Donnerstag, 30. April 2020

Ein Film über "Eine Jüdin in Berlin"

Am 10.4. sah ich einen Film über eine „Jüdin in Berlin“. Es war nichts an ihm auszusetzen. Bezeichnenderweise lief er in der ARD, wo es oft von antijüdischen Beiträgen nur so wimmelt, bzw. wo das, worauf es ankommt, verschwiegen wird. Ich denke an die Verhinderung des Films „Juden in Europa“, der nur mit „erklärenden Untertiteln“ gezeigt werden durfte. .

Solche harmlosen Bla-bla-Beiträge sollen das Zeichen sein, dass ARD auch im „Kampf gegen den Antisemitismus“ seinen Beitrag leistet. Es gibt auch so einen Verein: „Rent a Jew“, wo junge Juden in Schulen gehen und über ihr Judentum erzählen. Ich habe nichts gegen solche Sachen, aber ich halte sie insgesamt für kontraproduktiv, aber auch für die Erfüllung eines gesellschaftlichen Willens: Den Blick auf die Juden lenken um von sich, der eigenen Vergangenheit, abzulenken. Da kommen dann so junge, hübsche, sympathische Jüdinnen, sie werden beim Backen von Hommentaschen gezeigt oder wie sie vor Pessach alle Krümel aus der Wohnung entfernen. Es soll zeigen: sie sind eigentlich so wie wir, Menschen wie du und ich, die ein paar seltsame Angewohnheiten haben.

Man müsste sich die Frage stellen: warum kam man vor zwei Generationen auf die Idee, diese Menschen -wie du und ich - zu verfolgen, entrechten, erniedrigen, umzubringen? Oder 1016, von denen die meisten keine Juden waren, in eine Scheune zu sperren und zu verbrennen? Warum wurden diejenigen, die daran aktiv Anteil hatten, nicht bestraft, bzw. nach einer minimalen Zeit aus den Gefängnissen entlassen? Das waren diejenigen, die diesen Staat aufbauten. Und so taten als wäre nichts geschehen, und ihre Nachkommen ziehen durch die Gegend und halten Vorträge, was für ein Unrechtsstaat Israel ist. Oder ein höchst gefeierter Schriftsteller erhält einen Preis und gibt – ohne Bezug zu seinem Werk oder zu dem Preis - der Dankesrede den Inhalt, dass ´Reden darüber` genannt wird: „Moralkeule schwingen“. Und in Berlin, wo diese sympathische Jüdin lebt, gibt es Araber, die durch Polizeilautsprecher rufen: „Juden ins Gas“. Und es wird wieder so getan, als wäre nichts geschehen. Man hätte in dem Film die Jüdin fragen sollen, was sie von den „Al Quds“- Demonstrationen hält, die ja in diesem Jahr wieder genehmigt wurde, möglicherweise wegen Corona ausfallen wird, oder auch nicht.

Samstag, 25. April 2020

Im Kreml brennt noch Licht

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Zu sozialistischen Zeiten kannte man diese Metapher. Meistens war es ironisch gemeint: die im Kreml, „die da oben“ suggerieren dem Volk, dass sie ununterbrochen, auch in später Nacht für das Wohl der Bevölkerung arbeiten, aber wir glauben es sowieso nicht. Manche Menschen meinten den Spruch ernst und waren überzeugt davon, dass die Partei wirklich immerzu für den Aufbau des Sozialismus/Kommunismus beschäftigt ist. Das erfuhr ich mit Erstaunen, als Walter Ulbricht 1971 „abgesetzt“ wurde, und meine Klassenkameradinnen traurig und empört waren: „Das hat er nicht verdient, er hat so viel für uns getan!“

Jetzt kann man stattdessen sagen: ´Im Bundeskanzleramt brennt noch Licht`. Da sitzt Angela Merkel und überlegt mit ihrem naturwissenschaftlichen Verstand, wie man nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa durch die Krise steuern kann. So etwas, in diesem Sinne, habe ich nicht nur in Zeitungen oder Internet erfahren, sondern es wurde mir auch von verschiedenen Menschen erzählt. …´ sie macht alles richtig´ …..´in keinem Land wird so gut mit der Krise umgegangen wie in Deutschland` …..´ihre Unaufgeregtheit tut gut!`…..

Ob das ´Richtige` auch zur ´richtigen Zeit´ getan wurde, das ist eine andere Frage. Vielleicht fehlt dem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn der naturwissenschaftliche Verstand - er ist Bankkaufmann und Politikwissenschaftler -, und die Bundeskanzlerin hatte im März bei der aufziehenden Coronakrise Wichtigeres zu tun, als sich um damals noch unwichtigen Dinge wie die Vorbereitung auf einen Krisenmodus zu kümmern.

Vielleicht brennt das Licht im Bundeskanzleramt die ganze Nacht hindurch, aber ob ´alles richtig´ gemacht wurde oder auch nicht und vor allem ob zum richtigen Zeitpunkt, wird man wohl erst eine längere Zeit nach Beendigung der Krise beurteilen können.

Freitag, 17. April 2020

Das Massaker von Gardelegen (Teil IV)

Meine Hypothese ist theoretisch, aber die auf der Tafel Verzeichneten hätten jedenfalls bei einem anderen Massaker mitgewirkt haben können. Es gab genug davon, nicht nur an Juden, sondern an unzähligen Zivilisten und Kriegsgefangenen. (Unter anderem konnte ich mich im Sommer in der Ukraine davon überzeugen)

Wahrscheinlich würde jeder Angehörige behaupten: mein gefallener Angehöriger hat nichts verbrochen, das weiß ich ganz genau. Vielleicht würde jemand behaupten: Diese, auf der Tafel Verzeichneten können nichts begangen haben, denn sie sind ja nicht verurteilt worden. (Untersuchungen dazu wurden wohl bei Gefallenen auch kaum geführt) Wenn man sich die geringe Zahl der verurteilten Kriegsverbrecher vor Augen hält und dazu die Zahl von Massakern und Opfer davon, dann stimmen die Relationen nicht. Daran waren etwas mehr beteiligt als nur die bekannten verurteilten Kriegsverbrecher. Wenn in jeder Kirche Deutschlands gefallenen Soldaten das ewige Leben versprochen wird, dann müssen darunter Mörder und Kriegsverbrecher sein. Ich bin überzeugt, dass auch so manchem SS-Mann in deutschen Kirchen das ewige Leben versprochen wird.

Es gab sicher viele Soldaten, die gegen ihren Willen in den Krieg gezogen sind, und die ganz bestimmt nicht zu Opfern werden wollten. Die Angehörigen der gefallenen Soldaten könnten diese auf ihren privaten Grabsteinen mit betrauern, wie es oft der Fall war. Wenn sie aber in der Kirche oder auf einem öffentlichen Platz verewigt sind, dann sind sie nicht mehr privat, dann stehen sie für den Krieg mit all dem, was darin geschah und was Soldaten angerichtet haben. So kann man mit Fug und Recht sagen, dass in der Kirche Kriegsverherrlichung betrieben wird.

Ich stelle mir das ewige Leben nicht schön vor, wenn SS-Männer oder Polizisten aus Mörderbataillonen dort mit ihren Taten prahlen können, während andere sich das ewige Leben mühsam verdienen müssen. Ob die Verbrannten aus der Feldscheune Isenschnibbe überhaupt Anrecht auf das ewige Leben haben? Sie sind nicht als deutsche Soldaten umgekommen, hätten also nicht automatisch Anrecht darauf. Ich vermute, dass im neu errichteten Dokumentationszentrum keine Tafel mit so einem hehren Versprechen vorhanden ist.

Wenn jemand fragen würde: „Was beschäftigst du dich nach mehr als 75 Jahren noch mit so was?“ (wie ich schon hörte), dann müsste ich antworten: „Warum hängen nach mehr als 75 Jahren noch solche Tafeln in Kirchen? Sie zwingen einen geradezu dazu, sich mit ´so was´ zu befassen“. Und wenn ein Pfarrer sagen würde, wie ich es schon einmal vernahm: „Ich kuck´ da gar nicht hin“, dann würde ich sagen, dass er sich dann damit abfinden muss, dass man sagt: „Ich hör´ da gar nicht hin!“
(Ende)

Dienstag, 14. April 2020

Das Massaker von Gardelegen (Teil III)

Vom Gelände der Feldscheune Isenschnibbe nach Kloster Neuendorf sind es nur 5 km. Beide liegen auf dem umfangreichen Gelände der ´drittgrößten Stadt Deutschlands` Gardelegen. Kloster Neuendorf ist ein ehemaliges Zistersienserinnen Kloster. Ein malerischer Klosterhof und eine ebenso malerische Kirche sind noch erhalten. Die Kirche ist sehr schön restauriert. Als ich sie das erste mal betrat, fiel mein Blick sofort auf eine auch malerische Tafel in Form eines Triptychons, künstlerisch gestaltet mit einer Schneelandschaft und vielen Kreuzen darauf. Sie trug die Aufschrift:

1939 -1945 „Ich gebe ihnen das ewige Leben und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen“.

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Rechts und links waren die Namen der im zweiten Weltkrieg gefallenen Neuendorfer Soldaten verzeichnet. Ich stieß einen Schrei aus und rief: „Wie kann ein Pastor hier unter dieser Tafel predigen?“. Dafür erntete ich Unverständnis, denn das wären doch nun mal Opfer des Krieges. (Bezeichnenderweise wird in wikipedia- und anderen Beschreibungen der Kirche nicht auf diese Tafel hingewiesen, obwohl sie Kriegstafeln anderer Kirchen in ihrer Ästhetik überragt und zweifellos teuer war).

Das bedeutet, dass wenn einer der hier Verzeichneten zufällig beim Verbrennen der 1016 KZ- Häftlinge mitgewirkt hätte und noch in den letzten Tagen, vielleicht beim Volkssturm, umgekommen wäre, dann gedächte man seiner in der Kirche und demjenigen würde das ewige Leben versprochen und Gottes Schutz zugesagt. Ich frage mich, wer sich überhaupt anmaßt, solche Versprechen zu geben. Normalerweise wird das Versprechen auf das ewige Leben mit Reue und Vergebung der Sünden in Verbindung gebracht, aber ein deutscher Soldat – mag er an den schlimmsten Massakern beteiligt gewesen sein – der bekommt das ewige Leben wohl automatisch?
(Fortsetzung folgt

Samstag, 11. April 2020

Das Massaker von Gardelegen (Teil II)

Diese Situation scheint sich inzwischen sehr geändert zu haben. Es ist ein großes Dokumentationszentrum gebaut worden und eine intensive Pflege zustande gekommen. Und es gibt Menschen, die sich um eine historische Aufarbeitung kümmern und eben auch einen Film darüber drehen. An dem Film war interessant, dass derjenige, der den Befehl zur Verbrennung der mehr als 1000 Menschen gegeben hatte – der Kreisparteileiter von Gardelegen -, es geschafft hatte unterzutauchen, und ein recht komfortables Leben in Westdeutschland geführt hatte. Er pflegte sogar Kontakt zu Angehörigen und starb in den 90-ger Jahren. Im Film gab es Andeutungen, dass Geheimdienste ihre Hand über ihn gehalten haben, was gut möglich, aber nicht belegt ist.

Der Film war zwar interessant, ich würde sagen: besser als gar nichts, aber mit ideologischen Albernheiten durchsetzt, die den Film entwerten. Z.B. dass diese Menschen wegen ihrer „Rasse, Glauben oder sexuellen Identität“ leiden mussten. Es waren Arbeitssklaven aus dem Lager Mittelbau-Dora, auf die möglicherweise Kriterien davon zutrafen. Doch die Ausdrucksweise klang nach heutiger modischer Ideologie

Oder, ein dunkelhäutiger Schüler, der zu der Gruppe der Jugendlichen gehört, die in der Stadt „Stolpersteine“ pflegen, wisse wie es ist, wenn auf einen wegen seiner Hautfarbe (oder Glauben?) herabgeschaut wird, und der sich darum engagiert. Es schien so, dass die Jugendlichen aus dem Gymnasium sich weniger mit der Scheune Isenschnibbe beschäftigen als mit Stolpersteinen, was ehrenwert ist, aber mir schien in dem Film doch einiges durcheinander geraten und nicht systematisch.

Durch den Wechsel der Besatzungsmächte geriet dieses schlimme Massaker in Vergessenheit, und die DDR nutzte es für ihre Propaganda aus, z.B. indem sie die Ermordeten als „Widerstandskämpfer gegen den Faschismus“ bezeichnete und einen „Überlebenden“, der in Wirklichkeit ein Kapo war und beim Eintreiben in die Scheune mitgeholfen hatte, ebenfalls als „überlebenden Widerstandskämpfer“ hinnahm, obwohl es Hinweise gab, dass seine Rolle eine ganz andere gewesen war.

Interessant waren die dokumentarischen Filmsequenzen, die zeigten, wie die Gardelegener Männer damals mit Schaufeln auszogen und die Gräber gruben. Der amerikanische Kommandeur legte Wert darauf, dass eine würdevolle Begräbniszeremonie stattfand, bei der die Einwohner von Gardelegen anwesend sein mussten. Sie wiesen jedes Grab einer Familie für die Grabpflege zu und zwar für die Lebenszeit der Familie (was bald in Vergessenheit geriet). Ein Ehepaar aus Gardelegen hat sich daran gehalten und die Grabpflege als Erbe ihres Verwandten bis heute weiter geführt.

Die Amerikaner haben diese Tragödie moralisch-pädagogisch behandelt. (es gab auch eine Armee, die die entsprechende Stadt möglicherweise in Schutt und Asche gelegt hätte, und es gab auch eine Armee, die z.B. jeden zehnten Einwohner bei Missverhalten des Ortes erschoss oder Einwohner ebenfalls in einer Scheune oder einer Kirche verbrannte). Das eher generöse und pädagogische Verhalten der US-Amerikaner mag eine Ursache für heutigen Antiamerikanismus sein, denn es ist schwer zu ertragen, von jemanden besiegt worden zu sein, der moralisch höher steht, als man selbst.

Den Antiamerikanismus gab es übrigens schon lange, bevor Trump Präsident wurde. Im Jahr 1988 zeigte mir jemand die Stadt Bad Kreuznach und erregte sich sehr über die „Besatzer“, also die amerikanischen Kasernen, die immer noch da waren. Ich dachte im Stillen: ´freu´dich lieber über deine „Besatzer“, denn sonst hättest du unsere Besatzer, und du könntest all´ die schönen Dinge nicht mehr machen, auf die du so großen Wert legst. Aber ich sprach es nicht aus.

Der Film, die jetzige Gedenkstätte und Erforschung der Tatsachen zeigen, dass die geschichtliche Wahrheit sich – wenigstens bis jetzt – doch immer einen Weg bahnt, und der Wille, sie zu unterdrücken, schlägt sich meistens ins Gegenteil um.
(Fortsetzung folgt)

Donnerstag, 9. April 2020

Das Massaker von Gardelegen (Teil 1)

, fand am 13. April 1945 statt, es war eines der schlimmsten Kriegsverbrechen, das im Zusammenhang mit den Todesmärschen zu Ende des zweiten Weltkriegs verübt wurde. Im MDR-Fernsehen lief am 7.4. dazu eine Sendung, und da ich Gardelegen gut kenne (laut Wikipedia die drittgrößte Stadt Deutschlands!), sah ich mir den Beitrag an. Der Film war: so la la. Immerhin gut, dass man sich damit beschäftigt und die Leute – so sie wollen – darüber nachdenken lässt.

Im Jahr 1986 besuchte ich eine Freundin, die bei Gardelegen wohnt. Sie zeigte mir ihre Kreisstadt, und wir machten einen Abstecher zum Gelände der Feldscheune Isenschnibbe, in der kurz vor Kriegsende - einen Tag bevor die Amerikaner die Stadt einnahmen -, 1016 KZ-Häftlinge bei lebendigem Leib verbrannt wurden. Damals, in der DDR, war das Gelände einigermaßen gepflegt, menschenleer, spärlich beschildert, aber der Grundriss der Scheune, der erhalten und rekonstruiert war und die Zahl derjenigen, die darin umkamen, sagten genug. Ein Gräberfeld mit Kreuzen und einer kleinen Anzahl von Davidsternen war gut in Ordnung.

Meine Freundin erzählte mir, dass die US-Armee nach Entdeckung des Massakers die männlichen Einwohner von Gardelegen gezwungen hatte, jeden Einzelnen der Umgekommenen in einem einzelnen Grab zu begraben, was die Gardelegener noch nach Jahrzehnten als Zumutung und Nötigung empfanden.

Später, wenn ich in der Gegend war, schaute ich immer mal auf diesem Friedhof vorbei. Ich hörte, dass die Stadt Gardelegen, diese Stätte als Makel und Last empfand, dass es Streit gab und dass die Stadt keine Gelder für den Ausbau einer Gedenkstätte ´rausrücken wollte. Anfang der 2000-er Jahre war ich das letzte mal da. Vor dem inzwischen etwas herunter gekommenen Gelände saßen 3 Burschen im Wachhäus´chen, anscheinend ABM-er (Arbeitsbeschaffungsmaßnahme), die so aussahen, als sollten sie das Gelände vor sich selbst schützen`. (Fortsetzung folgt)

Samstag, 28. März 2020

"Was in der Zeitung steht " (Teil II)

Am 26.3. hatte ich darüber geschrieben, dass man vorsichtig sein soll bei dem, was man in der Zeitung (bzw. öffentlichen Medien) liest und deutete dabei auch an, dass in diesen oft zu erfahren ist, was in anderen Ländern „falsch“ gemacht wird, wenn jedoch die gleiche Aktion in Deutschland durchgeführt wird, dann ist sie „richtig und notwendig“. Bei den Grenzschließungen, über die sich z.B. ZDF (Claus Kleber) sehr echauffierte: das wäre nicht das, was mit „Europa“ gemeint ist, und die er zweit Tage später, als Deutschland die Grenzen schloss, für notwendig erklärte.

In einem Kommentar in den Tagesthemen beklagte ein Tim Herden einmal wieder die Europafeindlichkeit der Polen, die in Deutschland arbeitende Pflegekräfte erst in eine 14-tägige Quarantäne schicken, bevor diese wieder zurück nach D. dürfen, d.h. sie können über längere Zeit nicht arbeiten, obwohl sie dringend benötigt werden. Vielleicht hätte Tim Herden darüber räsonieren können, warum osteuropäische Dienstleister in Deutschland arbeiten, obwohl sie in Polen u.a. auch gebraucht würden (dort erledigen solche Arbeiten Ukrainer) und schlussfolgern: ein großer Vorteil der EU und der offenen Grenze ist es auch, dass wir Heerscharen von billigen oder schwer zu bekommenden Arbeitskräften hierher bekommen. Das ist für uns die positive Kehrseite zu dem, was Osteuropäern gern unterstellt wird: „dass die nur das Geld von der EU haben wollen“. (Und nicht mit Angela Merkels eigenmächtig gefassten Beschlüssen kooperieren wollen) Tim Herden macht also negative Propaganda gegen Polen. Währenddessen macht der „Spiegel“ negative Propaganda gegen Israel. Beides Völker, die besonders grausame Erfahrungen mit Deutschland gemacht haben.

Zum Lamento gegen Polen fand ich einen bezeichnenden Artikel von einem belgischen, in Polen arbeitenden Historiker. Dieser Artikel war ebenso wie der Artikel, der über des „SPIEGELS“ Ansichten zum „Demokratieverlust in Israel“ aufklärt - der ja kein anderer Demokratieverlust ist, wie der, der gerade in Deutschland praktiziert wird -,auch nicht in öffentlichen Medien zu lesen. Man sollte also wirklich hier und da ins Internet schauen.

Am 9.2. schrieb ich eine kleine Anekdote, die ich vor 40 Jahren erlebte, als ein junger, unbedarfter Mann einen Ausländer als „Polski, den man gegen die Wand stellen sollte“, bezeichnete und stellte die Hypothese auf, dass Vergangenes noch über Generationen seine Wirkung entfalten kann. Die Artikel auf die ich hier hinwies, bestätigen die Vermutung des belgischen Professors, dass in Deutschland die Zeile „An deutschem Wesen soll die Welt genesen“ noch tief verinnerlicht ist – jedenfalls bei denen, die den Ton in den meinungsbildenden Medien angeben.

Donnerstag, 26. März 2020

„Was in der Zeitung steht“

……… Text eines Liedes von Reinhard Mey. Der Inhalt ist, dass auf Grund eines falschen Berichts, einer Namensverwechslung ein Mensch gesellschaftlich isoliert wird, weil seine Umgebung alles ungeprüft glaubt, „was in der Zeitung steht“.

In der jetzigen Situation, der Corona Krise, scheint es mir, dass viele Menschen umso mehr darauf zurückgreifen „was in der Zeitung steht“. Damit meine ich nicht nur die Zeitungen, sondern alle öffentlichen Medien. Ich selbst informiere mich weitestgehend im Internet, auch wenn man oft hört (besonders von denen, die öffentliche Medien betreiben), dass man dort viele fake news lesen kann. Schon in so einer Aussage ist eine Missachtung des Konsumenten enthalten, denn man hat im Internet genug Möglichkeiten zu überprüfen, ob etwas „fake new“ ist oder nicht. Erweitert man jedoch die von öffentlichen Medien erhaltenen Informationen nicht im Internet, gerät man tatsächlich in die Gefahr, auf fake new hereinzufallen. Da denke ich an empörte Berichte, die auch Bekannte von mir kolportierten, dass Donald Trump die deutsche Biotech Firma Tübinger CureVac aufkaufen wollte, und nicht mitbekommen hatten, dass diese Nachricht nichts war als: fake new.

Was mich erschreckt ist, dass von vielen Menschen nicht nur die Tatsachen gläubig hingenommen werden, sondern auch die Meinungen, die verbreitet werden. Nun würde jeder sagen: ´ich habe meine eigene Meinung!`, aber warum ist diese so oft deckungsgleich mit den im Fernsehen vorgegebenen Meinungen? Was wurde auf die Polen geschimpft, als diese die Grenzen schlossen:

Claus Kleber im zdf am 14.3. Das eine Land schützen durch Abgrenzung gegen die Viren im anderen, indem man Grenzen schließt, obwohl das Virus längst alle Grenzen überwunden hat. Heute Nacht in einer Stunde schließt Polen seine Grenze gegen Deutschland, das ist nicht irgendeine Grenze, denn es ist ein Teil des Wunders von Europa, dass diese Grenze nach der Wiedervereinigung offen stand.
Claus Kleber im zdf am 15.3.: Alle anderen tun es, nun schließt auch Deutschland seine Grenzen. Nicht gegen Viren an sich, das wäre vergeblich, aber doch wegen des Corona-Virus, wegen seiner gefährlichen Folgen für Gesundheit, Wirtschaft und Politik im Land.

„Deutschland ist gut aufgestellt“ für die Bekämpfung des Corona Virus, verkündeten Jens Spahn und viele andere Politiker. Ich selbst kann es nicht beurteilen, wie Deutschland insgesamt aufgestellt ist, ich höre nur die verzweifelte Klage einer Verwandten, die zuständig für die Organisation mehrerer Sozialstationen und geriatrischen Einrichtungen ist: „Wir Mitarbeiterinnen haben überhaupt nichts, keine Schutzkleidungen, keine Schutzmasken“, und einige Tage später: „Nun haben wir endlich Schutzmasken bekommen, jede eine, die sollen wir abends desinfizieren und lüften“. Dass die Mitarbeiterinnen der Sozialstationen trotz ihrer täglichen Patientenbesuche getestet werden, davon ist keine Rede. Von Ärzten hörte ich übrigens die gleiche Aussage.

Also, mag Deutschland gut aufgestellt sein oder weniger gut, rechtzeitig hat es sich auf keinen Fall auf die Krise vorbereitet. Aber es wäre auf jeden Fall angebracht, nicht nur auf die Versäumnisse anderer Länder hinzuweisen, sondern sich auch mit den eigenen zu befassen, denn sonst verliert man vollkommen das Vertrauen zu dem, „was in der Zeitung steht“.

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