Donnerstag, 4. Juni 2020

Pfingsten in Vorpommern

Der Pfingstausflug gilt traditionell der Kunst und der schönen Landschaft Vorpommerns. Morgens im Radio war aus einem Sender der Pfingstvers zu hören: „Komm, oh komm, du Geist des Lebens……“. Warum also nicht auch noch außer Kunst und Landschaft, sich den kleinen und größeren Kirchen widmen und an Pfingsten zu erleben, wie es mit dem „Geist des Lebens“ an einem Pfingstsonntag aussieht, und was darunter zu verstehen ist.

Wir beschlossen, auf dem Weg auch an Kirchen zu halten, an denen wir vorbeifuhren, so wie es sich gerade ergibt. Wir hielten in einem Dorf, in einem sehr kleinen Dorf, in einer kleinen Kleinstadt und in einer 12 000-Einwohnerstadt, die lange Zeit Kreisstadt war. Um es vorweg zu sagen: Nicht eine einzige der Kirchen war geöffnet. Der Geist des Lebens hatte möglicherweise vormittags noch gewaltet, als wir nach 12 Uhr dort vorbeikamen, war nichts mehr vom Geist des Lebens zu spüren. Man kann sagen, er hatte sich verflüchtigt. Wohin? Vielleicht in die Künstlerquartiere, in denen es unterhaltsam und lebendig zuging.

Turm-Demmin

Die erste Kirche war die Hauptkirche einer Probstei. Die Türen waren fest verschlossen, irgendwo erfuhr man, dass man die Kirche an vier Tagen der Woche für drei Stunden besichtigen kann. Leider war gerade Pfingstsonntag, der nicht zu Tagen der Besichtigung oder der inneren Einkehr gehörte. Ansonsten wirkte rundherum alles ausgestorben, auf pfingstlichen Schmuck, in meiner Erinnerung sind es Birken, hatte man verzichtet, vielleicht wollte man die Umwelt schonen. Dafür zierte die Kirche ein gelbes Banner mit der Aufschrift:

Banner-Demmin

"Gott hat uns nicht den Geist der Verzagtheit gegeben, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit" - "Hoffnungsläuten täglich um 12 Uhr"

Hoffnung konnten wir nicht mehr schöpfen, 12 Uhr war vorbei. Möglicherweise sollte die Angst vor Corona durch Hoffnung vermindert werden, denn in einem Schaukasten wurde dazu aufgerufen, jeden Abend um 19 Uhr eine Kerze ins Fenster zu stellen und ein Vaterunser zu beten.
(Fortsetzung folgt)

Donnerstag, 28. Mai 2020

Die Mao Bibel

Eines Tages sagte uns ein westdeutscher guter Freund, wie er es für uns bedauert, dass wir nicht im Westen aufwachsen und unsere Jugend genießen konnten. Das Westdeutschland der 70-ger Jahre schien die Maßstäbe für ein gutes Leben gesetzt zu haben.

Ich erinnerte mich, dass ich das damals auch so empfand: was meine Cousins und Cousinen alles lernen und kennenlernen konnten! Sie durften in alle möglichen Länder reisen, in der Schule Bildung genießen, alle Bücher lesen, die sie lesen wollten. Und sie waren nicht – so wie wir -, nur auf die Bücher angewiesen, die sich hierher verirrt hatten, in Waschmittelpackungen versteckt und von Westverwandten geschickt, z.B. Bücher von Solschenizyn und Kopelew. Sie konnten ´revolutionär` und fortschrittlich sein, aufmüpfig, wie man es nannte. Sie konnten ´die Vergangenheit bewältigen´, - so sie wollten -, sie hatten die freie Wahl. (Sehr wunderte ich mich später, als ich mitbekam, dass das Interesse gleichaltriger Westjugendlicher oft darin lag, zu diskutieren, wer zur Beatles- oder wer zur Stones-fraktion gehörte) Aber egal – bei Ost-West Jugendtreffen, die von der Kirche, auf allerhand Arten und Weisen organisiert waren, saßen wir mit ununterbrochen rauchenden Westjugendlichen diskutierend zusammen und bewunderten ihre Eloquenz und ihre Fortschrittlichkeit.

Mit einem fast verschwörerischen Gesichtsausdruck wurde mir bei so einer Gelegenheit einmal ein „ganz besonderes“ Buch in die Hand gedrückt. Es war eine Mao Bibel. Ein rotes Büchlein, in kleinem Format, nicht besonders dick, aber auf feinstem Papier, so wie manche „richtige“ Bibeln, gedruckt. Später schaute ich hinein, las einige Passagen, die mir einfach nur lächerlich vorkamen, und dachte, das wäre ein Scherz gewesen.

Später hörte und las ich, dass in manchen Kreisen diese Mao Bibel sehr ernst genommen wurde, sie galt, ebenso wie das bekannte Konterfei von Ché Guevara zum Kennzeichen eines fortschrittlichen westdeutschen Jugendlichen. Ich nehme an, den Inhalt der besagten Bibel kannte wohl kaum einer, ebenso wie Näheres aus dem Leben Ché Guevaras. Das ist ja auch egal. Meine Bewunderung für eloquente fortschrittliche westdeutsche Jugendliche war dahin. Ebenso wie eine etwaige Sehnsucht, dort aufgewachsen zu sein.

Nachtrag: Als ich dieses Erlebnis einmal meinem Mann erzählte, stellten wir fest, dass er in der Jugend fast identisch das gleiche Erlebnis gehabt hatte. Auch er - im Kommunismus aufgewachsen - hatte so eine Mao Bibel in die Hand bekommen und konnte sich vor Lachen ausschütten als er hörte, dass es im Westen Menschen gibt, die diese als etwas „Großes“ ansahen.

Donnerstag, 21. Mai 2020

Corona

Ein Bekannter rief eben an, es ging um eine Geburtstagsfeier. Sie hatten eigentlich vor zu kommen, aber nun haben sie erfahren: das und das……. Irgendwie sind die gesetzlichen Bestimmungen so, dass er und seine Frau doch nicht ins Schema fallen, und irgendwo, er weiß nicht genau wo, soll die Pandemie wieder sehr aufgeflammt sein. Es ist höchst interessant, wie sich die Leute verhalten, wie im Verhältnis zur eigenen sozialen Sicherheit und zum Alter die Angst größer ist, dazu die Gesetzestreue a la: ´als wären Pandemiegesetze, in steinerne Gesetzestafeln gemeißelt´. Die so genannten Gesetze werden ja ohne Begründung und ordentliche Grundlage verkündet. Man nimmt es hin, oft geht es nicht anders, oft hat man seine eigene Methode damit umzugehen. Ich finde es schon lustig, rege mich nie über jemanden auf, außer wenn andere beschimpft oder abwertet werden. Ansonsten informiere ich mich so viel wie möglich in Medien, die ich durch lange Erfahrung für glaubwürdig halte.

Freitag, 15. Mai 2020

(K)ein Tag mit Lew Koppelew

Normalerweise lebe ich nach der Devise: Wenn man etwas versäumt, erlebt man dafür etwas anderes, also versäumt man eigentlich nichts. Besonders in der jetzigen „Corona-Zeit“ trifft das zu, in der ich einige kleine Reisen und Besuche versäumte, dafür aber schöne Erlebnisse mit Menschen aus meiner Umgebung hatte.

Manchmal versäumt man aber wirklich eine Gelegenheit, weil sie einmalig ist und unwiederholbar. Das war für mich ein Tag mit Lew Kopelew. Es war in den bewegten Tagen der Wende, als ich diesen Tag versäumt habe. Mein ´kleiner` Bruder hatte sich politisch engagiert und war als einer der ersten in die neu gegründete SDP (DDR-analog zur SPD) eingetreten. Eines Tages meldete sich Lew Kopelew bei der SDP und äußerte den Wunsch, Näheres über die in der DDR neu gegründete Partei zu erfahren und die Stadt Potsdam zu besichtigen. Allzu groß war die Reserve der neuen Partei noch nicht, dazu wohnte mein Bruder in Potsdam. So trug man die Bitte an den jungen Studenten heran, sich Lew Kopelews zu widmen.

Das Problem war, dass er kein Auto hatte. Er wandte sich an seine Mutter, die über ein Auto verfügte (es war sogar dem Anlass gemäß geeignet, ein VW-Golf, der durch „Genex“-Einkauf erworben worden war – ob damit heute noch jemand etwas anfangen kann?) Die Mutter war selbstverständlich bereit, mit dem Auto nach Potsdam zu fahren. Für mich wäre es kein Problem gewesen mitzukommen. Von Lew Kopelew hatte ich viel gelesen. Aber ich hatte keine Lust, mir den Tag frei zu nehmen. Der Bruder und die Mutter sind einen ganzen Tag lang mit Lew Kopelew in Potsdam herumgefahren, haben viel besichtigt und viel erzählt. Später sagte ich manchmal: „Ich habe in meinem Leben nicht so viel versäumt, aber eins habe ich versäumt: Dass ich nicht die Gelegenheit genutzt habe, einen Tag mit Lew Kopelew zu verbringen“. Meines Bruders politisches Engagement brachte ihm ein, dass er ca. ein halbes Jahr Mitglied der einzigen frei gewählten DDR-Volkskammer war.

Donnerstag, 7. Mai 2020

Zum 8.Mai 2020 (75 Jahre Kriegsende) Zwei Kriegsveteranen

Da ich nach dem Krieg geboren bin, aber unmittelbar unter Leuten aufwuchs, die den Krieg selbst miterlebt hatten, interessieren mich die Nachkriegsgeschichten und das Nachkriegsverhalten mehr als der Krieg selbst. Vieles erlebte ich nicht bewusst, bekam es aber nebenbei mit. Bei meinem kindlichen und jugendlichen Wissen über den Krieg wäre es mir niemals in den Sinn gekommen, dass sich die ehemaligen Kriegskameraden weiterhin treffen würden.

In der DDR war es verboten, vermutlich fanden solche Treffen heimlich statt, und sobald jemand den glücklichen Zustand des Rentnerdaseins erreicht hatte, war wahrscheinlich die heimliche Teilnahme beim jährlichen Kameradentreffen ein Höhepunkt des Lebens. Wir beherbergten nach der Wende jährlich einen väterlichen Freund, der auf dem Weg zum Treffen der ehemaligen U-Bootbesatzung in Norddeutschland war - auch ein Höhepunkt im Jahr für ihn. Wir fanden das nicht verwerflich, weiß doch jeder, wie eine gemeinsam erlebte schwere oder aufregende Zeit Menschen aneinander bindet. Dass er zu Hause als Friedensaktivist an Sitzblockaden teilgenommen hatte, sogar einmal verhaftet worden war, ist kein Widerspruch. Ich fragte mich nur, ob bei den U-Boot-Treffen die Verwerflichkeit des Krieges je zur Diskussion gestanden hat.

Mir fällt ein anderer Kriegsveteran ein, der auch jährlich am Veteranentreffen teilnahm, aber aus einer anderen Perspektive. Das war mein Schwiegervater. Ich erlebte manchmal mit, wie er zu einer Versammlung des „Bundes der Antifaschisten“ ging. Er kam zufrieden zurück: verschiedene organisatorische Dinge waren beraten worden, z.B. ob man in Zukunft weiterhin frei mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren darf oder ob es einen pauschalen finanziellen Zuschuss für das Fahrgeld geben wird. Es ging zu wie in einem Verein mit Vereinsvorsitzenden und Kassenwart, wie es hier vielleicht auch ist, wenn sich die alten Wehrmachtssoldaten zu ihren Vereinssitzungen begeben. Die alten Heldentaten kamen wohl kaum zur Sprache, mehr aber die Probleme, die in der Gegenwart alte Menschen haben. Bei den Antifaschisten in Tschechien kommt hinzu, dass zwischen antifaschistischem Kampf und der Gegenwart die unendlich lange und bittere Zeit des Kommunismus gelegen hat, wo das Geschichtsbild verfälscht wurde, wo mein Schwiegervater als Antifaschist nicht akzeptiert wurde, obwohl er während des Totaleinsatzes Sabotage begangen hatte, einen 300 km langen Fußmarsch hinter sich gebracht und ein Jahr lang illegal in einem Verlies gelebt hatte. Und wo so mancher Antifaschist dann als Kommunist Unrecht begangen hat. Aber egal, nun waren es alte Leute um die 80, und es ging um Freifahrscheine und verminderte Telefongebühren. Sie kamen miteinander zurecht. Ähnlich wird es wohl bei den Zusammenkünften unserer „alten Kämpfer“, der Fall sein. Es wird wahrscheinlich auch über Familiäres, über Renten und solche Sachen gesprochen werden. Es eint sie hauptsächlich die Tatsache des gemeinsamen kriegerischen Zusammenseins und nicht ihre jetzige Lebenseinstellung.

Doch ich bin sehr dankbar, dass der Lauf des Lebens es gebracht hat, dass ich einen Schwiegervater hatte, der in seinen alten Tagen in eine Versammlung des Bundes der Antifaschisten ging und nicht in eine Versammlung der Veteranen der Wehrmacht

Donnerstag, 30. April 2020

Ein Film über "Eine Jüdin in Berlin"

Am 10.4. sah ich einen Film über eine „Jüdin in Berlin“. Es war nichts an ihm auszusetzen. Bezeichnenderweise lief er in der ARD, wo es oft von antijüdischen Beiträgen nur so wimmelt, bzw. wo das, worauf es ankommt, verschwiegen wird. Ich denke an die Verhinderung des Films „Juden in Europa“, der nur mit „erklärenden Untertiteln“ gezeigt werden durfte. .

Solche harmlosen Bla-bla-Beiträge sollen das Zeichen sein, dass ARD auch im „Kampf gegen den Antisemitismus“ seinen Beitrag leistet. Es gibt auch so einen Verein: „Rent a Jew“, wo junge Juden in Schulen gehen und über ihr Judentum erzählen. Ich habe nichts gegen solche Sachen, aber ich halte sie insgesamt für kontraproduktiv, aber auch für die Erfüllung eines gesellschaftlichen Willens: Den Blick auf die Juden lenken um von sich, der eigenen Vergangenheit, abzulenken. Da kommen dann so junge, hübsche, sympathische Jüdinnen, sie werden beim Backen von Hommentaschen gezeigt oder wie sie vor Pessach alle Krümel aus der Wohnung entfernen. Es soll zeigen: sie sind eigentlich so wie wir, Menschen wie du und ich, die ein paar seltsame Angewohnheiten haben.

Man müsste sich die Frage stellen: warum kam man vor zwei Generationen auf die Idee, diese Menschen -wie du und ich - zu verfolgen, entrechten, erniedrigen, umzubringen? Oder 1016, von denen die meisten keine Juden waren, in eine Scheune zu sperren und zu verbrennen? Warum wurden diejenigen, die daran aktiv Anteil hatten, nicht bestraft, bzw. nach einer minimalen Zeit aus den Gefängnissen entlassen? Das waren diejenigen, die diesen Staat aufbauten. Und so taten als wäre nichts geschehen, und ihre Nachkommen ziehen durch die Gegend und halten Vorträge, was für ein Unrechtsstaat Israel ist. Oder ein höchst gefeierter Schriftsteller erhält einen Preis und gibt – ohne Bezug zu seinem Werk oder zu dem Preis - der Dankesrede den Inhalt, dass ´Reden darüber` genannt wird: „Moralkeule schwingen“. Und in Berlin, wo diese sympathische Jüdin lebt, gibt es Araber, die durch Polizeilautsprecher rufen: „Juden ins Gas“. Und es wird wieder so getan, als wäre nichts geschehen. Man hätte in dem Film die Jüdin fragen sollen, was sie von den „Al Quds“- Demonstrationen hält, die ja in diesem Jahr wieder genehmigt wurde, möglicherweise wegen Corona ausfallen wird, oder auch nicht.

Samstag, 25. April 2020

Im Kreml brennt noch Licht

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Zu sozialistischen Zeiten kannte man diese Metapher. Meistens war es ironisch gemeint: die im Kreml, „die da oben“ suggerieren dem Volk, dass sie ununterbrochen, auch in später Nacht für das Wohl der Bevölkerung arbeiten, aber wir glauben es sowieso nicht. Manche Menschen meinten den Spruch ernst und waren überzeugt davon, dass die Partei wirklich immerzu für den Aufbau des Sozialismus/Kommunismus beschäftigt ist. Das erfuhr ich mit Erstaunen, als Walter Ulbricht 1971 „abgesetzt“ wurde, und meine Klassenkameradinnen traurig und empört waren: „Das hat er nicht verdient, er hat so viel für uns getan!“

Jetzt kann man stattdessen sagen: ´Im Bundeskanzleramt brennt noch Licht`. Da sitzt Angela Merkel und überlegt mit ihrem naturwissenschaftlichen Verstand, wie man nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa durch die Krise steuern kann. So etwas, in diesem Sinne, habe ich nicht nur in Zeitungen oder Internet erfahren, sondern es wurde mir auch von verschiedenen Menschen erzählt. …´ sie macht alles richtig´ …..´in keinem Land wird so gut mit der Krise umgegangen wie in Deutschland` …..´ihre Unaufgeregtheit tut gut!`…..

Ob das ´Richtige` auch zur ´richtigen Zeit´ getan wurde, das ist eine andere Frage. Vielleicht fehlt dem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn der naturwissenschaftliche Verstand - er ist Bankkaufmann und Politikwissenschaftler -, und die Bundeskanzlerin hatte im März bei der aufziehenden Coronakrise Wichtigeres zu tun, als sich um damals noch unwichtigen Dinge wie die Vorbereitung auf einen Krisenmodus zu kümmern.

Vielleicht brennt das Licht im Bundeskanzleramt die ganze Nacht hindurch, aber ob ´alles richtig´ gemacht wurde oder auch nicht und vor allem ob zum richtigen Zeitpunkt, wird man wohl erst eine längere Zeit nach Beendigung der Krise beurteilen können.

Freitag, 17. April 2020

Das Massaker von Gardelegen (Teil IV)

Meine Hypothese ist theoretisch, aber die auf der Tafel Verzeichneten hätten jedenfalls bei einem anderen Massaker mitgewirkt haben können. Es gab genug davon, nicht nur an Juden, sondern an unzähligen Zivilisten und Kriegsgefangenen. (Unter anderem konnte ich mich im Sommer in der Ukraine davon überzeugen)

Wahrscheinlich würde jeder Angehörige behaupten: mein gefallener Angehöriger hat nichts verbrochen, das weiß ich ganz genau. Vielleicht würde jemand behaupten: Diese, auf der Tafel Verzeichneten können nichts begangen haben, denn sie sind ja nicht verurteilt worden. (Untersuchungen dazu wurden wohl bei Gefallenen auch kaum geführt) Wenn man sich die geringe Zahl der verurteilten Kriegsverbrecher vor Augen hält und dazu die Zahl von Massakern und Opfer davon, dann stimmen die Relationen nicht. Daran waren etwas mehr beteiligt als nur die bekannten verurteilten Kriegsverbrecher. Wenn in jeder Kirche Deutschlands gefallenen Soldaten das ewige Leben versprochen wird, dann müssen darunter Mörder und Kriegsverbrecher sein. Ich bin überzeugt, dass auch so manchem SS-Mann in deutschen Kirchen das ewige Leben versprochen wird.

Es gab sicher viele Soldaten, die gegen ihren Willen in den Krieg gezogen sind, und die ganz bestimmt nicht zu Opfern werden wollten. Die Angehörigen der gefallenen Soldaten könnten diese auf ihren privaten Grabsteinen mit betrauern, wie es oft der Fall war. Wenn sie aber in der Kirche oder auf einem öffentlichen Platz verewigt sind, dann sind sie nicht mehr privat, dann stehen sie für den Krieg mit all dem, was darin geschah und was Soldaten angerichtet haben. So kann man mit Fug und Recht sagen, dass in der Kirche Kriegsverherrlichung betrieben wird.

Ich stelle mir das ewige Leben nicht schön vor, wenn SS-Männer oder Polizisten aus Mörderbataillonen dort mit ihren Taten prahlen können, während andere sich das ewige Leben mühsam verdienen müssen. Ob die Verbrannten aus der Feldscheune Isenschnibbe überhaupt Anrecht auf das ewige Leben haben? Sie sind nicht als deutsche Soldaten umgekommen, hätten also nicht automatisch Anrecht darauf. Ich vermute, dass im neu errichteten Dokumentationszentrum keine Tafel mit so einem hehren Versprechen vorhanden ist.

Wenn jemand fragen würde: „Was beschäftigst du dich nach mehr als 75 Jahren noch mit so was?“ (wie ich schon hörte), dann müsste ich antworten: „Warum hängen nach mehr als 75 Jahren noch solche Tafeln in Kirchen? Sie zwingen einen geradezu dazu, sich mit ´so was´ zu befassen“. Und wenn ein Pfarrer sagen würde, wie ich es schon einmal vernahm: „Ich kuck´ da gar nicht hin“, dann würde ich sagen, dass er sich dann damit abfinden muss, dass man sagt: „Ich hör´ da gar nicht hin!“
(Ende)

Im Luftreich des Traums

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