Eine unpassende Reaktion

Am 5. August nach den 19.00 Nachrichten war im DLF zur Waffenruhe zwischen Israel und Gaza ein Kommentar von Carsten Kühntopp zu hören. Es war nichts Besonderes. Von der üblichen Art, wo man so nebenbei hinhört, während man sich seiner Arbeit zugewendet. Auf diesen Kommentar antwortete ein Angehöriger von mir mit dem folgenden Brief, den zu veröffentlichen er mir hier erlaubt :

"Werte Redaktion,
in den letzten Wochen vergoss Ihr Sender gern Krokodilstränen über den Antisemitismus auf deutschen Straßen und anderswo. Wenn man sich aber Ihre Berichterstattung über den Gaza-Krieg anhört, beispielsweise den Kommentar heute um 19.05 Uhr, dann bleibt dem Zuhörer nichts anders übrig als festzustellen, dass sie ein antisemitischer Hetzsender sind - diese Behauptung ist nicht über- sondern untertrieben. Was Sie über Juden und Israel in die Welt trompeten ist ein Mist, welcher jeglicher Kritik spottet, so wie es eben bei den Antisemiten der Fall ist. Gegen so viel Dummheit ist kein Kraut gewachsen und deswegen erwarte ich von Ihnen keine Reaktion, ja ich bitte Sie, eine solche zu unterlassen. Sie stecken, sehr zu Ihrem Nachteil, im Antisemitismus bis über beide Ohren, reiten richtig, wie echte journalistische Trottel, auf der antisemitischen Schiene und die oben erwähnten Krokodilstränen gehören zwingend dazu.
Name, Anschrift"

Das ist natürlich keine sehr passende Art. Aus heiterem Himmel, ohne sich auf bestimmte Passagen zu beziehen, einen derart seriösen Sender wie den DLF zu verunglimpfen! Dass man keiner Antwort gewürdigt wird, liegt auf der Hand, der Schreiber hat sie auch von vornherein verbeten. Allerdings wurden an den DLF auch schon andere Briefe geschrieben, wohl durchdacht, in wohl gesetzter Sprache mit konkreten Fragen. Eine Antwort kam in letzter Zeit nie. Die DLF-Redakteure sind überbeschäftigt, sie können sich den profanen Hörern nicht widmen (Früher bekam ich immer einmal einen Antwortbrief, in dem dann beispielsweise stand, dass die Mehrheit der Hörerreaktionen, im Gegensatz zu der des Absenders dem DLF zustimmten, was mich wiederum sehr an die alte DDR-Zeit und ihre Manieren erinnerte).

Daraufhin habe ich mir die letzten Kommentare des DLF den nahen Osten betreffend ein bisschen näher angeschaut. Im Archiv nachgelesen oder nach gehört. Es fällt auf, dass sachliche Berichte - die oft auch sachlich falsch sind, wenn man es mit Informationen von anderen Seiten vergleicht - stark mit emotionalen und moralischen Passagen durchsetzt sind. Ein israelischer Professor wurde in einem Interview genötigt, sein Mitgefühl für die Einwohner von Gaza zu auszusprechen, und als er das nicht in dem Maße tat, wie DLF-Redakteur Meurer es sich wünschte, bekam das Interview die Überschrift verpasst "Israelisches Mitgefühl ist zu viel verlangt!" Gern wird die Zahl der Toten auf beiden Seiten gegeneinander aufgerechnet, um dabei die Assoziation herbei zu manipulieren, dass Israel um ca. 20 mal schlimmer als die Hamas sei. Welche Rolle dabei das hervorragende, man kann schon sagen geniale Abwehrsystem der Israeli Iron Dome spielt, wird - wenn überhaupt - als ein abwertender Faktor gesehen. Und es wird höchstenfalls nebenbei erwähnt, aus welchem Grund Israel zu seinen Kriegshandlungen gezwungen wurde. Und zu welcher Hinterlist und Tücke die Hamas ihre eigene Bevölkerung direkt den Bomben vorwirft. Von der gleichen Bevölkerung wird manchmal stolz berichtet wird, sie habe die Hamas einst mit absoluter Mehrheit in Gaza gewählt, ergo verfüge Hamas über höchste Legitimität. Welche Gefahr das ausgeklügelte Tunnelsystem der Hamas für für Israel darstellt, da ist dem DLF kaum einer Notiz wert. Man kann feststellen: Dort, wo sachliche Berichterstattung angebracht wäre, schürt der DLF Emotionen gegen Israel. Und ist danach moralisch empört, wenn arabische Demonstranten durch deutsche Straßen ziehen und zur Tötung von Juden aufrufen: "Hamas, Hamas: Juden ins Gas".

Insofern hat der zitierte Hörerbrief durchaus seine Berechtigung. Mit den DLF-Kommentaren möchte ich mich demnächst noch weiter und näher befassen.

Im Luftreich des Traums

gegen Ideologien

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Interpretation von zwei...
Falls ich versuchen könnte zu verstehen – aber das...
anne.c - 19. Sep, 12:42
Interpretation von zwei...
Ich glaube in den Schrecken des Dritten Reiches ein...
anne.c - 12. Sep, 11:15
Paradox
Zufällig hörte ich zwei Tage hintereinander im Autoradio...
anne.c - 4. Sep, 19:08
Messermorde in Solingen
Drei Menschen sind bei einem Stadtfest (das makabererweise...
anne.c - 29. Aug, 22:18
Warum "Israelkritik"?
Gerade sagte mir eine Frau, dass sie es gut findet,...
anne.c - 18. Aug, 18:05
Einteilung in "böse"...
Leider wieder das gleiche Thema. Ich würde gern anderes...
anne.c - 10. Aug, 09:29
Bestätigung
Die Bestätigung des letzten Eintrags folgte prompt:...
anne.c - 28. Jul, 15:59
Feierliche Reden und...
Am 4. Juli 2024 wurde in Potsdam die neue Synagoge...
anne.c - 20. Jul, 20:58
Biedermann und die Brandstifter
Nicht weniger hellsichtig wie Friedrich Dürrenmatt...
anne.c - 13. Jul, 16:09
Friedrich Dürrenmatt...
Der Schweizer Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt (1921-1990)...
anne.c - 2. Jul, 22:35

Links

Suche

 

Status

Online seit 4784 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 19. Sep, 12:44

Disclaimer

Entsprechend dem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 12.05.1998 gilt für alle Links und Kommentare auf diesem Blog: Ich distanziere mich hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller verlinkten Seitenadressen und aller Kommentare, mache mir diese Inhalte nicht zu eigen und übernehme für sie keinerlei Haftung.

Impressum

Anne Cejp
Birkenstr. 13
18374 Zingst