Freitag, 8. Mai 2015

Ein Leserbrief

Sehr geehrte Redaktion der Zeitung "die Kirche",

Ihre Zeitung gedenkt in der Ausgabe Nr. 19/2015 des Kriegsendes vor 70 Jahren. Sie veröffentlichen vier längere Artikel, die bis auf einige Nebenbemerkungen allesamt dem Leiden der deutschen Bevölkerung gewidmet sind.

Im Artikel auf Seite 1 "Gedenken und Feiern" wird eine gut gekleidete, offenbar deutsche Menschenschlange, die nicht unbedingt leidend wirkt, vor einer beschädigten Häuserfront gezeigt. Es wird sodann erklärt, dass man sich aber auch in die "Gegner" hinein versetzen und mit ihnen das Kriegsende feiern sollte, trotz der Vergewaltigungen und Vertreibungen, die manchem Älteren zugemutet worden sind.

Im Artikel auf der nächsten Seite wird dann auch gleich ein therapeutischer Rat denjenigen zuteil, die infolge der Schrecken des Krieges traumatisiert sind.

Das Mitglied der Kirchenleitung Andreas Böer widmet sein Tagebuch ausschließlich und empathisch dem Thema Flucht und Vertreibung, außer einem vorangestellten hölzernen Allgemeinplatz am Anfang, der die anderen Aspekte des Krieges in einem Satz abhandelt, so wie es in den anderen Artikeln auch praktiziert wird.

Der krönenden Abschluss ist dann ein Artikel über den Soldatenfriedhof in Halbe, wo 4700 Opfer eines sowjetischen Speziallagers begraben sind, die ja erst nach dem 8. Mai. 1945 ihren Tod gefunden haben müssen.

"Die Kirche" suggeriert also ihren Lesern, das Kriegsende sei überwiegend eine Angelegenheit der Deutschen und ihres Leids. In meiner Kindheit und Jugendzeit hörte ich unzählige Male einen Satz, der diese Haltung sehr gut zusammenfasst: "Wir haben auch genug gelitten!"

Dienstag, 5. Mai 2015

Zieht endlich einen Schlussstrich!

... Diese Botschaft hörte ich zu allen Zeiten, jedenfalls seit ich solche Botschaft wahrzunehmen im Stande bin. Auch der fulminante Auftritt von Martin Walser bei seiner Friedenspreisrede 1998 hat nichts genützt. Obwohl seine Rede heftigste Diskussionen hervor rief, wurde weiter und weiter von Krieg und Holocaust gesprochen. Man kann am beliebigen Tag die Fernsehprogramme durchzappen, um mehr als genug davon zu entdecken, insbesondere bei den Sendern Phoenix und n-tv sind es oft programmfüllende Themen. Da gibt es Hitler in allen Variationen, die voluminösen Filmarchive des "3. Reiches" scheinen Stoff in Fülle zu horten, so dass damit die Informationskanäle auf Jahre hin voll zu versorgen sind.

Nun könnte man meinen, dass Information und Aufklärung gute Vorhaben seien, wovon man nie genug haben könne. Das 3. Reich war anscheinend eine in die Volksseele einschneidende Epoche, so dass man sich nicht gründlich genug damit beschäftigen kann. In der Rezension eines Buches, in dem es um Frauen um Hitler ging, hieß es: "...erst wenn man dieses Buch gelesen hat, kann man die Nazizeit besser verstehen". In diesem Sinne wird man sich auch mit Sendungen um Hitlers Hunde, seine Sekretärinnen und des Führers kunstmalerisches Werk (lange Zeit sträflich unterschätzt!) befassen müssen und diese Zeit wahrscheinlich auch dann immer noch nicht viel besser verstehen. Denn um das ständig mangelnde Verstehen vervollkommnen zu können, benötigt man nach Paul Watzlawick: "... mehr desselben". Aus diesem Grunde werden die Rufe nach einem Schlussstrich weiterhin nicht verhallen können, sie gehören wie ein siamesischer Zwilling zu der in immer abstrusere Details vorstoßenden Aufklärung.

Hinter der Beflissenheit, die die Informationskanäle und andere Medien an den Tag legen, um der Bevölkerung ein Verstehen bis hin zum Verständnis des Nazitums zu ermöglichen, sehe ich eine bedenkliche Angelegenheit: Es soll ein Bild dieser Zeit festschrieben werden, das zu diesem Zweck in einer Endlosschleife wiederholt wird. Die armseligen Gestalten, die in den KZ gequält wurden, die Leichenberge, die aufgehängten Deserteure und dagegen: Die tollen Landser, die fesche Gesellschaft um die Nazigrößen herum, das Leiden der deutschen Bevölkerung im Bombenkrieg, "obwohl der Krieg längst entschieden war", oder edle Gräfinnen, die auf der Flucht für die ihnen Anvertrauten aufopferungsvoll sorgen. Den Zuschauern wird für die Zukunft ein Bild in die Seele gebrannt, wer auf welcher Seite stand und wer wohin gehöre.

Es gibt ohne Zweifel unzählige gute und ausgezeichnete Sendungen in den Medien, die sich mit Geschichte befassen, und auf diese möchte ich nicht verzichten. So dass ich mit einem Ruf nach einem Schlussstrich vorsichtig bin. Darum möchte ich nicht für einen Schlussstrich, sondern für Mäßigung bei der so genannten Aufklärung und Information plädieren.

Dienstag, 28. April 2015

Talksendungen zum Thema Holocaust

Warum bereiten mir Talk-Sendungen im Fernsehen über den Holocaust Unbehagen? Oft ist die Intention aus der die Sendung gemacht wird, nicht unbedingt schlecht. Gewiss kann man sogar sagen: es ist besser, etwas zu machen als nichts zu machen, besser, das Publikum aufzuklären, als es mit Banalitäten abzuspeisen. Doch das Unbehagen bleibt.

Nun war es dieser über 90-jährige SS- und KZ-Bürokrat, welcher gerade vor Gericht steht, der Günter Jauch dazu animierte, seine Sonntagabend-Sendung über Recht, Gerechtigkeit und Rechtssprechung in Bezug auf die Judenvernichtung zu veranstalten. Mittelpunkt der Diskussionsrunde war eine über 80-jährige Jüdin, die als Kind medizinische Versuche von Dr. Mengele hat über sich ergehen lassen müssen. Nun war sie bei dem Prozess zugegen und hatte die Gelegenheit genutzt, diesem vergreisten ehemaligen SS-Mann öffentlich eine Absolution zu erteilen.

Da dies eine sehr persönliche Angelegenheit ist, enthalte ich mich jeder Meinungsäußerung dazu. Nicht enthalten werde ich mich aber meiner Meinung zu Sendungen jener Art, bei denen man oft das Gefühl hat, einer Vorführung der einzelnen betroffenen Teilnehmer beizuwohnen. Zumal ist es öffentlichen Talksendungen immanent, dass sie von moralischen Maximen und Betroffenheiten nur so überquellen, und darum den Zuschauern Gelegenheit geben, leicht verdauliche Moral mit prompten Klatschsalven zu belohnen.

Wenn man Diskussionssendungen über den Holocaust verfolgt, stellt man fest, dass - fast wie aus einem vorgegebenen Satzbaukasten - mit Variationen ähnliche Sätze zum Besten gegeben werden. Das präsentiert sich dann wiederum als Gelegenheit, der kollektiven Volksmeinung Vorgaben für Diskussionen, für Reden, für öffentliche Auftritte z.B. an Gedenktagen usw. zu übermitteln.

Es kann gut oder schlecht sein, was in den Sendungen gesagt wird, es kann relevant sein oder auch nicht, der gemeinsame Nenner läuft darauf hinaus: sie tun niemanden weh! Ganz im Gegenteil, denn der Zuschauer ist danach moralisch und auch sonst mit sich im Klaren. Gegen den Holocaust zu sein, - gut 70 Jahre ist er her -, darin stimmen die zu TV- Geladenen alle überein. So dass Fragen nach Recht und Gerechtigkeit zu Floskeln mutieren. Das eigentliche Ärgernis dieser "Holocaust-Talks" ist aber, dass sie den Platz besetzen für Sendungen, die uns wirklich etwas zu sagen hätten, die einen Bogen in die heutige Zeit schlagen, die eine Beziehung zwischen den heute aktiven Juden und dem Staat Israel mit allen dazu gehörenden Komplikationen aufzeigen könnten. Experten dazu gibt es genug, aber diese sind, als wäre es Zauberei, so gut wie nie im Fernsehtalksendungen zu sehen.

Sonntag, 19. April 2015

Über eine Tragödie

Am Freitag, den 17. April 2015 fand im Kölner Dom die Trauerfeier für die Opfer des Flugzeugunglücks in den französischen Alpen statt. Fast jeder Mensch in Deutschland hat die verschiedenen Stufen der Wahrnehmung dieses Unglücks miterlebt - von der Nachricht über den Absturz, die starke Vermutung bis hin zur Gewissheit, dass der Co-Pilot den Unfall herbei geführt hat, Nachrichten über eine psychische Erkrankung des jungen Mannes und so weiter. Berührt hat es die Menschen sehr, wahrscheinlich weil die meisten irgendwann mit dem Flugzeug fliegen, und weil die Umstände so ungewöhnlich waren, und natürlich aus dem Grund, weil die Berichterstattung derartigen medialen Raum bekam. Gestern Abend hörte ich im Bekanntenkreis, dass die Tatsache von 150 (und nicht etwa 149) Kerzen bei der Trauerfeier Nachdenken hervorrief, die Meinungen dazu hielten sich in der Waage.

Aber ich dachte über anderes nach und schreibe es, auch auf die Gefahr hin, dass ich Empörung hervorrufe. Es ist die Frage, warum die Trauerfeier zu einem Staatsakt mit den höchsten Repräsentanten des Staates ausgeweitet wurde. Nicht dass ich den Hinterbliebenen diese Würdigung nicht zugestehen möchte - meinetwegen könnte jeder Einzelne, der ums Leben kam, mit einem Staatsakt geehrt werden. Aber es ist seltsam, warum gerade dieses Ereignis und viele andere nicht mit großer Zielsicherheit in höchste Hände genommen wurde. Der Flug von Barcelona nach Düsseldorf hatte bei wahrscheinlich niemanden der Passagiere staatstragende Bedeutung. Die Menschen kamen nicht bei der Ausübung einer dem Allgemeinwohl geltenden Tätigkeit ums Leben. War es die Tatsache, dass einfach viele Menschen auf einmal ums Leben kamen? Aber warum gab es bei verschiedenen Terroranschlägen, bei denen auch mehrere Deutsche ums Leben kamen, keinen Staatsakt? Die Opfer des 11. Septembers und die Opfer des Brandanschlags auf die Synagoge von Djerba wurden fast ein wenig unwillig hingenommen. Und weiter: Germanwings ist nicht etwa eine staatliche Fluggesellschaft. Allgemein schamhaft verschwiegen wurde, dass sie eine Billigfluggesellschaft ist, von denen allen bekannt ist, dass es Einsparungen an allen Ecken und Enden gibt (als des Fliegens selten gewohnter Mensch konnte ich es kaum fassen, dass nur zwei Menschen für einen Flug direkt zuständig sind, unter einer "Crew" hatte ich mir anderes vorgestellt). In den zu Herzen gehenden und von Fassungslosigkeit geprägten Reden hätte ich gern ein paar Worte über das (spott)billige Fliegen gehört, das offensichtlich unter keinen Umständen in Frage gestellt werden darf.

So kann ich mir eigentlich nur vorstellen, dass das Spektakuläre dieses Unglücks die Menschen magisch anzog, und die "Regierenden" wollten sich nicht die Gelegenheit zu einem öffentlichen Auftritt in "tiefer Bewegtheit" nehmen lassen. Nach dieser Logik müsste nun jedes Opfer eines Geisterfahrers, zumindest wenn die Geisterfahrt mit selbstmörderischer Absicht ausgeübt wurde, mit einem Staatsakt bedacht werden, denn die Menge der Toten kann den Staatsakt letztlich auch nicht begründen, weil im Tod bekanntlich jeder allein ist und ein einsamer Tod ist letztlich nicht weniger erschütternd als ein gemeinschaftlich erlittener.

Donnerstag, 16. April 2015

Familienerinnerungen

Ein paar Jahre ist es her. Bei einer Familienfeier wurde der Neffe nach seiner Freundin gefragt. Nach einem Aufenthalt in Israel war er längere Zeit mit einem israelischen Mädchen befreundet. Bereitwillig erzählte er über seine Freundin, und unvermittelt, so wie wahrscheinlich nur ein 20-jähriger dazu in der Lage ist, fragte er streng in die Runde blickend: "Und übrigens, ich habe da mal eine Frage an die Älteren: Was habt ihr so im dritten Reich gemacht?" Allgemeine Verlegenheit trat ein. Die "Älteren", zwischen 70 und 80 Jahren, im "dritten Reich" Kinder bis Jugendliche, überlegten und berichteten, wie sie ihre Schulzeit und Jugendjahre erlebt hatten. Eine Tante erzählte: "Mein Vater, dein Urgroßvater, war Pfarrer. Er war in der Bekennenden Kirche, das waren die Christen, die nicht mit Hitler sympathisierten. Trotzdem erinnere ich mich, dass er als das Attentat auf Hitler 1944 gescheitert war, einen Dankgottesdienst veranstaltete".

Diese Episode illustriert einiges von dem, was man als Vergangenheitsbewältigung bezeichnet. Die Jugend, die irgendwann auf die Spuren der Vergangenheit stößt und etwas Konkretes wissen möchte. Die damals fast Erwachsenen, die gezwungen sind, sich zu erinnern, obwohl sie es wahrscheinlich ohne Anstoß von außen vermeiden würden. Die Feststellung, dass man so ganz klar die damalige Rolle des Einzelnen nicht definieren kann. Und vor allem - das Erstaunen über die allgemeine Gläubigkeit, von der bis auf wenige Ausnahmen in der Zeit des Nationalsozialismus alle beseelt waren, an die Unantastbarkeit des Führers, egal wie viele Tausend Menschen ihm und seinen Gefolgsleuten täglich zum Opfer fielen.

Mittwoch, 8. April 2015

Theaterpredigt

heißt eine Veranstaltungs-Reihe im Schweriner Staatstheater, in der prominente Geistliche statt auf der heimischen Kanzel auf dem Theaterpodium eine Predigt halten. Und die Predigt soll sich auf das jeweils aktuelle Bühnenstück beziehen, sozusagen ihre Inspiration von ihm erhalten. So durfte der Bischof der Nordkirche Gerhard Ulrich, selbst in Schwerin zu Hause, den Reigen der Prediger eröffnen. Zufällig war diese Predigteröffnung am Ostersonnabend, den 4. April, zufällig war das auf der Schweriner Bühne laufende Stück "Der Kaufmann von Venedig".

Der Herr Bischof sah keine Veranlassung, die Predigtpremiere vielleicht bis zum nächsten Bühnenstück zu verschieben. Er fand nichts zu Beanstandendes dabei, ausgerechnet in der Zeit, in der die Juden ihr Pessahfest feiern über ein Theaterstück zu predigen, in der ein Jude als eine ausgesprochen bösartige Figur darstellt wird. Und nicht nur das, nein, dieser Jude Shylock besteht hartnäckig darauf, seinem christlichen Schuldner "ein Pfund Fleisch" aus seinem Körper heraus schneiden zu wollen, was dann nur durch juristische Spitzfindigkeiten verhindert werden kann. Bekannterweise wurden über Jahrhunderte Pogrome an Juden durch die Ritualmordlegenden, gerade in der Oster- und Pessahzeit ausgelöst. Menschen aus ihrem Körper Fleisch schneiden zu wollen, gehört genau in diese Kategorie.
.
Dem Herrn Bischof möchte ich keine böse Absicht unterstellen. Vielleicht ist er in dieser Hinsicht nur ein wenig ignorant. Eher war ich entsetzt, dass in keiner Zeitungsrezension, die ich lesen konnte, die Verquickung dieser unseligen Zusammenhänge auch nur im Geringsten angesprochen wurde.

Samstag, 4. April 2015

Gibt es eine frohe Botschaft zu Ostern?

Frohe Botschaften gibt es in den Nachrichten fast nie, denn es ist Aufgabe der Nachrichten, über dramatische, politisch brisante oder ungewöhnliche Ereignisse zu berichten, die für einen möglichst breiten Empfängerkreis interessant sind. Manchmal bringen die Nachrichten aber auch ein besonders positives Ereignis. In diesem Zusammenhang war in letzter Zeit öfter von der internationalen Einigung über das iranische Atomprogramm die Rede.

Ob es wirklich eine positive Nachricht ist, das sei dahin gestellt. Von der speziellen Thematik verstehe ich viel zu wenig, um mir ein Urteil erlauben zu können. Aus Israel hört man, dass es Entsetzen gibt, dass Premierminister Netanjahu die ganze Veranstaltung für eine Mogelpackung hält und dass er der Meinung ist: So wie die Atomverträge mit dem Iran konzipiert sind, wäre die Gefahr sehr hoch, dass der Iran eine Atombombe zumindest mittelfristig herstellen kann, was Israel ernsthaft die Existenz bedrohen würde. So wie man es aus dem Iran oft ankündigte.

Wenn ich mich erinnere, was ich in letzter Zeit an Bemerkungen dazu gehört habe, wenn ich nachschaue, was in Zeitungen und Onlinemagazinen steht, ganz zu schweigen von den Leserkommentaren, dann stelle ich fest, dass sich arrogante Besserwisserei über die ausgesprochenen Befürchtungen Netanjahus ergießt. Man unterstellt, dass Israel gegen jeglichen Vertrag sei, weil es ja an dem "Feindbild Iran" so hänge, dass es auf diesen Feind nicht verzichten möchte. Da Iran die Vernichtung Israels immer wieder öffentlich propagiert hat, besteht keine Veranlassung, an der realen Gefahr der Verwirklichung dieser Pläne zu zweifeln. Also ist es logisch, dass Netanjahu als Israels Ministerpräsident, der die Verantwortung für sein Volk trägt, die Bedenken und Zweifel am Atomabkommen äußern muss. Und selbst wenn diese nicht relevant wären, muss er vorsichtiger und genauer hinschauen, als jene, die sich weit weg von diesem gefährlichen Schauplatz wähnen.

Warum werden ihm diese Zweifel und Befürchtungen, die weite Teile der israelischen Öffentlichkeit teilen, nicht gestattet? Wieder und wieder wird beschworen, wir hätten aus dem Holocaust gelernt. Ist die Aussage von Primo Levi nicht bekannt: "Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen!"? Mir kommt es sogar vor, dass hinter einer Abqualifizierung Netanjahus (und man würde es bei jedem anderen israelischen Ministerpräsidenten genauso tun) der verschwiegene Wunsch steht, dass die Ankündigung Ahmadinedschads Wirklichkeit werde. Ist das vielleicht der Grund, warum man Israel dämonisiert und delegitimiert, nämlich um schon vorbeugend alle Schuld auf Israel zu schieben?

Jahrelang hörte man immer wieder folgende Behauptung: Der Kernkonflikt, sozusagen die Mutter aller Konflikte im Nahen Osten, sei der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern. Niemand, jedenfalls niemand maßgeblicher hat dem je widersprochen, ja es wird weiter verkündet. Wenn man sich anschaut, wo überall im nahen Osten bis tief hinein nach Afrika gekämpft und gemordet wird, ohne dass es im Geringsten mit dem Palästinakonflikt zusammenhängt, sollte die massive Schuldzuweisung revidiert werden. Und es sollte klar werden, dass es mit der Atombombe in den Händen von iranischen Diktatoren auch so sein würde: Nicht nur Israel, das es nach Verständnis ganzer Heerscharen von Leserbriefschreibern selbst provoziert hat, würde es treffen, sondern es kann sich auch auf Gebiete ausweiten, wo es die deutschen Interessen schmerzlich treffen würde.

Donnerstag, 26. März 2015

"Denk ich an Deutschland"…,

so heißt eine Reihe, die am Sonntagvormittag im Deutschlandfunk gesendet wird. Und wie es das Leben will, läuft in der Küche fast immer DLF (ob es gefällt, was gesendet wird oder nicht), und ausgerechnet am Sonntagmorgen höre ich beim Frühstück diese etwa 8 Minuten lange Sendung, in der auf irgendeine Art und Weise Prominente sich Gedanken über Deutschland machen. Viel über das Land ist dabei nicht zu erfahren, mehr aber über den Referenten, der sich dort äußert. Die Beiträge sind so verschiedenartig wie es ihre Schöpfer sind.

Am letzten Sonntag war der Schriftsteller Frank Schätzing an der Reihe. So hörte ich etwas näher hin, im Wissen darüber, dass er mehrere Bestseller geschrieben hat, spannende Ökothriller und Krimis. Da ich aber nichts davon gelesen hatte, fand ich diese Sendung eine gute Gelegenheit, um mir ein Bild von dem Schriftsteller zu machen.

Als erstes definierte Frank Schätzing Deutschland im Allgemeinen, dass es ein Teil der Weltgemeinschaft sei, und dass es wie nur wenige andere Staaten Freiheit und Selbstbestimmung des Einzelnen verwirklicht habe. Einen Minuspunkt verlieh er seinen Einwohnern darin, dass sie zu wenig Humor haben und nicht über sich selbst lachen können. Und sich oft als schuldig an allen Übeln der Welt fühlen. Mit einem blitzschnellen Gedankenpurzelbaum war er in Israel. Denn in Israel habe man zu ihm gesagt: "Hört endlich mit eurer Selbstgeißelung auf, damit geht ihr uns auf den Sack!", so zitierte er. Und das brachte damals Frank Schätzing dazu, aus der Geschichte zu lernen und festzustellen, dass Deutschland immer mehr Verantwortung trägt, nicht unbedingt militärisch, sondern moralisch und mit gutem Rat, dort wo es schlimme Dinge und Massenmord gebe, beispielswese im Nahen Osten, wobei nähere Ortsbestimmung fehlte. Schon wieder purzelten seine Gedanken blitzschnell nach Israel, denn dort und in der Westbank sei ihm gesagt worden, dass Deutschland sich in dieser Weltgegend viel stärker einbringen solle. Wie, das erklärte er nicht. Doch der Gedanke, Israel belehren zu wollen schien seine Obsession zu sein.

Es folgten dann ein paar Sentenzen über seine Heimatstadt Köln, über den Musik- und Kunstgeist der Deutschen, der sich überhaupt nicht scheue, neue Wege zu gehen.

Danach machte ich mir selbst Gedanken. Warum hat der Beitrag auf mich gewirkt, als käme er aus einer Sprechmaschine? Der man einige Sentenzen aus beliebten Klischees eingibt, und schon fügt sich alles von selbst zusammen? Die meisten Sätze hatte ich in leichter Variation schon gehört. Es gab nicht einen Gedanken, der uns in den Medien und anderswo nicht immer wieder präsentiert würde. Der Beitrag kam nicht nur wie aus einer Sprech-, sondern auch wie aus einer Gedankenmaschine.

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