Begegnung mit Ruven Moskovic (Teil 6)
Das war also meine Begegnung mit Ruven Moskovic, und ich bezweifle, dass es zu weiteren Begegnungen kommen wird. Nicht weil ich Ruven aus dem Wege gehen möchte. Aber ich kenne Menschen dieser Art, die als selbst ernannte Propheten, Idealisten und Versöhner durch die Lande ziehen. Sie bringen oft Erstaunliches zustande, finden begeisterte Anhänger, Menschen, die ihnen in allen Dingen ergeben sind. Aber untrüglich ist ihr Instinkt, wenn sie auf Leute treffen, die ihnen nicht glauben, die ihr Prophetenamt nicht anerkennen. Mit Ruven habe ich nur einige neutrale und freundliche Worte gewechselt, aber wusste, dass er genau spürte, dass mit mir nichts zu machen ist.
Was mich mehr interessiert als die Person Ruven ist sein Erfolg in Deutschland - wie ihn hier die Leute aufnehmen und als Friedensstifter weiterreichen. Sogar für den Friedenspreis von Aachen ist er im Gespräch. Gerade hat er sich für einen halben Tag in unserem Ort aufgehalten. Er brachte einer Bewunderin eine Kiste seiner Bücher, die sie für ihn vertreiben soll. Es hieß, er wäre schon wieder auf dem Weg in verschiedene deutsche Städte, wo er Vorträge und Buchlesungen halten will, des Weiteren wäre ein Auftritt auf dem Kirchentag geplant.
Außer mir und meinem Mann kenne ich kaum jemanden (aber Ausnahmen gibt es), der Ruven kritisch sieht. Wir haben aus Rücksicht auf unsere Freunde eine zu kritische Diskussion über ihn immer vermieden, denn schon auf leise Zweifel bekamen wir großes Befremden zu spüren. Einmal hörte ich: „An dem Mann muss doch etwas dran sein, wenn so viele kluge und vernünftige Leute von ihm begeistert sind“.
Dass ich mit meiner Meinung ziemlich allein stehe, liegt auch daran, dass die Leute mit dieser Problematik kaum etwas anfangen können. Man weiß zwar, da ist etwas „aufzuarbeiten“, aber das ist so unangenehm, dass man eigenes Nachdenken von sich schiebt. Um so lieber nimmt man ungeprüft alles auf, was einem unter dem Stichwort „Versöhnung“ angeboten wird. Ruven nimmt man so wie er sich selbst darstellt: Als liebenswerten Friedens-Abenteurer. Und dass er an seinem Land Kritik übt, ist höchst lobenswert, jeder Mensch sollte kritisch zu seinem Land sein. Dass er sich in Deutschland überaus wohl fühlt, dazu als Jude, erscheint schmeichelhaft und weckt Assoziationen an das geliebte Wort „Aussöhnung“. Dass er den Deutschen erzählt, Juden können sehr böse Menschen sein, entlastet ein wenig das Gewissen, vielleicht war doch etwas „d´ran“, damals.
Eigentlich hege ich keinen Groll auf Ruven. Ich nehme ihn als den, der er ist, als „balkanischen Schlawiner“. Aber das Denken der Leute, für die er ein einsamer Kämpfer, ein „Friedensabenteurer“ ist, kann ich nicht nachvollziehen. Das kann ich nur so verstehen, dass vielen Leuten ein abstrakteres Reden und Denken als so etwas „Hohes“ vorkommt, dass sie von jedem, der unverständliche Gedankengänge - zudem auch noch zu solch hehren Dingen wie dem Frieden - entwickelt, beeindruckt sind, auch wenn die Kluft zur Realität noch so gewaltig bleibt.
(geschrieben 1997)
Was mich mehr interessiert als die Person Ruven ist sein Erfolg in Deutschland - wie ihn hier die Leute aufnehmen und als Friedensstifter weiterreichen. Sogar für den Friedenspreis von Aachen ist er im Gespräch. Gerade hat er sich für einen halben Tag in unserem Ort aufgehalten. Er brachte einer Bewunderin eine Kiste seiner Bücher, die sie für ihn vertreiben soll. Es hieß, er wäre schon wieder auf dem Weg in verschiedene deutsche Städte, wo er Vorträge und Buchlesungen halten will, des Weiteren wäre ein Auftritt auf dem Kirchentag geplant.
Außer mir und meinem Mann kenne ich kaum jemanden (aber Ausnahmen gibt es), der Ruven kritisch sieht. Wir haben aus Rücksicht auf unsere Freunde eine zu kritische Diskussion über ihn immer vermieden, denn schon auf leise Zweifel bekamen wir großes Befremden zu spüren. Einmal hörte ich: „An dem Mann muss doch etwas dran sein, wenn so viele kluge und vernünftige Leute von ihm begeistert sind“.
Dass ich mit meiner Meinung ziemlich allein stehe, liegt auch daran, dass die Leute mit dieser Problematik kaum etwas anfangen können. Man weiß zwar, da ist etwas „aufzuarbeiten“, aber das ist so unangenehm, dass man eigenes Nachdenken von sich schiebt. Um so lieber nimmt man ungeprüft alles auf, was einem unter dem Stichwort „Versöhnung“ angeboten wird. Ruven nimmt man so wie er sich selbst darstellt: Als liebenswerten Friedens-Abenteurer. Und dass er an seinem Land Kritik übt, ist höchst lobenswert, jeder Mensch sollte kritisch zu seinem Land sein. Dass er sich in Deutschland überaus wohl fühlt, dazu als Jude, erscheint schmeichelhaft und weckt Assoziationen an das geliebte Wort „Aussöhnung“. Dass er den Deutschen erzählt, Juden können sehr böse Menschen sein, entlastet ein wenig das Gewissen, vielleicht war doch etwas „d´ran“, damals.
Eigentlich hege ich keinen Groll auf Ruven. Ich nehme ihn als den, der er ist, als „balkanischen Schlawiner“. Aber das Denken der Leute, für die er ein einsamer Kämpfer, ein „Friedensabenteurer“ ist, kann ich nicht nachvollziehen. Das kann ich nur so verstehen, dass vielen Leuten ein abstrakteres Reden und Denken als so etwas „Hohes“ vorkommt, dass sie von jedem, der unverständliche Gedankengänge - zudem auch noch zu solch hehren Dingen wie dem Frieden - entwickelt, beeindruckt sind, auch wenn die Kluft zur Realität noch so gewaltig bleibt.
(geschrieben 1997)
anne.c - 10. Aug, 14:00