Begegnung mit Ruven Moskovic (Teil 4)
Zu Ruvens „Auftritt“ ging ich mit meiner Freundin allein. Für die Veranstaltung war ein Saal in einem katholischen Begegnungszentrum gemietet worden. Eine Regionalzeitung hatte an dem Tag einen längeren Artikel mit der Zusammenfassung von Ruvens Lieblingsthesen veröffentlicht. Die Leiterin des christlich-jüdischen Forums, eine Lehrerin, hatte die ganze Sache organisiert und war auch diejenige, die später mit ihm am Vortragstisch saß.
Wir waren schon eine Weile vorher dort und stellten die Stühle fürs Publikum auf. Kurz vor dem Beginn der Veranstaltung begann sich der Saal zu füllen, so dass schließlich etwa 50 Menschen zusammen gekommen waren. Jeder, der den Raum betrat, trug ein gelbes Faltblatt vor sich her. Ich bemerkte, dass auch ich solch ein Blatt in der Hand hatte. Es war ein Werbeblatt für eine Städtepartnerschaft Aachen-Jericho. Die Stadt Jericho wurde vorgestellt, die Anliegen, die sich mit solch einer Partnerschaft verbinden, und darauf folgte ein „geschichtlicher Abriss von Krieg und Frieden im Nahen Osten“, der ausschließlich als Terror von „Zionisten“ gegen das palästinensische Volk dargestellt wurde. Als ich den Ursprung dieser Faltblätter erkundete, traf ich auf zwei Männer vor der Tür, die sehr engagiert jeden, der auch nur in ihre Nähe kam, mit diesen Blättern bestückten. Vom christlich-jüdischen Forum waren sie nicht. Trotzdem konnte ich nicht einen der Veranstaltungsteilnehmer entdecken, der über diese Blätter irritiert wäre. Es war geradezu grotesk, wie jeder, der den Vortragssaal betrat, diese Flyer schwenkte. So beobachtete ich eine Weile die Verteiler: Sie sprachen einige ihrer Bekannten an, man hörte so etwas wie: „Den Artikel in der AZ habe ich gelesen, der Mann interessiert mich, endlich mal jemand aus Israel, der sich wagt, diese Dinge auszusprechen.“ Doch Anhänger Ruvens schienen sie trotz des Artikels in der AZ nicht zu sein - „Kaufst du dir das Buch?“, „Nein, ich habe gar kein Geld mit“, „Dann kannst du auch keinen Schaden nehmen“. Die Blätter-Verteiler besuchten die anschließende Veranstaltung nicht, ich konnte aber ihre „Vertrauten“ gut herauserkennen, ihren gespannt-misstrauischen Gesichtsausdruck, der sich dann im Lauf des Abends ganz entspannte.
Und der Abend begann damit, dass Ruven von der Vorsitzenden des christlich-jüdischen Forums den Besuchern vorgestellt wurde. Ruven selbst begann den Vortrag mit einem Spiel auf seiner Mundharmonika, die er einst von zwei arabischen Kindern geschenkt bekam, und die ihn sein Leben lang in seinem Kampf für den Frieden begleitet hatte. Dann erzählte er eine kleine chassidische Geschichte, bei der es um einen Vergleich zwischen zwei Rabbinern ging. Es war zu entscheiden, wer von ihnen der „größere Geist“ sei: Der eine kannte die ganze Thora auswendig, der andere kannte nur einen Vers, den er aber bis in die tiefsten Tiefen ausgelotet hatte. Ruven ließ keinen Zweifel daran, dass er dem Letzteren ähnlich sei und seine Gastgeberin bescheinigte ihm auch sogleich den „großen Geist“, während sie nur ein „kleines Licht“ sei. Ruven machte aus seiner Bescheidenheit keinen Hehl: „Auch viele kleine Lichter können einen Raum erhellen“, tröstete er sie.
Fortsetzung folgt
Wir waren schon eine Weile vorher dort und stellten die Stühle fürs Publikum auf. Kurz vor dem Beginn der Veranstaltung begann sich der Saal zu füllen, so dass schließlich etwa 50 Menschen zusammen gekommen waren. Jeder, der den Raum betrat, trug ein gelbes Faltblatt vor sich her. Ich bemerkte, dass auch ich solch ein Blatt in der Hand hatte. Es war ein Werbeblatt für eine Städtepartnerschaft Aachen-Jericho. Die Stadt Jericho wurde vorgestellt, die Anliegen, die sich mit solch einer Partnerschaft verbinden, und darauf folgte ein „geschichtlicher Abriss von Krieg und Frieden im Nahen Osten“, der ausschließlich als Terror von „Zionisten“ gegen das palästinensische Volk dargestellt wurde. Als ich den Ursprung dieser Faltblätter erkundete, traf ich auf zwei Männer vor der Tür, die sehr engagiert jeden, der auch nur in ihre Nähe kam, mit diesen Blättern bestückten. Vom christlich-jüdischen Forum waren sie nicht. Trotzdem konnte ich nicht einen der Veranstaltungsteilnehmer entdecken, der über diese Blätter irritiert wäre. Es war geradezu grotesk, wie jeder, der den Vortragssaal betrat, diese Flyer schwenkte. So beobachtete ich eine Weile die Verteiler: Sie sprachen einige ihrer Bekannten an, man hörte so etwas wie: „Den Artikel in der AZ habe ich gelesen, der Mann interessiert mich, endlich mal jemand aus Israel, der sich wagt, diese Dinge auszusprechen.“ Doch Anhänger Ruvens schienen sie trotz des Artikels in der AZ nicht zu sein - „Kaufst du dir das Buch?“, „Nein, ich habe gar kein Geld mit“, „Dann kannst du auch keinen Schaden nehmen“. Die Blätter-Verteiler besuchten die anschließende Veranstaltung nicht, ich konnte aber ihre „Vertrauten“ gut herauserkennen, ihren gespannt-misstrauischen Gesichtsausdruck, der sich dann im Lauf des Abends ganz entspannte.
Und der Abend begann damit, dass Ruven von der Vorsitzenden des christlich-jüdischen Forums den Besuchern vorgestellt wurde. Ruven selbst begann den Vortrag mit einem Spiel auf seiner Mundharmonika, die er einst von zwei arabischen Kindern geschenkt bekam, und die ihn sein Leben lang in seinem Kampf für den Frieden begleitet hatte. Dann erzählte er eine kleine chassidische Geschichte, bei der es um einen Vergleich zwischen zwei Rabbinern ging. Es war zu entscheiden, wer von ihnen der „größere Geist“ sei: Der eine kannte die ganze Thora auswendig, der andere kannte nur einen Vers, den er aber bis in die tiefsten Tiefen ausgelotet hatte. Ruven ließ keinen Zweifel daran, dass er dem Letzteren ähnlich sei und seine Gastgeberin bescheinigte ihm auch sogleich den „großen Geist“, während sie nur ein „kleines Licht“ sei. Ruven machte aus seiner Bescheidenheit keinen Hehl: „Auch viele kleine Lichter können einen Raum erhellen“, tröstete er sie.
Fortsetzung folgt
anne.c - 30. Jul, 21:59