Vorschulerziehung in der DDR (Teil 2)

Normal war es, dass man Kinder sehr früh, nach Ablauf des Mutterschutzes, in die Kinderkrippe gab, um schnell wieder arbeiten zu können. Die Gründe dazu waren verschieden, meistens waren es finanzielle Gründe. Eine gestylte Karriere hatten die wenigsten Frauen im Sinn. Studium war oft ein Grund, das Baby in die Krippe zu geben oder auch Alleinerziehung. Es gab Kinder, die sich als „nicht krippen fähig“ erwiesen, was oft eine familiäre Katastrophe war, die Omas waren ja fast immer selbst im berufstätigen Alter.

Aber egal – eigenständige Frauen, zu denen ich mich zählte, hielten sich viel darauf zugute, ihre Kinder n i c h t in die Krippe zu bringen. „Niemals würde ich mein Kind in die Krippe geben!.....“, ein oft ausgesprochener Satz. (Der Meinung wäre ich heute ebenfalls, auch wenn die „Krippe“ eine liebevolle Tagesmutter sein sollte - aber mir scheint es, dass die getaktete durchstrukturierte Lebensweise dem Kind in seiner Entwicklung viel nimmt).

Trotzdem – auch wenn ich die Krippe für meine Kinder gemieden habe (wie der Teufel das Weihwasser), verbrachte ich mein Arbeitsleben ohne jegliche Unterbrechung. Mir war es immer am wichtigsten, eine Lebensweise zu haben, bei der ich frei über meine Zeit verfügen kann. Meine sehr kleinen Kinder wuchsen in einer privaten bzw. später meiner selbständigen Arbeitsstelle auf, oder bei der geliebten Oma bzw. der „Uroma“ im Haus, auf dem Hof, spielend mit anderen Kindern. Und ehe ich mich´s versah, war die potentielle Krippenzeit vorüber, und meine beiden Kinder konnten nun endlich in die staatliche Obhut des Kindergartens kommen.

Es muss wohl in der DDR als Makel empfunden worden sein, wenn jemand eine Lebensweise ausübte, die nicht mit der angestrebten „gewollten“ übereinstimmte. So war eine Familie, die ihre Kleinkinder sehr unbekümmert ohne staatliche Hilfe aufzog, schon eine Art Außenseiterfamilie. Man gab sich große Mühe, dem entgegen zu wirken, und ich möchte mir gar nicht ausmalen, was h i n t e r unserem Rücken gewispert und überlegt wurde. Um einige Ecken herum drang dieses oder jenes an mein Ohr, was mich nicht beeindruckte.

Eines Tages trat beim Anstehen am Bäcker eine Kindergärtnerin an mich heran: „Sie haben doch eine Tochter, die drei Jahre ist. Ich will sie nur darauf hinweisen, dass das Kind jederzeit zu uns in den Kindergarten kommen kann. Sie bekommen auf jeden Fall einen Kindergartenplatz!“. Ich war ehrlich von dieser Fürsorge gerührt und sagte, dass ich mir das auch schon überlegt hätte, und dass ich meine Tochter, wenn es so weit ist, anmelden werde.

Ich ließ mir trotzdem noch fast ein Jahr Zeit für diesen Schritt, aber eines Tages im Sommer – das Kind war 4 Jahre alt – kam der große Tag: der erste Gang in den Kindergarten.
Dieser Tag ist mir in heftiger Erinnerung geblieben. Das Kind war angemeldet. Auf die Idee, mit einer Kindergärtnerin über die Prozedur des „Ankommens“ und des Eingewöhnens zu sprechen, war ich in meiner Naivität nicht gekommen. Ich war davon ausgegangen, dass ich in den ersten Tagen eine Weile des Vormittags im Kindergarten dabei sein werde, um das Kind mit den anderen Kindern bekannt zu machen (so praktizierte es dieses Kind ca. 25 Jahre später mit den eigenen Kindern), und um ihm so das Eingewöhnen zu erleichtern. Die Idee, dieses im Kindergarten zu besprechen und Abmachungen zu treffen, lag meinem Denken leider fern, und ich hatte keine andere Frau an meiner Seite, die mir ihre Erfahrungen mitteilen konnten.
(Fortsetzung folgt)

Im Luftreich des Traums

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