Montag, 18. Februar 2019

Holocaustgedenktag 2019

Wie an jedem 27. Januar war in der benachbarten Kleinstadt am Mahnmal der KZ-Ge
denkstätte eine Schar von Leuten zum Gedenken an den Holocaust zusammen gekommen. Das Wetter war, wie fast immer bei dieser Veranstaltung, ungemütlich: diesmal durchzog ein sachter Nieselregen die Luft. Die Zusammensetzung der Teilnehmer, es waren etwa 50, ist jedesmal ähnlich: Schüler des Gymnasiums und der Realschule, pensionierte Lehrer, Pfarrer und Bürgermeister, kirchlich engagierte Menschen, Angehörige der Stadtverwaltung und einige nicht identifizierbare Teilnehmer. Heute war eine Gruppe Jugendlicher vom Technischen Hilfswerk in Blau und Gelb gekleidet, zusätzlich dabei, ich vermute, dass sozial engagierte Menschen die Veranstaltung vervollkommnen sollten.

Jeder wird seine eigene persönliche Motivation für seine Teilnahme an der Veranstaltung haben, und jede Motivation, so man sie kennen sollte, ist auf ihre Art ernst zu nehmen. Schließlich sind es etwa 50 aus einem Einzugsbereich von 12 000 Menschen, die ihren Vormittag auf diese Weise verbringen. Sie kennen sich, manche sehen sich genau zu dieser Veranstaltung einmal im Jahr, man fühlt sich wie eine Familie. Sogar die Abwesenheit einzelner wird bemerkt.

Da die Stadt klein ist, kein Fernsehteam anwesend ist, sind die Statements, die von den Vortragenden gegeben werden, oft etwas unbeholfen, zum Teil konfus, aber der Darbietung merkt man ein persönliches Engagement an. Seit einigen Jahren schleicht sich in die Gedanken an die damals Ermordeten Werbung für ein Engagement für „Geflüchtete“. Ich wünschte, dass man den Jugendlichen diese Verknüpfung austreiben könnte, denn es ist nicht nur kontraproduktiv für die Entwicklung ihres Denkens, sondern wertet die Veranstaltung ab. Diesmal fiel der Satz: „nationale Identitäten sind nicht hilfreich“, wobei verschwiegen wurde, wofür diese hilfreich sein könnten. Den Jugendlichen solche Grundgedanken einzugeben, ist in meinen Augen schon Indoktrination.

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Der Vertreter vom Stadtrat hielt eine längere Rede, in der er davon sprach, dass man Ausländer akzeptieren soll, die Ausländer dürfen aber keine israelischen Flaggen verbrennen und nebenbei kam die Floskel: „Hetze und Gewalt darf nicht sein“ Er wäre dankbar, dass jüdische Kultur in unserem Land wieder aufblüht. Keinen einzigen Juden konnte man in unseren Reihen entdecken, und wie sollte man auch: es soll ja keine Identitäten geben.
(Ob national, kulturell, religiös ist egal, denn jede ausdrückliche Identifizierung schließt andere aus)

Der Pfarrer brachte uns auf den Boden des Lebens zurück. Er sagte, dass man durch Freude am Leben dem Tod trotzen könne, diese Freude aber in der Zuwendung zu anderer läge. Von Eli Wiesel zitierte er den Ausspruch, dass nicht Hass, sondern Gleichgültigkeit der Antipode der Liebe wäre.

Dann wurden Kränze nieder gelegt. Ich bemerkte, dass eine Frau, die mit großem persönlichem Engagement die Geschichte dieses KZ-Außenlagers dokumentiert hat, zu einer abseitigen Stele ging, in die viele Namen eingraviert sind. Sicher hat sie an einige Menschen gedacht, deren Lebenslauf sie recherchiert hat und die hier verzeichnet sind.

Zum Abschluss trugen zwei Schülerinnen im Wechsel das ziemlich lange Gedicht „Kinderschuhe aus Lublin“ vor. Dann ging die Veranstaltung bis zum nächsten Jahr auseinander. Für mich ist sie etwas, was unter die Rubrik fällt: „Ein Wert an sich“.

Im Luftreich des Traums

gegen Ideologien

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