Wir hörten im vorigen Jahr zu Weihnachten einen Gottesdienst aus München. Der Pfarrer hatte sich als Predigtthema ein Gesangbuchlied gewählt, das er interpretierte. Text von Hermann Claudius. Wahrscheinlich um Protesten von „Gutmenschen“ vorzubeugen, erwähnte er etwas von 1939 und „nicht linientreu“. Ich habe das gar nicht richtig verstanden, aber ich wurde aufmerksam und begann im Internet zu recherchieren. Es stellte sich heraus, dass Hermann Claudius ein „strammer“ Nazidichter war. Das Gedicht sagt einiges:
Herrgott, steh dem Führer bei, dass sein Werk das deine sei, dass dein Werk das seine sei. Herrgott, steh dem Führer bei.
Herrgott, steh uns allen bei, dass sein Werk das unsre sei, dass unser Werk das seine sei. Herrgott, steh uns allen bei.
Mehrfache Ehrungen in der „Nazi“-Zeit und auch danach gab es für ihn. Er schrieb außer seinen Führerelogen auch Natur- und Kirchengedichte. Er gehörte zu den 88 Dichtern, die ein Gelöbnis treuer Gefolgschaft für den Führer unterzeichneten. In der Krakauer Zeitung, dem NS-Propagandablatt des Generalgouvernements war Hermann Claudius mit mehr als 50 Texten vertreten.
Das ist die Frage: was kann das arme Gesangbuchlied dafür, dass sein Schöpfer ein Nazi war? Der gute Hermann Claudius hat neben Nazigedichten eben so schöne und innige Lieder geschrieben, dass sie einer Predigt wert sind.
Ich denke, dass eine Predigt nicht nur eine Aussage hat. Das wäre eindimensional. Wer um den Schöpfer dieses Gedichts weiß und weiß, was er sonst noch geschrieben hat (zu meiner großen Überraschung das Lied: wenn wir schreiten Seit an Seit…..: es passt alles gut zusammen: innige Krippenbetrachtung, Führerverherrlichung, und Lieder auf die „neue Zeit“). Jedenfalls ist so eine Predigt auch eine Hommage an den Schöpfer. Und wer eine Predigt vor so großem Publikum wie die Zuhörerschaft des DLF hält, der muss auch damit rechnen, dass es Menschen gibt, die um den Ursprung dieses Liedes wissen. Eine „geistige Schöpfung“ entspringt immer einem Geist. Wenn ich mir vorstelle, dass beide Schöpfungen demselben Geist entsprungen sind, höre ich das Lied mit anderen Ohren.
Ich sah im Gesangbuch nach: da stehen die Lebensläufe der Liederdichter. Vom Nazitum von Hermann Claudius kein Wort, obwohl das ein maßgebliche Rolle in seinem Leben spielte. Bei anderen Liederdichtern wurde durchaus Wichtiges aus ihrem Leben erwähnt.
anne.c - 26. Dez, 13:46
Mit Monika verbrachte ich drei Jahre auf engstem Raum, in einem sehr kleinen Internatszimmer, in dem wir zu viert untergebracht waren. Ich habe wohl erst im Internat begriffen, was die DDR bedeutet, wie die Menschen denken und wie sie sich verhalten. Mit Erstaunen erlebte ich Anfang der 70-ger Jahre, wie junge Menschen mit 18 Jahren gern und freiwillig in die Partei eintraten, wie sie nicht mal eine Ahnung davon zu haben schienen, dass man sich auch nur ein wenig anders verhalten kann, als es die Parteilinie vorgibt. Später ließen sie sich klaglos im Studium von „Seminargruppenleitern“ tyrannisieren, machten Wehrerziehungslager mit, zogen in Neubaublocks, gründeten früh eine Familie, in der es vorgezeichnet war, dass das Leben sich auf die gleiche, programmierte Weise wiederholt.
Nach mehr als 30 Jahren traf ich Monika wieder, nachdem sie meine Adresse herausgefunden hatte und mich mit unserer gemeinsamen Zimmergenossin Erika zusammen besuchte. Gleich am Anfang dieses Besuchs machten wir die erstaunliche Erfahrung, dass drei Jahre schulische Gemeinsamkeit in einem engen Zimmer trotz eines konträren Lebens uns so „zusammen geschweißt“ hatten, dass es keine Fremdheit zwischen uns gab. Wir erzählen und lachten zwei Tage lang, so wie früher und ich erfuhr interessante Details aus Lebensläufen, die ganz und gar der DDR-Norm entsprochen hatten und die dann durch die „Wende“ gehörig umgewälzt worden sind. Unter anderem erzählte Monika mir eine Begebenheit aus ihrem Leben, die in ihrer Nebensächlichkeit sehr bezeichnend war, wie der DDR-Staat mit seinen Menschen, also eigentlich mit sich selbst umging.
Monika hatte alles richtig gemacht, wie es sich für eine DDR-Bürgerin gehört. Sie kam aus einfachen Verhältnissen, trat mit 18 Jahren aus Überzeugung in die Partei ein, wurde Volkspolizistin auf dem Polizeiamt, wo sie die Anmeldungen der Westbesucher registrierte. Ihr Mann war Grenzbeamter, der sich über nichts mehr freute, als wenn er einem Westbesucher eine Zeitschrift oder ein Buch abnehmen konnte, wie er einmal berichtete, als ich in jungen Jahren das einzige mal bei ihnen zu Besuch war. Sie wohnen bis heute in einem Neubaublock in Berlin Lichtenberg. Ihre beiden Kinder durchliefen alle Stadien, die ein DDR-Kind zu durchlaufen hatte, von der Kinderkrippe, über die Pioniere zur FDJ mit allen dazugehörigen Ritualen. In ihrem Leben fehlte nichts was zu einer typischen DDR-Existenz gehörte: Hausgemeinschaft im Plattenbau, FDGB-Urlaubsreisen, Parteiversammlungen. Sie kannten nichts anderes und wollten nichts anderes. Doch selbst solche Menschen kamen in Situationen, wo sie sich am System „stießen“, nämlich wenn sie menschliche Eigenschaften über die Parteilinie stellten:
Monikas Tochter Cathleen war Leistungssportlerin und verbrachte den größten Teil ihrer Kindheit im Stadion. Sie wurde trainiert – ich würde sagen dressiert -, um an internationalen Wettkämpfen teilzunehmen. Regelmäßig fuhr sie zu Spartakiaden. Cathleen hasste diese Spartakiaden, weil sie unter großer Angst litt, es könne ihr auf der Reise etwas zustoßen und sie käme nicht zu ihrer Mutter zurück. Vor jeder Reise zu einem Wettkampf spielte sich das gleiche Ritual zwischen Mutter und Tochter ab: Monika musste Cathleen hoch und heilig schwören, dass sie in dem Fall, dass etwas passiert, auf der Stelle zu ihr eilen würde, damit diese nicht irgendwo in der Fremde allein bleibt. Dieses Versprechen gab Monika in voller Überzeugung, denn es hätte sie wirklich nichts davon abhalten können, im Fall der Not ihrer Tochter zur Hilfe zu kommen. Eines Tages war es so weit, dass Cathleen ins „westliche Ausland“, nach Italien, zu einem Wettkampf geschickt wurde. Da zeigte sich, dass Monika nicht nur eine gute DDR-Bürgerin, sondern auch ein Mensch mit guten menschlichen Eigenschaften war und diese Eigenschaften waren: sie liebte ihre Kinder über alles und sie war ehrlich. Monika konnte nun ihr Versprechen nicht mehr ohne weiteres geben. Sie erkundigte sich bei verschiedenen Genossen, ob für den Notfall eine Reise nach Italien möglich wäre, erntete aber nur Unverständnis, Befremden und Hohn. Die Vorstellung, dass ein DDR-Bürger, der nicht Reisekader war, möge er auch noch so staatstreu sein, ins westliche Ausland fahren wolle, war in den Augen der Genossen absurd, auch wenn es eine ihrem Kind zur Hilfe eilende Mutter wäre. Ihr wurde gesagt, dass das Kind in der Betreuung des Trainers ja wohl gut aufgehoben sei. Monika verschwieg Cathleen ihr Unvermögen nicht. Sie war nicht in der Lage, Cathleen zu einer Reise nach Italien zu überreden, wie die Genossen es von ihr forderten. Cathleen verweigerte hartnäckig die Reise und Monika hielt tapfer zu ihrer Tochter und bestand nicht darauf, dass diese zum Wettkampf fährt. Das „aufrührerische“ Kind wurde nicht mehr lange trainiert und musste aus dem Lauftraining ausscheiden. Monika musste sich vor ihrer Parteigruppe rechtfertigen und entging knapp einer Parteirüge
Monika erzählte mir, dass sie durch diese Erfahrungen die ersten Zweifel an dem gesamten DDR-System bekommen hatte und dass sie danach nicht mehr so eine überzeugte DDR-Bürgerin war und dass sie nicht mal besonders traurig über das Ende der DDR sei, obwohl dadurch die vorgegebenen Lebensläufe ihrer Familie gehörig durcheinander gewirbelt wurden.
anne.c - 18. Dez, 15:16
In einem Dokumentationszentrum fiel mir eine Episode aus dem 2. WK noch mal ins Auge. Sie war auf einer der Schautafeln dokumentiert. Im Gefangenenlager „Stalag“ hatte man unter den alliierten Gefangenen – denen es vergleichsweise nicht so schlecht ging – die „jüdischen“ heraussortiert. Sie wurden von den anderen getrennt gehalten, zeitweise isolierte man sie in einem abgetrennten Teil des Lagers, jederzeit drohte ihnen – im Gegensatz zu ihren nichtjüdischen Kameraden – die Liquidierung. Dank des fortgeschrittenen Kriegsverlaufs ist es dazu nicht gekommen, aber auch dank ständiger Proteste ihrer nichtjüdischen Vorgesetzen, die den Deutschen irgendwie klar machten, dass es nach einem Kriegsende dafür Konsequenzen geben würde.
Wie mag es auf die nichtjüdischen Kriegsgefangenen gewirkt haben, dass da unter ihnen einige sind, die sich vorher nicht von ihnen unterschieden hatten, die aber durch die Definition der Deutschen zu von ihnen zu unterscheidende Menschen geworden sind? Die dem gewaltsamen Tod näher sind als sie. Vor denen man sich in Acht nehmen muss, um nicht mit ihnen gleich gesetzt zu werden.
Nach den dokumentierten Überlieferungen empörten sich die Kameraden gegen die Trennung. In einer Baracke sollen sich sogar alle Insassen als „jüdisch“ ausgegeben haben, und die Deutschen damit so irritiert haben, dass sie von der Trennung in dieser Baracke absahen. Hoffentlich ist das nicht eine schöne Legende. Aber auf jeden Fall war den englisch-amerikanischen Soldaten dieser Geist der Einteilung und Aussortierung von Menschen fremd. Wie wäre es weiter gegangen, wenn dieser Geist noch lange bestanden hätte? Hätten sie sich nach und nach davon infizieren lassen?
anne.c - 15. Dez, 19:47
Es ist interessant, sich mit dem Internet zu befassen. Man kann richtige Krimis miterleben. Ich verfolge, wie eine junge Frau mit dem Bundestagsabgeordneten R.P. kämpft. Es bilden sich Fraktionen für den einen, für die andere. Es geht um Internetmobbing, es geht um einen Verein, der keine Spendenberechtigung hat, aber Spenden einnimmt, um die Vereinsvorsitzende, um ein Konzert in einer Bonner Kirche und nicht zuletzt, wie kann es anders sein, geht es um den Nahen Osten. Aber wenn es um den Nahen Osten geht, geht es meistens nicht um den Nahen Osten, sondern es geht um das Thema: wie kommen die Deutschen mit ihrer Vergangenheit zurecht? Die junge Frau P. hat da eine entschiedene Meinung und sagt sie unverblümt. Sie hat begeisterte Anhänger, aber auch scharfe Widersacher.
Der Kern dessen, um den sich alles dreht, ist ein Waldorfkindergarten in Israel. Ein Kindergarten, in dem arabische und jüdische Kinder gemeinsam zusammen sind. Eine schöne Sache. Ich finde, alles ist gut, was zur Gemeinsamkeit von jüdischen und arabischen Israeli beiträgt. Wo, wenn nicht in einem Kindergarten, in dem zwei Sprachen geredet werden, wo die Kinder von klein auf freundschaftlich zusammen sind, ihre Feste gegenseitig erleben, kann Annäherung und Verstehen beginnen? Es gibt ein Dorf, Schulen, ja sogar ein Orchester, wo Palästinenser und Israeli zusammen sind.
Nicht anders als die junge Frau sehe ich all diese im Grunde sinnvollen Einrichtungen mit Skepsis. Weil alles auch einen ideologischen Beigeschmack hat. Wenn darüber berichtet wird, dann wird prompt mit dem Finger auf Israel gezeigt: Seht, das ist etwas anderes als dessen „Apartheidpolitik“, beispielhaft, nicht so wie das übrige Israel. Es wird der Eindruck erweckt, diese „Friedensprojekte“ wären einzigartig und der Kontrast zum normalen Alltag. Ich habe einige Bekannte in Israel, die von ihrem Alltag dort berichteten, und ich habe sie auch schon besucht und konnte zu meinem Erstaunen feststellen, dass es „normales“ Miteinander im Arbeitsleben von Juden und Arabern gibt. Und schon in viel stärkerem Maß gegeben hat. Nicht durch die israelische Politik wurde vieles zerstört, sondern durch Indoktrination der einfachen Araber durch ihre Führer und Feindseligkeiten, die darauf folgten. Leider ist dadurch viel Vertrauen zerstört worden,
anne.c - 12. Dez, 10:38
Vor einiger Zeit wurde mehrmals am Vormittag im DLF in den Nachrichten gesendet, dass ein israelischer Dirigent gestorben ist. Ich hatte seinen Namen nie gehört, er gehörte jedenfalls nicht zu den Spitzendirigenten, deren Namen ständig genannt wurden. Hinzugefügt wurde bei jeder Nachricht: Er war der erste, der in Israel eine öffentliche Wagner-Aufführung dirigierte, was scharfe Proteste von Holocaustüberlebenden hervorgerufen hat. In dieser Nachricht, die ich in keinem anderen Sender gehört habe, steckt viel vom DLF: Sie würdigten den ansonsten nicht übermäßig bekannten Dirigenten als den, der sich „wagte“ in Israel Wagner aufzuführen. Da schwingen die „nicht verzeihen wollenden“ Holocaustüberlebenden“ mit, die Israeli, die unserem großen Wagner nicht die gebührende Ehre zollen wollen, „nur wegen dem Holocaust“. Der „Mut“ eines der Ihrigen, der es trotzdem gewagt hat. Und alles in einer Sprache, die scheinbar unangreifbar und neutral ist.
anne.c - 6. Dez, 19:03
Die Kirchen mit ihren Kriegerdenkmälern. Dahinter steht sozusagen eine ganze Welt. Ich muss nur den einen Spruch aufschreiben: „Ausgesät, nur ausgesät, wurden alle die, die starben. Wind und Regen vergeht, und es kommt der Tag der Garben“. Nicht etwa für die Gefallenen des ersten – wo ja die Existenz der Kriegerdenkmäler in Kirchen mit dem Stil der Zeit und Denkmalschutz begründet wird -, sondern, neu aufgestellt, für „unsere gefallenen Brüder“ aus dem zweiten WK.
In der überaus schönen Schloss-Dorf-Kirche zu Basedow, in die die Menschen, zum Teil aus der ganzen Welt, wegen ihrer einmaligen Orgel strömen. Schön versteckt, dass man es nur bei besonderem Hinsehen entdecken kann. Gleich nebenan auf dem Friedhof das Grab eines „Landesbischofs“ , der seinem gefallenen Sohn eine Gedenktafel mit der Aufschrift widmete: „Aus Feindes Hand in Gottes Hand“. In Braunschweig in einer Kirche lag sogar ein Stahlhelm unter der Heldengedenktafel. Keiner bemerkt es. Ich denke trotzdem, dass so etwas den Geist prägt.
anne.c - 3. Dez, 16:07
Der Berg der Seligpreisungen bescherte uns ein eigenartiges Erlebnis: Oben am Parkplatz, gleich neben einer Klosteranlage trafen wir auf eine süddeutsche christliche Reisegruppe. Wir schlossen uns an und folgten ihnen auf versteckten Wegen, die die Bergkuppe hinunterführten zu einer Stelle, wo man einen besonders schönen Blick auf den See hat. Dort ist eine Gruppe Olivenbäume malerisch auf dem Hügel verteilt, und unter einem der Bäume gab es, wohl für pastorale Zwecke, einen Sitz mit einem altarähnlichen Stein davor – dort soll Jesus die Bergpredigt gehalten haben.
Wir trafen gerade wieder auf die Gruppe, als ihr Reiseleiter zur Auslegung der Bergpredigt anhob: Die Seligpreisungen überging er „da sie ja allgemein bekannt sind“, und er konzentrierte sich auf die Auslegung der auf die Seligpreisungen folgenden „Gesetzesverschärfungen“. Das führte er in der Weise aus, dass er immer gegeneinander stellte: die hohe moralische Überlegenheit der christlichen Religion gegen die niedere Geisteshaltung des Judentums, das nicht zur Vergebung fähig wäre. Seine Schäfchen hörten ihm schweigend und ergriffen zu. Ich war überrascht: wie in deutschen, christlichen Reisegruppen geredet wird, wenn der israelische Fremdenführer gerade nicht dabei ist, das weiß ich gut, sowohl aus eigenem Erleben als auch aus Berichten christlicher Reisender. Dass man sich allerdings auf den Berg der Seligpreisungen zurückzieht, um ungestört die Regungen des eigenen schlechten Gewissens ins Gegenteil zu ziehen, das war mir neu.
Zwei Tage später saßen wir 50 km südlich im Kibbuz E.H. beim Kaffeetrinken. Wir lernten J.s zweite Frau kennen. Nur um wenige Jahre jünger als er, war sie alt genug, dass sie auf ihrem Arm das Brandmal einer Auschwitz-Nummer hatte. Beide bewirteten uns freundlich und führten uns durch den Kibbuz. Und ich dachte: „Das sollen also die sein, die nicht vergeben wollen, und die da auf dem Berg das sind die moralischen Überlegenen!“ Ich bezeichnete unser Erlebnis da oben als „pastorale Groteske“ und war in meinem Misstrauen gegen „Idyllen“ bestätigt.
anne.c - 27. Nov, 16:42
Im Jugendradio des Senders RBB gab es einen Eklat um einen Moderator namens Ken. Dieser bedient sich in seiner Polit-Sendung antiamerikanischer, antiisraelischer und antijüdischer Stereotype und scheut vor Verschwörungstheorien nicht zurück. Die darauf hinaus laufen, dass die großen Verbrechen der Menschheitsgeschichte von denen inszeniert wurden, die sie erlitten haben, weil ein Wille dahinter steckt, dem der Tod vieler Menschen gleichgültig ist im Bezug darauf, was dieser Wille für sich erreichen will. Das erlebte ich ja bei der Schriftstellerlesung „meines“ Verschwörungstheoretikers (11.10). Kens Meinng scheint es zu sein z.B., dass der zweite Weltkrieg ein Komplott der amerikanischen Ölindustrie gewesen sei. Wobei immer mitschwingt, dass diese von Juden beherrscht würde. Da Ken so ratternd schnell wie eine Maschinengewehrsalve spricht, kann er alles, was ein aufmerksamer Zuhörer ihm zur Last legen könnte, in eine andere Richtung drehen: so hat er es nicht gesagt und gemeint, alles würde ihm verkehrt ausgelegt. Dass es bei seinen Fans dann doch so ankommt, wie es eigentlich nicht gemeint war, nämlich grotesk antisemitisch, dafür kann der arme Ken natürlich nichts.
So sah das auch sein Sender RBB, und er stellte sich großherzig hinter Ken, als dieser sich zu weit „aus dem Fenster gelehnt hatte“ und einige unflätige und dem Anschein nach antisemitische E-Mails an Hörer gesandt hatte, die sich über seine Sendung beschwerten. RBB hatte wahrscheinlich Sorge, seine Hörerschaft zu verlieren. Den antisemitischen Bodensatz in der Bevölkerung, den man – wie man so schön sagt – auch auffangen muss. Die üblichen Floskeln wie: `Die Gesellschaft muss kontroverse politische Ansichten ertragen´ und Ähnliches waren zu vernehmen. Mag die Gesellschaft sie ertragen wollen oder können, sie soll sie aber nicht finanzieren, und ich möchte sie auch nicht finanzieren!
PS Heute hat sich der Sender RBB von seinem Moderator Ken getrennt.
anne.c - 23. Nov, 11:26