Samstag, 3. Januar 2015

Eine Anekdote als ein positiver Ausblick auf 2015

Es ist nur wenige Tage her, ich befand mich in einem Raum mit drei Kindern zwischen 11 und 15 Jahren, zwei Mädchen und ein Junge. Zwei der Kinder hatten einen arabischen Hintergrund, waren aber in Deutschland aufgewachsen. Sie waren unbefangen und fröhlich und blödelten, schwatzen und flirteten vor sich hin, wie es gerade so aus ihnen heraus kam. Plötzlich sagte das eine (arabische) Mädchen: "Stellt euch vor, neulich hat die Erzieherin uns in der Pause eine Kassette mit Weihnachtsmusik angemacht. Sie hat dazu gesagt, dass das ja Musik ohne Text ist, die dürften wir muslimischen Kinder auch hören". Das Mädchen kommentierte weiter: "Ich hätte sie am liebsten gefragt, ob sie nicht weiß, dass wir schon im 21. Jahrhundert angekommen sind!"

Ich dachte: Diese Kinder sind vernünftiger, als die auf indoktrinierende Weise geschulten Erzieherinnen. Warum werden nicht diese "normal" denkenden muslimischen Menschen als Maßstab dafür genommen, wie man mit ihnen umgeht. Statt dessen hält man Ausschau nach den fanatischsten unter ihnen, und setzt diese als das Maß aller Dinge nach denen wir uns zu richten haben.

Dienstag, 30. Dezember 2014

Die Stalingradmadonna II

Die Stalingradmadonna wurde 1942 von dem Künstler, Arzt und Pastor Kurt Reuber gezeichnet als er sich im Kessel von Stalingrad, eingeschlossen durch die sowjetische Armee, befand. Um sich und seinen Kameraden das Weihnachtsfest erträglicher zu machen, schuf er diese Zeichnung. Um das Bild herum laufen die Schriftzüge: "1942 Weihnachten im Kessel – Festung Stalingrad – Licht, Leben, Liebe“.

Die Stalingradmadonna mag für den einzelnen Soldaten, der mit ihr in Berührung kam, eine unmittelbare Bedeutung haben. Wenn aber Jahre später über sie gedichtet und gepredigt wird, so sollten die Umstände beschrieben werde, unter denen sie geschaffen wurde. Dazu gehört nicht nur "das Leid der deutschen Soldaten im Kessel", sondern es gehört dazu, warum diese sich im Kessel befanden und was sie dort vorhatten.

Der Pfarrer Arno Pötzsch hat es tatsächlich in seinem Gedicht erwähnt: Sie standen eidgetreu auf verlornem Posten und stritten bis zum Tod hin für das "Reich", schreibt er in seinem Gedicht "Stalingrad". Warum sie auf verlornem Posten standen, das wissen die Leser zwar immer noch nicht, Arno Pötzsch ist aber einverstanden mit dieser Tatsache und stellt sie nicht in Frage. Die andere Frage: Gab es noch andere Menschen, die hungerten, litten und froren? stellt sich für Arno Pötzsch nicht. Falls sie es gegeben haben sollte, so ward ihnen jedenfalls nicht die Gnade der Madonna teil. Denn, so heißt es in einer Strophe des Gedichtes "Die Mutter Gottes von Stalingrad"

Die Mutter Gottes von Stalingrad
Weilt heut bei den deutschen Soldaten.
Sie hat in der eisigen Winternacht
der russischen Steppe sich aufgemacht,
die Frau und die Mutter voll Gnaden

Die Mutter Gottes von Stalingrad -
so kam sie, die Mutter voll Gnaden,
zu den Ärmsten der Armen in heiliger Nacht,
weil die Mutter noch immer des Ärmsten gedacht,
sie kam zu den deutschen Soldaten.

(Man kann es natürlich auch so sehen, dass die Madonna auch bei anderen Soldaten weilen konnte, denn sie ist allmächtig und allgegenwärtig, was vom Dichter allerdings nicht erwähnt wurde. Doch hält er die deutschen Soldaten für die Ärmsten der Armen.)

Diese Gedichte über die Madonna schrieb Arno Pötzsch 1944 und veröffentlichte sie 1946.
Wie aber sah es mehr als 50 Jahre später aus? Man sollte meinen, in den Jahren sollte sich im Denken der Menschen einiges geändert haben:

Eine Predigt aus dem Jahr 2001 aus einem Ort bei Kassel ist im Internet zu finden, aus der ich einige Sätze zitiere:

In den Bunkern und in den Erdhöhlen leben, sterben, hungern und frieren deutsche Männer. Sie hoffen auf eine Erlösung.
Licht, Leben, Liebe. Was soll ich dazu noch sagen? Wenn man unsere Lage bedenkt, in der Dunkelheit, Tod und Hass umgeben - und unsere Sehnsucht nach Licht, Leben, Liebe, die so unendlich groß ist in uns.
Diese Geborgenheit kann das, weil sie selbst schwere Zeiten durchlebt hat. Damals am Kreuz. Und damals in Stalingrad. Und heute bei uns.

Der Prediger beschreibt die lang zurück liegende Vergangenheit, als wäre sie unmittelbare Gegenwart. Auch für ihn besteht Krieg aus dem Leiden deutscher Soldaten, die sozusagen aus dem Nichts in die Stalingrader Steppe gelangt sind. Und zum zweiten aus der großen Sehnsucht dieser Männer nach Licht, Leben und Liebe. Vielleicht haben die Soldaten zwischendurch auch einmal geschossen. Oder noch schlimmere Dinge getan, von denen man hört, das sie im Krieg getan wurden, die aber in erbaulichen Predigten lieber nicht erwähnt werden. Der Prediger vergisst übrigens in dieser Predigt auch nicht zu erwähnen, dass es heutzutage in Israel und Palästina sehr schlimm ist, was nun gar nichts mit der Madonna gemein hat. Die letzten Sätze der Predigt halte ich für Blasphemie: Er stellt das Sterben am Kreuz, die Schlacht um Stalingrad und unsere heutige (von 2001 ) Situation auf eine Ebene.

Nicht etwa die Madonna oder ihr Schöpfer, aber diejenigen, die diese Madonna dazu benutzen, um dem zweiten Weltkrieg samt seiner Soldaten einen madonnenartigen Schein zu verleihen, tragen zur Erfüllung eines gesellschaftlichen Auftrags bei: die Rolle Deutschlands im Krieg immer weiter herunter zu spielen und es als ein leidendes Opfer zu stilisieren.

Dienstag, 23. Dezember 2014

Die Stalingradmadonna I

Eingeweihte kenne sie. Sicher war die Stalingradmadonna genau ab 1945 ein beliebter Gegenstand für ergreifende Weihnachtspredigten. Irgendwann wurde ich das erste mal mit ihr konfrontiert. Bei einem Weihnachtsgottesdienst wurde ein vervielfältigtes Bildchen der Madonna herum gereicht. Und die entsprechende Predigt, deren Inhalt wahrscheinlich an allen Orten ähnlich ist, gab es dazu.

Als ich das gereichte Bildchen sah, dachte ich an eine Barlachfigur. Eine fast ovale Zeichnung. Die Madonna sitzt zusammen gekauert, ihr Mantel ist so um sie geschlungen, dass eine Höhle entstanden ist, in der sie und das Kind geborgen sind. Mutter und Kind sind einander zugewandt. Das Bild hat die Ausstrahlung, die auch an den Rand der Zeichnung geschrieben ist: Licht, Leben, Liebe.

Wenn man es bei diesem Bild gelassen hätte, dann hätte es seinen Wert in sich gehabt. Es wurde aber - man kann es sich vorstellen -, zum beliebten Symbol für das Leid deutscher Soldaten im Krieg. Und für die Sehnsucht deutscher Soldaten nach Licht, Leben und Liebe. Aus Interesse habe ich mich ein wenig, - nicht etwa mit der Madonna -, sondern mit der Botschaft, die man ihr entnahm, beschäftigt. Daraus ging hervor: Deutsche Soldaten waren im Osten, in Stalingrad, und sie haben dort unheimlich gelitten. Was sie dort taten, wie sie dorthin gekommen waren, das blieb im Dunklen. Der Frage, ob es außer den deutschen Soldaten noch andere Menschen gab, die hungerten, froren und litten, widmete sich in den ergriffenen Betrachtungen niemand.

Dem deutschen Pfarrer und Dichter Arno Pötzsch war die Stalingradmadonna Quelle von Inspiration. Er hat ihr mehrere Gedichte gewidmet. Hier eine Strophe eines Gedichts, das dieser Gesangbuchdichter der Stalingradmadonna widmete:

Wir waren fern, als ihr das Leid gelitten,
doch unverwandt ging unser Blick nach Osten,
wo eidgetreu ihr auf verlornem Posten
bis hin zum Tod habt für das Reich gestritten.

Dieser Vers sagt viel über die Instrumentalisierung der "Stalingradmadonna" aus.

Mittwoch, 17. Dezember 2014

Ein Kapitel über Städtebau

Auf meinem Schreibtisch fand ich ein angefangenes Blatt, das inzwischen nicht mehr aktuell ist. Im Juni hatte die Sendung "Panorama" einen Bericht gebracht, der von Mohammed Atta, dem Hauptattentäter des 11. September 2001 handelt. Dieser hatte bis zum Jahr 1999 in Hamburg das Fach Städtebau studiert. Sein ehemaliger Professor Dittmar Machule machte erst 13 Jahre nach dem Terrorattentat die Diplomarbeit von Atta publik. Aus ihr ging hervor, dass Atta außerordentlich sensibel darüber geschrieben hatte, wie man die Altstadt von Aleppo behutsam sanieren solle.

Professor Machule konnte es lange Zeit nicht fassen, dass sein Student, dessen Diplomarbeit er sehr schätzte und den er auf Grund seiner Arbeit für einen Humanisten gehalten hatte, zu einer solch grausamen Tat imstande gewesen sei. Die Journalisten von "Panorama" und von verschiedenen Zeitungen waren wiederum außer sich geraten, dass ein Massenmörder gleichsam humanistische Ansichten haben könnte. Es kam die alte Frage auf: Ist eine "Bestie" ganz und gar eine "Bestie", oder kann sie auch gute Seiten haben? (Der Titel der "Panorama"-Sendung war: "Die andere Seite der Bestie").

Es ist schlechte journalistische Angewohnheit, einen Menschen mit einem Phantasieattribut zu betiteln, ihm zusätzlich komplett dessen vermeintliche Eigenschaften zuzuordnen, nur um umgehend die Eigenschaften des Phantasieattributs in Frage zu stellen. Dieser Trick wird angewandt, wenn man den Ruf eines "rabenschwarzen" Menschen durch Aufspüren seiner "menschlichen" Seiten aufhellen möchte. Für einen Sophisten ist es kein Problem, schlimmste Menschen durch derart Aufhellung in Lichtgestalten umzudeuten.

Die Schilderung einer "schönen" arabischen Stadt, wie sie Atta durch behutsames Sanieren wieder herstellen will, passt durchaus mit seinem zerstörerischen Handeln zusammen. Atta möchte "ein verloren gegangenes orientalisches Paradies, in der ein frommes Leben möglich sei mit geschäftigem Treiben in den Bazaren, kleinen Läden, verwinkelten Höfen, freundlichen Menschen, Wasserverkäufern und Lastenträgern, fröhlich tobenden Kindern", wie es der Journalist Wolf v. Lojewski in seinem Buch "Der schöne Schein der Wahrheit" beschreibt. Ob es außer dem Islam in dem in alter Schönheit wieder erstandenen Aleppo auch andere Religionen für Atta ihren Platz hätten, kann man sich kaum vorstellen. Atta schreibt alle städtebaulichen "Sünden" wie Hochhäuser und Schnellstraßen, Supermärkte und Schnellrestaurants der Verführung durch den Westen zu, ja er meint, der Westen zwänge den Arabern seine Vorstellung von einer Großstadt auf. Da drängt sich die Vermutung, dass Atta die terroristische Zerstörung von Hochhäusern im Zentrum der "dekadenten" westlichen Welt als persönliches Anliegen ansieht, geradezu auf.

Wenn ich mir die netten Fachwerkhäuschen der Nazifamilien vor Augen halte: mit Fensterläden, roten Dächern, Holzzäunen. Drinnen fleißige Mütter, die ihre fröhlichen rotbackigen Kinder bei den Hausaufgaben betreuen - so oder ähnlich wird das Idealbild einer deutschen Familie der 30-ger Jahre beschrieben. Diese Idylle blieb natürlich den arischen Bewohnern Deutschlands vorbehalten. Ob das Deutschland von 1933-1945 sich als weniger schlimm darstellt, weil zwar die nicht arischen Bewohner in erniedrigenden bis hin zu tödlichen Umständen leben mussten, dafür aber viele arische Deutsche in einer Postkartenidylle zu Hause sein durften, wage ich zu bezweifeln. Und eins lehne ich ganz und gar ab: Dass Mohammed Atta als ein besserer Mensch anzusehen ist, weil er von einer Idylle in alten arabischen Städten träumte, während er die westliche Welt zerstören wollte.

Samstag, 6. Dezember 2014

Schon wieder Tuvia! (Teil 2)

Um zu verdeutlichen, wie Tuvia Tenenbom in seinem Buch "Allein unter Juden" Menschen und Geschehnisse beobachtet, greife ich ein beliebiges Kapitel heraus. Tuvia, der sich in Israel befindet, schließt sich einem von der (deutschen!) Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) organisierten Gruppenerlebnis an, einem gemeinsamen Ausflug von jüdischen und arabischen Lehrern nach Jordanien. Es ist der KAS ein Herzensanliegen, Israeli und Palästinenser bei gemeinsamen Unternehmungen einander nahe zu bringen, auf dass Friede im Kleinen entstehe, der sich anhand von Multiplikatoren ins Große ausbreite. Ein guter Gedanke!

Wie er in der Realität ausgeführt wird, erzählt uns Tuvia. Es beginnt damit, dass der Reisebus, in dem die Gruppe von israelischen und palästinensischen Lehrern gemeinsam reist, einen Umweg von 8 Stunden machen muss, da Isareli (welcher Religion auch immer) nur einen einzigen Grenzübergang, hoch im Norden benutzen dürfen, um von da wieder nach Süden zum Toten Meer zu fahren. An der jordanischen Grenze wird allein den Juden in der Gruppe mitgeteilt, dass sie nur mit einem Sammelvisum einreisen dürfen, d.h. sie müssen immer beieinander bleiben. Sie dürfen später ihr jordanisches Hotel nicht verlassen, der "Sicherheit" halber.

Das erste Ereignis dieser Fahrt ist ein Handyanruf der angemeldeten Hauptrednerin des Friedensevents, in dem sie mitteilt, dass sie nicht teilnehmen kann, weil ihre christlich-palästinensische Schule ihr untersagt hat, an einem Treffen mit Juden teilzunehmen. Tuvia stellt fest, dass die palästinensischen Lehrer nicht etwa aus dem Autonomiegebiet um Ramallah sind, wo man keine Gelegenheit hat, auf Juden zu treffen, sondern aus Jerusalem, wo Juden und Araber sich sowieso ständig über den Weg laufen. Und dass die jüdischen Teilnehmer von der (linken) Sorte sind, die den Palästinensern schon von vornherein zugeneigt sind. Das bewahrt sie nicht davor, dass ihnen der Händedruck von Arabern verweigert wird. Gemeinsam hörte sich die gesamte Gruppe einige Reden an, spielte fiktive Spiele (wie: sich vorstellen, dass man füreinander kocht) und versuchen sogar, miteinander zu tanzen. Ansonsten halten sich Juden und Araber auf der Reise stets unter sich auf. Selbst die so genannten Gruppengespräche halten sie getrennt ab. Kurzum, die teure Angelegenheit, die die KAS ca. 45 000 € gekostet hat, erweist sich als Mogelpackung.

Vieles in dem Buch hört sich so grotesk an, dass man es nicht glauben möchte. Solch absurde Handlungsweisen kann es doch gar nicht geben! Mir fiel ein, wie ich einmal bei einer Veranstaltung mit einem linken israelischen "Friedensabenteurer" war, der deutschen Zuhörern sein Buch vorstellte. Da saßen hinter mir einige neugierige Araber, die darüber sprachen, dass dieser Mann zwar interessant sei, ganz anders als die anderen Juden, aber sein Buch würden sie sich niemals kaufen, auch wenn sie noch so viel Geld bei sich hätten. Ob nach der von der KAS organisierten Reise die mitgereisten Palästinenser nun Juden die Hand schütteln würden, war nicht zu ermitteln. Tuvia verzichtete auf weitere Gruppenerfahrungen und organisierte sich privat eine Rückfahrt (wo er wieder auf Merkwürdiges traf).

Sonntag, 30. November 2014

Schon wieder Tuvia! (Teil 1)

Auf einer Bücherwerbung entdeckte ich ein Buch auf dem der Schriftsteller Tuvia Tenenbom fast ebenso wie auf dem Umschlag des Buches "Allein unter Deutschen" zu sehen war. Doch siehe da: er stand vor einem ganz anderen Hintergrund. Hebräische Buchstaben und ein schwarz gekleideter Jüngling mit Hut umrahmten Tuvia. Der Titel des Buches ist: "Allein unter Juden". In kürzester Zeit hatte ich das Buch bei mir, das Lesen dauerte wegen seines umfangreichen Inhalts etwas länger.

In diesem Buch bewegt sich der gleiche Tuvia ganz ähnlich wie dazumal in Deutschland nun durch Israel. Er stößt auf die seltsamsten Gestalten, entlockt ihnen mit seinen harmlosen hintergründigen Fragen Wesentliches, geht den Dingen auf den Grund und zieht seine Schlussfolgerungen. Der Titel "Allein unter Juden" irritiert allerdings, denn Tuvia hält sich beileibe nicht nur unter Juden auf, sondern unter Palästinensern, unter Beduinen, unter Drusen, unter Vertretern von Hilfsorganisationen aus Europa, unter westlichen Journalisten und nicht zuletzt unter Katzen.
(Der Originaltitel "Catch the Jew" ist ungleich aussagekräftiger. Es ist eine schlechte Angewohnheit in Deutschland, Buchtitel in der Übersetzung willkürlich zu verfälschen)

Wahrscheinlich der vielschichtigen und differenzierten israelischen Gesellschaft geschuldet ist die Tatsache, dass das Buch fast doppelt so viele Kapitel hat wie sein Vorgängerbuch und daher recht unübersichtlich ist. Tuvia springt im Land und in den verschiedenen Milieus hin und her, so dass man leicht die Übersicht verliert. Das Verstehen des Inhalts erleichtert es, wenn man ein wenig oder möglichst etwas mehr über Israel Bescheid weiß, sowohl geografisch als auch über die Verhältnisse dort.

Was mich ebenso wie im ersten Buch fasziniert ist: Tuvia durchschaut alle! Er lässt sich von keinen noch so wohlklingenden Aussagen hinter´s Licht führen und seine Fragen zeigen, dass er derjenige ist, der die Richtung des Gesprächs angibt. Er durchschaut die Diskrepanzen im Reden und im Handeln der geschilderten Personen. Tuvia Tenenbom wendet einen lockeren Schreibstil an, er macht sich sowohl über sich als auch über seine Gesprächspartner lustig. Ab und zu hält er es nicht mehr aus. Dann redet er Klartext und zieht ein bitteres Resümee über das Verhalten der unzähligen dubiosen Organisationen, die in Israel ihr Unwesen treiben. In deren absurden Handlungsweisen erkennt er klar was sie sind - verschiedene Spielarten des Antisemitismus.

Sonntag, 23. November 2014

Heldengedenken und Nagelkreuz

Als ich vor kurzem im Land Brandenburg eine Rast am schönen Autobahnkirchlein in Duben gemacht habe, war ich befremdet von einem Heldengedenkstein, unmittelbar vor der Kirche, auf dem in goldener Schrift den gefallenen Helden der Gemeinde Duben dafür gedankt wurde, dass sie ihr Leben im ersten und zweiten Weltkrieg ließen. Mit Kreuz, Eichenlaub und einem steinernen "Stahlhelm" obendrauf.

Wenn man solche Dankesbezeugungen mit Äußerungen vergleicht, die in offiziellen Presseerzeugnissen der evangelischen Kirche gedruckt sind, muss man staunen. Absoluter Pazifismus ist angesagt. Da verkündet die Gemeinschaft der Nagelkreuzler in der brandenburgischen Kirchenzeitung (Nr.42, 19.10.2014), ähnlich wie man es auch schon einmal von der Ex-Bischöfin Käßmann vernommen hat, dass zu Ende des zweiten Weltkriegs die alliierten Bomber viel Unheil über Deutschland und vielen unschuldigen Menschen den Tod brachten. Um solch Unheil nie noch einmal geschehen zu lassen, solle man sich lieber nicht in die Kämpfe, die im Augenblick im Irak und Syrien stattfinden, einmischen. Wenn man sich vor Augen hält, was dort geschieht, wie sehr Menschen leiden und was für Konsequenzen jede weitere Gebietseroberung von IS nach sich zieht, gerät man ins Nachdenken? Was würden Nagelkreuzler sagen, wenn IS im beschaulichen Hiddensee, dem Tagungsort der wohlmeinenden Gemeinschaft, auftauchte oder etwa im Seebad Brighton, wo ihr prominenter Mitstreiter Paul Oestreicher lebt? Ob jene Gruppe von Menschen sich bewusst ist, welche Verantwortung sie auf sich nimmt, wenn sie die jungen Leute, die an der Tagung teilnahmen, in dieser Weise beeinflusst? Die Quintessenz viertägigen intensiven Nachdenkens auf Hiddensee - weitab von jedem Kriegsgetümmel - war, dass wir "freundlicher zu Flüchtlingen sein sollten". Paul Oestreicher bezeichnet diese Mischung aus Ignoranz und Freundlichkeit als: "Entfeindung" und gibt die Erklärung dazu: Macht und Liebe brauchen nicht in getrennten Welten zu sein (was immer man darunter verstehen mag). Er wagt sich sogar zu dem Schluss, dass wer jene Haltung der Entfeindung einnimmt, der gehöre zu solcherart von Gerechten, wie sie seinerzeit in Gomorra vergeblich gesucht wurden.

Interessant wird es, wenn man bedenkt, dass die brandenburgische Kirchenzeitung neutral bis wohlwollend den Bericht über jene Nagelkreuzler schrieb. Dass Dankesdenkmäler für Helden des zweiten Weltkrieges in ihrem Einzugsbereich direkt vor Kirchen stehen, scheint ihr dagegen gleichgültig zu sein. Ich konnte es jedenfalls noch nicht als Thema entdecken. Warum existieren diese Denkmäler unwidersprochen und in den medialen Schatten gestellt, während die radikalpazifistische Einstellung von Christen für die die Gefahr, Opfer von Gewalt zu werden, gegen Null tendiert, gern nach Außen getragen wird? Wer kann diese Diskrepanz erklären?

Dienstag, 18. November 2014

Was würde Tuvia Tenenbom. dazu sagen? Teil 2

Als ich den letzten Beitrag schrieb, wusste ich noch nicht, dass am Volkstauertag Avi Primor, ehemaliger israelischer Botschafter in Deutschland, die Trauerrede im Bundestag halten wird. Tuvia Tenenbom würde wieder sagen: " Ich kann es gar nicht glauben, dass wir schon wieder bei den Juden sind!"

Zu allen möglichen Gedenken werden neuerdings jüdische Redner herbei zitiert, und wie es der Zufall will, sind sie meist von der israelkritischen Sorte, ich denke an Alfred Grosser, der 2010 die Rede zur Erinnerung an die Reichspogromnacht hielt. Oder es sind Juden, die eine besondere Vorliebe für Deutschland hegen, wie es von Avi Primor bekannt ist. Es ist nichts daran auszusetzen, wenn ein Mensch wie Avi Primor in Deutschland gute Erfahrungen gemacht hat, sich hier wohl fühlt und das auch ausspricht. Wenn solches aber am Volkstrauertag geschieht bei einer Rede vor dem deutschen Parlament zum Gedenken an alle Kriegstoten, dann nimmt dieses schon makabre Züge an, und man fragt sich, wie man innerlich die verschiedenen Gruppen von Kriegstoten ordnen soll. Wahrscheinlich ist es gerade Sinn der Sache, mit Hilfe solcher Reden, gern aus dem Mund von Juden, die Kriegstoten bis zur Unkenntlichkeit zu eliminieren.

Es stellt sich die Frage, wem es nützt, dass man um die Kriegstoten als um eine allgemeine, verschwommene Masse trauert, indem man sie alle auf eine Stufe stellt? Das Eliminieren nützt denjenigen, die im Krieg die überwiegende Menge der Mörder stellten und es schadet denjenigen, die fast wehrlos dem Morden ausgeliefert waren. Dessen müsste man sich bei einer derlei fragwürdigen Einstellung zum Krieg und seinen Opfern bewusst sein. Und so kommen zwangsläufig solch paradoxe Wortschöpfungen zustande wie "mit solch einem Deutschland trauere ich gern", was mich an den unvergesslichen Satz : "Sei spontan!" des unvergessenen Paul Watzlawick erinnert.

Im Luftreich des Traums

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