Samstag, 10. August 2019

Meine Reise in die Ukraine vom 14. bis zum 23. Juni 2019 (Teil 2)

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Stausee in Tarnopol

Meine erste Begegnung mit dem für mich fernen, nur durch die Literatur bekannten Osten war die Stadt Przemysl in Polen. Eine ganze Nacht waren wir, die Reisegruppe, die in Berlin zusammen getroffen war, im Schlafwagen quer durch Polen gefahren. In Przemysl/Polen ging jeder vor der Abreise in die Ukraine einige Stunden für sich allein spazieren. Auf einem größeren Platz war eine gewaltige, überlebensgroße Figur von Johannes Paul II. zu bewundern. Schon auf der Fahrt hatte ich beobachtet, dass über jedem Dorf und Städtchen in Polen ein Kreuz schwebte, mal auf einer alten Kirche, oft aber auch auf neu gebauten, modernen Kirchen. Die Zeit bis zur Abfahrt des Zuges reichte noch, um das Museum der Stadtgeschichte zu besuchen. Hier war ich verwundert: Geschichtliche Ereignisse wie etwa die Teilung Polens, die Zeit des zweiten Weltkriegs oder die kommunistische Zeit existierten hier nicht, nicht einmal Zeugnisse der Frühgeschichte. Dafür sah man alte Möbel, Trachten, Kunstwerke von bedeutenden Einwohnern der Stadt und Bilder von Adligen. An nichts war etwas Spezielles über die Stadt zu entdecken. Aber das war egal, unsere Reise fing ja erst an.

Nachdem wir die polnisch-ukrainische Grenze durchfahren hatten, änderte sich das Landschaftsbild schlagartig. In Polen sah man in den Dörfern frisch renovierte und neue Häuser, sehr oft von einer Hecke aus Lebensbäumen umstanden. Nun, in der Ukraine, wirkten die Dörfer ausgesprochen ärmlich, die grauen Häuser versteckten sich in Baum- und Strauchwerk. Obwohl die Häus´chen keine Strohdächer, so wie früher, mehr hatten, sondern fast ausnahmslos Wellblechdächer, wirkten sie malerisch, besonders da aus dem kargen Grau oft eine prächtige, teilweise blau bemalte und mit mehreren goldglänzenden Kuppeln versehene orthodoxe Kirche heraus schimmerte. Die Reiseleiterin erzählte später, dass einige Kirchen neu gebaut sind, viele aber in der Sowjetzeit zu Lagerhäusern, Kinos, Wartehallen u.ä. degradiert waren und nach dem Zeitumbruch schnellstens wieder hergerichtet wurden und zwar prunkvoll.

Wir kamen in der Stadt Tarnopol an. Unser Hotel lag direkt an einem großen See, einem Stausee, wie wir später erfuhren, der schon im Jahr 1548 angelegt worden war. Es war der Abend vor dem orthodoxen Pfingstfest. Wir hatten den Eindruck, die gesamte Jugend von Tarnopol vergnügt sich am See. Es gab Wasserspiele, viele Kinderspielanlagen, offene Gaststätten. Die Menschen flanierten. Besonders fielen die sehr jungen Paare auf, die fast immer ein Kindchen in ihrer Mitte hatten. Bis jetzt hatte ich Ukrainer nur in Tschechien erlebt, wo sie als Gastarbeiter die schweren Arbeiten verrichten. Hier wirkten sie ganz anders: jung, selbstbewusst und aufstrebend.

Unsere ukrainische Reiseleiterin Marija, promovierte Germanistin, begrüßte uns und bereitete uns auf den Verlauf der Reise vor. Sie war sehr kompetent, sowohl im Erklären und Übersetzen als auch im Vermitteln praktischer Wünsche (außer meinem Wunsch zu entsprechen, Briefmarken zu kaufen und das Porto für eine Postkarte zu erfahren, so etwas kennt in der Ukraine niemand). Sie begleitete uns die ganze Fahrt über, ebenso wie die deutsche Reiseleiterin Gisela, die hauptsächlich für Organisatorisches zuständig war. Während der Busfahrten las Gisela uns oft etwas vor, was auf unsere Erlebnisse bezogen war und diese vertieften. Wir hörten gern zu, denn in den „grünen Tunneln“ war es etwas langweilig. In den beiden großen Städten Tarnopol und Schytomir übernahm jeweils ein Germanist von der dortigen Universität den „Stadtrundgang“. Die Bildung und Weltoffenheit der ukrainischen Reiseführer waren beeindruckend. Einer war ein großer Kenner und Bewunderer von Brecht und Wolf Biermann. Was die Hotels betraf - vier haben wir kennen gelernt -, so hatten sie guten Standard, und ich kann keine der abenteuerlichen Geschichten erzählten, die ich von den Ukrainetouristen vor ca. 25 Jahren hörte, nachdem diese wieder ihre alte Heimat Wolhynien hatten besuchen können.
(Fortsetzung folgt)

Donnerstag, 8. August 2019

Meine Reise in die Ukraine vom 14. bis zum 23. Juni 2019

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Es wird höchste Zeit, dass ich den Bericht über meine Reise anfange, denn der Alltag drängt sich in meine Erinnerungen. Zum Glück habe ich meine vielen Fotos und meine schriftlichen Aufzeichnungen, sonst wäre die Reise ein wirres buntes Gemisch in meinem Kopf, mehr aus Gefühlen bestehend als aus Erinnerungen.

Dass ich in die Ukraine reise, dazu noch allein, bzw. allein mit einer Reisegruppe, rief etwas Verwunderung hervor aber irgendwie auch erstaunte Anerkennung. Die Literatur Gogols hat meine Vorstellungen von der Ukraine geprägt und meine Phantasie angeregt. Ich wollte endlich die weiten wogenden Kornfelder der Ukraine unter dem unendlich hohen Himmel sehen. Die Reise bestand unter anderem aus 1300 km Busfahrt innerhalb der Ukraine, und ich stellte mir vor, dass ich die ganze Zeit aus dem Fenster schauen werde um die Weite zu bestaunen. Wäre das mein einziger Wunsch gewesen, dann hätte ich die Reise als großen Reinfall bezeichnen müssen. Abgesehen davon, dass wir uns größtenteils in einem Bereich aufhielten, den man als ukrainische Schweiz bezeichnet, der also leicht wellig war, sind die außerordentlich löchrigen Straßen fast ausnahmslos zum Schutz vor Schneeverwehungen so beschaffen, dass sie von einem ca. 20 m breiten Gürtel aus Bäumen und Büschen zu beiden Seiten bestanden sind. Absolut blickdicht. Wir fuhren ununterbrochen durch grüne Tunnel. Ergab sich an Kreuzungen oder Flussüberquerungen ein Blick in die Landschaft, sah es da ähnlich aus wie bei uns in Norddeutschland. Der Busfahrer fuhr einen rasanten Zickzackkurs, immer um die Schlaglöcher herum, es war manchmal atemberaubend.

Nach Wolhynien, einem Gebiet der Ukraine, wollte ich schon lange reisen, denn Verwandte von mir sind hier geboren. Als ich mich um eine Mitreise bei den wolhynischen Heimattouristen bemühte, war es zu spät: die Generation war zu alt geworden zum Reisen oder gestorben.

Sehr interessierte mich die jüdische Vergangenheit dieser Gegend, die Geschichte ihrer Auslöschung und wie man es an Ort und Stelle erlebt und empfindet. Davon hatte ich viel gelesen: Chassidische Geschichten, die Czernowitzer Dichter, Soma Morgenstern, Isaac und Israel Singer und viele andere. Hier hätte man ohne kundige Reiseführer nicht viel entdecken können, zu wenig war im allgemeinen Straßenbild davon zu sehen. Wenn man bedenkt, dass bis zum Krieg ein Drittel, in den Städten sogar bis die Hälfte der Bevölkerung aus Juden bestand, waren es wirklich nur Spuren, die man finden konnte. Die Reiseführer wiesen uns ja auf entsprechende Denkmäler hin oder auf ein altes Gebäude, das einst eine Synagoge war oder auf Stellen, die damals die Grenzen des Ghettos bedeuteten.

Weiterhin interessierte mich der aktuelle politische Konflikt mit Russland, man kann ihn als Krieg bezeichnen. Dazu kann ich sagen, dass man außerhalb der Kriegsgebiete in der Ostukraine nichts vom Krieg bemerkte, wären da nicht die Heldenplätze in jeder größeren Stadt. Die Männer in der Westukraine werden „normal“ zum Militär eingezogen und müssen im Osten kämpfen, und so gibt es in jeder Stadt Gefallene, deren Abbilder auf zentralen Plätzen verewigt werden, manchmal in Stein gemeißelt.
(Fortsetzung folgt)

Montag, 29. Juli 2019

„Ehrlichkeit ist eine Währung“ (Titel eines Buches von Theo Waigel)

Im Fernsehen sah ich bei Phoenix ein Gespräch mit dem hoch respektablen Theo Waigel. Das Gespräch mit einer Moderatorin fand am Ufer eines idyllischen Sees statt, in einer Landschaft, die sich für Reklameaufnahmen geeignet hätte. Mir schoss ein bekannter Fernsehgag in den Kopf, ein echter, nicht gestellter: Tagesschausprecherin Daubner las eines frühen Morgens die Nachrichten, und ein dunkelhäutiger Mensch war noch damit beschäftigt, das Studio für den Tag zu putzen, rannte dabei hin und her, und da ihm bewusst war, dass irgendetwas nicht stimmte, bückte er sich rücksichtsvoll, als er an Frau Daubner vorbei marschierte. Das wirkte sehr komisch, diese Szene wurde als Gag schon oft gezeigt.

So hätte ich mir gewünscht, dass beim ernsthaften Gespräch mit Theo Waigel mit dem See im Hintergrund ein paar dunkelhäutige Personen als fröhliche Kulisse herum gelaufen wären: Frauen im Burkini badend, ein oder zwei Familie am Feuer sitzend, einen Grillspieß drehend und Knochen auf die Wiese werfend, Männer, die die Züchtigkeit der Frauenkleidung kontrollieren. Denn Theo Waigel hatte zuvor von „Verhetzungsmentalität“ gesprochen und von „widerwärtigen Populisten“. Begriffe, die auf Menschen angewandt werden, die die zu große Zahl von „Flüchtlingen“ in diesem Land beklagen. Es ist unglaubwürdig, wenn man sich an eine besonders lauschige Stelle setzt und von da aus gegen Menschen wettert, die sich ihre Meinung unter ganz anderen Umständen bilden müssen, z.B. auf Bahnsteigen, in Freibädern in Nordrhein-Westfalen und anderswo“ .

Theo Waigel erzählte über seinen älteren Bruder, der im Krieg gefallen war. Er berichtete über die Briefe, die dieser vor seinem Tod an seine Familie geschrieben hatte, alles sehr anrührend. Durch den Tod des Bruders ist Theo Waigel zu folgendem Schluss gekommen: Der Tod des Bruders und von Millionen jungen Männern in den beiden Weltkriegen war nicht sinnlos, denn nur dadurch konnte sich in der deutschen Bevölkerung eine friedliche und pazifistische Grundeinstellung bilden (Warum Deutschland bei seiner pazifistischen Grundeinstellung einer der größten Waffenproduzenten und -verkäufer der Welt ist, das ist eine Frage für sich, die noch niemand, auch Theo Waigel nicht, beantwortet wollte).

Was Theo Waigel wohl kaum zur Kenntnis genommen hat ist die Tatssache, dass außer den „Millionen deutschen Soldaten“ noch zig-Millionen anderer Menschen zu Tode gekommen sind, und deren Angehörige sind sicher nicht zu diesen pazifistischen Grundansichten gelangt. Soll das Vergasen, Erschießung und Verbrennung von sechs Millionen Juden ein Mittel zur Läuterung der Deutschen sein? Die Hungerblockade von Leningrad, das Verbrennen französischer, italienischer,polnischer, russicher, griechischer, tschechischer Dörfer samt ihren Bewohner sollen den Sinn gehabt haben, dass Deutschland zu einem hoch moralischen Land geworden ist, das aus einer erhabenen Position sowohl die Nachbarländer als auch seine eigenen Bewohner moralisch zu erziehen befugt ist?

Theo Waigel hat ein Buch gechrieben mit dem Titel: "Ehrlichkeit ist eine Währung", wahrscheinlich sind es seine Erinnerungen als Finanzminister. Ich denke, dass er ein ehrlicher Mensch ist, aber zwischen Ehrlichkeit und Selbstehrlichkeit besteht ein weiter Unterschied. Zur Selbstehrlichkeit gehört etwas mehr als zu einer belanglosen Plauderei am idyllischen See.

Donnerstag, 25. April 2019

Deutschlandfunk - einst und jetzt

Am 20. April lief im DLF am Vormittag eine Sendung, die den Hörern vermittelte was für „Nazis“ die Dänen sind.

Jetzt muss ich nicht unbedingt den Focus drauf legen, dass die Sendung zu Hitlers Geburtstag lief. Oder dass es am Ostersonnabend war wo man eigentlich gewisse christliche Botschaften weiter gibt. Auch muss ich gerechterweise erwähnen, dass das Wort „Nazis“ nicht genannt wurde. Es war nun einfach der dringende Zeitpunkt, Hörern des DLF klar zu machen, wie intolerant, „rechts“ und muslimfeindlich unsere Nachbarn sind, die ich selbst persönlich als besonders zugewandt, tolerant und großzügig erlebt habe. Wenn ich es nicht mit eigenen Ohren gehört hätte, könnte ich nicht glauben,

Der Inhalt: Dänemark wird immer „rechter“: wie sie mit ihren Muslimen umgehen. Erst forderten sie von den Zuwanderern – wie immer die dahin gekommen sein mögen -, dass sie sich integrieren, d.h,. einigermaßen anpassen. Dann verlangten sie, dass sie die Sprache lernen, wenn sie eingebürgert werden wollen. Alles das taten die Zuwanderer, aber das war den Dänen immer noch nicht genug. Die Einbürgerungsteste wurden immer islamfeindlicher, z.B. wurde verlangt, dass Männer Frauen die Hand zum Gruß reichen. Das war perfide ausgedacht um die Muslime zu demütigen. Nun haben die Dänen ein Burkaverbot erlassen. Sie nennen es heimtückischerweise Vermummungsverbot. Dabei weiß man doch genau, auf welche Religion sie mit dem „Vermummungsverbot“ zielen. Man weiß auch, wie wenige „Vermummte“ es in Dänemark gibt, was die Vermutung verstärkt, dass das Gesetz aus reiner Schikane – gegen wen, das weiß man schon -, erlassen wurde. Muslime nehmen dänische Vornamen an, damit sie Arbeit bekommen, wenn sie sich schriftlich bewerben. Ein 7-jähriges Mädchen, Enkelin eines Imams hat ihrem Opa verkündet, dass sie keine Dänin wäre, sondern eine Muslima. So weit haben die Dänen mit ihrem intoleranten Verhalten das Kind getrieben! Der Imam hatte eine Erklärung, dass das Verhalten der Dänen auch positive Seiten hat: es wäre schon so schlimm, dass es nicht schlimmer werden könne.

Es gibt ja den Ausdruck „Fremdschämen“. Es fällt mir schwer, mich für den DLF „fremd“ zu schämen, zu wenig habe ich mit ihm gemeinsam. Für eine Sache schäme ich mich aber: auf meiner ersten Verwandten- Westreise in den 80-ger Jahren hatte ich 2 Stunden Aufenthalt in Köln. Da sah ich mir in der Zeit nicht etwa den Kölner Dom an, sondern fuhr zum Gebäude des DLF, weil er mir damals, als es noch die DDR gab, so viel bedeutete.

Mittwoch, 17. April 2019

Demonstrationen für das Klima (3)

Das Thema: Moralisieren derjenigen, die sich zum festen Vorsatz machen, die moralischen Forderungen, die sie an andere stellen nicht einzuhalten und sich stattdessen etwa eine Ikone wie „Greta“ zu schaffen und als Gegenpol dazu einen „Feind“ zu stellen (etwa die „Klimaleugner“) ist zu komplex, als dass es in einigen kleinen Artikeln abgehakt werden kann.

Aus meinem eigenen Erleben kann ich erzählen: „Hast du am Sonntag die schwedische Greta bei ´Anne Will` gesehen? Das Gespräch hat mich sehr berührt. Ich werde mir jetzt jeden Flug genau überlegen. Obwohl – nach Italien ist es mir doch zu weit..“ So etwas höre ich nicht einmal, sondern ständig: „Ist es nicht toll, dass sich die Jugendlichen jetzt so viel Gedanken machen? Ich bewundere sie.“ Im Anschluss ist das „schlechte Wetter“ dran – zu kalt für die Jahreszeit.

Bei meinen Überlegungen zu „Greta“ stieß ich auf dieses Video: https://www.youtube.com/watch?v=JnnPzDJ2GNw und ich machte mir die Mühe, es von Anfang bis zum Ende zu hören und zu sehen. Vier Jugendliche aus der „Freitag für Future“ Bewegung - es ist nicht so ganz klar, wer sie legitimiert hat -, stellen Forderungen, an die Politik. Dem Sender Phoenix ist die so genannte Pressekonferenz wichtig genug um sie live zu übertragen. Daran ist interessant, dass die Jugendlichen betonen, an die „Konsumenten“ keine Forderungen stellen zu wollen, sondern nur an die Politik. Damit geben sie eventuellen Zuhörern oder Zuschauern schon im Voraus Absolution: Macht erst einmal was ihr wollt. Die Politiker werden euch schon zwingen, die Folgen unserer Forderungen zu ertragen. Es berührte mich seltsam, dass die Jugendlichen Menschen als „Konsumenten“ bezeichneten. Die Politik soll handeln und das Klima um 1,5 Grad herunterschrauben, insbesondere durch schnelles Einstellen der Kohlegewinnung zur Erzeugung von Strom. Mir erschienen die vier jungen Leute – so bewunderungswert sie mancher halten möge – wie aufgezogene Puppen. Über die Zusammenhänge Kohle – Klima wussten sie bestens Bescheid, denn sie hatten diese Dinge von „Wissenschaftlern“ erfahren. Das erinnerte mich an den „wissenschaftlichen Kommunismus“, den wir in unserer Jugend gelernt haben, und der wissenschaftlich und deshalb allmächtig sei.

Schon lange wundere ich mich, wie selbstverständlich manche Menschen jetzt „das Klima“ zu ihrem Freund gemacht haben, es wird als eine Art Kumpel dargestellt den man durch verschiedene simple Einwirkungen so oder so beeinflussen kann. Früher hieß der Kumpel „unsere Umwelt“, diese Redensart ist inzwischen in den Hintergrund gedrängt worden, jetzt ist es „unser Klima“ mit dem wir auf du und du stehen.

Über das Video könnte man entweder sehr viel schreiben oder gar nichts. Letzteres ist besser, denn es wird die gleiche Wirkung wie das nächste beliebige Video bei you tube haben, das vielleicht das Gegenteil aussagt.

Montag, 8. April 2019

"Demonstrationen für das Klima" (2)

Eben sah ich wie – nicht in Berlin oder einer beliebigen deutschen Stadt -, sondern in Prag tausende Kinder für „das Klima“ auf die Straße gegangen sind und am Freitag die Schule schwänzten. Das mag man für einen Beweis halten, dass dieses Thema den Kindern und Jugendlichen auf den Nägeln brennt, dass ihre Furcht vor den Folgen der Erderwärmung so dringlich und ansteckend ist, so dass die Botschaften der jungen Greta einfach immer mehr Menschen und besonders Jugendliche überzeugt und zum Handeln aktiviert. Dummerweise konnte die Kamera es nicht verhindern, dass in dem Demonstrationszug so mancher rauchende Jugendliche zu sehen war, und ich meine, man müsse Greta dazu bringen, auch ein wenig auf die Gefahren des Rauchens aufmerksam zu machen. Die Sehnsucht nach Askese, die die Kinder in ihren Reden zum Ausdruck brachten, verwunderte mich, weil sie nicht identisch ist mit meinen Erfahrungen, die ich mit Kindern und Jugendlichen habe, aber man muss sie ihnen gezwungenermaßen abnehmen, weil man nicht hinter jedes Kind einen Reporter stecken kann, das seinen häuslichen Lebensstil erkundet.

Nun kenne ich einige Prager Kinder und ihren Lebensstil, aber die müssen nicht identisch sein mit denen im Demonstrationszug. Doch dieses so genannte Klimaschwänzen wird ja ganz allgemein von der Gesellschaft gelobt. Denn wo spiegelte sich die Gesellschaft nicht mehr wieder als in den öffentlich rechtlichen Medien und gar in den Worten der Regierenden, wenngleich paradoxerweise die Kinder gegen sie selbst– die Regierenden – schwänzen? Von mehreren meiner Bekannten habe ich gehört, dass sie von jener Greta sehr beeindruckt sind. So gut wie nie hörte ich, dass vielleicht nicht die Greta, aber der Kult, der um sie begangen wird, etwas Fragwürdiges hat. (Mich erinnert er an den Harry-Potter-Kult vor einigen Jahren, dem auch kaum ein Kind sich zu entziehen wagte). Zwei meiner Bekannten erzählten mir (und ich musste es wegen der Übereinstimmung glauben obwohl ich es unglaublich fand), dass sie die Preisverleihung der Goldenen Kamera an Greta gesehen haben, und dass unmittelbar nach Greta eine andere 18-jährige Preisträgerin, eine Popsängerin, einen „spritfressenden“ Geländewagen wegen irgend etwas anderem Auszeichnungswürdigem bekommen hat. Dass Greta darauf nicht ihre Goldene Kamera gegen die Wand oder ins Publikum warf, ist zumindest der Beweis der Fragwürdigkeit der Wirkung, die Greta auf sich selbst hat.

(Fortsetzung folgt)

Montag, 25. März 2019

"Demonstrationen für das Klima"

Im Presseclub der ARD sprach man über die „Klimademonstrationen“ der Schüler. Die Meinungen waren verschieden, aber niemand wagte sich zu sagen: das ist eine aus sich selbst aufgeblähte Angelegenheit, hinter der nichts steckt als die übliche Art wie Events veranstaltet werden. Selbst wenn Schüler dazu befragt wurden, hörte man so etwas wie: „Ihr klaut uns die Zukunft“, „die Erde wird gegen die Wand gefahren“, aber was besagt das? Die Journalisten sollten dazu da sein, die Hohlheit solcher Sprüche zu entlarven.

Die Kanzlerin und der Bundespräsident haben die Kinder sehr für ihr Engagement gelobt. Das beweist – was ich schon lange ahnte -, dass dieselben von allen guten Geistern verlassen sind. Dass die höchsten Beamten des Staates Kinder zum Schule schwänzen, also zum Gesetzesbruch auffordern oder sie jedenfalls dafür loben, ist schon eine einmalige Sache. Denn wenn die Kinder an einem Freitag „demonstrieren“, dann müssen sie es konsequenterweise an jedem Freitag tun. Bis sie ihr Ziel erreicht haben, das sie vorsichtshalber nicht so genau definieren.

Die Schüler müssten schon die Beweislast erbringen, auf welche gewohnten Dinge sie verzichten wollen, wenn der „sofortige Ausstieg aus der Kohleverstromung“ – falls das ihr Ziel ist - erfolgen würde und kein Strom – nicht einmal für Handys – vorhanden ist. Man müsste den Jugendlichen sagen: ´Ihr klaut euch selbst eure Bildung, die der Garant für eure Zukunft wäre.´

Am gleichen Freitag, als wieder demonstriert wurde, hörte man ständig in den Nachrichten: Der Lehrermangel ist ein sehr großes Problem, jeder neunte Lehrer fehlt, es fallen viele Unterrichtsstunden wegen Lehrermangel aus. Vielleicht ist das der Grund, warum die Repräsentanten unseres Staates die Freitagsdemonstrationen gut heißen. Da kann man 20 % der Lehrerstellen einsparen, wenn man nur noch 4 Tage in der Woche Unterricht stattfinden lässt.

Samstag, 16. März 2019

Über die Konsequenz bei der Genderisierung

Der Deutschlandfunk brachte am 11. März eine 1 ½-stündige Sendung, die dem „politisch korrekten“ Verhalten gewidmet war - ein Thema über das man sich heute viele Gedanken macht. Nicht ohne Grund erinnert es mich an meine Schulzeit in der DDR, als man durch schulische Belehrung auch verinnerlicht hatte, was man sagen und denken darf und was nicht.

Die Sendung des DLF umfasste sowohl das Gebiet: politisch korrekte Sprache als auch das Thema: Genderisierung, was zum Beispiel das korrekte Ansprechen von Menschengruppen beinhaltete, weiterhin Gewissensfragen, beispielsweise als was man sich im Karneval verkleiden darf und welche Art Witze man dort machen darf.

Der DLF-Redakteur stellte seine Fragen neutral, schien aber deutlich die politische Korrektheit vorzuziehen. Zwei von drei eingeladenen Gästen legten großen Wert auf politische und genderspezifische Korrektheit, eine SPD-Funktionärin und eine oder ein transsexuell veranlagter Mensch. Die SPD-Funktionärin meinte, es wäre ganz leicht und nicht zeitaufwändig, die gendergerechte Sprache zu verinnerlichen. Den Gegenpol bot der Journalist Roland Tichý, der mehr für Pragmatismus und Vernunft im Gebrauch der Sprache plädierte. Die Probleme wurden nicht gelöst, sie blieben wegen der begrenzten Sendezeit offen. Viele Anrufer belebten die Diskussion.

Die wahre Überraschung erlebte ich in der dieser Sendung nachfolgenden halben Stunde. Ich hatte mir vorgenommen, nebenbei Handarbeiten zu machen und dabei nachzuprüfen, wie gendergerecht der DLF seine Sprache gestaltet, wenn er nicht gerade eine Sendung darüber macht. Zu meinen Handarbeiten kam ich nicht, ich machte mir ununterbrochen Notizen, in der gesamten halben Stunde tauchte nicht einmal eine einzige Reminiszenz an die Gendersprache auf.

Und so war zu hören: Umwelt und Verbraucher (so hieß die Sendung), Hundehalter, Hunde, Hundebesitzer, Vierbeiner, Tierärzte, Verbrauchertipp, Japaner, Briten, Züchter, Journalisten, Fischer, Energieversorger, Kläger, Vertreter, Hirten, Warentester, UN-Mitarbeiter, Brexitgegner, unsere Experten…

Dieses Beispiel: wie man nach Außen hin etwas vertritt, was man selbst nicht einhält und nicht einmal einzuhalten gedenkt, ist einigermaßen harmlos, leider gibt es Gebiete wo dieser menschliche Mechanismus nicht mehr harmlos ist.

Im Luftreich des Traums

gegen Ideologien

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