Israelsonntag

Zum Artikel im Deutschen Pfarrerblatt „Vom Nationalgott Jahwe zum Herrn der Welt und aller Völker“ (mein Eintrag vom 20.8.): Die Herausgeber behaupten, dass die in ihrem Blatt abgedruckten Artikel nicht mit ihrer Meinung übereinstimmen müssen, dass das Blatt offen für ein größeres Spektrum an Meinungen sei und Diskussionsgrundlage bieten soll. Ich hörte von Pfarrern, die es von sich wiesen, mit dem „Pfarrerblatt“ gleich gesetzt zu werden. Es interessiert mich, wie jene Pfarrer auf so einen Artikel reagieren. Nach meinen Beobachtungen repräsentiert dieser Artikel durchaus eine Haltung die in der evangelischen Kirche verbreitet ist. Den folgenden Eintrag schrieb ich spontan nach dem Erleben eines Gottesdienstes zum Israelsonntag vor zwei Jahren. Es stellt sich die Frage, ob das Pfarrerblatt seine Artikel schreibt, um seinem Klientel gerecht zu werden oder ob Pfarrer durch das Pfarrerblatt inspiriert werden.

Israelsonntag (2009)

Nach dem Gottesdienst saß ich mit Herrn und Frau S. zusammen. So hatte ich das Vergnügen, Ss. ganz nah zu erleben, und so viel man an ihnen aussetzen kann, sie haben eine lebendige und originelle Ausstrahlung, und man hat etwas davon, wenn man ihnen zuhört. Das mag daran liegen, dass sie anschaulich und lebendig erzählen.

Den Unsinn, den man nebenbei mitbekommt, und der sehr aussagekräftig ist, muss man in Kauf nehmen. Frau S. sagte: „Herr W. predigt so gut, so sachlich, ich höre ihn immer wieder gern, und dieses Thema muss ja in unseren Kirchen auch immer wieder behandelt werden.“ Und: „Es hätte mich interessiert, was mein Vater in der Nazizeit dazu gepredigt hätte. Er hatte ja ganz andere Ansichten, aber das Gefängnis hat er auch von innen gesehen!“ Da muss man schon sehr viel Hintergrundwissen haben, um das alles zu verstehen. Und diesen Pastor W. muss man auch gehört und verstanden haben. Seine Aussage zum „Israelsonntag“ (die sich wahrscheinlich mit der Aussage mancher Predigten zum Israelsonntag deckt) war: Es war mal was ganz Schlimmes mit den Juden. Das ist überwunden. Jetzt leben sie in Israel, da geschieht auch sehr Schlimmes, „gleich schlimm sowohl von Seiten der Juden als auch von den Palästinensern“. Der Ausdruck „brutale Menschenrechtsverletzung“ durfte nicht fehlen. Der Abschluss war: Die Juden sind unsere Brüder, unsere Wurzeln sind im Judentum, und Antisemitismus ist etwas sehr Schlimmes!“ Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich darauf nur eine Antwort: (George Tabori): „Was ist der kürzeste deutsche Witz? - Auschwitz!“ Das hätte man zu Pfarrer W. sagen müssen und darüber laut lachen. Verstanden hätte es wohl niemand.

Als die Schar der Gläubigen anschließend an Pastor W.s Abendmahlstisch vorbei marschierte und alle nach Einnahme des „Mahl“ diesen leicht entrückten Gesichtsausdruck annahmen, dachte ich: Ich will es keinem Gläubigen nehmen, dass ihm das Abendmahl etwas bedeutet, dass er sich innerlich gestärkt fühlt, eine positives Lebensgefühl spürt. Aber nach solcher Israelhetze an diesem „Israelsonntag“! Und wie ergeben sie alles aufnehmen, was da von vorn kommt, egal was gerade für ein Unsinn über sie gekommen ist.

Im Luftreich des Traums

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