Samstag, 9. April 2016

Der Professor aus Heidelberg (Teil1)

Ob Heidelberger Professoren eine besondere Affinität zur Beschäftigung mit den Auswirkungen der Finanzwirtschaft entwickelt haben? Der als der „Professor aus Heidelberg“ bekannte Paul Kirchhof, Finanz- und Steuerrechtler, war 2005 für den Posten des Finanzministers vorgeschlagen und wollte das deutsche Steuerrecht radikal reformieren. Der andere, seines Zeichens ebenfalls Professor aus Heidelberg und zwar im Fach Theologie, Ulrich Duchrow, möchte am liebsten das Geld überhaupt abschaffen und sieht in ihm die Wurzel allen Übels in der Welt. Zu einem Studientag, den dieser hier in der Nähe in einem kirchlichen Bildungszentrum hielt, fuhr ich trotz Warnungen von verschiedener Seite hin.

Ulrich Duchrow, der mich im Aussehen und Duktus an einen gezähmten und geglätteten Hans Christian Ströbele erinnerte, bestritt seinen Vortrag in mehreren Abschnitten, die jeweils von kleinen Fragerunden aufgelockert wurden. Sein Status war der eines Befreiungstheologen. Das zentrale Wort Jesu im Neuen Testament sei, man könne entweder Gott oder dem Mammon dienen. Um diese These rankte sich der gesamte Vortrag.

Der Vortrag beinhaltete erst einmal eine Auseinandersetzung mit Luther und seiner 2-Reiche Lehre. Darüber hinaus spielte das Thema „Befreiung“ eine Rolle. Der Gedanke an Geld durchwob die gesamten Ausführungen mit Sätzen wie: „In der Bank regiert der Gott Geld!“ oder Luther habe gesagt „Die Thora ist heilig, Mammon ist tödlich.“ oder mit Begriffen wie „gierige Raubtiere des Kapitalismus“, „Herrschaft des Geldes“. Das Aufkommen des Geldes vor Jahrtausenden sei eng verquickt mit der Professionalisierung des Kriegswesens. „Gier ist in Geld institutionalisiert“, damit meinte er insbesondere das Geld, das verbunden ist mit den Banken, den Zinsen und der Finanzwirtschaft. In dieser Hinsicht fühle er sich dem Propheten Mohamed verbunden, der das Zinswesen angeprangert habe, und überhaupt - wir, die wir das Gute wollen (worunter wohl das Gute in verschiedenen Religionen gemeint war), sollten zusammen halten. Als Demonstration lag auf einem Tischchen neben der „Bibel in gerechter Sprache“ ein Koran aus. Außerdem lagen da verschiedene Bücher aus, die man ausgerechnet für Geld kaufen konnte, einige (wohl des Professors Habilitationsarbeit in mehreren Bänden) waren mit jeweils 24,90 € ausgepreist, während sein Buch „Gieriges Geld“ stark verbilligt angeboten wurde.

Manches, was ich vernahm, ließ in mir Erinnerungen an den Inhalt des Staatsbürgerkundeunterrichtes meiner Schülerzeit aufkommen. Beispielsweise verkündete U. D. folgende These: Der Kapitalismus könne historisch überwunden werden, weil er ja auch historisch gewachsen sei. Die „antiimperiale Zuspitzung des Neuen Testaments“ wurde betont, was mich wiederum an den proletarischen Internationalismus erinnerte. Interessant war die Annahme, dass die Abschaffung des Geldes nicht radikal und auf einmal erfolgen könne, sondern dass sie ein Fernziel in mehreren Etappen sei (so dass er seine Bücher noch für Geld verkaufen müsse, schlussfolgerte ich). Auch so etwas hatte ich im Schulfach „historischer Materialismus“ gehört. Demnach befanden wir uns damals in der Vorstufe namens Sozialismus, der nach wissenschaftlicher Erkenntnis zwangsläufig in den Kommunismus münden werde.

Die Bemerkung des Professors, dass er mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung (welche der Partei der „Linken“ sehr nahe steht) zusammen arbeite, ließ mich manches besser verstehen. Interessant fand ich die Tatsache, dass sich der Vortragende kritisch bis hin zu abfällig über die Partei der Grünen äußerte: Grüne Ökonomie sei verlogen, weil sie kurzfristige Verbesserungen anbiete, die Menschen dadurch von einer radikalen Umkehr abhalte und deshalb das System stabilisiere. Das waren genau die Argumente, die Kommunisten einst gegen Sozialdemokraten angewandt hatten und sie deshalb Sozialfaschisten nannten. Auch der Anstrich von Wissenschaftlichkeit im Vorgehen - immerhin war der Referent ein Professor - erinnerte mich an die Wissenschaftlichkeit, die wir über den Marxismus vernommen hatten.

Kurzum, die Ausführungen schienen mir wie pure Ideologie zu sein.

Mittwoch, 30. März 2016

Nicht nur Margot Käßmann ist bigott

Passend zum in der evangelischen Kirche sehr geschätzten Radikalpazifismus der Margot Käßmann, die in der letzten Zeit durch die Aussage: „Wir sollten versuchen, den Terroristen mit Beten und Liebe zu begegnen“ auffiel, gibt es von Seiten der Kirche eine Kehrseite in ihrer Haltung zum Krieg, die nicht so vordergründig ist. Man muss nur etwas genauer hinschauen, und dann erlebt man in und an Kirchen Helden- und Kriegsdenkmäler aller Sorten. Oft steht darauf ebenfalls ein Spruch von der Liebe, nämlich: „Niemand hat größere Liebe denn die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde“, ein Ausspruch Jesu an seine Jünger, bevor er in den Tod ging.

Gemäß der Kriegstafeln besteht die größte Liebe darin, als Soldat für sein Volk oder für seine Angehörigen in im Krieg umzukommen. Von: die Kriegsgegner lieben und für sie beten, entdeckte ich keine Spur. Ich habe niemanden in der Kirche erlebt, der sich von dieser Deutung des Jesu-wortes distanziert hat und etwa eine dieser Tafeln entfernt hätte, im Gegenteil, diese Tafeln werden restauriert und vervollkommnet.

Am 22.2. dieses Jahres veröffentlichte ich in diesem Blog die Abbildung eines Kriegerdenkmals vor der idyllischen Autobahnkirche Duben in Brandenburg. Stahlhelm, Lorbeerkranz und Schwerter sind in Stein gemeißelt und folgender Text ist auf dem Mal zu lesen.

1914-1918
1939-1945
Ihren gefallenen Helden
in dankbarem Gedenken
von der Gemeinde Duben

Schon im vergangenen Oktober schrieb ich dem Pfarrer, der zur Autobahnkirche gehörenden Gemeinde folgenden Brief:

Sehr geehrter Herr Pfarrer W.
Nach einer Einkehr in der von Ihnen verwalteten Autobahnkirche Duben möchte ich mich an Sie wenden. Auf meinem Weg nach Tschechien bin ich hin und wieder in dem Kirchlein eingekehrt. Immer wieder aufs Neue befremdete mich das Kriegerdenkmal, das den Reisenden vor der Kirche in Empfang nimmt. "Zum Dank für die gefallenen Helden des ersten und des zweiten Weltkrieges von der Gemeinde Duben" Dieser Dankesstein ragt aus der Reihe der sich üblicherweise in Kirchen befindenden Kriegerdenkmäler noch durch die Besonderheit heraus in dem er "Dank" ausspricht. Auch werden die Gefallenen, mögen sie gern oder ungern in den Krieg gezogen sein, als Helden bezeichnet. Wofür der Dank und was waren die Heldentaten?
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir eine schlüssige Erklärung, die den Ansprüchen, welche die Kirche an sich selbst stellt, gerecht wird, geben würden. Sowohl für die Existenz dieses "Heldensteins" als auch für die darauf befindlichen Inschriften.

Eine Antwort darauf habe ich nie erhalten.

Manch einer mag Margot Käßmann in ihren Aussagen Jesu ebenbürtig halten. Dieser ging immerhin für seine Überzeugungen in den Tod. Bei Taliban und ähnlichen Konsorten hat man Margot Käßmann nie gesichtet. Und mag die Kirche sich hinter ihre Botschafterin stellen. So lange in ihren Reihen gefallene Krieger als Helden bezeichnet werden, denen zu danken ist, kann man die Haltung der einen wie der anderen nur als scheinheilig bezeichnen.

Dienstag, 22. März 2016

Am Sonntagmorgen

Oft ergibt es sich, dass ich am Sonntagmorgen zwischen 8 Uhr und 9 Uhr am Frühstückstisch sitze. Und – wie kann es anders sein -, im Radio ist der DLF auf dem Sender. Das Hören des DLF am Sonntagmorgen gibt Stoff für Überlegungen.

An diesem Sonntag kam ich in die Küche, da lief gerade eine „besinnliche“ Ansprache über das Glück. Wie so oft stellte ich mir die Frage: ist es sinnvoll, dass es solche Ansprachen gibt (ich nenne sie die Gedanken von Wohlstandsbürgern), weil sie die Leute auf etwas Sinnvolles hinweisen oder halten sie die Leute davon ab, sich eigene Gedanken zu machen. Ich neige zu Letzterem. Die Menschen für so dumm zu halten, dass ihnen diese Gedanken eingepflanzt werden müssen. Alle meine Erfahrungen sprechen dafür, dass das Leben solcher „Erklärer“ nicht mit ihren Aussagen übereinstimmt, denn sie selbst sind zum Übermitteln da, nicht etwa um Vorbild zu sein. Ich vernahm jedenfalls, dass Glück nicht darin besteht, sich etwas zu kaufen, sondern es muss „ganz tief aus einem selbst kommen“. Sicher gibt es für solche Erklärungen auch Honorare nach einem vom DLF festgelegten Tarif. Aber dann denke ich, dass ich dem Referenten nicht Unrecht tun will, vielleicht lebt er ja bescheiden und spendet sein Honorar.

DLF belehrte weiter, diesmal über „das Böse“. Dazu war die Erklärung von einem katholischen Theologen so kompliziert, dass ich sie jetzt nicht wiederholen kann. Für mich gibt es etwas, was ich wirklich als „das Böse“ bezeichne. Das sind die Interviews, Berichte und Kommentare des DLF und anderer Sender über Israel, die gewohnheitsmäßig auf die Menschen nieder träufeln, und die desinformieren, dämonisieren und doppelte Standards diesem Land gegenüber anwenden.

Dienstag, 15. März 2016

„Gefährliche Bürger“ - Ein Abend bei der Friedrich Ebert Stiftung (Teil 2)

Inzwischen war bei mir das diffuse Gefühl entstanden, dass im Spektrum der Veranstaltung noch ein Aspekt fehlt. Trotz der Gefahr, dass man mich verdächtigen wird, von der „neuen Rechten“ infiltriert worden zu sein, bemerkte ich, dass meines Wissens die AfD bis zum Sommer schon sehr im Sinken begriffen war und ob es nicht sein könne, dass der neuerliche Aufschwung von einer Politik komme, die die Bevölkerung sehr verunsichere. Weiterhin sagte ich, nicht die „neue Rechte“ oder die AfD als ein Problem zu sehen, sondern die offizielle Politik, die ohne die Bevölkerung und über deren Köpfe und Bedürfnisse hinweg gemacht werde und dadurch die Menschen zur AfD treibe. Da war Frau Bednarz entschieden anderer Meinung, was sie mir auch sagte. Sie erklärte, dass die AfD ohnehin kontinuierlich an Fahrt gewonnen hatte und dass die Flüchtlingsproblematik (die erst jetzt zum ersten Mal deutlich erwähnt wurde) der AfD nur weiteren Aufschwung gegeben habe. Das sichere Erstarken hätte ohne die Krise nur länger gedauert. Weiteres „Reden, Reden, Reden“ wurde aus Zeitgründen vermieden. Als Abschluss stellte ausgerechnet Frau Bednarz fest, dass allein die Bewältigung der Flüchtlingskrise die AfD zurück drängen könne.

Dem jungen Mann, der später an der Tür Literatur zum Thema verkaufte, sagte ich, dass mir Frau Bednarz´ Schlussbemerkung, die Bewältigung der Flüchtlingskrise könne der AfD Einhalt gebieten, paradox erscheint, weil sie ja kurz zuvor behauptet hatte, die Krise habe nur wie ein Katalysator gewirkt und ohne die Krise wäre der AfD-Aufschwung genauso, nur eben langsamer erfolgt. Ob er verstand, was ich meinte, konnte ich nicht feststellen.

Eine gewisse Logik kann ich nur erkennen, wenn Frau Bednarz meinen würde, der Aufstieg der AfD ist unaufhaltsam, außer wenn solche Menschen wie sie selbst sich diesem Aufstieg todesmutig in den Weg stellen. Das würde bedeuten, dass nicht nur die „gefährlichen Bürger“ der „neuen Rechten“ eine Bedrohung sind, sondern dass alle Bürger (bis auf eine kleine, wissende Elite), gefährlich sind, weil sie sich von der „neuen Rechten“ verführen lassen und zu dumm sind, es zu erkennen. Etwas Menschenverachtung steckt ineiner Ideologie immer.

Den Bezug zur Realität konnte ich beim bloßen Betrachten von Zahlen herstellen. Zu dieser Veranstaltung aus einem Einzugsgebiet von gut 20 000 Menschen erschienen 15 Zuhörer. Zu einer Veranstaltung, in der es um die Aufnahme von Flüchtlingen in ein Einzugsgebiet von etwa 3500 Menschen ging, erschienen 150 Teilnehmer. Das müsste in Frau Bednarz den Eindruck verstärken, dass das Land voll von „gefährlichen Bürgern“ ist.

Samstag, 12. März 2016

„Gefährliche Bürger“ - Ein Abend bei der Friedrich Ebert Stiftung (Teil 1)

Unter dem Titel „Gefährliche Bürger“ fand eine Veranstaltung der Friedrich Ebert Stiftung in einem Städtchen in dieser Gegend statt, zu der ich eine Einladung erhielt. Die Neugierde, ob damit Bürger, die Gefährliches im Schilde führen, gemeint sind oder ob die Bürgerschaft grundsätzlich gefährlich ist, ließ mich die Autofahrt dorthin in Kauf nehmen. Die Journalistin Liane Bednarz, die ihr gleichnamiges Buch vorstellte, wurde von einem Moderator und einer Landtagsabgeordneten der SPD assistiert. Wenn ich schon zu Beginn ein Resümee ziehen sollte, würde ich sagen: Es gibt gefährliche Bürger, die bewirken, dass weitere Bürger zu ge-fährlichen Bürgern werden.

Der Vortrag von Liane Bednarz beschrieb die Entwicklung der „neuen Rechten“ im Land und stellte die maßgeblichen Personen vor. Als Initialzünder für die großflächige Entstehung des „neuen rechten“ Gedankenguts schien sie Thilo Sarrazin zu sehen. Es wurden weitere Perso-nen vorgestellt, und ihre unflätigen und bösartigen Aussprüche und Aktionen: Björn Höcke, Götz Kubischek, Akif Pirinçci und manch anderer. Das Internet habe zur Verbreitung ihres rechten Gedankentums beigetragen. Kennzeichen dieser rechten Bürger sei es, dass sie das Land fundamental verändern wollen, dass ihr Denken vom völkischen Aspekt durchdrungen sei, dass sie alles Fremde als dekadent ablehnen und autoritäre Herrscher bewundern, wie z.B. Putin oder Orban. Diese Gedanken manifestieren sich in der Partei AfD. Deren Erfolg in einigen Teilen der Bevölkerung bewirke, dass sie weitere Wähler anziehen und immer weiter „in die Mitte der Gesellschaft“ hinein greifen. Die Aussprüche der Protagonisten, die sie aufführte, waren drastisch und unangenehm. Trotzdem wären diese Menschen in der Lage, breite Teile der Bevölkerung zu infiltrieren, meinte sie. Die Landtagsabgeordnete gab allerdings zu bedenken, dass die CDU weit nach „links“ gerückt sei und ihren Volkscharakter eingebüßt habe, wodurch die Veranstaltung ein wenig Bodenhaftung erhielt. Frau Bednarz erzählte zum Abschluss noch, dass sie wegen ihres Buches von vielen angefeindet werde, sogar von dem renommierten Journalisten Roland Tichy (gut bekannt aus dem ARD-„Presseclub“).

Der Vortrag dauerte nicht lange. Und sogleich wurde zu einer Fragerunde ermuntert. Die Zu-hörer stellten Fragen, z. B. „ist Björn Hocke ein Doktor oder ein Professor?“, was verneint wurde. Jemand fragte, warum diesen Leuten überhaupt Aufmerksamkeit gewidmet werde, was mit ihrer Gefährlichkeit begründet wurde. Eine Frau sagte, die Bevölkerung sei insgesamt recht verunsichert, und darum solle die Demokratie sich verteidigen und härter gegen die „neue Rechte“ vorgehen. Auch Meinungsbeschränkung wurde gefordert, was aber von anderen, auch der Landtagsabgeordneten, abgelehnt wurde. Diese meinte, dass der Pluralismus in der Demokratie eben mühsam sei und man könne nur mittels „reden, reden, reden“ gegen rechte Gedanken angehen. Sie erzählte, dass Landtagsabgeordnete viel mehr arbeiten, als man gemeinhin annehme und dass sie die Strategie habe, die heutige NPD, die wahrscheinlich einmal von der AfD ausgetauscht werde, einfach zu ertragen.

Ein älterer Herr stand auf, er hatte eine Postkarte in der Hand, die sie – seine Abgeordnete – ihm zu Weihnachten geschickt habe, und er bezichtigte sie dafür der Lüge. Sie war verblüfft und wollte Näheres wissen. Er sei Rentner und auf der Postkarte von ihr stehe, dass er eine kostenlose Gesundheitsversorgung bekomme. Sie solle bitte erklären, wie das damit zu vereinbaren sei, dass er eine Krankenversicherung bezahle und auch sonst so manche Zuzahlung leiste. Die Abgeordnete wirkte etwas verunsichert und versprach die Beantwortung der Frage nach Ende der Veranstaltung.

Mittwoch, 9. März 2016

Wenn man Kaffee Tee nennt,

so war es vor längerer Zeit Brauch, als ich in einer kunsthandwerklichen Werkstatt arbeitete. Jeden Nachmittag gab es die gleiche Zeremonie. Nachdem die Mitarbeiter zu einem „Tässchen Tee“ gebeten worden waren, saß man in gemütlicher Runde bei Kaffee und Keksen zusammen. (Manch einer würde sich so eine Arbeitsatmosphäre wünschen!) Aber warum nannte man diese Zeremonie nicht Kaffeetrinken? Es galt damals als unfein, Kaffee zu trinken. Vornehme oder kreative Menschen tranken Tee. Kaffee schmeckte aber besser. In unserem Betrieb löste man dieses Dilemma, indem man den Kaffee Tee nannte.

Nicht nur das Verhalten unserer Kanzlerin Merkel, sondern auch vieler Politiker kann man damit vergleichen.

- „Wir wollen keine nationalen Lösungen des Flüchtlingsproblems, sondern eine europäische Lösung“.
Die „europäische Lösung“ soll genau die sein, die sich Angela Merkel und ihre politischen Gefolgsleute (im Gegensatz zur Mehrheit der deutschen Bevölkerung) erdacht haben.

Eine autoritäre Lösung auf mangelhafter demokratischer Grundlage, wird also „europäische Lösung“ genannt.

- "Wir setzen keine Obergrenze für Schutzsuchende, unser Grundgesetz gebietet es uns, jeden Asylantrag, und seien es beliebig viele, in einem entsprechenden Verfahren samt der dazu gehörenden Anwälte, Gutachter und Richter zu prüfen".
Gleichzeitig sorgen wir mittels Bestechung eines zweifelhaften und sich diktatorisch gebärenden Staates dafür, dass die potenziellen Schutzsuchenden auf ein Minimum reduziert werden.

Die Abwehr von Schutzsuchenden nennen wir also „keine Obergrenze“.

Die Beispiele könnte man lange weiter führen. Besorgniserregend ist daran, dass diese Sicht der Dinge zu einem Gesellschaftsprinzip avanciert. Dann wird aber vermutlich bald ein Sündenbock gebraucht, auf den man die Schuld für die Verwerfungen in der Gesellschaft schieben kann, denn die Realität kann man leider nicht mittels des Orwellschen Politsprechs (bzw. „Neusprech“) ändern, der die realen Probleme jeweils in ihr irreales Gegenteil kehrt.


Anmerkung: Linguistik-Professor Martin Haase (Uni Bamberg) sagt:

"Ich schätze Neusprech als sehr mächtig ein. Mit Sprache werden Konnotationen und damit positive und negative Gefühle transportiert. Das sind letztlich die Dinge, die uns veranlassen, etwas gut oder schlecht zu finden. Eigentlich möchte man als Bürger mit Argumenten überzeugt werden, aber es gelingt den Politikern leider oft leichter durch solche Sprachmanipulationen."

Mittwoch, 2. März 2016

Du sollst dein Verhalten ändern

Vor kurzem sah ich einen Kurzfilm über die EXPO 2015 in Mailand, von deren Stattfinden ich ohne diesen Film nichts wahrgenommen hätte. Sie hat unter dem Motto: „Den Planeten ernähren, Energie für das Leben“ gestanden. Der Film ironisierte ein wenig und meinte, man könne die EXPO auch als Werbung für Tourismus und Events ansehen, da manche Länder ihre Heimatlandschaften idyllisch, man kann auch sagen kitschig, nachgestellt hatten um für sie zu werben. Ansonsten sah man sich schiebende Menschenmassen, die CO2 neutrale Häuser, recyceltes Wasser, erneuerbare Energie auf Dächern, im Labor gezüchtete Pflanzen, energetische Fußabdrücke, Hochbeete mit Wildblumen, einfache Systeme zum Reinigen von Wasser oder experimentelle Supermärkte bewunderten. Die Schweiz vermittelte soziale Experimente mit der Hauptbotschaft: `du sollst dein Verhalten ändern´, indem sie gute Sachen wie winzige Kaffeepackungen und eingeschweißte Apfelschnitze verschenkte, und die Besucher dazu erzog, nicht mehr zu nehmen, als sie benötigen, damit die anderen auch etwas bekommen. Der Schweizer EXPO-Führer verkündete, dass die Beziehungen zwischen den Menschen nicht nur aus Tourismus und Entertainment bestehen sollten, was mir angesichts seines ulkigen Hutes (ein wenig Entertainment muss sein) und der Menschenmassen als Paradoxum erschien. Im Film wunderte man sich, dass Weltkonzerne wie Coca Cola und Nestlé als Sponsoren aufgetreten sind, und dass es - selbstverständlich – Mc-Donald Verpflegung in Massen gab. 21 Millionen Menschen aus aller Welt haben das Großevent besucht. Ich vermisste einen Pavillon, der CO2 neutrale Flugzeuge und Hotels propagierte. Auch mochte ich mir lieber nicht vorstellen, wie viel Speis und Trank auf der EXPO, die Lebensmittelverschwendung anprangerte, in Abfallbehältern gelandet ist.

Gleichgeartetes erlebte ich in Berlin, als ich in eine Touristenattraktion, ein neuartiges Aquarium namens Sea Life eingeladen war. Diese Einrichtung soll dafür da sein, um möglichst vielen Menschen die Verletzbarkeit der Meere aufzuzeigen und die Wasserwelt zu retten. Der Eintrittspreis war extrem hoch, dementsprechend viele Menschen standen in einer langen Schlange um eingelassen zu werden. Dann schob man sich durch ein dunkles tunnelartiges Labyrinth und war teilweise von oben, von unten und von den Seiten von schönen, z.T. exotischen Fischen umgeben. Die Attraktion war, dass man zum Abschluss in einem gläsernen Fahrstuhl stand, der ebenfalls von Fischen umgeben war und einige Stockwerke in die Höhe fuhr. Das Hauptanliegen, der Schutz der Meere und der Fische wurde auf leuchtenden Schautafeln überall propagiert, und so war ein ganzer Raum dem die Meere so übel verschmutzenden Plastikmüll gewidmet. Bevor wir das Museum verließen, wurden wir auf engen Gängen durch einen großen Raum geschleust, in dem es Unmengen von genau dem Plastikzeug, das die Meere vollmüllt, zu kaufen gab und dem man sich nur entziehen konnte, wenn man die Botschaft des Schweizer EXPO-Führers beherzigte: `du sollst dein Verhalten ändern!´.

Montag, 22. Februar 2016

Heldengedenkstein

helden-Medium-

Vor der idyllischen Autobahnkirche der Gemeinde Duben in Brandenburg steht dieser Heldengedenkstein Der Text auf dem Stein lautet:

1914-1918

1939-1945

Ihren gefallenen Helden

in dankbarem Gedenken

von der Gemeinde Duben


Stahlhelm, Lorbeerkranz und Schwerter - wenn es der Friedensbeauftragte der evangelischen Kirche wüsste! Aber vielleicht fängt der kirchliche Auftrag für den Frieden auch erst ab dem 9. Mai 1945 an.

Im Luftreich des Traums

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