Gedanken über das Kaffeekochen

Neulich unterhielt ich mich mit einem Verwandten, der sich in seiner beruflichen Laufbahn verbessert hatte. Von einem deutschlandweiten Konzern war er zu einem Weltkonzern gewechselt. Unsere Unterhaltung war denkbar simpel. Da ich weiß, dass in Büros das Kaffeetrinken eine große Rolle spielt, fragte ich ihn, wie man es im neuen Betrieb mit dem Kaffeetrinken halte, ob das Kaffeetrinken auch hier wichtig sei und ob sie auch so eine gute Kaffeemaschine hätten, wie in dem alten. „Oh ja, das Kaffeetrinken spielt auch eine Rolle, manche haben auch etwas daran auszusetzen, aber sie meckern wirklich auf hohem Niveau“. „Wieso, wie ist denn das Niveau, wie geht das zu?“, fragte ich. Er erzählte, dass man sich jetzt, in dem Weltkonzern, nicht mehr um das Kaffeekochen und das Einräumen in die Spülmaschinen kümmern müsse, weil es auf jeder Etage einen Kaffeeservice gibt, der sich um alles kümmert.

Da ich in die Welt der Mitarbeiter in Spitzentechnologie normalerweise keinen Einblick habe, fand ich die Tatsache des Kaffeeservices interessant. Also: selbst beim Kaffeekochen sind die Hierarchien geordnet. Je wirtschaftsträchtiger der Betrieb, desto größer die Annehmlichkeiten für die Mitarbeiter. Ich schätze, das wird in allen anderen Bereichen auch so sein, bis hin zur Vergütung. Das ist auch einsichtig. Je „höhergewertet“ die Firma, desto mehr ist man bemüht, die Angestellten bei Laune zu halten, damit die Spezialisten bleiben. Ich glaube, es gibt noch einen anderen Grund für den bequemen Kaffeeservice. In der Gesellschaft gibt es ungeschriebene Gesetze, die fast jeder irgendwie verinnerlicht hat: wer was wo und wie er etwas macht und unter welchen Umständen er dementsprechend lebt. Es wäre sicher unter der Würde eines Weltkonzerns, wenn die Angestellten sich dort selbst den Kaffee zubereiten müssten.
Balver - 13. Jul, 03:54

Das halte ich für einen sehr guten Ansatz

Kaffeegenuss in der Firma als Weltkulturerbe - ich wäre sofort dafür.

C. Araxe - 13. Jul, 22:43

Es geht weniger um die Würde der Tätigkeiten, sondern mehr um die Effizienz und somit auch Kosten. In diesem Fall würde ich es nicht einfach als kapitalistisch beschreiben, sondern wirtschaftlich angemessen. Denn sicher braucht man nicht die gleichen Qualifikationen zum Kaffeekochen wie ein fachlich ausgebildeter Angestellter. Das heißt aber nicht, dass jemand, der sich um solche Tätigkeiten rund um Kaffeeautomat und Geschirrspüler kümmert, nicht geschätzt wird. Zumindest in meinem Umfeld kann ich sagen, dass die Wertschätzung für diese Aufgaben nicht zu kurz kommt.

Balver - 14. Jul, 02:48

Bist du BWL'er?
iGing - 14. Jul, 00:03

Ich habe es bei einer Bank erlebt, dass die gutbezahlte Chefsekretärin den wesentlich geringer bezahlten Schreibkräften den Kaffee kochte und an die Schreibmaschine brachte, damit diese die Arbeit nicht unterbrechen mussten.

anne.c - 14. Jul, 22:28

Mit dem Beitrag wollte ich keinesfalls Kapitalismuskritik aufschreiben, weil mich die Einteilung der Welt in Kapitalismus – Kommunismus nicht interessiert. Ich wollte damit sagen, dass man bin hin auf die Details von einem inneren Wertesystem geprägt ist. Ich möchte auch nicht gegen Wertesysteme anderer revoltieren. Gut ist aber, wenn man sich des eigenen Wertesystems bewusst ist und verantwortlich damit umgeht. Ob Kaffeezubereiten: selbst oder als Service, das finde ich nur eine interessante Tatsache. Hauptsache, der Kaffee schmeckt!

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