Eine Impression zum Thema Patriotismus

Vor einiger Zeit saßen wir mit einem Mann zusammen, den wir unter uns „Standa“ nennen, weil er uns an einen unserer früheren Bekannten mit diesem Namen erinnert. Seit Jahren trafen wir ihn oft bei Konzerten, hatten aber nie ein Wort miteinander gesprochen. Früher begleitete er seine immer älter werdende Mutter, die genauso aussah wie er, und die dann eines Tages nicht mehr da war. Danach hatte er seine Frau bei sich, die Ähnlichkeit mit der Mutter aufwies. Jedenfalls saßen wir mit dem Ehepaar nun am Tisch zusammen, und der Herr erwies sich als munterer redseliger Berliner, ostdeutscher Prägung, der in seinem Berufsleben viel herumgekommen war und davon erzählte. Er unterhielt sich angeregt mit dem rumänisch-deutschen Musiker, der das Konzert gegeben hatte. Irgendwie kam die Rede auf Nationalität und Patriotismus, und „Standa“ machte die Bemerkung: „Gäbe es doch nur etwas mehr Patriotismus. Heutzutage darf man ja das Wort Patriotismus gar nicht in den Mund nehmen, ohne gleich in die rechte Ecke gedrängt zu werden!“

Wenn ich so etwas höre, dann denke ich (im Berliner Jargon): Nachtigall, ich hör dir trapsen! Nicht, dass ich Standa nun für einen Rechten halte, obwohl ich ihn durchaus in die rechte Ecke einordne. Abgemildert wird meine Meinung über ihn auch durch die Tatsache, dass er seine Bemerkung mit „Heutzutage“ einleitete, womit oft eine Bemerkung beginnt über etwas, was man sich nicht selbst erworben hat, sondern was abgehört und abgelesen ist und was fast ausnahmslos mit der Realität wenig gemeinsam hat. In erster Linie sprechen solche Bemerkungen von fehlendem Denkvermögen, aber einen rechten Touch haben sie natürlich. Warum auch nicht? Ich verstehe nur nicht, warum die Leute sich so dagegen sträuben, als „rechts“ eingeordnet zu werden.

Im Luftreich des Traums

gegen Ideologien

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