Montag, 2. Mai 2016

Fernsehen am Sonntag (Ein Bericht in drei Teilen) Teil 3

Die nächste Sendung, die ebenfalls auf dem Sender Phoenix anlässlich des Besuchs von Barak Obama gezeigt wurde, führte endgültig in die Realität. Eben noch empfing Frau Merkel den mächtigen Präsidenten in Pracht und Pomp. Zuvor hatte ein Politikprofessor erklärt, dass das Volk in den USA nicht so angetan vom Präsidenten sei, denn es ginge der Bevölkerung schlechter als vor seinem Regierungsantritt. Das relativierte der Professor allerdings, indem er hinzufügte, dass ohne Obamas Wirken die wirtschaftliche Lage der Amerikaner eventuell noch schlechter sein könnte. Nun wurde den Zuschauern anlässlich des hohen Besuchs, ebenfalls in Phoenix, ein Film über die „amerikanische Mittelschicht und ihre Angst vor dem sozialen Abstieg“ gezeigt. Armut im Allgemeinen und Armut in den USA ist ein zu komplexes Thema als dass es hätte in einem ¾ Stunden Beitrag erörtert werden können. Es lohnt nicht, etwas über den Film zu schildern. Es war eine Reportage aus dem asozialen Milieu. Man kann diese Reportage als Gegenstück zu den vorher so glanzvoll „produzierten“ Bildern ansehen, und eigentlich hätte Obama, wenn es ihn denn interessiert hätte, über so einen Beitrag mindestens ebenso beleidigt sein dürfen wie die Angehörigen seiner Administration über ein zu niedrig klassifiziertes Hotelzimmer. Ob hier der antiamerikanische Reflex von Phoenix-Programmgestaltern zum Durchbruch kam oder ob der Glanz der Herrscherin durch den Gegensatz zum Reich des eben Empfangenen noch erhöht werden sollte oder ob man sogar Angela Merkel eins auswischen wollte indem man vorführte, woher dieser Präsident wirklich kommt, ist nicht einfach zu ermitteln.

Es spielt auch keine große Rolle.

Die drei Beiträge waren, wie schon erwähnt, zufällig. Zusammenhänge zwischen allen dreien kann man erkennen oder auch konstruieren. Ranking und die Pracht von Herrenhäusern spielen in Teil 1 und 2 eine Rolle. In Teil 2 und 3 erlebt man verschiedene deutsche Fernsehsichten auf die USA, je nachdem, welche Sicht gerade angesagt ist. Insgesamt scheint es mir, dass weder Herrenhäuser, noch Präsidentenbesuche, weder ein glanzvolles noch ein schäbiges Bild von Amerika die Zuschauer besonders interessiert, denn am nächsten Tag läuft ein neues Programm.

Samstag, 30. April 2016

Fernsehen am Sonntag (Ein Bericht in drei Teilen) Teil 2

Ins fast echte Leben holte mich der folgende Fernsehbeitrag. Kurioserweise spielte er im gleichen Milieu. Es war nur noch viel, viel weitläufiger und großartiger, als es in der voran gegangenen Sendung zu sehen gewesen war. Das war Schloss Herrenhausen in Hannover mit den Herrenhäuser Gärten in denen ich oft spazieren gegangen bin. Damals waren sie allerdings nicht hermetisch abgeriegelt wie heute, denn heute empfing die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel den US-Präsidenten Barak Obama. Hier war eine Kombination aus des „Kaisers neue Kleider“ und „potemkinsche Dörfer“ zu erleben. Potemkinsche Dörfer im übertragenen Sinne, denn es wurde „hohe Politik“ gezeigt, die eigentlich keine war. Mir schien, dass diese gewaltige Inszenierung, die eine Unmenge Geld gekostet haben muss, einzig dazu diente, um prächtige Bilder zu produzieren (wie man es heutzutage nennt), die wieder dazu führen sollten, dass Angela Merkel in der Ranking-Skala der beliebtesten Politiker um einige Punkte nach oben katapultiert wird. Ein Mini-Politik-Gipfel anlässlich der Eröffnung der Hannovermesse wurde abgehalten, wozu Oberhäupter verschiedener westeuropäischer Staaten heran geführt wurden. In Gedanken rechnete ich aus, wie viele Punkte die Umarmung des jeweiligen Staatsoberhauptes Wert sein könnte für die Verbesserung von Frau Merkels Ranking-Skala. Ein adliger Spezialist für diplomatisches Protokoll erklärte, dass ein Staatsbesuch eine so ausgeklügelte und komplizierte Angelegenheit sei, dass die geringste Nichtrücksicht auf Befindlichkeiten auch nur entfernt wichtiger Personen zu anhaltenden diplomatischen Verstimmungen führen kann. Auf den deutschen Außenminister war nicht so viel Rücksicht genommen worden, denn er durfte an diesem Glanzpunkt europäischer Politik nicht teilnehmen. Von einem Ergebnis des „Gipfels“ war nichts zu vermelden, das soll auch nicht vorgesehen gewesen sein, was meine Vermutung betreffs des Ranking erhärtete.

Was des „Kaisers neue Kleider“ betrifft: womit anders sollte man das Winken der beiden „mächtigsten Personen der Welt“ auf einem Balkon bezeichnen, wobei jeder Fernsehzuschauer weiß, dass der Platz vor dem Balkon leer ist?

Donnerstag, 28. April 2016

Fernsehen am Sonntag (Ein Bericht in drei Teilen) Teil 1

An einem Sonntagnachmittag, auch wenn er krankheitshalber im Bett verbracht werden muss, kann man viel Interessantes erleben. So sah ich am Sonntag, 24.4. drei verschiedene Sendungen im Fernsehen. Diese Sendungen suchte ich nicht gezielt aus, sie haben sozusagen mich ausgesucht. Als erstes blieb ich an einem überlangen Bericht im NDR über Schlösser und Herrenhäuser in Norddeutschland hängen. Es war keine Reportage, sondern ein Ranking. Ich fragte mich, wieso man solch verschiedenartige Objekte, das jedes auf seine Art einmalig ist, in ein Ranking bringen muss und ob etwa Gräfin X noch einen selbst geschnittenen Sonnenblumenstrauß neben das Portal hätte stellen sollen, damit sie mehr Punkte bekommt, um im Ranking höher zu liegen. Ohne Ranking wäre aber wohl die Rolle der Adels- und Schlossexperten, die die Übergänge zwischen den einzelnen Herrenhauspräsentationen sachkundig kommentierten, weniger bedeutend gewesen. Es fiel auf, dass die Schlösser in Mecklenburg-Vorpommern die hinteren Ränge belegten, was damit zu erklären ist, dass sie noch zu wenig Zeit hatten, um ihre Pracht voll zu entfalten und weil die Kameras nicht diese vollendeten Luftaufnahmen wie etwa in Schleswig Holstein hätten zustande bringen können, weil direkt neben dem betreffenden Schloss garantiert einige verrumpelte DDR-Ställe oder etwa dörfliche Plattenbauten zu sehen gewesen wären.

Die Schicksale der Herrenhäuser und ihrer Besitzer waren vielfältig, auch die Art und Weise, wie Lebens- und Schlossunterhalt erarbeitet wurde. So gut wie alle Besitzer lebten vorwiegend auf ihren Gütern und betonten ihr einfaches ländliches Leben. Gemeinsam war allen, dass Pracht und Reichtum sehr dezent zur Schau gestellt wurden, und dass alle sehr zufrieden mit ihrem Leben und ihrem Wohnambiente waren. Kritisches gab es nicht zu bemerken – wie sollte es auch, es war ja eine Unterhaltungs- und keine sozialkritische Sendung. Mehrmals dachte ich, dass die Landschaft trauriger wäre ohne diese vielfältigen und stolzen Anwesen mit ihrer interessanten Geschichte. Und dass sie ein Kultur- und Arbeitsfaktor in ihrer Gegend sind und in Wirklichkeit wohl nicht ganz so steril und vollkommen, wie sie sich hier darstellten.

Freitag, 22. April 2016

Hommage an Hans Koschnik

Oder: Gespräche eines älteren Ehepaars beim Frühstück sind nicht immer ganz so trocken, wie man es in Sketchen von Loriot erleben kann.

So schildere ich jetzt einen Dialog an einem zufälligen Tag, dem 21. April, beim Frühstück. Die Protagonisten werde ich der Einfachheit halber X und Y nennen. Die Logik des Gesprächs stimmt nicht immer 100 %-ig, und ein gender spezialisierter Mensch wird wohl herausfinden, wer der Mann und wer die Frau ist:

Im Hintergrund laufen die Nachrichten:
X: „Was, der Koschnik ist gestorben? Der war doch Bürgermeister in Bremen. Ich kann mich an nichts Nachteiliges von ihm erinnern, der war in Ordnung!“
Y: „Ja, außer dass er Bürgermeister von Bremen war, das ist schon eine Unanständigkeit für sich. Ein Bürgermeister von Bremen kann nur anständig werden, wenn er daran arbeitet, sich und seinen Regierungsapparat abzuschaffen. Was meinst du, was es an Steruergeldern kostet, wenn man den Staat Bremen mit seinem Senat, Parlament, Staatsgerichtshof etc. finanzieren muss!“
X: „War nicht Dohnany auch Bürgermeister von Bremen?“
Y: „Niemals, der würde sich mit so einem vermickerten Bremen nicht zufrieden geben, denn der ist ein echter Hanseat!“
X: „Aber Bremen gehört doch auch zur Hanse, und außerdem war die Hanse ein reputierliches und wirtschaftlich erfolgreiches Unternehmen.“
Y: „Ein echter Hanseat kann nur aus Hamburg kommen. Und der wirtschaftliche Erfolg eines Hanseaten funktioniert so: Er spaltet am liebsten jeden Cent noch dreimal auf, und aus dem, was er dabei einspart, baut er sich die Elbphilharmonie“
X: „Das mag wohl so sein, aber der Koschnik, der war doch auch in Bosnien und hat da so viel gemacht, und ich habe nur Gutes über ihn gehört“.
Y: "Das stimmt, da hat er seine bremischen Sünden gut gemacht."

Nachtrag 1: Hans Koschnik war nicht nur in Bosnien aktiv, sondern er wurde dort auch tätlich angegriffen, er hat also nicht nur aus der Ferne für und mit den Bosniern gebetet, sondern stand mit seiner ganzen Person für sein Werk ein.

Nachtrag 2: Abends in den Tagesthemen holt die Frühstsücksteilmehmer die Realität ein. Das Leben von Hans Koschnik wird, mit schwarz-grauem Portrait abgebildet, blitzschnell gewürdigt. Danach darf der Zuschauer erfahren, welche nun wirklich bedeutende Persönlichkeit unsere Welt dank übermässigen Drogenkosums - dieses wurde aus Pietätsgründen verschwiegen -, verlassen hat, nämlich der Popsänger Prince. Dazu lieferte man einen Extrabeitrag mit viel Bunt und Glitter. Nicht verschwiegen wurde, dass er auch einmal unter widrigsten Bedingungen gesungen hat, dass er kompromisslos war, und dass er nach eingehender innerer Prüfung herausgefunden hat, dass seelisches Wohlbefinden für ihn viel wichtiger als Ruhm wäre. Der Beitrag endete mit: „Gänsehaut pur!“

Anschließend dachte ich darüber nach, ob die Tagesthemen diese beiden Persönlichkeiten in der geschilderten Weise gewichtet hatten, weil sie entweder davon überzeugt waren, dass die Wichtung stimmt oder weil sie meinten, ihr Publikum wolle das so sehen oder um die Menschen auf diese Weise vom Nachdenken abzuhalten. Oder weil sie es einfach nicht besser wussten. Oder weil ihnen alles egal ist, hauptsache Posten und Finanzen stimmen, was oft kein unerheblicher Gesichtspunkt des Handelns ist?

Dienstag, 12. April 2016

Der Professor aus Heidelberg (Teil 2)

Dem Referat anschließend erfolgte eine Auswertung in kleineren Gruppen. Der Zufall führte mich in eine Gruppe von 8 Personen. Das Resümee, um es vorweg zu nehmen, würde ich so bezeichnen: „Die Botschaft hört´ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“.

Die Gespräche waren interessant. Eine junge Pastorin nutzte die Gelegenheit, um die Idee vom bedingungslosen Grundeinkommen vorzustellen. Die Idee wurde als interessant empfunden, weil man der Meinung war, dass Menschen auf jeden Fall sinnvoll tätig sein möchten, das Grundeinkommen also nicht zum Nichtstun verleite. Ein andere Frau sagte, dass ihr der Vortrag gut gefallen habe, eigentlich wäre sie gleicher Meinung wie der Professor (von der in Zukunft nötigen Abschaffung der Geldwirtschaft), sie könne sich aber nicht vorstellen, wie das verwirklicht werden solle. Ein Pfarrer beklagte, dass er erst nach der Wende das Wort „Besitzstandswahrung“ kennen gelernt hatte. Denn die westdeutschen Pfarrer hatten, um eben jenen zu wahren, es abgelehnt, einen Teil ihres Gehaltes zu opfern, um ostdeutschen Pfarrern ein ebenso hohes Gehalt wie sie selbst es hatten, zu ermöglichen. Ob unser Moderator, ein Pfarrer mit „Westsozialisation“ darüber beschämt war, weiß ich nicht, zum Glück war er in einem Alter, wo damals seine Besitzstände noch nicht allzu hoch gewesen sein können. Im Stillen dachte ich an eine Episode von vor gut 25 Jahren, als mir ein Synodaler lebhaft geschildert hatte, wie auf einer pommerschen Synode ein Pfarrer den Vorschlag gemacht hatte, 5 % des Gehaltes, auch wenn es leider nur 80 % des Westgehaltes betrug, für einen Fond bereit zu stellen, der dem damaligen Abbau von Pfarrstellen hätte entgegen wirken können. Die Empörung seiner ostdeutschen Amtsbrüder war nicht geringer als zuvor die der westdeutschen und bewies, dass der Mensch lernfähig ist. Weil ich niemanden verunsichern wollte, behielt ich meine Gedanken für mich, sagte aber, dass ich nichts gegen Geld habe, denn ich hätte diese Tausch- und Beziehungswirtschaft in der DDR immer als sehr umständlich gefunden. Und dass ich der Meinung sei, es wäre eine persönliche Entscheidung jedes einzelnen Menschen, wie er zum Geld stehe und wie er damit umgehe. Und dass der Zwang, sein Leben mit finanziellen Mitteln zu bestreiten zwar oft mit Unannehmlichkeiten verbunden sei, aber dass es auch in unserem Land Menschen gäbe, die sich die Freiheit nähmen, z.B. in Kommunen zu leben, von datumsverfallenen Lebensmitteln zu leben oder sich auf ein ausgeklügeltes Tauschsystem einzulassen. Ab und zu werden solche Menschen sogar in den Medien vorgestellt. Fast jeder in der Runde hatte schon von solchen Menschen gehört, und so wurden meine Ausführungen mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, doch es wurde ihnen nicht widersprochen. Zum Schluss meinte man, dass das bedingungslose Grundeinkommen eines Versuches Wert sei. Da ich danach zu einem Termin eilen musste, der ausgerechnet dem Geld verdienen diente, konnte ich an der allgemeinen Endauswertung nicht teilnehmen.

So holte mich diese Auswertung auf den Boden der Realität zurück und bestätigte, dass Menschen interessanter sind als Theorien und dass man zwar mit einer Theorie „im Luftraum des Traums“ schweben kann, aber dass Träume von der Realität eingeholt werden.

Samstag, 9. April 2016

Der Professor aus Heidelberg (Teil1)

Ob Heidelberger Professoren eine besondere Affinität zur Beschäftigung mit den Auswirkungen der Finanzwirtschaft entwickelt haben? Der als der „Professor aus Heidelberg“ bekannte Paul Kirchhof, Finanz- und Steuerrechtler, war 2005 für den Posten des Finanzministers vorgeschlagen und wollte das deutsche Steuerrecht radikal reformieren. Der andere, seines Zeichens ebenfalls Professor aus Heidelberg und zwar im Fach Theologie, Ulrich Duchrow, möchte am liebsten das Geld überhaupt abschaffen und sieht in ihm die Wurzel allen Übels in der Welt. Zu einem Studientag, den dieser hier in der Nähe in einem kirchlichen Bildungszentrum hielt, fuhr ich trotz Warnungen von verschiedener Seite hin.

Ulrich Duchrow, der mich im Aussehen und Duktus an einen gezähmten und geglätteten Hans Christian Ströbele erinnerte, bestritt seinen Vortrag in mehreren Abschnitten, die jeweils von kleinen Fragerunden aufgelockert wurden. Sein Status war der eines Befreiungstheologen. Das zentrale Wort Jesu im Neuen Testament sei, man könne entweder Gott oder dem Mammon dienen. Um diese These rankte sich der gesamte Vortrag.

Der Vortrag beinhaltete erst einmal eine Auseinandersetzung mit Luther und seiner 2-Reiche Lehre. Darüber hinaus spielte das Thema „Befreiung“ eine Rolle. Der Gedanke an Geld durchwob die gesamten Ausführungen mit Sätzen wie: „In der Bank regiert der Gott Geld!“ oder Luther habe gesagt „Die Thora ist heilig, Mammon ist tödlich.“ oder mit Begriffen wie „gierige Raubtiere des Kapitalismus“, „Herrschaft des Geldes“. Das Aufkommen des Geldes vor Jahrtausenden sei eng verquickt mit der Professionalisierung des Kriegswesens. „Gier ist in Geld institutionalisiert“, damit meinte er insbesondere das Geld, das verbunden ist mit den Banken, den Zinsen und der Finanzwirtschaft. In dieser Hinsicht fühle er sich dem Propheten Mohamed verbunden, der das Zinswesen angeprangert habe, und überhaupt - wir, die wir das Gute wollen (worunter wohl das Gute in verschiedenen Religionen gemeint war), sollten zusammen halten. Als Demonstration lag auf einem Tischchen neben der „Bibel in gerechter Sprache“ ein Koran aus. Außerdem lagen da verschiedene Bücher aus, die man ausgerechnet für Geld kaufen konnte, einige (wohl des Professors Habilitationsarbeit in mehreren Bänden) waren mit jeweils 24,90 € ausgepreist, während sein Buch „Gieriges Geld“ stark verbilligt angeboten wurde.

Manches, was ich vernahm, ließ in mir Erinnerungen an den Inhalt des Staatsbürgerkundeunterrichtes meiner Schülerzeit aufkommen. Beispielsweise verkündete U. D. folgende These: Der Kapitalismus könne historisch überwunden werden, weil er ja auch historisch gewachsen sei. Die „antiimperiale Zuspitzung des Neuen Testaments“ wurde betont, was mich wiederum an den proletarischen Internationalismus erinnerte. Interessant war die Annahme, dass die Abschaffung des Geldes nicht radikal und auf einmal erfolgen könne, sondern dass sie ein Fernziel in mehreren Etappen sei (so dass er seine Bücher noch für Geld verkaufen müsse, schlussfolgerte ich). Auch so etwas hatte ich im Schulfach „historischer Materialismus“ gehört. Demnach befanden wir uns damals in der Vorstufe namens Sozialismus, der nach wissenschaftlicher Erkenntnis zwangsläufig in den Kommunismus münden werde.

Die Bemerkung des Professors, dass er mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung (welche der Partei der „Linken“ sehr nahe steht) zusammen arbeite, ließ mich manches besser verstehen. Interessant fand ich die Tatsache, dass sich der Vortragende kritisch bis hin zu abfällig über die Partei der Grünen äußerte: Grüne Ökonomie sei verlogen, weil sie kurzfristige Verbesserungen anbiete, die Menschen dadurch von einer radikalen Umkehr abhalte und deshalb das System stabilisiere. Das waren genau die Argumente, die Kommunisten einst gegen Sozialdemokraten angewandt hatten und sie deshalb Sozialfaschisten nannten. Auch der Anstrich von Wissenschaftlichkeit im Vorgehen - immerhin war der Referent ein Professor - erinnerte mich an die Wissenschaftlichkeit, die wir über den Marxismus vernommen hatten.

Kurzum, die Ausführungen schienen mir wie pure Ideologie zu sein.

Mittwoch, 30. März 2016

Nicht nur Margot Käßmann ist bigott

Passend zum in der evangelischen Kirche sehr geschätzten Radikalpazifismus der Margot Käßmann, die in der letzten Zeit durch die Aussage: „Wir sollten versuchen, den Terroristen mit Beten und Liebe zu begegnen“ auffiel, gibt es von Seiten der Kirche eine Kehrseite in ihrer Haltung zum Krieg, die nicht so vordergründig ist. Man muss nur etwas genauer hinschauen, und dann erlebt man in und an Kirchen Helden- und Kriegsdenkmäler aller Sorten. Oft steht darauf ebenfalls ein Spruch von der Liebe, nämlich: „Niemand hat größere Liebe denn die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde“, ein Ausspruch Jesu an seine Jünger, bevor er in den Tod ging.

Gemäß der Kriegstafeln besteht die größte Liebe darin, als Soldat für sein Volk oder für seine Angehörigen in im Krieg umzukommen. Von: die Kriegsgegner lieben und für sie beten, entdeckte ich keine Spur. Ich habe niemanden in der Kirche erlebt, der sich von dieser Deutung des Jesu-wortes distanziert hat und etwa eine dieser Tafeln entfernt hätte, im Gegenteil, diese Tafeln werden restauriert und vervollkommnet.

Am 22.2. dieses Jahres veröffentlichte ich in diesem Blog die Abbildung eines Kriegerdenkmals vor der idyllischen Autobahnkirche Duben in Brandenburg. Stahlhelm, Lorbeerkranz und Schwerter sind in Stein gemeißelt und folgender Text ist auf dem Mal zu lesen.

1914-1918
1939-1945
Ihren gefallenen Helden
in dankbarem Gedenken
von der Gemeinde Duben

Schon im vergangenen Oktober schrieb ich dem Pfarrer, der zur Autobahnkirche gehörenden Gemeinde folgenden Brief:

Sehr geehrter Herr Pfarrer W.
Nach einer Einkehr in der von Ihnen verwalteten Autobahnkirche Duben möchte ich mich an Sie wenden. Auf meinem Weg nach Tschechien bin ich hin und wieder in dem Kirchlein eingekehrt. Immer wieder aufs Neue befremdete mich das Kriegerdenkmal, das den Reisenden vor der Kirche in Empfang nimmt. "Zum Dank für die gefallenen Helden des ersten und des zweiten Weltkrieges von der Gemeinde Duben" Dieser Dankesstein ragt aus der Reihe der sich üblicherweise in Kirchen befindenden Kriegerdenkmäler noch durch die Besonderheit heraus in dem er "Dank" ausspricht. Auch werden die Gefallenen, mögen sie gern oder ungern in den Krieg gezogen sein, als Helden bezeichnet. Wofür der Dank und was waren die Heldentaten?
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir eine schlüssige Erklärung, die den Ansprüchen, welche die Kirche an sich selbst stellt, gerecht wird, geben würden. Sowohl für die Existenz dieses "Heldensteins" als auch für die darauf befindlichen Inschriften.

Eine Antwort darauf habe ich nie erhalten.

Manch einer mag Margot Käßmann in ihren Aussagen Jesu ebenbürtig halten. Dieser ging immerhin für seine Überzeugungen in den Tod. Bei Taliban und ähnlichen Konsorten hat man Margot Käßmann nie gesichtet. Und mag die Kirche sich hinter ihre Botschafterin stellen. So lange in ihren Reihen gefallene Krieger als Helden bezeichnet werden, denen zu danken ist, kann man die Haltung der einen wie der anderen nur als scheinheilig bezeichnen.

Dienstag, 22. März 2016

Am Sonntagmorgen

Oft ergibt es sich, dass ich am Sonntagmorgen zwischen 8 Uhr und 9 Uhr am Frühstückstisch sitze. Und – wie kann es anders sein -, im Radio ist der DLF auf dem Sender. Das Hören des DLF am Sonntagmorgen gibt Stoff für Überlegungen.

An diesem Sonntag kam ich in die Küche, da lief gerade eine „besinnliche“ Ansprache über das Glück. Wie so oft stellte ich mir die Frage: ist es sinnvoll, dass es solche Ansprachen gibt (ich nenne sie die Gedanken von Wohlstandsbürgern), weil sie die Leute auf etwas Sinnvolles hinweisen oder halten sie die Leute davon ab, sich eigene Gedanken zu machen. Ich neige zu Letzterem. Die Menschen für so dumm zu halten, dass ihnen diese Gedanken eingepflanzt werden müssen. Alle meine Erfahrungen sprechen dafür, dass das Leben solcher „Erklärer“ nicht mit ihren Aussagen übereinstimmt, denn sie selbst sind zum Übermitteln da, nicht etwa um Vorbild zu sein. Ich vernahm jedenfalls, dass Glück nicht darin besteht, sich etwas zu kaufen, sondern es muss „ganz tief aus einem selbst kommen“. Sicher gibt es für solche Erklärungen auch Honorare nach einem vom DLF festgelegten Tarif. Aber dann denke ich, dass ich dem Referenten nicht Unrecht tun will, vielleicht lebt er ja bescheiden und spendet sein Honorar.

DLF belehrte weiter, diesmal über „das Böse“. Dazu war die Erklärung von einem katholischen Theologen so kompliziert, dass ich sie jetzt nicht wiederholen kann. Für mich gibt es etwas, was ich wirklich als „das Böse“ bezeichne. Das sind die Interviews, Berichte und Kommentare des DLF und anderer Sender über Israel, die gewohnheitsmäßig auf die Menschen nieder träufeln, und die desinformieren, dämonisieren und doppelte Standards diesem Land gegenüber anwenden.

Im Luftreich des Traums

gegen Ideologien

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Noch einmal über Medien
Die Welt besteht nicht nur aus Medien und das Leben...
anne.c - 29. Jul, 11:13
Noch ein Schreiben, diesmal...
12.07.2025 Infos am Morgen im DLF: „Immer wieder verzerrte,...
anne.c - 16. Jul, 17:16
Apartheit im Ökumenischen...
1 .Ein abgeschickter Brief an Bischof a.D. Bedfort-Strohm Herr...
anne.c - 8. Jul, 05:51
Reaktionen nach dem Angriff...
Dieser Beitrag wird ein wenig veraltet wirken, zu rasch...
anne.c - 1. Jul, 22:28
Presseclub
Vor der Fortsetzung der Reaktionen des Angriffs Israel...
anne.c - 24. Jun, 21:21
Reaktionen nach dem Angriff...
Die Reaktionen von offiziellen Medien und Bevölkerung...
anne.c - 21. Jun, 15:11
Nachtrag zu den Stolpersteinen
Vor Kurzem spazierte ich durch die kleine böhmische...
anne.c - 19. Jun, 23:09
Stolpersteine
Das sind diese kleinen quadratischen, messingfarbenen...
anne.c - 5. Jun, 21:28
Die Einschläge kommen...
Bis jetzt waren wir im Bekanntenkreis einigermaßen...
anne.c - 29. Mai, 14:39
Eine Zuschauermail
"Sehr geehrter Herr Prantl, als ich Sie heute bei...
anne.c - 22. Mai, 10:23

Links

Suche

 

Status

Online seit 5105 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 29. Jul, 11:18

Disclaimer

Entsprechend dem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 12.05.1998 gilt für alle Links und Kommentare auf diesem Blog: Ich distanziere mich hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller verlinkten Seitenadressen und aller Kommentare, mache mir diese Inhalte nicht zu eigen und übernehme für sie keinerlei Haftung.

Impressum

Anne Cejp
Birkenstr. 13
18374 Zingst