Ich war dabei (Ein Erlebnisbericht) Teil 1 Die Kundgebung
Als Jude hätte ich es mir wohl sehr überlegt, ob ich an der Solidaritätskundgebung gegen Antisemitismus am Sonntag am Brandenburger Tor teilnehmen sollte, denn die Veranstaltung hätte ich als eine Mogelpackung empfunden. Und genau genommen, war es eine Mogelpackung: Der Zentralrat der Juden muss in Deutschland dazu aufrufen, dass man in Deutschland nicht mehr gewalttätig gegen Juden vorgeht und durch Polizeilautsprecher in die Gegend ruft: "Juden ins Gas!". Das heißt, mit dieser Kundgebung sollte der Zentralrat Deutschland einmal wieder Absolution erteilen.
Aber egal, so eine Veranstaltung hat mehrere Aspekte, sie mag Auswirkungen schon allein durch ihr Stattfinden haben, sie mag diesem oder jenem die Augen öffnen oder wenigstens zum Innehalten bewegen. Als Nichtjüdin fand ich es wichtig, daran teilzunehmen - ähnlich wie man zur Wahl geht obwohl man sich sagt: Kommt es wirklich auf meine Stimme an? Mit einer Israelfahne bewehrt machte ich mich auf den Weg zum Brandenburger Tor. Die Fahne war wichtig, denn mir scheint, dass in letzter Zeit immer wieder die Parole ausgegeben wird: Die Juden und der Staat Israel haben nichts miteinander zu tun.
Pünktlich um 15 Uhr kam ich in der Nähe des Brandenburger Tors an und machte als erstes die Erfahrung, wie man in so einer Menschenmenge sofort aufgesogen wird. Als ich nach einer Weile einmal hinter mich schaute, war die Menge beträchtlich angewachsen. Wie viele Menschen es waren, kann ich nicht beurteilen, es waren auf jeden Fall so viele, dass man sie als Menschenmenge bezeichnen konnte. Man sah viele Israelfahnen, einige selbst gefertigte Plakate und auch viele Plakate und Anstecker mit dem offiziellen Logo. Das Verhältnis zur Veranstaltungstribüne und zu den Rednern war recht unpersönlich, da man sie nur via Großbildschirmen sehen konnte. Es saß dort wirklich alles, was Rang und Namen hat, selbst aus vergangenen politischen Zeiten wie Joschka Fischer und Christian Wulf und sehr viele andere, die ich bei den schnellen Wendungen der Kamera nicht erkennen konnte. Vorn eine ganze Ministerriege und in der Mitte Bundeskanzlerin Merkel und Bundespräsident Gauck.
Den Reigen der Reden eröffnete Dieter Graumann, Präsident des Zentralrats der Juden. Es folgte Klaus Wowereit, dann Nikolaus Schneider und Reinhard Marx, die höchsten Repräsentanten der christlichen Konfessionen, dann der Präsident des jüdischen Weltkongresses Lauder, und den krönenden Abschluss bildete die Bundeskanzlerin. Alle Reden hörten sich gut an, sie waren politisch korrekt und zeigten sogar innere Bewegtheit des Redenden. Es wurden große und schöne Worte über unsere Verbundenheit mit den jüdischen Mitbürgern gesprochen und dass wir Hass gegen sie nicht zulassen und ihm entgegen treten werden.
Nein, an keiner Rede hatte ich etwas auszusetzen, gern hätte ich nur ein paar Zusatzfragen gestellt. Wie ist es möglich, dass in einem Land, das entschieden gegen Antisemitismus ist, an einer zentralen und markanten Stelle, am Kölner Dom, ein Mann jahrelang und sogar unter Mithilfe eines öffentlich rechtlichen Rundfunksenders (beschrieben im Buch "Allein unter Deutschen" von Tuvia Tenenboim) und bestätigt von deutschen Gerichten antisemitische Hetze verbreiten darf? Den Ratsvorsitzenden der evangelischen Kirche hätte ich gern gefragt, ob er auch der Meinung sei, wie viele Pfarrer in der evangelischen Kirche es sind, dass das jüdische Volk und der Staat Israel zwei ganz verschiedene Dinge seien. Und was er von der These halte, dass Jesus ein Palästinenser gewesen sei. Und überhaupt hätte ich gern von einigen auf der Tribüne, die dafür zuständig sind erfahren, wieso in öffentlich rechtlichen Medien in den Wochen des Gazakriegs so viele die Wirklichkeit verfälschende Artikel, Fernsehberichte und Kommentare unter die Leute gebracht worden sind, die ohne Zweifel zu der nun so bedauerten antijüdischen Stimmung beigetragen haben.
Fortsetzung folgt
Aber egal, so eine Veranstaltung hat mehrere Aspekte, sie mag Auswirkungen schon allein durch ihr Stattfinden haben, sie mag diesem oder jenem die Augen öffnen oder wenigstens zum Innehalten bewegen. Als Nichtjüdin fand ich es wichtig, daran teilzunehmen - ähnlich wie man zur Wahl geht obwohl man sich sagt: Kommt es wirklich auf meine Stimme an? Mit einer Israelfahne bewehrt machte ich mich auf den Weg zum Brandenburger Tor. Die Fahne war wichtig, denn mir scheint, dass in letzter Zeit immer wieder die Parole ausgegeben wird: Die Juden und der Staat Israel haben nichts miteinander zu tun.
Pünktlich um 15 Uhr kam ich in der Nähe des Brandenburger Tors an und machte als erstes die Erfahrung, wie man in so einer Menschenmenge sofort aufgesogen wird. Als ich nach einer Weile einmal hinter mich schaute, war die Menge beträchtlich angewachsen. Wie viele Menschen es waren, kann ich nicht beurteilen, es waren auf jeden Fall so viele, dass man sie als Menschenmenge bezeichnen konnte. Man sah viele Israelfahnen, einige selbst gefertigte Plakate und auch viele Plakate und Anstecker mit dem offiziellen Logo. Das Verhältnis zur Veranstaltungstribüne und zu den Rednern war recht unpersönlich, da man sie nur via Großbildschirmen sehen konnte. Es saß dort wirklich alles, was Rang und Namen hat, selbst aus vergangenen politischen Zeiten wie Joschka Fischer und Christian Wulf und sehr viele andere, die ich bei den schnellen Wendungen der Kamera nicht erkennen konnte. Vorn eine ganze Ministerriege und in der Mitte Bundeskanzlerin Merkel und Bundespräsident Gauck.
Den Reigen der Reden eröffnete Dieter Graumann, Präsident des Zentralrats der Juden. Es folgte Klaus Wowereit, dann Nikolaus Schneider und Reinhard Marx, die höchsten Repräsentanten der christlichen Konfessionen, dann der Präsident des jüdischen Weltkongresses Lauder, und den krönenden Abschluss bildete die Bundeskanzlerin. Alle Reden hörten sich gut an, sie waren politisch korrekt und zeigten sogar innere Bewegtheit des Redenden. Es wurden große und schöne Worte über unsere Verbundenheit mit den jüdischen Mitbürgern gesprochen und dass wir Hass gegen sie nicht zulassen und ihm entgegen treten werden.
Nein, an keiner Rede hatte ich etwas auszusetzen, gern hätte ich nur ein paar Zusatzfragen gestellt. Wie ist es möglich, dass in einem Land, das entschieden gegen Antisemitismus ist, an einer zentralen und markanten Stelle, am Kölner Dom, ein Mann jahrelang und sogar unter Mithilfe eines öffentlich rechtlichen Rundfunksenders (beschrieben im Buch "Allein unter Deutschen" von Tuvia Tenenboim) und bestätigt von deutschen Gerichten antisemitische Hetze verbreiten darf? Den Ratsvorsitzenden der evangelischen Kirche hätte ich gern gefragt, ob er auch der Meinung sei, wie viele Pfarrer in der evangelischen Kirche es sind, dass das jüdische Volk und der Staat Israel zwei ganz verschiedene Dinge seien. Und was er von der These halte, dass Jesus ein Palästinenser gewesen sei. Und überhaupt hätte ich gern von einigen auf der Tribüne, die dafür zuständig sind erfahren, wieso in öffentlich rechtlichen Medien in den Wochen des Gazakriegs so viele die Wirklichkeit verfälschende Artikel, Fernsehberichte und Kommentare unter die Leute gebracht worden sind, die ohne Zweifel zu der nun so bedauerten antijüdischen Stimmung beigetragen haben.
Fortsetzung folgt
anne.c - 16. Sep, 23:12