Deutsche Staatsraison

Im Gegensatz zu vor ca. 50 Jahren wird sehr viel über den Holocaust gesprochen und geschrieben. Leute, die diese Zeit erlebt und überlebt haben, gehen in Schulen und erzählen über ihr Leiden und Leben. Man hört danach oft, dass die Zuhörer erschüttert und auch beeindruckt sind. Es gibt unzählige Bücher, Gedenkstätten und Erinnerungen an diese Zeit. Wenn man möchte, kann man sich über alles informieren, was zu erfahren möglich ist. Es wird von Erinnerungskultur gesprochen, Politiker und andere äußern sich darüber, was für eine hohe Erinnerungskultur wir in unserem Land haben. Man hat den Eindruck, dass damit gemeint ist: ´Wir haben die tollste Erinnerungskultur der Welt`. Ja, man könnte meinen, das, was man Holocaust nennt, wäre nur die Ursache, um diese tolle Erinnerungskultur hervorzubringen.

Wie aber sieht die Wirklichkeit aus? Man könnte sagen: dissonant und peinlich. (Damit meine ich nicht einzelne Menschen, sondern die gesellschaftliche Wirklichkeit).

Am Verhältnis der deutschen Politik zum Staat Israel kann man vieles erkennen. Es ist bekannt, dass Israel unter anderem aus den Trümmern, aus den Überbleibseln des Holocaust hervorgegangen ist. Irgendwie gibt man es zu, und nennt seine Politik: „die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsraison“. So genau wird nicht erklärt, was „deutsche Staatsraison“ bedeutet und was für Konsequenzen sie eventuell hätte.

Einige Beispiele möchte ich nennen, wie es aussah, als Deutschland in eine direkte Konfrontation mit Israel kam:

Olympia-Massaker bei den Olympischen Spielen in München 1972. Sicher war es nicht bewusster Wille, dass der Ausgang des Attentats so tragisch war. Vielleicht war es Unfähigkeit, das Nichtvorstellungsvermögen, dass so etwas möglich ist. Fakt ist aber, dass Israel darum bat, seine in der Terrorabwehr viel erfahreneren Spezialisten einsetzen zu dürfen, was ihnen von Bundeskanzler Willy Brandt strikt verboten wurde. Fakt ist: 11 israelische Sportler wurden auf deutschem Boden ermordet. Und, wenn man schon nichts hatte abwehren können: die Spiele gingen weiter. 11 ermordete Juden waren den Veranstaltern der Abbruch der Spiele nicht wert. Warum sollte man?: Die Ermordung von Juden war Jahre zuvor zur Routine geworden. Viele von den Mördern lebten damals noch.

Yom Kippur-Krieg 1973: Gab es damals den Begriff „deutsche Staatsraison“ noch nicht, oder warum ver hielt sich die deutsche Bundesregierung so, wie sie sich verhielt? Am 6.10.1973 überfielen Syrien und Ägypten Israel an seinem höchsten Feiertag. Die Lage war so ernst, dass wirklich der Untergang Israels drohte. Dank amerikanischer Waffenlieferungen an Israel konnte das Unglück abgewendet werden. Doch die deutsche Bundesregierung fürchtete um ihre guten Beziehungen zu den arabischen Ölstaaten, und beschloss einen Lieferstopp für amerikanische Schiffe und Flugzeuge, wobei besonders der Außenminister Scheel (früheres NSDAP-Mitglied) die treibende Kraft war. Der Krieg war schnell vorbei, und der befürchtete Eingriff der Sowjetunion zugunsten der arabischen Staaten fand nicht statt, der Lieferstopp war nicht mehr relevant.

Hamasüberfall auf Israel 2023 Die Reaktion deutscher Politiker nach dem 7. Oktober war so, dass mir der aus meiner Kindheit geläufige Ausspruch „Da schämt man sich, ein Deutscher zu sein!“ (bei Unterhaltungen über den Krieg) aktuell erscheint. Im November 23, nachdem in Israel der größte Massenmord an Juden (und anderen) nach dem Holocaust, zudem auf barbarischste Weise, stattgefunden hatte, wusste die UNO nichts Besseres zu tun, als Israel für alles Mögliche an den Haaren herbei Gezogene zu verurteilen. Deutschland machte fleißig dabei mit. Es verurteilte Israel 8 mal. Danach flog die Außenministerin 9 mal nach Israel und hat sehr streng mit den Menschen, die Schlimmstes durchgemacht haben und durchmachen, gesprochen. Sie belehrte sie, dass der Konflikt nicht eskalieren dürfe, dass nur eine Beruhigung Verhandlungen zum Frieden möglich machen könne, ungeachtet der existierenden Tatsachen und ungeachtet, dass Israel sich in einem Kampf befindet, in dem es im wahrsten Sinne des Wortes um seine Existenz geht, und in dem es gegen unversöhnliche Feinde kämpft. Vor Kurzem lud Frau Baerbock ausgesprochene Israelfeinde (Roig, Jabarine, Barenboim), die sich in sozialen Medien antisemitisch geäußert haben, zu einem festlichen Abendessen ein, um mit ihnen ein Gespräch „auf Augenhöhe“ zu führen. Sie wolle auch „andere Positionen“ kennenlernen.

Gar nicht erwähne ich jetzt die täglichen Nachrichten öffentlicher, also staatlicher Sender, von denen täglich durch geschicktes Framing verschleierte bösartige Berichte über Israel zu hören sind. All das mündet für mich in der Aussage von Zwi Rex: „Die Deutschen werden den Juden Auschwitz nie verzeihen.“

Und was versteht man nun unter „deutscher Staatsraison“?

Im Luftreich des Traums

gegen Ideologien

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