Eine Kundgebung

Berlin

Am Sonntag, den 22.10. nahm ich an einer Demonstrtation „gegen Antisemitismus“ in Berlin am Brandenburger Tor teil. Mir wurde abgeraten, dorthin zu fahren, 300 km mit dem Zug: „was willst du dahin fahren, da kommen doch genug, ob du nun da als Einzelne bist oder nicht, ist doch egal!“ Doch da ich an der ersten, spontanen Demonstration am Brandenburger Tor, gleich am Sonntag nach dem Massaker in Israel nicht hatte teilnehmen können, war es mir wichtig, diese erneute Gelegenheit wahrzunehmen. „Auch wenn ich da als Einzelne keine Rolle spiele, ich werde mich besser fühlen, wenn ich dabei gewesen bin“.

Mir gefiel die Ausrichtung der Kundgebung nicht so sehr, sie war allzu offiziell organisiert: hochrangige deutsche Politiker und Kirchenvertreter standen auf der Rednerliste. Der Bundespräsident Steinmeier: da fällt einem natürlich sofort seine Verneigung vor dem Grab des Palästinenserführers Arafat ein, also vor einem Menschen, der für Mord und Terror an vielen Juden verantwortlich ist, sowie Steinmeiers Glückwünsche an den Iran zum
40. Jahrestag der „Revolution“, einem Land, in dem eine „Uhr“ steht, welche die Tage bis zum
Untergang Israels zählt. Vielleicht wird der 7.Oktober 2023 ja auf der Uhr als ein besonders
erfolgreicher Tag markiert. Dass Herr Steinmeier weder den Kranz an Arafats Grab noch die iranische Uhr auf seiner Rede erwähnen würde, das war mir klar, denn es scheint mir, dass Herr Steinmeier einen Hang zur Beliebigkeit hat. Weiterhin war die höchste Repräsentantin der evangelischen Kirche angesagt, die zwar nicht verantworten kann, was jeder einzelne ihrer
untergebenen Pfarrer sagt, mir gingen aber leider allzu viele Szenen durch den Kopf, bei denen evangelische Pfarrer sich nicht nur „israelkritisch“, sondern israelfeindlich geäußert haben. Und so machte ich mich mit meiner Israelfahne auf den Weg. Da man wirklich kaum etwas tun kann, was den Schmerz der Israeli über das furchtbare Gemetzel, das über sie gekommen ist, auch nur im Geringsten lindern könnte, dachte ich: ich werde das machen,was bei solchen Gelegenheiten pathetisch oft gefordert wird: symbolisch handeln, Zeichen setzen, ja – Flagge zeigen! Welche Funktion hat eine Flagge? Sie ist Symbol, und sie setzt Zeichen. Also befestigte ich meine israelische Fahne am Rucksack und trug sie weit sichtbar 1 ½ Tage durch Berlin. (Davon später mehr).

Genau zur Eröffnung der Kundgebung traf ich am Brandenburger Tor ein. Es schien große Aufregung unter den Veranstaltern zu herrschen, die U-Bahn-Station am Tor war geschlossen, ebenso war der direkte Weg dorthin gesperrt, man musste eine Umleitung gehen. Dazu unzählige Polizisten. Ausgeschildert war nichts. Doch es war einfach, der Masse der Menschen zu folgen. Zuerst stellte ich mich in eine nicht enden wollende Schlange, wo jeder Mensch gründlich abgetastet wurde, bis ich merkte, dass die untersuchten Leute nur diejenigen waren, die direkt vor der Tribüne sein wollten. Auf einen Platz an der Tribüne verzichtete ich lieber, und ich mischte mich in Menge der Menschen ein. Diese Menge war ziemlich groß, sie staute sich noch weit in den Tiergarten hinein. Allerdings wie die
Veranstalter angaben: 25 000 Teilnehmer, das halte ich für übertrieben, so weit ich es überblicken konnte, schätze ich, waren es 10 000 Teilnehmer. Die Beschallung war ausgezeichnet, man konnte an jeder Stelle alles gut verstehen.

Die Conférenciére eröffnete die Veranstaltung mit den Worten: „Wie können wir schweigen?........“ (zum Massaker der Hamas an Juden), und sie sagte auch, dass wir „keine Chance für Relativierung lassen…. (was mich skeptisch werden ließ). Das Wort wurde an Volker Beck, Präsident der deutsch-israelischen Gesellschaft erteilt. Er betonte Israels Recht auf Selbstverteidigung und die Notwendigkeit unserer Solidarität, zuletzt schilderte ziemlich entsetzt die Art und Weise, wie ein in Deutschland lebender Imam mit ihm über das Massaker gesprochen hat.

Dann übernahm Dr. Frank-Walter Steinmeier das Wort. Er sprach über das Grauen, das in Israel herrscht, rief den Juden bzw. Israeli zu: „Ihr seid nicht allein!“ und mahnte, die Geiseln frei zu lassen. Er betonte auch, dass jeder, der „neu“ hierher kommt, wissen müsse, was „Auschwitz“ gewesen sei. Er fand es schade, dass in diesen Tagen der Schutz jüdischer Einrichtungen in Deutschland verstärkt werden müsse, denn in Wirklichkeit wäre Deutschland doch ein vielfältiges und freies Land. Auch beschwichtigte er eventuelle Wut auf Palästinenser, denn es gäbe auch unschuldige Palästinenser.

Letzteres rela􀆟vierte die Conférenciére, als sie verkündete, dass sicher noch mehr Teilnehmer hierher gekommen wären, aber es gäbe in Berlin Menschen, die Angst hätten, zu so einer Veranstaltung zu kommen. Sie konkretisierte die Aussage nicht, aber man hatte das Gefühl, das müssten muslimische Menschen sein, die Angst vor ihren Glaubensbrüdern haben.

Sie übergab das Wort an zwei Bürger Israels, deren nahe Angehörige jetzt Geiseln der Hamas sind, und die durch ihren Einsatz im Ausland für ihre Nächsten die Chance für eine Freilassung erhöhen wollen. Sie erzählten von ihren Angehörigen, von ihrem Schmerz, dass sie von ihnen nichts wissen, von ihrer Angst um sie. Es war ein Vater, dessen Frau und kleine Kinder in den Händen der Hamas sind und eine Frau, deren Schwester gefangen ist. Die gefangene Schwester hatte gerade heute Geburtstag, und deshalb sang die Menge der Kundgebungsteilnehmer „Happy Birthday“ für sie.
Fortsetzung folgt
Iggy - 14. Nov, 14:42

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Und Steinmeier ist ein Heuchler.

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