Biedermann und die Brandstifter

Nicht weniger hellsichtig wie Friedrich Dürrenmatt war sein Landsmann, Kollege und Zeitgenosse Max Frisch. Wohl sein bekanntestes Theaterstück - es steht in Schulen auf dem Lehrplan – ist „Biedermann und die Brandstifter“. Mir scheint es so aktuell, dass es verwunderlich ist, dass man relativ wenig davon hört und liest.

Der Inhalt ist weitgehend bekannt. Der Fabrikant Gottlieb Biedermann, der sich im normalen Leben als herzlos gegenüber seinen Angestellten erweist, wird von zwei Hausierern heimgesucht, die sich nicht nur rücksichtslos und unverschämt verhalten, sondern die auch sehr auffällig Brandutensilien ins Haus schleppen und vernehmbar darüber reden, wie man effektiv Brände legt. Frech nötigen sie Herrn Biedermann, ihnen Hilfsdienste zu leisten. Aus unerfindlichen Gründen ist dieser nicht nur nicht imstande, Einhalt zu gebieten, sondern mit absurdesten Argumenten rechtfertigt er das Handeln der Eindringlinge, um vor sich selbst das Gesicht zu wahren und keine Schwäche zu zeigen. („Die tun doch nur so, die machen humorvolle Scherze“) Es kam, wie es kommen musste: Herrn Biedermanns Haus ging in Flammen auf.

Wer dieses Drama liest, ist zuerst einmal erstaunt: Ein zwar amüsantes, aber weit übertriebenes und verfremdetes Stück. So etwas kann es in der Wirklichkeit nicht geben.
In Rezensionen gibt es oft einen Vergleich mit der Machtergreifung Hitlers. Der hatte vor seiner Machtergreifung klar seine Absichten bekannt und später das verwirklicht, was er angekündigt hatte. Die Juden, die er als Deutschlands Unglück bezeichnet hatte, waren zu Ende seiner Herrschaft vertrieben, getötet, ausgerottet. Und das nicht allein in Deutschland, sondern in ganz Europa.

Doch ist der Vergleich nicht zutreffend. Hitler hat ja nicht den Deutschen, die ihn dann gewählt haben, die Vertreibung und Vernichtung angekündigt, sondern den Menschen, die er als Untermenschen definiert hatte. Dass Zerstörung und Tod schließlich auf Deutschland zurückfielen, war den zurückschlagenden Nationen zu verdanken.

Viel passender scheint mir der Vergleich zu der heutigen Lage in Westeuropa. Es kommen Heerscharen von Menschen mit einer gewalttätigen Religion nach Europa um Aufnahme zu finden. Nicht jeder Einzelne ist gewalttätig, nicht alle haben die Absicht zu zerstören. Doch zu oft wird die Behauptung verkündet, andere Religionen, vor allem die jüdische, aber auch die christliche wären minderwertig. In verschiedensten Varianten wird die Verachtung anderer Religionen praktiziert. Sei es im Mord an Juden, im Niederbrennen von Kirchen, im Erstechen von Priestern und Lehrern, in Messermorden auf offener Straße. Da die Allgemeinheit, insbesondere Politik und Medien außerordentlich zurückhaltend reagiert, ist die Aufforderung zum „weiter so“ vorprogrammiert.

Das Verhalten der Allgemeinheit erscheint als Pendant zum Verhalten von Herrn Biedermann. (z.B.: der Mord ist Folge, dass sie nicht integriert wurden ((Faeser), wir sind tolerant und weltoffen anderen Kulturen gegenüber, Wenn Menschen durch die Straßen ziehen und zur Vernichtung Israels aufrufen (from the river tot he sea ist ein Symbolspruch dafür), dann heißt es, dass wir Rede- und Meinungsfreiheit haben.

Ebenso wie Herr Biedermann ignorieren wir im Namen allumfassender Toleranz Verhaltensweisen, die Fundamente unserer so genannten Wertegesellschaft unterhöhlen. Die „Brandsätze“ werden in die Gesellschaft geschleppt: Frauenverachtung, Judenhass. Toleranz gegenüber menschenverachtenden Verhaltensweisen bedeutet nicht nur, dass man toleriert, was jetzt gerade geschieht, sondern dass man den Weg frei gibt für weiteres „Zündeln“, ebenso wie beim „Biedermann.

Als was anderes als einen „Brandsatz“ kann man es bezeichnen, wenn von gut 1000 Muslimen auf offener Straße die Forderung nach einem Kalifat in Deutschland ausgerufen werden kann? Ohne entschiedene Konsequenzen. Die Konsequenz wird sein, dass die Forderung nach einem Kalifat sich vervielfältigen wird. Oder ein türkischer Fußballspieler provoziert beim Spiel mit einem so genannten Wolfsgruß, der Kennzeichen für die rechtsextremen „grauen Wölfe“ ist. Der Wolfsgruß kann auch anders gedeutet werden, wurde beschwichtigt. Prompt wiederholten tausende türkische Fußballfans den Wolfsgruß um ihre Gesinnung zu demonstrieren.

An diesen Beispielen sind durchaus Parallelen zu Verhaltensweisen der Brandstifter aus dem „Biedermann“ zu erkennen. Nicht etwa die Tatsache, dass Menschen verschiedener Herkunftsländer und Religionsgemeinschaften hier leben, erinnert an die Brandstifter. Sondern, dass es Menschen gibt, die Werte, Lebensweisen, Traditionen unterhöhlen und dass so etwas hingenommen wird und sogar als Toleranz erklärt wird.

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