Ein Abend mit dem Schriftsteller Marko Martin
In der nahe gelegenen Stadt wurde zu einem Leseabend mit den Schriftsteller Marko Martin eingeladen. In seinem neuen Buch „Und es geschieht jetzt“ hat er sich mit jüdischem Leben nach dem 7. Oktober beschäftigt. Ich kannte den Schriftsteller nicht, mir fiel aber ein, dass ich seinen Namen manchmal über Zeitungsartikeln gelesen hatte. So machte ich mich neugierig auf den Weg.
Der Schriftsteller – 54 Jahre alt -, stammte aus der ehemaligen DDR. Kurz vor dem Mauerfall war er mit seinen Eltern nach Westdeutschland übergesiedelt als so genannter Totalverweigerer. Das waren die Männer, die nicht nur den Wehrdienst in der Volksarmee verweigerten, sondern auch den Ersatzdienst. Wenn man in der DDR bewandert ist, weiß man, dass ein Totalverweigerer eine große Ausnahme dargestellt hat, und man nimmt ihm seine DDR-oppositionelle Haltung auf jeden Fall ab. Er kam in die Bundesrepublik mit „linken“ Idealen von Demokratie, Wahrhaftigkeit, Gerechtigkeit, Ökologie und hatte aus der Ferne mit den linken westdeutschen Intellektuellen sympathisiert. Sehr schnell wurde er ernüchtert, diese Leute empfand er als oberflächlich, ideologisch und empathielos gegenüber dem Osten und gegenüber Israel. Die große Ernüchterung kam im Golfkrieg 1991. Er konnte es nicht fassen, dass der irakische Präsident Hussein angedroht hatte, Israel mit Giftgas zu überziehen (wozu deutsche Firmen Zutaten geliefert hatten) und gleichzeitig deutsche Jugendliche durch die Straßen zogen, die mit dem Motto „Kein Blut für Öl“ gegen den Golfkrieg protestierten, sich aber nicht im Geringsten um Saddam Hussein, sein Giftgas und seine Absicht, Israel zu vernichten, kümmerten. Genauso hatte ich es damals auch erlebt.
Marko Martin, der sehr kontaktfreudig ist, lernte dann jüdische Schriftsteller kennen, durch sie kam er Berührung mit Leuten aus Israel, und er fühlte sich genau mit diesen Menschen auf einer Wellenlänge. Er hält sich oft in Israel auf. Der 7. Oktober und seine Folgen beschäftigen ihn unaufhörlich, so dass er schließlich ein Buch darüber schrieb.
An diesem Abend las er einige Passagen aus diesem Buch, erzählte über sein Leben und über seine jüdischen Freunde in Berlin und seine Freunde in Israel. Das Fazit war, dass diese Leute ziemlich resigniert sind. Die Juden in Berlin sind meistens in einem großen Freundeskreis vernetzt, aber jetzt wurden sie von vielen Leuten gemieden, keiner fragte, wie es ihnen geht, ja sogar Freundschaften wurden aufgekündigt (sie wurden für Gaza verantwortlich gemacht). Seine Freunde erzählten von ihren Ängsten, öffentlich hebräisch zu sprechen, ihre jüdische Identität vor dem arabischen Taxifahrer verbergen zu müssen, ihre Kinder zum Kindergarten zu schicken. Der Schriftsteller mischt in die persönlichen Erlebnisse auch Ereignisse, von denen er gehört hat, die sich in Berlin zugetragen haben, z.B. wie ein jüdischer Student von einem arabischen Studenten krankenhausreif verletzt wurde und die Universität sich schützend vor den Schläger stellte. Auch kommen immer wieder Reminiszenzen an die Mordtaten der Nazis in den 40-ger Jahren auf, die über die Vorfahren der Protagonisten noch deutlich im geschichtlichen Gedächtnis sind.
Der Lesung anschließend wurden Fragen gestellt. Das Schweigen der Gesellschaft gegenüber Juden wurde thematisiert: dem Schweigen folgt die Dämonisierung. Das schlechte Gewissen über den deutschen Völkermord an den Juden, lässt manche Deutsche zu dem Urteil kommen, dass diejenigen, die dem Völkermord entronnen sind, gemeint sind die Menschen in Israel, „auch nicht besser“, bzw. auch „Völkermörder“ sind. Marko Martin hatte zu allem eine entschiedene Haltung, verbarg aber nicht, dass er und die meisten seiner israelischen Freunde „Linke“ sind, die gegen die Netanjahu-Regierung protestieren.
Das Publikum, das aus etwa 30 Personen bestand, war zufrieden, es klatschte und kaufte sich das besprochene Buch. Man kann sagen: ein kleiner, positiver Punkt in dem schlimmen Spektakel. Wenn sich diese positiven Punkte nur häufen würden!
Der Schriftsteller – 54 Jahre alt -, stammte aus der ehemaligen DDR. Kurz vor dem Mauerfall war er mit seinen Eltern nach Westdeutschland übergesiedelt als so genannter Totalverweigerer. Das waren die Männer, die nicht nur den Wehrdienst in der Volksarmee verweigerten, sondern auch den Ersatzdienst. Wenn man in der DDR bewandert ist, weiß man, dass ein Totalverweigerer eine große Ausnahme dargestellt hat, und man nimmt ihm seine DDR-oppositionelle Haltung auf jeden Fall ab. Er kam in die Bundesrepublik mit „linken“ Idealen von Demokratie, Wahrhaftigkeit, Gerechtigkeit, Ökologie und hatte aus der Ferne mit den linken westdeutschen Intellektuellen sympathisiert. Sehr schnell wurde er ernüchtert, diese Leute empfand er als oberflächlich, ideologisch und empathielos gegenüber dem Osten und gegenüber Israel. Die große Ernüchterung kam im Golfkrieg 1991. Er konnte es nicht fassen, dass der irakische Präsident Hussein angedroht hatte, Israel mit Giftgas zu überziehen (wozu deutsche Firmen Zutaten geliefert hatten) und gleichzeitig deutsche Jugendliche durch die Straßen zogen, die mit dem Motto „Kein Blut für Öl“ gegen den Golfkrieg protestierten, sich aber nicht im Geringsten um Saddam Hussein, sein Giftgas und seine Absicht, Israel zu vernichten, kümmerten. Genauso hatte ich es damals auch erlebt.
Marko Martin, der sehr kontaktfreudig ist, lernte dann jüdische Schriftsteller kennen, durch sie kam er Berührung mit Leuten aus Israel, und er fühlte sich genau mit diesen Menschen auf einer Wellenlänge. Er hält sich oft in Israel auf. Der 7. Oktober und seine Folgen beschäftigen ihn unaufhörlich, so dass er schließlich ein Buch darüber schrieb.
An diesem Abend las er einige Passagen aus diesem Buch, erzählte über sein Leben und über seine jüdischen Freunde in Berlin und seine Freunde in Israel. Das Fazit war, dass diese Leute ziemlich resigniert sind. Die Juden in Berlin sind meistens in einem großen Freundeskreis vernetzt, aber jetzt wurden sie von vielen Leuten gemieden, keiner fragte, wie es ihnen geht, ja sogar Freundschaften wurden aufgekündigt (sie wurden für Gaza verantwortlich gemacht). Seine Freunde erzählten von ihren Ängsten, öffentlich hebräisch zu sprechen, ihre jüdische Identität vor dem arabischen Taxifahrer verbergen zu müssen, ihre Kinder zum Kindergarten zu schicken. Der Schriftsteller mischt in die persönlichen Erlebnisse auch Ereignisse, von denen er gehört hat, die sich in Berlin zugetragen haben, z.B. wie ein jüdischer Student von einem arabischen Studenten krankenhausreif verletzt wurde und die Universität sich schützend vor den Schläger stellte. Auch kommen immer wieder Reminiszenzen an die Mordtaten der Nazis in den 40-ger Jahren auf, die über die Vorfahren der Protagonisten noch deutlich im geschichtlichen Gedächtnis sind.
Der Lesung anschließend wurden Fragen gestellt. Das Schweigen der Gesellschaft gegenüber Juden wurde thematisiert: dem Schweigen folgt die Dämonisierung. Das schlechte Gewissen über den deutschen Völkermord an den Juden, lässt manche Deutsche zu dem Urteil kommen, dass diejenigen, die dem Völkermord entronnen sind, gemeint sind die Menschen in Israel, „auch nicht besser“, bzw. auch „Völkermörder“ sind. Marko Martin hatte zu allem eine entschiedene Haltung, verbarg aber nicht, dass er und die meisten seiner israelischen Freunde „Linke“ sind, die gegen die Netanjahu-Regierung protestieren.
Das Publikum, das aus etwa 30 Personen bestand, war zufrieden, es klatschte und kaufte sich das besprochene Buch. Man kann sagen: ein kleiner, positiver Punkt in dem schlimmen Spektakel. Wenn sich diese positiven Punkte nur häufen würden!
anne.c - 23. Nov, 13:34