Kinder auf die Kanzel!
oder: Gedanken während des Endspiels der Champignon League
Es ist ein Ausdruck von Freiheit, etwas nicht mitzumachen, was alle anderen um Einen herum tun. So verweigerte ich mich dem Endspiel der Champignon League. Ganz abseits stehen wollte ich aber nicht. Vor dem Fernseher saß ich ebenfalls. Neugierig war ich darauf, was die anderen Sender zu dieser bedeutungsvollen Zeit senden. So landete ich schnell bei Bayern alpha, dem Sender, den ich als Beispiel dafür ansehe, dass es in den Fernsehsendern nicht um die Quote gehen muss. Bayern alpha sendet oft endlose und knochentrockene Veranstaltungen von evangelischen und katholischen Akademien oder Gespräche mit oft kaum bekannten Menschen, die manchmal auch interessant sind. Dieses mal traute ich meinen Augen kaum: Der Schauplatz war eine Kirche, in der ein junges Bürschchen auf der Kanzel stand, und einer großen Schar Erwachsener eine Predigt hielt. Ein Junge namens Felix (später stellte ich fest, dass er 15 Jahre alt war) erklärte den Erwachsenen, warum er eine Mega-Baumpflanzaktion initiiert hat mit dem Ziel, die Welt zu retten. Er predigte fast eine Stunde lang, und am Ende war ich in einem Zustand, den man nicht anders als "verstört" bezeichnen kann.
Der junge Felix, in seiner Funktion als "Kind" war zur Kanzelrede eingeladen worden, um den "Erwachsenen" darzulegen, warum er schon seit ein paar Jahren Kinder aus aller Welt dazu bringt, eine Unmenge Bäume zu pflanzen mit dem hehren Ziel, die Welt dadurch zu retten. Er erzählte nicht etwa darüber, wo und unter welchen Umständen die Bäume gepflanzt werden, auf welche Weise er mit den Kindern der Welt zusammen arbeitet, wie die Bäume eingegraben, gegossen und gepflegt werden. Mit solchen Lappalien hielt Felix sich nicht auf, sondern ihm ging es nur um das "ganz Große". Die Bäume wurden nur in Millionen, Milliarden, wenn nicht in Billionen gezählt. Er wusste über all die großen Probleme der Welt bestens Bescheid und auch um deren Lösung. Sei es die Finanz- und Schuldenkrise, die Energieversorgung der Erde, Klimawandel. Alles was Felix predigte, hatte ich schon irgendwo gelesen oder gehört. Felix brachte es in einem Duktus vor, als wäre er zu diesen Erkenntnissen aufgrund intensiven Nachdenkens und als allererster Erdenbürger gekommen. Kurzum - er kam mir vor wie ein gründlich indoktriniertes Kind. Seine Methode war, dass er die besorgten, denkenden und handelnden Kinder den gedankenlosen und nicht oder verkehrt handelnden Erwachsenen gegenüber stellte.
(Fortsetzung folgt)
Es ist ein Ausdruck von Freiheit, etwas nicht mitzumachen, was alle anderen um Einen herum tun. So verweigerte ich mich dem Endspiel der Champignon League. Ganz abseits stehen wollte ich aber nicht. Vor dem Fernseher saß ich ebenfalls. Neugierig war ich darauf, was die anderen Sender zu dieser bedeutungsvollen Zeit senden. So landete ich schnell bei Bayern alpha, dem Sender, den ich als Beispiel dafür ansehe, dass es in den Fernsehsendern nicht um die Quote gehen muss. Bayern alpha sendet oft endlose und knochentrockene Veranstaltungen von evangelischen und katholischen Akademien oder Gespräche mit oft kaum bekannten Menschen, die manchmal auch interessant sind. Dieses mal traute ich meinen Augen kaum: Der Schauplatz war eine Kirche, in der ein junges Bürschchen auf der Kanzel stand, und einer großen Schar Erwachsener eine Predigt hielt. Ein Junge namens Felix (später stellte ich fest, dass er 15 Jahre alt war) erklärte den Erwachsenen, warum er eine Mega-Baumpflanzaktion initiiert hat mit dem Ziel, die Welt zu retten. Er predigte fast eine Stunde lang, und am Ende war ich in einem Zustand, den man nicht anders als "verstört" bezeichnen kann.
Der junge Felix, in seiner Funktion als "Kind" war zur Kanzelrede eingeladen worden, um den "Erwachsenen" darzulegen, warum er schon seit ein paar Jahren Kinder aus aller Welt dazu bringt, eine Unmenge Bäume zu pflanzen mit dem hehren Ziel, die Welt dadurch zu retten. Er erzählte nicht etwa darüber, wo und unter welchen Umständen die Bäume gepflanzt werden, auf welche Weise er mit den Kindern der Welt zusammen arbeitet, wie die Bäume eingegraben, gegossen und gepflegt werden. Mit solchen Lappalien hielt Felix sich nicht auf, sondern ihm ging es nur um das "ganz Große". Die Bäume wurden nur in Millionen, Milliarden, wenn nicht in Billionen gezählt. Er wusste über all die großen Probleme der Welt bestens Bescheid und auch um deren Lösung. Sei es die Finanz- und Schuldenkrise, die Energieversorgung der Erde, Klimawandel. Alles was Felix predigte, hatte ich schon irgendwo gelesen oder gehört. Felix brachte es in einem Duktus vor, als wäre er zu diesen Erkenntnissen aufgrund intensiven Nachdenkens und als allererster Erdenbürger gekommen. Kurzum - er kam mir vor wie ein gründlich indoktriniertes Kind. Seine Methode war, dass er die besorgten, denkenden und handelnden Kinder den gedankenlosen und nicht oder verkehrt handelnden Erwachsenen gegenüber stellte.
(Fortsetzung folgt)
anne.c - 2. Jun, 22:03