend und eindeutig, dass man sich wirklich nur auf eine Seite hätte stellen müssen. Will man den „Sieg“ der Hamas und akzeptiert damit ihre Art, wie sie das Leben auf der Welt gestalten will? Akzeptiert man die Drohung, Israel zu vernichten, die dann auch versucht wurde, in die Tat umzusetzen? Akzeptiert man diese Drohung, wenn man behauptet, was Hamas ausübte, wäre ein Akt des Widerstands gewesen, wie es z.B. Judith Butler tat?

Wollen viele europäische und andere Länder, dass dort im nahen Osten solche Regime wie Hamas oder Iran das Sagen haben? Regime, die diese Länder durch ihre Haltung begünstigen? Wissen sie nicht, dass die von ihnen propagierte Lebensweise auch auf sie zurückschlagen wird? Sie wissen es.

Für mich eine ganz private Definition des Antisemitismus ist: „Lieber selbst zugrunde gehen, als dass Juden existieren“ Das hört sich irrational an. Antisemitismus ist irrational. Den Beweis für diese These kann man täglich in den Nachrichten erleben bei Selbstmordattentätern, bei Menschen, die ihre Kinder zu Märtyrern erziehen, bei den Hamassoldaten, die lieber umkommen, als einen Schritt nachzugeben. Bei Politikern, die ihre Völker ins Elend stürzen, weil sie ihren ganzen Willen darauf richten, Israel vernichten zu wollen.

Aber auch bei der UNO, bei den Staaten, die alles dafür tun, um eine zerstörerische, lebensvernichtende Lebensweise zu begünstigen.

Donnerstag, 9. Oktober 2025

Fragmente aus der tschechischen Geschichte

Stolpersteine-Chrudim

9 Stolpersteine in der Kleinstadt Chrudím

Kyjov-Dankmal

Aus der Kleinstadt Kyjov wurden etwa 100 Juden während der Nazizeit von Deutschen ermordet. Warum?

Autobahn

Fragment einer einst begonnenen, aber nicht vollendeten Autobahn, die einen schnelleren Militättransport der Wehrmacht von Ost nach West ermöglichen sollte.

Montag, 22. September 2025

Es muss an den Bundeskanzlergenen liegen

Vor mir sehe ich das Gesicht von Friedrich Merz, der bei der Neueröffnung der Reichenbach-Synagoge sichtbar ergriffen von dem Gedanken an den Holocaust war, aber nur wenige Tage zuvor ein Waffenembargo gegen Israel ausgesprochen hat. Das, wenn man es konsequent zu Ende denkt, wieder die Voraussetzung für eine Judenvernichtung sein kann. Denn das Waffenembargo begünstigt die Hamas, die sich immer wieder laut und vernehmlich die Vernichtung Israels, aber auch aller Juden auf der Welt auf die Fahnen geschrieben hat. Warum handelte der Bundeskanzler so?

Meine Gedanken wanderten zum ehemaligen Bundeskanzler Willy Brandt. Das war doch ein integrer Mann. Als Nazi kann man ihn wahrlich nicht bezeichnen. Als junger Mann stellte er sich gegen die deutsche Rassenpolitik. Als er Bundeskanzler war, bemühte er sich, freundschaftliche Beziehung zu Israel zu pflegen. Sein Kniefall in Warschau vor dem Ghetto-Denkmal ist legendär, sehr wurde er dafür anerkannt, aber auch in weiten Kreisen der Bevölkerung angefeindet.

Allerdings war vieles halbherzig, was er machte. Als während seiner Amtszeit 1972 während der olympischen Spiele in München 11 israelische Olympiateilnehmer von Palästinensern ermordet wurden, war das für die deutsche Regierung kein Anlass, die Spiele abzubrechen, ungeachtet dessen, dass dieser Mord in dem Land geschah, das nur 30 Jahre zuvor 6 Millionen Juden ermordet hatte.

Doch was wenig bekannt ist: 1973 wurde Israel im so genannten Yom-Kippur-Krieg von Ägypten und Syrien angegriffen und war in höchster Gefahr. Da hatte Willy Brandt nichts Besseres zu tun, als den Amerikanern, die Israel mit Waffen beliefern wollten, den Überflug über Deutschland zu verbieten. Damals ging es um Sein oder Nichtsein. Was ihn und seine Genossen dazu bewegte, wer mag das heute zu sagen? Es muss wohl so sein, dass ein deutscher Bundeskanzler in seinen Genen etwas hat, ob bewusst oder unbewusst, das ihn dazu bringt, die Vernichtung des jüdischen Volks zu begünstigen.

Mittwoch, 17. September 2025

Diskrepanz

Es ist schon sehr lange her, die Mauer stand noch. Bei einem Westbesuch erlebte ich im Familienkreis eine heftige Diskussion jener Art, wie ich gehört hatte, dass sie unter westdeutschen fortschrittlichen jungen Leuten stattfinden würde. Beim Kaffeetrinken fiel aus irgendeinem harmlosen Grund das Wort „Jude“, und schon war eine hitzige Debatte im Gange. Es ging darum, dass die jungen Leute (30 – 40 Jahre alt) der älteren Generation vorwarfen, dass sie gar nicht über den Holocaust aufgeklärt worden sind, auch in der Schule nicht und dass die Erwachsenen sich nun dazu äußern sollten. Ich kann mich an die Einzelheiten nicht erinnern, es war aber zu spüren, dass alle, sowohl die Jungen als auch die Alten äußerst erregt waren. Ich warf nur einen Satz in die Diskussion, nämlich dass nach diesem schrecklichen Geschehen der Staat Israel gegründet worden ist, und dass man als Konsequenz unbedingt zu Israel halten soll. Damit waren die fortschrittlichen jungen Leute gar nicht einverstanden. Mir wurde gesagt, dass das eine mit dem anderen gar nichts zu tun hat und dass Israel ein sehr fragwürdiger Staat wäre, den solle man jetzt nicht ins Spiel bringen.

An diese Episode musste ich denken, als ich die letzten Auftritte unseres Bundeskanzlers Friedrich Merz sah. Er sprach bei der Einweihung einer Münchener Synagoge. Es war bewegend, den Bundeskanzler zu erleben, wie er mit den Tränen rang, wie ihn der Gedanke an das schreckliche Geschehen überwältigte. Man sah, dass dieses Entsetzen, das manche Menschen in höchste Aufregung versetzt, auch in ihm schlummerte. Es wirkte echt und nicht gespielt.

Aber was hat dieses bewegte Erinnern des Kanzlers mit Israel zu tun? Gar nichts, was seine Handlungen betrifft, so wie es vor langer Zeit für meine Verwandten auch der Fall war. Friedrich Merz war es, der im August, ohne sich mit seiner Fraktion zu beraten, ein Waffenembargo für Israel verhängte. Ich denke, es ist ihm nicht einmal bewusst, dass es da einen direkten Zusammenhang gibt. Das Waffenembargo bedeutet: man will verhindern, dass Israel seine Kriegsziele erreicht. Jeder Rückschlag für Israel bedeutet eine Stärkung der Hamas. Eine Stärkung derjenigen, die laut ihrer Aussage eine neue Vernichtung des jüdischen Volks anstreben. Es hat genug Gelegenheiten gegeben, Israel in dem Konflikt zu stärken und sei es durch bedingungslosen Beistand bei Verhandlungen um die Geiseln.

Der Gedanke an die darbenden Geiseln scheint keine Tränen und keine Erregung hervor zu rufen. . Es wäre besser gewesen, die Tränen um die bei der Hamas schmachtenden Menschen zu vergießen, als rüchwärtsgewandte Tränen, die niemanden etwas nützen.

Mittwoch, 10. September 2025

Vor 9 Jahren

Beim Aufräumen fand ich einen Artikel aus dem Blog „Lizas Welt“ von 2016. Er ist also 9 Jahre alt. Dort wird berichtet, wie 2 Palästinenser in einer Gaststätte in Tel Aviv 4 Menschen erschossen und viele Gaststättenbesucher verletzt haben. Ein in Israel fast alltäglicher Vorgang. Vielleicht vergleichbar mit dem Attentat vor einigen Tagen in einem Bus in Jerusalem bei dem 6 Passagiere ermordet wurden.

Heute ist Krieg, und so werden viele Reaktionen darauf sein– falls das Attentat überhaupt zur Kenntnis genommen wird - : das ist eine Folge des Kriegs, die Palästinenser müssen ja einen Weg finden, sich zu wehren. Aber was war vor 9 Jahren? Welchen Grund können damals die Attentäter gehabt haben, sich zu wehren? Ist es normal, dass in einem zivilisierten Land bewaffnete Menschen in einen Bus, in eine Gaststätte eindringen und wahllos Menschen umbringen?

Interessant ist die Reaktion deutscher Medien auf das Gaststättenattentat damals. Die ganze Aufmerksamkeit der Medien richtete sich nämlich auf die Reaktion Israels. Dem Land wurde Rache und Vergeltung unterstellt und ein Anheizen der Spirale der Gewalt (!). Von „Hardlinern“ wurde geschrieben, von „brutaler Rhetorik“, „alttestamentarische Rache“. Als „Ultrarechts“ wurde jeder bezeichnet, der das mörderische Treiben nicht einfach so hinnahm.

Also, es ist nicht der Gaza-Krieg, der deutsche Medien dazu bringt, in Israel die Quelle von Gewalt, Rache, Brutalität zu sehen, es sind die Medien selbst, die ein Problem mit Israel haben. Sonst wären nicht vor 9 Jahren die gleichen Reaktionen erfolgt wie heute, wo die politische Lage ganz anders ist als vor 9 Jahren. Es kann geschehen was will, die „Spirale der Gewalt“ nimmt immer erst ihren Anfang, wenn Israel die Gewalt, die ihm angetan wurde, nicht hinnimmt. Die beliebige Gehässigkeit in der Israelberichterstattung vieler Medien (darunter ARD, DLF) führt einerseits dazu, dass Menschen, an denen diese Ausführungen vorbeirauschen, mit dem Geist des Antisemitismus infiziert werden, andererseits, dass die Art der Nachrichtenvermittlung, nämlich eine ideologisch gefärbte, zu einer Beliebigkeit und Undifferenziertheit des gesamten Sendeprofils führt.

Dienstag, 2. September 2025

Hunger

Vor Kurzem sortierte ich meine Bücher und fand dabei das Buch „Getto“ von Günter Schwarberg. Das Buch beinhaltet Fotos aus dem Warschauer Ghetto. Die Fotos muss man nicht beschreiben, wer es möchte, hat eine Vorstellung von den Fotos. Unter vielen anderen schrecklichen Bildern sind hungernde Kinder und Erwachsene zu sehen. Wirklich verhungerte Menschen, die im besten Fall ein Schüsselchen neben sich hatten, weil sie bettelten. Wer verhungert war, der wurde in eine Grube geworfen, einer neben dem anderen. So also sah Hunger im Warschauer Getto, aber auch in vielen anderen Orten des Ostens aus. Der Ort, wo der Hunger wohl am massivsten wütete, war Leningrad, das im Krieg fast 2 ½ Jahre von der deutschen Armee eingeschlossen war. Hunger war die Methode, mit der man die Stadt besiegen wollte. Wie 1 Millionen verhungerter Menschen vor ihrem Tod gelitten haben, kann man sich nicht vorstellen.

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Und nun, 2025, wird die Aufmerksamkeit auf Hunger in Gaza gelenkt. Eine Zeit lang war die erste Meldung in den Nachrichten, ob im Radio oder im Fernsehen: der Hunger in Gaza. Wie es mit dem Hunger in Gaza wirklich steht, kann ich nicht beurteilen. Zu widersprüchlich sind die Nachrichten. Allerdings habe ich mehr Anlass, israelischen und jüdischen Organisationen zu glauben, als etwa der Hamas oder der UNO, letztere bezieht sich in ihren Verlautbarungen meistens auf das „von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium“, deren Meldungen schon oftmals widerlegt worden sind.

Dass die Hamas 90 % der nach Gaza geschickten humanitären Güter an sich reißt, sie an die hungernden Menschen zu stark überhöhten Preisen verkauft und mit dem erzielten Geld ihre Kriegs- und Terroraktionen finanziert, weiß sogar die Bundesregierung.

Warum, warum nur wird in öffentlichen Verlautbarungen und in den Medien Israel als ein Staat dargestellt, der Menschen verhungern lässt? Warum werden gestellte Fotos veröffentlicht, die „hungernde Massen in Gaza“ zeigen sollen? Warum wird in den Berichten nicht objektiv über die Verhältnisse berichtet, die in Gaza zum Hunger führen, und an denen Israel keine Schuld trägt? Warum wird Israel, das den Krieg nicht angefangen hat und das immerhin von vielen Seiten mit Raketen beschossen wurde, das also im wahrsten Sinne des Wortes seine Existenz und das Leben seiner Bewohner verteidigte, warum wird es als Kriegstreiber und „Kindermörder“ dargestellt. Warum darf man in deutschen Straßen laut die Vernichtung Israels fordern, des Landes, das auch darum gegründet wurde, weil Deutschland seine Vernichtungsarbeit an den Juden in solcher Intensität und in solchem Ausmaß betrieben hat.?

So denke ich, dass die Aufregung über „Hunger in Gaza“ durchaus mit den Bildern über das Warschauer Ghetto zusammenhängt. Immer wieder – obwohl es schon mehr als 80 Jahre hier ist -, muss geschrubbt und gewaschen werden an dem üblen Geschichtsbild, es muss überdeckt werden z.B. mit Bildern und Erzählungen über „Hunger in Gaza“. Der „Hunger in Gaza“ kommt den Klitterern der Geschichte sehr entgegen.

Der ausgestreckte Zeigefinger, die Schuldzuweisungen sind auf Israel gerichtet. So etwas nennt man Antisemitismus, der auch davon gekennzeichnet ist, dass man sich in Schuldzuweisung und Dämonisierung hineinsteigert, bis man sich selbst glaubt, auch wenn das Gegenteil bewiesen ist.

Ein Artikel zum Hunger in Gaza auf der Web-side des AJC American Jewish Committee: unter dem Titel: Humanitäre Hilfe in Gaza: Was wirklich passiert

Mittwoch, 20. August 2025

Eine Diskussion

Normalerweise erlebe ich im Bekanntenkreis keine Diskussionen über Israel. Zum Teil, weil Gespräche und Unterhaltungen sich meistens um private Dinge drehen, zum Teil, weil Bekannte unsere Einstellung kennen und „dieses Thema“ lieber umgehen. Wenn ich beispielsweise im Internet erfahre, wie heftig die Diskussionen sein können, wie sogar Freundschaften zerbrechen, nehme ich es etwas verwundert zur Kenntnis. Etwas anderes war es, wenn ich solche Auseinandersetzungen bei Diskussionsveranstaltungen erlebte, da hörte ich schon ungeheuerliche Sachen, die ich z.T. in diesem Blog beschrieben habe.

Aber neulich - vor Kurzem -, wir waren zu einem Sommerfrühstück eingeladen mit zum Teil unbekannten Menschen. Zufällig kam die Rede auf etwas „Jüdisches“. Da entpuppte sich ein Ehepaar als magisch vom Thema Israel angezogen. Da sie von unserer Seite Widerspruch erfuhren, uferte die Diskussion aus, ja man kann sagen, dass das Ehepaar sich in die Diskussion hineinsteigerte. Sie wussten bestens in Israel Bescheid, waren mehrmals dort gewesen, anscheinend um zu erkunden und zu beraten, was Israel „anders“ machen sollte. Sie hätten viel für Israel übrig und fanden die Leute da nett, aber diese hätten eine so furchtbare Regierung. Unsere Feststellung, dass diese Regierung nun einmal demokratisch gewählt worden sei, also auch die Bevölkerung repräsentiere, erregte die beiden enorm. Je länger sie redeten, desto „kritischer“ wurde ihre Meinung, und im Grunde hätte Israel seit seiner Gründung alles falsch gemacht. Für den Krieg nach dem Hamas-Massaker hatten sie zuerst einmal Verständnis, die Kriegsführung der Israelis wäre aber vollkommen unmöglich. Diese hätten zuerst einmal die Hälfte der Gaza Bevölkerung nach Süden schaffen sollen, dann das Tunnelsystem im Norden zerstören, eine Rücksiedlung nach Norden, um das Tunnelsystem im Süden zu zerstören. Man hörte, dass für sie selbst das eine Kleinigkeit gewesen wäre. Das alles klang nicht nur phantastisch und abenteuerlich und sehr besserwisserisch, sondern auch dumm und unbedarft. Auch der Begriff Genozid fiel natürlich. Und eine Erbitterung folgte, Unterhaltung war nicht mehr möglich.

Eigentlich wäre aber das Gespräch selbst kaum erwähnenswert, sondern vielmehr die Tatsache, dass der Ablauf fast wie eine Blaupause dem entsprach, was an vielen Stellen zu hören und lesen ist. Oft hörte man die Medien aus ihnen sprechen. Die Reden waren so klischeehaft, als wären sie irgendwo im Internet abgelesen.

Die Vehemenz, wenn es sich um Israel handelt, ist schon beeindruckend. Da wissen die Leute über alles Bescheid, kennen die Linien der Grenzverläufe, setzen sich für einen Staat Palästina ein, ohne zu berücksichtigen, dass die Palästinenser selbst so einen Staat seit Jahrzehnten immer wieder abgelehnt haben. Sachliche Argumente beantworten sie unsachlich, während ihre eigenen sachlichen Argumente von Unwissen zeugen.

Es ist schon ein Unterschied, ob man etwas liest und sich darüber wundert, oder ob man in Wirklichkeit das erlebt, wovon man immer hört und liest. Eigentlich unglaublich, eigentlich wie reine Phantasie, aber doch pure Realität.

Im Luftreich des Traums

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