Drei Menschen sind bei einem Stadtfest (das makabererweise unter dem Motto „Festival der Vielfalt“ stand), erstochen worden. Das löste – man wundert sich -, ein ungeheures Medienecho aus. Im Fernsehen gab es Sondersendungen, im Radio liefen ausführliche Berichte. Talk-Runden wurden dieser Untat, ihren Hintergründen, den Motiven des Täters gewidmet. Und selbstverständlich den Auswirkungen des Attentats auf zukünftige Wahlen demnächst.
Man hat sogar den Eindruck, dass das Medienecho und die Politikeranteilnahme ganz eng mit den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen zusammenhängen. Denn Attentate durch Asylbewerber, auch mit mehreren Toten, gab es in den letzten Jahren mehrmals. Da waren die öffentlichen Reaktionen eher verhalten. Noch im vorigen Jahr erstach ein Palästinenser (aus dem Gazastreifen) zwei junge Menschen in einem Regionalzug in Norddeutschland. (Eine weitere schwer verletzte Frau nahm sich später das Leben). Man hörte darüber in den Nachrichten, es gab Berichte, aber der ganze Fall war schnell vergessen. Das Attentat des Tunesier Anis Amri, der 12 Menschen auf einem Berliner Weihnachtsmarkt mit einem LKW überfuhr, wurde im Bewusstsein sehr klein gehalten und auch dem Vergessen überlassen. Kanzlerin Angela Merkel ließ sich erst ein Jahr nach dem Attentat zu einem Solidaritätstreffen mit den Angehörigen der Opfer herab, und
das erst nach einem vorwurfsvollen Brief der Angehörigen.
Zu diesen drei Beispielen ist noch anzumerken, dass sie von Asylbewerbern begangen wurden, die schon durch Straftaten auffällig gewesen waren und eigentlich das Land hätten verlassen müssen. Aber die Behörden hatten geschlampt, sie maßen dem keine Bedeutung zu, dass gewalttätige und potentielle Straftäter in der Gegend herumlaufen. Es entsteht der Eindruck, dass dem Staat die Sicherheit der Bürger viel weniger wichtig ist, als Konzilianz gegenüber Asylbewerbern.
Das Erstaunliche ist die große mediale Aufmerksamkeit gegenüber dem Solinger Messerattentat. Ich habe den Eindruck, dass die Medien und auch die Politiker paralysiert sind. Haben sie so eine Angst vor der AfD und den anstehenden Wahlen? Schon mehreren sich die unvermeidlichen Stimmen, die davor warnen, das Attentat könne instrumentalisiert werden. Aber wieso sollte es instrumentalisiert werden: es ist geschehen! Drei Menschen sind tot. (Sie werden sich ja nicht zu Sterben zur Verfügung gestellt haben, damit die AfD mehr Stimmen bekommt). Die Politiker sollten sich nicht lächerlich machen indem sie von „instrumentalisieren“ oder „Wasser auf die Mühlen“ sprechen, sie sollten sich bei ihrer Politik nach den Befindlichkeiten der Bürger richten. Dann müsste die Angst vor der AfD nicht so groß sein.
anne.c - 29. Aug, 22:13
Gerade sagte mir eine Frau, dass sie es gut findet, dass ich eine kleine Israelfahne an meiner Jacke trage. Sie wäre drei mal in Israel gewesen, und in keinem Land hätte sie sich so frei, sicher und unbeschwert gefühlt wie in Israel. Ich konnte das von meinen zwei Besuchen dort bestätigen. Dann dachte ich darüber nach, warum so viele verschiedene Menschengruppen gerade dieses Land dämonisieren. An Unwissenheit kann es nicht liegen. Seltsamerweise sind es oft Angehörige der Menschengruppen, die bestimmte Ideale vor sich her tragen. Ich denke daran, wie viele Feministinnen, also Frauen, die sich die Befreiung und Gleichberechtigung der Frauen zum Ideal gesetzt haben, mit Gehässigkeit über Israel sprechen. Wenn ich Bilder von palästinensischen oder arabischen Politikern sehe, ist darauf keine Frau zu erkennen, ein reiner Männerklüngel. In Israel sieht man in allen Berufsgruppen Frauen, meistens ohne, manchmal aber auch mit Hidschab. Trotzdem verdammen Feministinnen Israel. Die UNO, für die ja Frauenrechte auch ganz wichtig sind, verabschiedete
eine Resolution, in der Israel als einziges Land für die Verletzung von Frauenrechten verurteilt wird. Das ist absurd.
Seit dem Überfall der Hamas und dem Gazakrieg nehmen die Verurteilungen kein Ende. Besonders tuen sich hervor: Intellektuelle, Studenten, Professoren, Medienschaffende. Es gibt genug Bilder zu sehen von palästinensischen Kindern, die in Uniformen, hochbewaffnet mit Patronengürteln und Masken posieren. Auch ihre Aussprüche, wie sie Israel vernichten wollen, kursieren. Sie werden zum Kampf gegen Juden und zum Märtyrertum angeleitet. Genau das, was den moralisierenden und auf „Werte“ und Menschenrechten basierenden Intellektuellen widerspricht. Und doch setzen sie sich leidenschaftlich für die Menschen mit eben dieser Lebensanschauung ein. Das ist ebenfalls absurd. Zu ergänzen wäre diese Aufzählung noch von Politikern sehr vieler Länder, die ja ebenfalls die Menschenrechte hoch halten. Und die Journalisten, die aus Israel oder aus Gaza berichten, können den Unterschied sehen, wie sich die Leute hier und da verhalten. Es ist keine Logik, keine Vernunft in dem von mir beschriebenen Verhalten.
Ich kann mir vorstellen, dass solche Journalisten, Feministinnen, Professoren in der Lage sind zu sagen: „seht wie abstoßend die kleinen Märtyrerkinder sind mit ihren Kalaschnikows und Patronengürteln! Dazu haben die Israeli sie heraus gefordert, sie provozieren dazu, dass die Kinder Kriegerposen annehmen, die sie eigentlich gar nicht wollen. Israel ist also doppelt so schlimm, einerseits weil es existiert und zweitens, weil es aus unschuldigen kleinen Kindern martialische Soldaten macht“
Was anderes hat denn UNO-Generalsekretär Guterres mit seiner denkwürdigen Bemerkung bald nach dem Terrorangriff auf Israel gesagt?: Der Angriff fand nicht im luftleeren Raum statt. Der Angriff hatte also eine gewisse Berechtigung. Von Besatzung sprach er, die bewiesenermaßen in Gaza nicht vorhanden war. Dass die Besatzungslosigkeit Gazas dazu verhalf, dass dort unzählige Terrortunnel gebaut wurden und ebenso unzählige Raketenabschussrampen, alles Bauten, die zur Vernichtung Israels benutzt wurden, das kam dem höchsten Repräsentanten der Völkergemeinschaft nicht in den Sinn. Es läuft alles darauf hinaus, dass die Dämonisierung Israels, der Antisemitismus eine irrationale Angelegenheit ist, und jeden sollte man hinterfragen, wenn er die geliebte „Israelkritik“ aus der Tasche zieht, welche Beweggründe er für diese Kritik hat.
anne.c - 18. Aug, 18:02
Leider wieder das gleiche Thema. Ich würde gern anderes schreiben, aber der leidige Antisemitismus schwirrt einem um die Ohren, es sind kleine Episoden, Nachrichten, die an einem vorbei rauschen. Doch es scheint System zu sein, immer wieder etwas so nebenbei zu hören, damit man sich nicht selbst damit auseinandersetzt und man verinnerlicht: wie „böse“ die Israeli sind. So wurde immer und immer wieder und sehr ausführlich berichtet, dass der „böse“ israelische Finanzminister davon gesprochen hätte, man solle die Bewohner von Gaza „aushungern“ lassen, bis die Geiseln frei gegeben würden.
Die Aufregung war gewaltig,
die moralische Empörung, das Entsetzen, die Verurteilungen. Ganz davon abgesehen, dass dieser Minister immer wieder als „rechtsextrem“ bezeichnet wird. „Rechtsextrem“, das assoziiert: Nazis, Faschismus, Nationalsozialismus. Die staatlich alimentierten Medien sollen den Medienkonsumenten klar machen, dass Israeli die wahren Nazis sind. Nun setzt dieser Minister seine Vorstellungen weder in die Tat um, noch besteht eine Aussicht dazu. Doch „Hunger in Gaza“ ist auch ein Synonym für Antisemitismus. Seit Beginn des Gaza-Kriegs wird von Hunger in Gaza berichtet. Aber: Man bekam keine Hungernden zu Gesicht. In außeröffentlicher Berichterstattung erfuhr man, in welch großer Anzahl Hilfstransporte eintreffen. Allerdings werden aus den Hilfstransporten viele Waren entwendet und auf dem Schwarzmarkt verkauft.
Doch es geht hier nicht um „Hunger in Gaza“, sondern um die gewaltige Empörung von europäischen und deutschen Politikern. Botschafter Seibel, der UN-Kommissar für Menschenrechte Thürck, das Auswärtige Amt, die Medien sowieso sind außer sich. Wo bleibt ihre Empörung nach Äußerungen von iranischen Führern, Hamas und Hisbollah, wenn sie allen Israeli den Tod androhen? (Der 7.Oktober wird sich immer und immer wieder wiederholen…., in Teheran steht eine Uhr, die die Zeit rückwärtig zählt, bis Israel ausgelöscht sein wird usw.) Wenn man sich dann noch vor Augen hält, was Deutsche mit Juden angerichtet haben, damals. Da gab es eine Barbarei von Seiten der Deutschen, nicht nur gegen Juden, sondern gegen die Angehörigen aller unterjochter Völker. Das muss man nicht bei jeder Gelegenheit wiederholen, aber die Arroganz, Herablassung, die moralische Empörung, die könnte man zumindest unterdrücken. Damit fordert man die Erinnerung an die Zeiten, in dem die Welt am deutschen Wesen genesen sollte, geradezu heraus. Die Arroganz, Herablassung und moralische Empörung, die sind ein Spiegelbild der „damaligen“ Weltbeherrschungsphantasien.
Als Illustration ein kleines Erlebnis. Wir saßen in einer kleinen Geburtstagsrunde zusammen, ein israelisches Buch (von Chaim Noll) lag auf dem Geburtstagstisch. Die Sprache kam auf Israel (nicht auf die aktuelle Situation): das wäre ein sehr interessantes Land, sehr beeindruckend, da gäbe es auch eine sehr aktive Friedensbewegung, die Leute sind da längst nicht alle so wie Netanjahu. Das klang harmlos, aber ich dachte doch, wie seltsam es ist, dass es in Deutschland so gut bekannt ist, wer ein guter oder wer ein „böser“ Israeli ist.
anne.c - 10. Aug, 09:22
Die Bestätigung des letzten Eintrags folgte prompt: Am 21.7. brachte die ARD in ihren 20.00 Nachrichten folgende Nachricht: „Israel greift Jemen an“. Dazu wurden gewaltige Feuer in einem jemenitischen Hafen gezeigt. Dieser Hafen wäre wichtig für die Hilfslieferungen an die jemenitische Bevölkerung. Dann folgte in einem Nebensatz: „ ……. Nachdem Tel Aviv von einer Drohne aus dem Jemen getroffen wurde ……“ Es fehlten nicht Berichte darüber, wie stolz und mächtig Männer aus dem Jemen sich fühlen und zu welch gewaltigen Taten sie fähig seien.
Am 23.7. konnte man dann in den Nachrichten sehen: „Viele Tote nach israelischem Angriff auf Gaza. Israeli würden „hart vorgehen“. Die palästinensische Gesundheitsbehörde (also die Hamas) hätte 70 Tote gemeldet.
Am 27.7. wurde über israelische Angriffe aus Gaza berichtet, viele Tote, eine Mädchenschule. Nicht erwähnt wurde, wie üblich, dass die Hamas ihre Stützpunkte ausschließlich in Schulen, Moscheen, Kindergärten, also in Orten, wo Menschen zusammen kommen, wählen (und in Tunneln). So verkündete die Hamas, in der Schule wäre ein Lazarett, Israel sagte, dass die Schule eine Kommandozentrale der Hamas gewesen wäre. Die Tagesschau gab sich neutral, der Zuschauer soll selbst entscheiden. Aus Erfahrung weiß man, dass die Tagesschau die Hamas für glaubwürdiger hält. Dann hörte man noch, so nebenbei, dass in einem israelischen Drusendorf 12 Jugendliche beim Fußballspielen durch einen Raketenangriff der Hisbollah getötet wurden.
Über die Angriffe der Hisbollah aus dem Libanon wird in den Nachrichten so gut wie gar nicht berichtet, und überhaupt wird die verzweifelte Lage Israels, das von mehreren Seiten (Libanon, Iran, Gaza, Irak, Jemen) unaufhörlich beschossen wird, nicht beachtet. Wenn Israel sich zur Wehr setzt, dann ist das der Tagesschau ausgiebige Berichte der eben beschriebenen Art Wert.
Mir scheint, dass es den Medienschaffenden nicht darum geht, die Wahrheit zu berichten, sondern, dass sie ihre Beiträge ganz danach ausrichten, wie der Beitrag auf den Durchschnitt der Zuschauer wirkt. Was die Berichterstattung über Israel betrifft und man diesse über längere Zeit verfolgt, so kann man feststellen, dass über Israel das Bild eines dämonischen, gewalttätigen, skrupellosen Landes gezeichnet wird. Da sind wir bei den 3 D, die den Antisemitismus charakterisieren: sie dämonisieren den Staat der Juden, so wie schon immer Juden dämonisiert wurden.
Wie sagte doch der Bundespräsident? Er beklagte, dass Juden in Europa Angst vor Hass und Gewalt haben müssen. Ich denke nicht, dass Bundespräsident und die Berichterstattung der „Staatsmedien“ (als solche kann man den öffentlichen Rundfunk schon bezeichnen) konträr zueinander sind. Sie gehen Hand in Hand, sie arbeiten einander zu. Wäre es nicht der Fall, dann würde der Bundespräsident einmal ein kritisches Wort sprechen, und die Medien würden sich die wohltönenden Worte des Bundespräsidenten, dass man nicht so handeln darf, dass Juden in Angst und Sorge leben, zu Herzen nehmen.
anne.c - 28. Jul, 15:56
Am 4. Juli 2024 wurde in Potsdam die neue Synagoge eröffnet. Wie es bei der Einweihung bedeutender Bauwerke üblich ist, hielten prominente Vertreter von Politik und Gesellschaft Festreden. Einer der ersten Redner war Bundespräsident Steinmeier. Er beklagte, dass es unerträglich wäre, dass in Europa Juden Angst vor Hass und Gewalt haben müssen. Vor wem sie Angst haben müssen, verschwieg er vorsichtshalber. Er selbst persönlich stehe dafür, dass Deutschland ein zu Hause für „Jüdinnen und Juden“ bleibe.
Habe ich mich da verhört? Man muss doch nur die 20.00 Uhr-Nachrichten im Fernsehen oder den Deutschlandfunk einschalten. Beide sind ein Spiegelbild für das politische Klima im Land. Die Nachrichten dieser und vieler anderer Sender scheinen es gerade darauf abgesehen zu haben, Israel als kriegslüstern und grausam erscheinen zu lassen. Über jedes Kriegsereignis des Krieges Israel-Gaza wird so berichtet, dass Israel in einem besonders schlechtem Licht erscheint. Dabei greift man gern auf Berichte und Zahlen von der Hamas zurück, ungeachtet dessen, dass die Hamas immer wieder erlogene Berichte in die Welt setzt. Nach Wochen oder Monaten werden diese Nachrichten der Hamas von irgendwelchen Experten korrigiert, aber dann lohnt sich die Korrektur schon nicht mehr für die Nachrichten.
Nun ist mir klar, dass der Bundespräsident keinen direkten Einfluss auf den Inhalt der Nachrichten hat. Aber als „höchster Mann im Staate“ könnte er durch eine klare Haltung zeigen, dass er diese Nachrichten für unfair und irreführend hält. Wenn der Bundespräsident vernehmlich diese verzerrte Berichterstattung kritisieren würde (nicht, um „für“ Israel zu sprechen, sondern um der Wahrheit willen), könnte sich vielleicht die Tonlage ändern.
Mag diese falsche Berichterstattung auch über den Staat Israel sein und nicht über Juden im Allgemeinen. Da sollte man einmal Juden in Deutschland fragen, ob sie wegen des Kriegs in Gaza schon Ärger hatten. Wie jeder weiß, werden Geschehnisse in Israel von großen Teilen der Bevölkerung direkt den Juden hier angelastet.
Ich stelle mir „normale Menschen“ – sie müssen weder „rechts“ noch „links“ sein – vor dem Fernseher vor: „Schon wieder haben die Juden ein Flüchtlingslager beschossen (was sich später als eine Hamas-Versammlung erweist, 200 m vom Flüchtlingslager entfernt) , die Juden sind grausam und rachsüchtig!“ Gerade die normale Bevölkerung wird vom öffentlichen Fernsehen und Radio indoktriniert. So habe ich in meiner Verwandtschaft einen jungen Mann , der mir viel über hungernde und verhungernde Kinder und Erwachsene in Gaza erzählte. Er wusste ganz genau Bescheid dank unserer öffentlichen Medien, an denen Herr Steinmeier, der die Angst von Juden in Deutschland nicht ertragen kann, nichts aussetzen kann.
Herr Steinmeier kommt mir vor wie eine Wachsfigurenpuppe mit einem Sprechautomaten. Etwas lebendiger wird er, wenn er sich seinen muslimischen Freunden zuwendet, den Ayatollas im Iran oder Yassir Arafat (angeblich Palästinenser, in Wirklichkeit Ägypter), der für vielfache Judenmorde verantwortlich ist, den er mit einem Kranz an seinem Grab ehrte.
Alles Menschen, die sich Israels Vernichtung zum Ziel gesetzt haben (bzw. hatten). Da würde Herr Steinmeier argumentieren, dass das Dinge sind, die im nahen Osten geschehen. Hier die Juden haben damit ja nichts zu tun, um diese ängstigt sich Herr Steinmeier natürlich sehr. Aber wie schon geschrieben: Fragt die Juden in Deutschland, ob die Geschehnisse im Nahen Osten und die Art, wie darüber berichtet wird, eine Auswirkung auf sie haben.
anne.c - 20. Jul, 20:54
Nicht weniger hellsichtig wie Friedrich Dürrenmatt war sein Landsmann, Kollege und Zeitgenosse Max Frisch. Wohl sein bekanntestes Theaterstück - es steht in Schulen auf dem Lehrplan – ist „Biedermann und die Brandstifter“. Mir scheint es so aktuell, dass es verwunderlich ist, dass man relativ wenig davon hört und liest.
Der Inhalt ist weitgehend bekannt. Der Fabrikant Gottlieb Biedermann, der sich im normalen Leben als herzlos gegenüber seinen Angestellten erweist, wird von zwei Hausierern heimgesucht, die sich nicht nur rücksichtslos und unverschämt verhalten, sondern die auch sehr auffällig Brandutensilien ins Haus schleppen und vernehmbar darüber reden, wie man effektiv Brände legt. Frech nötigen sie Herrn Biedermann, ihnen Hilfsdienste zu leisten. Aus unerfindlichen Gründen ist dieser nicht nur nicht imstande, Einhalt zu gebieten, sondern mit absurdesten Argumenten rechtfertigt er das Handeln der Eindringlinge, um vor sich selbst das Gesicht zu wahren und keine Schwäche zu zeigen. („Die tun doch nur so, die machen humorvolle Scherze“) Es kam, wie es kommen musste: Herrn Biedermanns Haus ging in Flammen auf.
Wer dieses Drama liest, ist zuerst einmal erstaunt: Ein zwar amüsantes, aber weit übertriebenes und verfremdetes Stück. So etwas kann es in der Wirklichkeit nicht geben.
In Rezensionen gibt es oft einen Vergleich mit der Machtergreifung Hitlers. Der hatte vor seiner Machtergreifung klar seine Absichten bekannt und später das verwirklicht, was er angekündigt hatte. Die Juden, die er als Deutschlands Unglück bezeichnet hatte, waren zu Ende seiner Herrschaft vertrieben, getötet, ausgerottet. Und das nicht allein in Deutschland, sondern in ganz Europa.
Doch ist der Vergleich nicht zutreffend. Hitler hat ja nicht den Deutschen, die ihn dann gewählt haben, die Vertreibung und Vernichtung angekündigt, sondern den Menschen, die er als Untermenschen definiert hatte. Dass Zerstörung und Tod schließlich auf Deutschland zurückfielen, war den zurückschlagenden Nationen zu verdanken.
Viel passender scheint mir der Vergleich zu der heutigen Lage in Westeuropa. Es kommen Heerscharen von Menschen mit einer gewalttätigen Religion nach Europa um Aufnahme zu finden. Nicht jeder Einzelne ist gewalttätig, nicht alle haben die Absicht zu zerstören. Doch zu oft wird die Behauptung verkündet, andere Religionen, vor allem die jüdische, aber auch die christliche wären minderwertig. In verschiedensten Varianten wird die Verachtung anderer Religionen praktiziert. Sei es im Mord an Juden, im Niederbrennen von Kirchen, im Erstechen von Priestern und Lehrern, in Messermorden auf offener Straße. Da die Allgemeinheit, insbesondere Politik und Medien außerordentlich zurückhaltend reagiert, ist die Aufforderung zum „weiter so“ vorprogrammiert.
Das Verhalten der Allgemeinheit erscheint als Pendant zum Verhalten von Herrn Biedermann. (z.B.: der Mord ist Folge, dass sie nicht integriert wurden ((Faeser), wir sind tolerant und weltoffen anderen Kulturen gegenüber, Wenn Menschen durch die Straßen ziehen und zur Vernichtung Israels aufrufen (from the river tot he sea ist ein Symbolspruch dafür), dann heißt es, dass wir Rede- und Meinungsfreiheit haben.
Ebenso wie Herr Biedermann ignorieren wir im Namen allumfassender Toleranz Verhaltensweisen, die Fundamente unserer so genannten Wertegesellschaft unterhöhlen. Die „Brandsätze“ werden in die Gesellschaft geschleppt: Frauenverachtung, Judenhass. Toleranz gegenüber menschenverachtenden Verhaltensweisen bedeutet nicht nur, dass man toleriert, was jetzt gerade geschieht, sondern dass man den Weg frei gibt für weiteres „Zündeln“, ebenso wie beim „Biedermann.
Als was anderes als einen „Brandsatz“ kann man es bezeichnen, wenn von gut 1000 Muslimen auf offener Straße die Forderung nach einem Kalifat in Deutschland ausgerufen werden kann? Ohne entschiedene Konsequenzen. Die Konsequenz wird sein, dass die Forderung nach einem Kalifat sich vervielfältigen wird. Oder ein türkischer Fußballspieler provoziert beim Spiel mit einem so genannten Wolfsgruß, der Kennzeichen für die rechtsextremen „grauen Wölfe“ ist. Der Wolfsgruß kann auch anders gedeutet werden, wurde beschwichtigt. Prompt wiederholten tausende türkische Fußballfans den Wolfsgruß um ihre Gesinnung zu demonstrieren.
An diesen Beispielen sind durchaus Parallelen zu Verhaltensweisen der Brandstifter aus dem „Biedermann“ zu erkennen. Nicht etwa die Tatsache, dass Menschen verschiedener Herkunftsländer und Religionsgemeinschaften hier leben, erinnert an die Brandstifter. Sondern, dass es Menschen gibt, die Werte, Lebensweisen, Traditionen unterhöhlen und dass so etwas hingenommen wird und sogar als Toleranz erklärt wird.
anne.c - 13. Jul, 16:02
Der Schweizer Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt (1921-1990) war ein überzeugter Anhänger Israels. Nach dem Yom-Kippur-Krieg schrieb er seine Eindrücke und Gedanken über die allgemeine Weltstimmung zu diesem Krieg und zu Israel, und siehe da: schon vor 50 Jahren deutete sich offenkundig ab, was sich in den nächsten Jahren entwickeln würde und was heute „mainstream“ ist, erschreckenderweise besonders bei den Institutionen, die sich Frieden auf der Welt und „gute Taten“ auf ihre Fahnen geschrieben haben.
Stellungnahme von Friedrich Dürrenmatt für Israel und gegen den linksintellektuellen Zeitgeist nach dem Yom-Kippurkrieg 1973 (Auszug):
„Ich stelle mich hinter Israel. Es ist still um die Schriftsteller geworden. Die großen Unterzeichner unterzeichnen nicht mehr. Es ließe sich leicht gegen den Vietnamkrieg (…….) unterschreiben, sich für Solschenizyn und Sacharow einzusetzen, als Linksengagierter wünschte man sich doch eine halbwegs anständige Linke; doch gegen den neuen arabisch-israelischen Krieg protestiert man lieber nicht. Zwar ist es seit Jahren salonfähig geworden, die Israeli als Faschisten abzutun und die palästinensischen Terroristen als Helden zu betrachten, die aus schierer Verzweiflung so handeln (als ob es keine Lust am Terror gäbe), zwar hat sich das linksintellektuelle Koordinatensystem von Gut und Böse (……) durchgesetzt und ist zur moralischen Weltwährung geworden, aber dass sich der neue arabisch-israelische Krieg nicht so recht ins Prokustbett der Ideologien spannen läßt, spüren sogar die Ideologen dumpf. (………)
Dass Israel als Kleinstaat immer wieder den Krieg leisten muss, ist seine Tragik, denn die Araber mit ihrem Öl können sich jeden Krieg leisten. Bald werden wir ihnen auch diesen Krieg finanzieren. (……….)
Ich stelle mich mit diesen Worten hinter Israel, seine und unser aller wegen. Seinetwegen aus Anstand, unser aller wegen, damit wir nicht bald alle schweigen.“
Sein Freund Erwin Leiser schrieb ihm dazu:
„Es ist sehr deprimierend, diese tragische Wiederholung der Ereignisse zu erleben, die jetzt mit der erneuten Verwandlung Israels in den Prügelknaben der Völker ihren Lauf nimmt, und da bedeutet es viel, spüren zu können, dass man nicht alleine steht.“
(Auszug aus dem Buch von Ulrich Weber: Friedrich Dürrenmatt, eine Biographie)
Wie hellsichtig, wie allgemeingültig. Und, wenn man bedenkt, was in den gut 50 Jahren danach geschehen ist! Wie diese Denkentwicklung kontinuierlich fortgeschritten ist und heutzutage wieder einen Höhepunkt erreicht! Was muss geschehen, damit die Einsicht in die Hirne und Herzen kommt, dass der augenblickliche Weg ein Irrweg ist!
anne.c - 2. Jul, 22:31
Der Berg der Seligpreisungen bescherte uns ein eigenartiges Erlebnis: Oben am Parkplatz, gleich neben einer Klosteranlage trafen wir auf eine süddeutsche christliche Reisegruppe. Wir schlossen uns an und folgten ihnen auf versteckten Wegen, die die Bergkuppe hinunterführten zu einer Stelle, wo man einen besonders schönen Blick auf den See hat. Dort ist eine Gruppe Olivenbäume malerisch auf dem Hügel verteilt, und unter einem der Bäume gab es, wohl für pastorale Zwecke, einen Sitz mit einem altarähnlichen Stein davor – dort soll Jesus die Bergpredigt gehalten haben. Wir trafen gerade wieder auf die Gruppe, als ihr Reiseleiter zur Auslegung der Bergpredigt anhob: Die Seligpreisungen überging er „da sie ja allgemein bekannt sind“, und er konzentrierte sich auf die Auslegung der auf die Seligpreisungen folgenden „Gesetzesverschärfungen“. Das führte er in der Weise aus, dass er immer gegeneinander stellte: die hohe moralische Überlegenheit der christlichen Religion gegen die niedere Geisteshaltung des Judentums, das nicht zur Vergebung fähig wäre. Seine Schäfchen hörten ihm schweigend und ergriffen zu. Ich war überrascht: wie in deutschen, christlichen Reisegruppen geredet wird, wenn der israelische Fremdenführer gerade nicht dabei ist, das weiß ich gut, sowohl aus eigenem Erleben als auch aus Berichten christlicher Reisender. Dass man sich allerdings auf den Berg der Seligpreisungen zurückzieht, um ungestört die Regungen des eigenen schlechten Gewissens ins Gegenteil zu ziehen, das war mir neu. Zwei Tage später saßen wir 50 km südlich im Kibbuz E.H. beim Kaffeetrinken. Wir lernten J.s zweite Frau kennen. Nur um wenige Jahre jünger als er, war sie alt genug, dass sie auf ihrem Arm das Brandmal einer Auschwitz-Nummer hatte. Beide bewirteten uns freundlich und führten uns durch den Kibbuz. Und ich dachte: „Das sollen also die sein, die nicht vergeben wollen, und die da auf dem Berg das sind die moralischen Überlegenen!“ Ich bezeichnete unser Erlebnis da oben als „pastorale Groteske“ und war in meinem Misstrauen gegen „Idyllen“ bestätigt.
anne.c - 25. Jun, 09:19