Volkes Stimme in Variationen
Im Fernsehen erlebte ich zufällig zwei Diskussionen hintereinander. Einmal gab es eine Bürgerdiskussion in einer hessischen Kleinstadt, in der - anscheinend mit fragwürdigem Hintergrund - eine Moschee gebaut werden sollte. Moscheengegner und -befürworter hielten flammende Statements. Auf einmal stand ein zittriger, aber sonst rüstiger Greis vor dem Mikrofon und hielt eine stammelnde Rede, aus der man, obwohl sie unscharf formuliert war, so manches heraushören konnte: Er sei über 80 Jahre alt und habe so viel Schlimmes durchgemacht, und er wolle nicht, dass es wieder so weit komme. Es war deutlich, dass er damit meinte, es könnte dazu kommen, dass es wieder zu viele von einer bestimmten Sorte Menschen gäbe, und die müsste man dann wieder umbringen. Zur Verdeutlichung dessen, was er undeutlich stammelte, meinte er, dass eine Ausländerin ihm gerade gesagt habe, dass man die Deutschen sowieso aus dem Land gebären werde. Der Greis wurde von der versammelten Mannschaft der Moscheengegner beklatscht, obwohl darunter sicher einige waren, die nicht so dachten wie er und vielleicht ganz andere Gründe gegen die Moschee hatten. Niemand wies ihn zurecht oder distanzierte sich von ihm.
Das war „Stimme des einfachen Volkes“. Dann schaltete ich zu einer Diskussionsrunde, in der auserwählte und illustre Herrschaften waren, ich weiß nicht, worum es ging. Es muss doch aber auch mit Vergangenheit zu tun gehabt haben, denn ein jüdisch wirkender Mann, der wie der Zwillingsbruder von Simon Perez aussah, saß dabei. Dann ein edel wirkender Herr von der Wirtschaft. Ich weiß wirklich nicht mehr, worum es ging, es war wohl mehr ein neutrales Thema, das aber das „Jüdische“ irgendwie berührte. Denn Herr Mannheimer-Perez erzählte, dass er als ehemaliger Dachau-Häftling seit vielen Jahren in Schulen Vorträge halte, und dass die Jugendlichen sehr interessiert seien. Alle fanden das gut.
Dann sagte kurze Zeit später der Herr Wirtschaftsvertreter im larmoyanten Ton, er habe solche Angst, dass die bösen Neonazis den Ruf Deutschlands schädigen. Deutschland habe doch schon so viel Gutes getan, aber gerade habe wieder ein sehr anständiger Mensch zu ihm gesagt: „Ich kann das nicht mehr hören!“ und er habe Sorge, dass das „Zu-Viel-Davon-Reden“ die Jugendlichen zu Neonazis mache. Alle nickten verständnisvoll. Ich fand es nicht logisch, dass man Herrn Mannheimer nicht sofort aus der Runde verbannt hat.
Das war „Stimme des einfachen Volkes“. Dann schaltete ich zu einer Diskussionsrunde, in der auserwählte und illustre Herrschaften waren, ich weiß nicht, worum es ging. Es muss doch aber auch mit Vergangenheit zu tun gehabt haben, denn ein jüdisch wirkender Mann, der wie der Zwillingsbruder von Simon Perez aussah, saß dabei. Dann ein edel wirkender Herr von der Wirtschaft. Ich weiß wirklich nicht mehr, worum es ging, es war wohl mehr ein neutrales Thema, das aber das „Jüdische“ irgendwie berührte. Denn Herr Mannheimer-Perez erzählte, dass er als ehemaliger Dachau-Häftling seit vielen Jahren in Schulen Vorträge halte, und dass die Jugendlichen sehr interessiert seien. Alle fanden das gut.
Dann sagte kurze Zeit später der Herr Wirtschaftsvertreter im larmoyanten Ton, er habe solche Angst, dass die bösen Neonazis den Ruf Deutschlands schädigen. Deutschland habe doch schon so viel Gutes getan, aber gerade habe wieder ein sehr anständiger Mensch zu ihm gesagt: „Ich kann das nicht mehr hören!“ und er habe Sorge, dass das „Zu-Viel-Davon-Reden“ die Jugendlichen zu Neonazis mache. Alle nickten verständnisvoll. Ich fand es nicht logisch, dass man Herrn Mannheimer nicht sofort aus der Runde verbannt hat.
anne.c - 18. Apr, 18:45