Ist es nicht schon zu spät für ein Fazit? Die moderne Medienwelt bringt es mit sich, dass die Ereignisse nur im Augenblick des Geschehens von Bedeutung sind, aber dass sie schon kurze Zeit später vergessen werden. Dem möchte ich entgegen wirken, und darum wage ich es, mir jetzt - mehr als eine Woche später - Gedanken über die Kundgebung "Steh auf, nie wieder Judenhass!" zu machen.
Polemisch könnte man sagen: Der Zentralrat der Juden hat gerufen, und alle sind gekommen! Nicht zur Kundgebung, die war zwar gut besucht, aber nicht in dem Maße wie es nötig gewesen wäre, wenn die "normale" Bevölkerung so gegen den Judenhass aufgestanden wäre, wie es ihre gewählte Führung von der Tribüne aus gefordert hat. Gekommen sind sie alle, aber auf die Tribüne. Der Vorsitzende des jüdischen Weltkongresses, Ronald S. Lauder hat es auf den Punkt gebracht: er habe “noch nie so viele wichtige Führer eines Landes auf einmal gesehen“, sagte er. Die Diskrepanz zwischen der vollen und höchstrangigen Tribüne und den ganz anders gearteten Kundgebungsteilnehmern gab zu denken.
Vermisst habe ich auf der Kundgebung Plakate und Transparente, die anzeigen aus welchem Bereich die jeweiligen Teilnehmer kamen So entstand der Eindruck, dass es überwiegend Juden waren, die die Demonstration gegen Judenhass füllten. Es wäre schön gewesen, wenn Verbände und Organisationen ihr Anliegen auch mit ihrem Namen kund getan hätten. (Manches mag ich aber auch nicht gesehen haben).
Die Reden, so gut und eindringlich sie waren, wirkten auf mich wie der Titel dieses Blogs: "Im Luftreich des Traums". Es fehlte der Bezug zur Wirklichkeit. Es wurde immer wieder gesagt, dass wir es nie hinnehmen werden, dass Synagogen geschändet werden und Menschen, die durch Symbole ihre Religiosität zeigen, angegriffen werden. Das war gut, und es mag in der Zukunft Situationen geben, in denen man daran erinnern kann. Dass es Menschen waren, konkrete Menschen, und Medien, konkrete Medien, die während des Gaza Krieges die Atmosphäre aufgeheizt haben, so dass antisemitische Übergriffe sich häuften, davon wurde lieber geschwiegen. Dass es zwischen den Juden in Deutschland und anderswo und dem Staat Israel einen direkten Bezug gibt, das ließ man auch lieber ungesagt. Die vielen Israelfahnen, die in der Menge zu sehen waren, sprachen eine andere Sprache.
So hinterlässt die Kundgebung in mancherlei Hinsicht zwiespältige Eindrücke. Trotzdem ist es gut, dass sie stattgefunden hat, und dass diejenigen die - egal ob auf der Tribüne oder in der Menge - daran teilgenommen haben, auf ihre Weise Position bezogen. Man sollte sie, wenn es drauf ankommt, daran messen.
anne.c - 25. Sep, 18:15
Am Rande geschehen ja meistens die interessanteren Dinge. Nicht am Rand, sondern mittendrin standen viele kleine energische Frauen und hielten selbst gebastelte Plakate auf denen sich lateinische und kyrillische Buchstaben mischten. "Die israelische Armee ist die humanischte Armee der Welt" hatte eine geschrieben, und ich sagte ihr "Da, da".
Auf einmal bemerkte ich, dass ich in der Hand eine Broschüre hielt, ähnlich denen, die die Zeugen Jehovas den Leuten gern in die Hand drücken. Das Buch eines Rabbiners wurde angepriesen, ähnlich wie bei den Zeugen Jehovas ging es um Endzeitstimmung und wie man ihrer entkommen kann.
Zu einer Demonstration gehört eine Gegendemonstration. Danach schaute ich auch aus, ob sich Fahnen oder Plakate, die nicht zum Anliegen gehören, unter die Leute gemischt hätten. Ein junger Mann hielt ein kleines Plakat mit der Aufschrift: "Israel-Gaza=Krieg" Zu ihm gesellte sich eine auffällige Frau mit dem Plakat "Mit meinen Steuergeldern finanziere ich nicht Waffen, die Kinder töten!" Sie war sehr aufgeregt und schaffte es, wenn der Redner auf dem Großbildschirm eine Atempause machte, laut in die Menge zu rufen. Einige Gleichgesinnte gingen auf sie zu. Dazu kamen Polizisten, die auf sie einreden wollten, was ihre Aufregung vergrößerte. So bestand die Gegendemonstration aus dieser kleinen Gruppe, und sie stand tatsächlich am Rande.
Zum Schluss hatte ich noch ein ganz persönliches Erlebnis. Einige junge Männer fremdländischen Aussehens interessierten sich auffällig für meine Fahne. Zuerst war ich irritiert, begriff dann aber schnell, worum es ihnen ging. Sie wollten sich die Fahne ausborgen um sich mit ihr fotografieren zu lassen. Dabei beobachtete ich die Männer - mit großem Ernst fotografierten sie sich gegenseitig mit der Fahne und vor der Menge und ich fragte, wo sie her kämen und darauf einer antwortete freundlich: "Aus dem Iran". Das war für mich ein starkes emotionales Erlebnis und machte mir klar, dass es nicht nur für die Kundgebung wichtig ist dass ich teilnehme, sondern dass es auch für mich wichtig ist, dabei gewesen zu sein.
anne.c - 19. Sep, 09:32
Als Jude hätte ich es mir wohl sehr überlegt, ob ich an der Solidaritätskundgebung gegen Antisemitismus am Sonntag am Brandenburger Tor teilnehmen sollte, denn die Veranstaltung hätte ich als eine Mogelpackung empfunden. Und genau genommen, war es eine Mogelpackung: Der Zentralrat der Juden muss in Deutschland dazu aufrufen, dass man in Deutschland nicht mehr gewalttätig gegen Juden vorgeht und durch Polizeilautsprecher in die Gegend ruft: "Juden ins Gas!". Das heißt, mit dieser Kundgebung sollte der Zentralrat Deutschland einmal wieder Absolution erteilen.
Aber egal, so eine Veranstaltung hat mehrere Aspekte, sie mag Auswirkungen schon allein durch ihr Stattfinden haben, sie mag diesem oder jenem die Augen öffnen oder wenigstens zum Innehalten bewegen. Als Nichtjüdin fand ich es wichtig, daran teilzunehmen - ähnlich wie man zur Wahl geht obwohl man sich sagt: Kommt es wirklich auf meine Stimme an? Mit einer Israelfahne bewehrt machte ich mich auf den Weg zum Brandenburger Tor. Die Fahne war wichtig, denn mir scheint, dass in letzter Zeit immer wieder die Parole ausgegeben wird: Die Juden und der Staat Israel haben nichts miteinander zu tun.
Pünktlich um 15 Uhr kam ich in der Nähe des Brandenburger Tors an und machte als erstes die Erfahrung, wie man in so einer Menschenmenge sofort aufgesogen wird. Als ich nach einer Weile einmal hinter mich schaute, war die Menge beträchtlich angewachsen. Wie viele Menschen es waren, kann ich nicht beurteilen, es waren auf jeden Fall so viele, dass man sie als Menschenmenge bezeichnen konnte. Man sah viele Israelfahnen, einige selbst gefertigte Plakate und auch viele Plakate und Anstecker mit dem offiziellen Logo. Das Verhältnis zur Veranstaltungstribüne und zu den Rednern war recht unpersönlich, da man sie nur via Großbildschirmen sehen konnte. Es saß dort wirklich alles, was Rang und Namen hat, selbst aus vergangenen politischen Zeiten wie Joschka Fischer und Christian Wulf und sehr viele andere, die ich bei den schnellen Wendungen der Kamera nicht erkennen konnte. Vorn eine ganze Ministerriege und in der Mitte Bundeskanzlerin Merkel und Bundespräsident Gauck.
Den Reigen der Reden eröffnete Dieter Graumann, Präsident des Zentralrats der Juden. Es folgte Klaus Wowereit, dann Nikolaus Schneider und Reinhard Marx, die höchsten Repräsentanten der christlichen Konfessionen, dann der Präsident des jüdischen Weltkongresses Lauder, und den krönenden Abschluss bildete die Bundeskanzlerin. Alle Reden hörten sich gut an, sie waren politisch korrekt und zeigten sogar innere Bewegtheit des Redenden. Es wurden große und schöne Worte über unsere Verbundenheit mit den jüdischen Mitbürgern gesprochen und dass wir Hass gegen sie nicht zulassen und ihm entgegen treten werden.
Nein, an keiner Rede hatte ich etwas auszusetzen, gern hätte ich nur ein paar Zusatzfragen gestellt. Wie ist es möglich, dass in einem Land, das entschieden gegen Antisemitismus ist, an einer zentralen und markanten Stelle, am Kölner Dom, ein Mann jahrelang und sogar unter Mithilfe eines öffentlich rechtlichen Rundfunksenders (beschrieben im Buch "Allein unter Deutschen" von Tuvia Tenenboim) und bestätigt von deutschen Gerichten antisemitische Hetze verbreiten darf? Den Ratsvorsitzenden der evangelischen Kirche hätte ich gern gefragt, ob er auch der Meinung sei, wie viele Pfarrer in der evangelischen Kirche es sind, dass das jüdische Volk und der Staat Israel zwei ganz verschiedene Dinge seien. Und was er von der These halte, dass Jesus ein Palästinenser gewesen sei. Und überhaupt hätte ich gern von einigen auf der Tribüne, die dafür zuständig sind erfahren, wieso in öffentlich rechtlichen Medien in den Wochen des Gazakriegs so viele die Wirklichkeit verfälschende Artikel, Fernsehberichte und Kommentare unter die Leute gebracht worden sind, die ohne Zweifel zu der nun so bedauerten antijüdischen Stimmung beigetragen haben.
Fortsetzung folgt
anne.c - 16. Sep, 23:12
Aber eines gegen Jarzenjuk.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten | Veröffentlicht: 03.09.14:
"Jazenjuk: Wir haben die Absicht, eine Mauer gegen Russland zu errichten
Der ukrainische Übergangspremier Arseni „Jaz“ Jazenjuk will eine Mauer nach dem Berliner Vorbild gegen Russland errichten. Nur so werde eine echte Staatsgrenze entstehen, sagte Jazenjuk wenige Stunden nach der Ankündigung eines Waffenstillstands durch Präsident Poroschenko. Der Elektrozaun mit Minen und Stacheldraht soll eine Länge von 2000 Kilometern haben und rund 100 Millionen Euro kosten."
Wo bleibt der Aufschrei von Jarzenjuks Förderern?
Erklärtermaßen ist man in Europa sehr gegen Mauern. Vor 25 Jahren fiel in Europa eine Mauer. Sie fiel im wahrsten Sinne des Wortes, sie implodierte (diese Implosion nennt man heute "friedliche Revolution"). Nun hört man wenige Stimmen, die die Vorstellung von einer 2000 km langen Mauer zwischen der Ukraine und Russland - also Ländern, die geschichtlich und faktisch eng zusammenhängen - sehr beunruhigt. Selbst die Frage, wer denn diese Mauer bezahlen soll, scheint niemanden zu interessieren.
Das Vorhaben eines solchen Mauerbaus ist wohl einfach zu dumm und lässt fragen, was das wohl für ein Ministerpräsident ist, der auf solche Ideen kommt, und was nützen diese Ideen seinem Land?
anne.c - 6. Sep, 23:13
Der Konflikt noch lange nicht. Es wird ruhiger in den Kommentaren, und in den Blogs, die aus Israel berichten sinken die Seitenanrufe auf das vorkriegliche Maß. Außer dem, was die direkt Beteiligten erleiden mussten, haben die "Zuschauenden" und auch "Mitleidenden" wieder viel gelernt. Für mich sowie für jeden, der mit wachen Sinnen teilnimmt, bleiben viele Fragen. Besonders bleibt für mich die Frage nach den Medien bzw. nach Personen, deren Ansichten das öffentliche Leben mitbestimmen. Meine Frage kann ich auch ganz direkt sagen: "Warum lügen sie?" (siehe Blogeintrag vom 16.7.) Journalisten, Reporter, Bischöfe, Pfarrer sind in der Regel Menschen, die studiert haben, die über eine gewisse Allgemeinbildung verfügen, und die - gerade in ihren Berufen - gelernt haben sollten, unwahr und wahr voneinander zu unterscheiden.
Um diese meine Behauptung zu illustrieren, möchte ich auf meinen letzten Eintrag noch einmal eingehen. Warum werden bestimmte Behauptungen aufgestellt, aber Fakten, die unbedingt zur Beurteilung dieser Behauptungen dazu gehören, verschwiegen? Warum behauptet ein Bischof wörtlich: "Israel reagiert über. Auf drei getötete zivile Israeli(s) antwortet Israel mit der Tötung von fast 1900 Palästinensern, davon 447 Kinder (Kirchenzeitung für Mecklenburg Vorpommern, Nr. 34, 1. Seite) Die Vorstellung, die dabei vermittelt wird, lautet: Israel ist gut 600 mal so schlimm, wie Gaza, und noch schlimmer, da es Kinder tötet, womit in die Rufe "Kindermörder Israel!" der palästinensischen Demonstranten in Deutschland eingestimmt wird. Nebenbei wird der "völlig irrationalen Raketenbeschuss der Hamas in Gaza" erwähnt, dabei werden diesmal Zahlen vergessen. Weiterhin wird verschwiegen, dass viele der angeblichen getöteten Zivilisten in Wirklichkeit Hamaskämpfer waren, dass die Hamas Zivilisten als Schutzschilde benutzt, dass ein umfangreiches Tunnelsystem unter Gaza bis weit nach Israel hinein angelegt wurde (direkt unter Krankenhäusern, Moscheen und Schulen entlang), das zur Verübung terroristischer Überfälle und Entführungen genutzt werden können.
All diese Fakten sind aus vielen Quellen bestätigt, sie werden aber nicht erwähnt, um ein besonders bösartiges Bild von Israel zu zeichnen. Dieses Bild zeichnet nicht nur ein Bischof, sondern viele deutsche Medien.
Umso weniger kann ich diese Unwahrhaftigkeit verstehen, weil z. B. das Bild, das palästinensische Demonstranten an den Tag legen, das entgegengesetzte Bild davon ist, das all die wohlmeinenden Menschen, seien sie christlich oder auch nicht, gern sehen. Zumindest in Gaza sieht man sie vermummt, Waffen bespickt, in die Luft böllernd. Wohltaten und Süßigkeiten austeilend, wenn man es geschafft hat, Juden zu ermorden. Das ist doch nicht das, was Pfarrer, Idealisten und Medienleute als ein ideales Bild ansehen möchten. Auch habe ich nie ein Foto erblickt, auf dem es vergleichbare Demonstranten in Israel gäbe, das doch als ein besonders übles Land dargestellt wird. Im Gegenteil: In Israel kann man auch Demonstranten gegen den Gaza-Krieg sehen.
So kann ich es mir nur so vorstellen, dass diejenigen, die dieses unwahrhafte Bild von Israel zeichnen der Meinung sind, dass das martialische Bild der palästinensischen Kämpfer die Antwort auf etwas "viel Schlimmeres" sei, das aus Israel kommt. Dass also die vermummten Kämpfer, willenlose Marionetten, nichts dafür können, dass sie so sind wie sie sind (Man nennt so etwas Dämonisierung Israels). Was dieses "ganz besonders Schlimme" ist, darauf hat mir noch nie jemand eine Antwort geben können.
anne.c - 1. Sep, 22:09
ist ohne Zweifel der so genannte Israelsonntag.
Dieser Sonntag hat das Verhältnis von Christen und Juden zum Thema. Nach dem Holocaust hat die evangelische Theologie versucht, ein theologisches Verständnis des Judentums zu gewinnen, das frei von Antijudaismus und Antisemitismus ist. So sollte es gemeint sein. Ab und zu las ich Berichte von Juden, die neugierdehalber einmal einen Gottesdienst am Israelsonntag besuchten, und das Ergebnis war immer recht frustrierend. Es war in der Regel kein Gottesdienst gegen die Juden, aber er zeugte von Unverständnis und Missachtung den Juden gegenüber. Dem kann ich zustimmen, denn ich habe nicht nur manche Predigt zum Israelsonntag, die jeweils weniger schlimm als peinlich war, gehört, sondern auch manche Diskussion dazu in kirchlichen Kreisen. Nun wird es Abhilfe geben, denn ein Bischof hat Anleitung zur Predigt herausgegeben. In einem Artikel "Heilung fürs heilige Land?" stellt er noch einmal ausdrücklich klar, dass der Staat Israel etwas Grundverschiedenes von der jüdischen Glaubensgemeinschaft ist (darin hat er Recht, denn der Staat Israel beheimatet außer den Juden auch Muslime, Christen, Bahai, Drusen und anderen Glaubensgemeinschaften, die im Gegensatz zu allen Ländern ringsherum ihren Glauben frei ausüben können). Nachdem der Bischof also klar gestellt hatte, dass die jüdische Glaubensgemeinschaft nicht mit dem Staat Israel verwechselt werden darf, hatte er sich selbst die Absolution erteilt, um ungehemmt sein Urteil über Israel schreiben zu dürfen. Wie üblich mittels Vermengung von bösartigen Emotionalitäten und aus dem Zusammenhang gerissenen Fakten.
Die Tatsache, dass das Christentum jüdische Wurzeln hat, kann mit des Bischofs Aussage irgendwie entschuldigt werden. Vielleicht setzt sich aber mit der Zeit doch die frohe Botschaft durch, nach der gemäß Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas (Weihnachtsansprache 2013) Jesus ein Palästinenser war (dem hat niemand Maßgebliches aus der evangelischen Kirche widersprochen). Dann könnte der Israelsonntag endlich wegfallen und diese peinlichen und verdrucksten Predigten müssten nicht mehr gehalten werden.
anne.c - 23. Aug, 15:50
Ein Slogan, der aus der evangelischen Kirche hervor gegangen ist. Trotzdem habe ich keinen Jubel von Seiten der Kirche über eine Einrichtung gehört oder gelesen, die dieses Wort Wahrheit werden ließ. Es handelt sich um das wahrhaft geniale Raketenabwehrsystem Iron Dome, entwickelt in Israel zur Abwehr der Raketen, die täglich aus dem Gazastreifen und manchmal auch aus anderen Gegenden in das Land herüberfliegen. Unzähligen Israeli, egal ob jüdisch, moslemisch oder christlich hat Iron Dome das Leben gerettet. Unzählige Häuser sind nicht zerstört worden. Seit dem Jahr 2001 (16.4.) fliegen Raketen aus dem Gazastreifen nach Israel. Seitdem sind gut 11 000 (in Worten: Elftausend !) Raketen aus Gaza nach Israel geschossen worden. Einen rasanter Anstieg der Gaza-Raketen gab es übrigens nachdem Israel 2005 die Siedlungen im Gazastreifen räumte (vorher waren es nur vereinzelte Abschüsse und am Rand vermerkt - die geräumten Siedlungen hatten vielen Menschen aus Gaza Arbeit gegeben). Mit der Räumung praktizierte Israel jenes "Friedenschaffen ohne Waffen" und zum Dank dafür bekam es Tausende Geschosse herüber geschickt.
Das Raketenabwehrsystem Iron Dome wurde als Abwehr gegen die Raketen zuerst im Jahr 2008 erprobt und war erst im Jahr 2011 voll einsatzfähig. Ohne Iron Dome wäre es zu vielen Toten, Verletzten und zu Zerstörungen in Israel gekommen, und Israel hätte - um sich zu schützen - viel früher und rigoroser in Gaza handeln müssen. Wer die Opferzahlen von Israel und Gaza miteinander vergleicht und daraus den Schluss zieht, Israel handele unverhältnismäßig, der solle sich vorstellen, was geschehen würde, wenn all die abgefangenen Raketen aus Gaza ein Ziel in Israel erreicht hätten. Dann hätte es sehr viele tote Israeli gegeben, und dem Gerechtigkeitsgefühl der Europäer wäre Genüge getan. Wer von Unverhältnismäßigkeit spricht, kann damit nur schlecht seinen Wunsch kaschieren, dass möglichst viele Israeli umkommen mögen.
anne.c - 13. Aug, 21:57
Am 5. August nach den 19.00 Nachrichten war im DLF zur Waffenruhe zwischen Israel und Gaza ein Kommentar von Carsten Kühntopp zu hören. Es war nichts Besonderes. Von der üblichen Art, wo man so nebenbei hinhört, während man sich seiner Arbeit zugewendet. Auf diesen Kommentar antwortete ein Angehöriger von mir mit dem folgenden Brief, den zu veröffentlichen er mir hier erlaubt :
"Werte Redaktion,
in den letzten Wochen vergoss Ihr Sender gern Krokodilstränen über den Antisemitismus auf deutschen Straßen und anderswo. Wenn man sich aber Ihre Berichterstattung über den Gaza-Krieg anhört, beispielsweise den Kommentar heute um 19.05 Uhr, dann bleibt dem Zuhörer nichts anders übrig als festzustellen, dass sie ein antisemitischer Hetzsender sind - diese Behauptung ist nicht über- sondern untertrieben. Was Sie über Juden und Israel in die Welt trompeten ist ein Mist, welcher jeglicher Kritik spottet, so wie es eben bei den Antisemiten der Fall ist. Gegen so viel Dummheit ist kein Kraut gewachsen und deswegen erwarte ich von Ihnen keine Reaktion, ja ich bitte Sie, eine solche zu unterlassen. Sie stecken, sehr zu Ihrem Nachteil, im Antisemitismus bis über beide Ohren, reiten richtig, wie echte journalistische Trottel, auf der antisemitischen Schiene und die oben erwähnten Krokodilstränen gehören zwingend dazu.
Name, Anschrift"
Das ist natürlich keine sehr passende Art. Aus heiterem Himmel, ohne sich auf bestimmte Passagen zu beziehen, einen derart seriösen Sender wie den DLF zu verunglimpfen! Dass man keiner Antwort gewürdigt wird, liegt auf der Hand, der Schreiber hat sie auch von vornherein verbeten. Allerdings wurden an den DLF auch schon andere Briefe geschrieben, wohl durchdacht, in wohl gesetzter Sprache mit konkreten Fragen. Eine Antwort kam in letzter Zeit nie. Die DLF-Redakteure sind überbeschäftigt, sie können sich den profanen Hörern nicht widmen (Früher bekam ich immer einmal einen Antwortbrief, in dem dann beispielsweise stand, dass die Mehrheit der Hörerreaktionen, im Gegensatz zu der des Absenders dem DLF zustimmten, was mich wiederum sehr an die alte DDR-Zeit und ihre Manieren erinnerte).
Daraufhin habe ich mir die letzten Kommentare des DLF den nahen Osten betreffend ein bisschen näher angeschaut. Im Archiv nachgelesen oder nach gehört. Es fällt auf, dass sachliche Berichte - die oft auch sachlich falsch sind, wenn man es mit Informationen von anderen Seiten vergleicht - stark mit emotionalen und moralischen Passagen durchsetzt sind. Ein israelischer Professor wurde in einem Interview genötigt, sein Mitgefühl für die Einwohner von Gaza zu auszusprechen, und als er das nicht in dem Maße tat, wie DLF-Redakteur Meurer es sich wünschte, bekam das Interview die Überschrift verpasst "Israelisches Mitgefühl ist zu viel verlangt!" Gern wird die Zahl der Toten auf beiden Seiten gegeneinander aufgerechnet, um dabei die Assoziation herbei zu manipulieren, dass Israel um ca. 20 mal schlimmer als die Hamas sei. Welche Rolle dabei das hervorragende, man kann schon sagen geniale Abwehrsystem der Israeli Iron Dome spielt, wird - wenn überhaupt - als ein abwertender Faktor gesehen. Und es wird höchstenfalls nebenbei erwähnt, aus welchem Grund Israel zu seinen Kriegshandlungen gezwungen wurde. Und zu welcher Hinterlist und Tücke die Hamas ihre eigene Bevölkerung direkt den Bomben vorwirft. Von der gleichen Bevölkerung wird manchmal stolz berichtet wird, sie habe die Hamas einst mit absoluter Mehrheit in Gaza gewählt, ergo verfüge Hamas über höchste Legitimität. Welche Gefahr das ausgeklügelte Tunnelsystem der Hamas für für Israel darstellt, da ist dem DLF kaum einer Notiz wert. Man kann feststellen: Dort, wo sachliche Berichterstattung angebracht wäre, schürt der DLF Emotionen gegen Israel. Und ist danach moralisch empört, wenn arabische Demonstranten durch deutsche Straßen ziehen und zur Tötung von Juden aufrufen: "Hamas, Hamas: Juden ins Gas".
Insofern hat der zitierte Hörerbrief durchaus seine Berechtigung. Mit den DLF-Kommentaren möchte ich mich demnächst noch weiter und näher befassen.
anne.c - 8. Aug, 14:30