Freitag, 7. Februar 2025

„7. Oktober - Stimmen aus Israel“

Der Almanach „7. Oktober – Stimmen aus Israel“ wurde zum ersten Jahrestag des Überfalls der Hamas zusammengestellt und von der Professorin am Europäischen Forum der Hebräischen Universität Jerusalem Gisela Dachs herausgegeben. Die Publizisten des Almanachs bieten ein breites Spektrum an Berufen: Journalisten, Professoren, Schriftsteller, Religionswissenschaftler und andere geben ihre Gedanken zu den Geschehnissen des 7. Oktobers und des darauffolgenden Kriegs Israels gegen die Hamas wieder.

Stimmen

Die Themen, die sie anreißen und ihre Einstellung zu diesen geschichtlich brisanten Ereignissen sind ebenfalls breit gefächert. Gleich ist allen, dass sie den 7. Oktober als eine Zäsur für den Staat Israel und seine Bewohner ansehen, der schwerwiegende Folgen für die Zukunft hat. Viele schildern als erstes, wie sie selbst diesen Schreckenstag erlebt haben, ob zu Hause in Israel, oder z.B. in Dänemark bei einer Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der Rettung der dänischen Juden oder sogar in einem Bunker in einem Kibbuz. Manche befassen sich mit der Einstellung der UNO-Organisationen, mit den antisemitischen Ausschreitungen im Ausland.
Bei manchen spielt das Verhältnis der Israeli zu Arabern und zu Einwohnern von Gaza eine Rolle.

Daniel Mahla untersucht, wie das innerisraelische Verhältnis zwischen den Volksgruppen gelitten hat und stellt mit Erleichterung fest, dass es nach den ersten Irritationen keine Ausschreitungen an der Universität Haifa und auch sonst im Land gegeben hat. Gideon Reuveni macht sich Gedanken, ob es trotz der Schrecklichkeit des Geschehens nicht vielleicht eine Annäherung zwischen den Völkern geben könnte, analog wie sich das deutsch-israelische Verhältnis nach dem 2. WK entwickelt hat. Ghilad Shenhav setzt sich mit einer Rede eines radikalen Rabbiners auseinander, der ein „Groß Israel“ gefordert hatte, die Shenhav ablehnt, aber der Meinung ist, mit radikalen Vorstellungen muss man sich auseinandersetzen. Assaf Uni schildert, wie er sich als Korrespondent nach dem Massaker den Kibbuz Be´eri angesehen hat, seine Eindrücke und seine Erschütterung.

Einige Publizisten machten sich Gedanken, ob Israel auch genug Empathie für die Gaza-Einwohner habe. Es wurde angemerkt, dass israelische Medien – in Umkehrung der Weltmedien – den Krieg einseitig darstellen und unangenehme Bilder nicht senden. Arad Nir übertreibt es meiner Meinung nach, denn er hat den Verdacht, nein er behauptet sogar, dass nicht etwa Politiker auf die Medien einwirken, sondern dass reine Geldgier die Medien in Israel dazu bringt, genau das zu zeigen, was das Publikum sehen will, damit die israelischen Konsumenten sich als Opfer empfinden können. Wenn man bedenkt, wie viele Israeli tatsächliche Leiden in vieler Hinsicht durch den Krieg hatten, ist diese Behauptung schon eine Frechheit.

Gershon Baskin ist ein Friedensaktivist, der schon immer Kontakt mit Palästinensern hatte. So hatte er nach dem 7.10. private Verhandlungen über die Befreiung von Geiseln geführt, erfolglos wie bekannt ist. Die Schilderung seiner Telefonate mit seinem palästinensischen Bekannten zeigt ein recht gutes Bild von der Denk- und Handlungsweise von Palästinensern.

Ein wenig unfair kam mir die Meinung von Ayelet Gundar-Goshen vor, die der israelischen Regierung unterstellte, dass sie die Bevölkerung bewusst in einem Zustand der Hysterie, Wut und Rachgier halten wollte, um einer nüchternen Debatte über die Kriegsziele aus dem Wege zu gehen. Musste jemand nach diesem Massaker und diesen Verwerfungen künstlich Gefühle schüren?

David Grossmann zeigt eine ambivalente Haltung, er ist praktisch hin und hergerissen. Er ist erschüttert über das Ausmaß der Grausamkeiten, das die Opfer des 7.10. erlitten haben, er bewundert die jungen Leute, die aus aller Welt nach Israel zurück strömten, um für ihr Land zu kämpfen, er beklagt, dass man es in vielen Teilen der Welt für legitim hält, zur Vernichtung Israels aufzurufen. Aber er beklagt auch das Leiden der Menschen in Gaza, empfindet Schuld angesichts des Sterbens unschuldiger Gaza-Bewohner, und kann sich nicht vorstellen, dass es keine Zweistaatenlösung geben sollte, wenn auch nach Verzweiflung und Erschöpfung.

Insgesamt sind es 20 Schriftsteller, die in dem Almanach zu Wort kommen. Mir erscheint die Sprache und die Denkweise einiger Publizisten etwas zu gewollt intellektuell. Die Schilderung von Amir Tibon, wie er 9 Stunden im Kibbuz im Bunker eingeschlossen mit seiner Familie auf die Befreiung wartete ist dem direkten Erleben geschuldet und deshalb am meisten authentisch. Es ist auf jeden Fall interessant, ein breites Spektrum von Ansichten und Denkweisen aus Israel zu erfahren.

Dienstag, 4. Februar 2025

Buchbesprechung „Stimmen aus Israel“

Im Internet fand ich den Hinweis auf eine Veranstaltung in Berlin unter der Bezeichnung „Stimmen aus Israel nach dem 7. Oktober“. Da ich mich gerade in Berlin befand, beschloss ich, die Veranstaltung zu besuchen. Wie ich dann feststellte, war es eine Buchbesprechung und Buchvorlesung eines nach dem 7. Oktober zusammengestellten Almanachs, herausgegeben von Gisela Dachs, Professorin an der Hebräischen Universität von Jerusalem. In manchen Zeitschriften hatte ich schon ihren Namen über Artikeln gelesen.

Der Ort und die Art der Veranstaltung waren überraschend und interessant. Der Saal, in dem ich mich befand, war der Sitz der Eberhard Ossig Stiftung. Davon hatte ich noch nie etwas gehört, und ich fand es interessant zu erleben, was im Verborgenen so alles existiert. Das Publikum, ca. 50 Menschen im mittleren Alter, schien eine eingeschworene Gemeinschaft zu sein, und sie schienen sich zu freuen, wieder zusammenzukommen. Der verstorbene Eberhard Ossig, ein Wirtschaftsprüfer, hatte die Stiftung gegründet mit der Intention, ein tieferes Verstehen des Judentums unter den Christen und des Christentums unter den Juden zu fördern. Sie will erreichen, dass Christen und Juden aufeinander hören und Glaubens- und Lebenserfahrungen miteinander teilen. Ich hatte allerdings den Eindruck, dass weniger religiöse oder geschichtsaufarbeitende Aspekte die Stiftung prägen, sondern vorwiegend kulturelle Aspekte. Und das auf einem hohen Niveau. Die Hauptaktivität der Stiftung ist eine Buchlesung einmal im Monat. Die wird von anspruchsvoller Musik umrahmt. Die Schriftsteller, die z.T. aus ihren eigenen Büchern gelesen haben, waren hochkarätig, z.B. Barbara Honigmann, André Herzberg, Lena Gorelik und viele andere.

Olberz

So las diesmal eine bekannte Radiopastorin und Sprecherin aus dem Almanach „7. Oktober - Stimmen aus Israel“. (Buchbesprechung im nächsten Blogbeitrag). Der Almanach wurde nach dem 7.10. 23 zusammengestellt. In ihm schreiben ausschließlich israelische Publizisten ihre Erfahrungen, Gedanken, Gefühle, die sie zu diesem Schreckenstag hatten. Das Buch spiegelt viel von der israelischen Gesellschaft wider, wenn es auch etwas eine Schieflage nach „links“ hat, also zur anti-Netanjahu Seite. Nach der Lesung hörten wir noch ein Musikstück. Da die Lesungen recht lange gedauert hatten, gab es keine Zeit für eine eventuelle Diskussion, aber das Publikum ging zufrieden nach Hause.

Mittwoch, 29. Januar 2025

Zitate aus dem "Spiegel"

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„Der Holocaust dient Israel als Lehre der Unmenschlichkeit“

»Die Unfähigkeit, die Realität als das zu sehen, was sie ist, kann Israel selbst sehr schaden«

„Israel hat die Erzählung verbreitet, dass jede Kritik an Israel antisemitisch ist. Israel kann also tun und lassen, was es will“.
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Pünktlich, zwischen dem internationalen Holocaustgedenktag und dem Gedenken im Bundestag erschien im „Spiegel“ ein Artikel mit einem Foto, das das zerstörte Gaza zeigte mit der Bildunterschrift: Zerstörung in Gaza: »Israel hat die Erzählung verbreitet, dass jede Kritik an Israel antisemitisch ist. Israel kann also tun und lassen, was es will.«

Das ist so perfide und niederträchtig und spiegelt direkt den Geist des Antisemitismus wider. Wie kommt der „Spiegel“ darauf, dass Israel so eine „Erzählung“ verbreitet hat? Gibt es dafür Belege? Was wäre das für eine „Erzählung“? Etwa die „Erzählung“ von der Verfolgung der Juden in der Geschichte durch die Jahrhunderte, vom Holocaust, von der Vernichtung von 6 Millionen Juden?

Diese „Erzählung“ über Mord und Vertreibung, die sich durch die Geschichte zieht, würden also die Juden dazu benutzen, damit sie auf der Welt tun und lassen können, was sie wollen. Es gab auch schon „die Erzählung“, dass Juden den Holocaust selbst inszeniert haben, damit sie „Palästina kolonialisieren“ können. Dem Antisemiten ist keine noch so abwegige Logik verdreht genug . Das hier ist das altbekannte Stereotyp vom Juden als eigentlichem Weltbeherrscher. Dank dessen, dass er mit dem Erinnern an den Holocaust die Welt erpresst. Ob die Juden den Bundestag und allerhand Staatsführer in Auschwitz auch zum Holocaustgedenken genötigt und erpresst haben?

Aber noch perfider, ekelhafter und antisemitischer ist der Satz, dass die Juden durch den Holocaust gelernt haben, sich unmenschlich zu verhalten. Diese Aussage ist so schlimm, dass sie gar nicht kommentiert werden kann. Warum ist dieser Satz nicht bei der Rede von Präsident Steinmeier gesagt worden? Traute er es sich nicht? Stand er unter dem Vorbehalt, für einen Antisemiten gehalten zu werden, wenn er diese Aussage aufgegriffen hätte? Mir hätte es gefallen, wenn er diesen Satz tatsächlich in seiner Rede aufgegriffen hätte, nämlich um den „Spiegel“ zu demaskieren und bloß zu stellen.

Stattdessen wurde „würde- und pietätvoll“ gedacht. Mit stocksteifen Worten. Immer darauf bedacht, das Wort „Juden“ nicht im Zusammenhang mit Israel zu gebrauchen. Vor jeglichem Antisemitismus und vor der Verleugnung der Vergangenheit wurde gewarnt. Vergessen wurde zu sagen, dass ein beträchtlicher Teil des hiesigen Antisemitismus von Leuten kommt, die in großer Zahl freigiebig ins Land gelassen werden. Vergessen hatte er zu sagen, dass ein beträchtlicher Teil des Antisemitismus solchen Artikeln wie dem des „Spiegels“ geschuldet ist, der sich gern als „Sturmgeschütz der Demokratie“ bezeichnet, und der angeblich von vielen Intellektuellen gelesen wird, und der ihnen beibringt, wie man auf möglichst verdrehte Art denkt.

Noch etwas zu dem im „Spiegel“ gedruckten Satz des israelischen „Völkermordforschers“ Omer Bartov, einer der vielen nützlichen Idioten, die gern hinzugezogen werden, wenn Israel diskreditiert werden soll. (Denn wenn man selbst etwas Kritisches zu Israel schreiben würde, egal was, dann würde man nach „israelischer Doktrin“ als Antisemit gebrandmarkt werden, also sucht man sich jüdische Kritiker zum Kritisieren). Z.B. »Die Unfähigkeit, die Realität als das zu sehen, was sie ist, kann Israel selbst sehr schaden«

Was meint er damit? War es Realität, was am 7. Oktober geschah oder Fiktion?. Hätte man die vielen Geiseln für immer der Hamas überlassen sollen, weil man sich mit der Realität: Unbesiegbarkeit der Hamas abgefunden hat? Hätte man die Grenzen für neue Überfälle öffnen sollen, weil die Realität so aussieht, dass sowieso weitere Überfälle bevorstehen? Hätte man die unablässige Bombardierung des Nordens vom Libanon aus als lästige Realität hinnehmen sollen?

Dass der „Spiegel“ diese Auswürfe gerade zum Holocaustgedenktag in sein Blatt stellt, zeigt, dass er wirklich besessen von diesem Gipfel der Besessenheit ist: jetzt gerade, und wenn man uns dafür rügt, ist es der Beweis, dass jede Kritik als antisemitisch gewertet wird. Der Geist seines Gründers Rudolf Augstein zieht sich durch die Jahrzehnte.

Freitag, 17. Januar 2025

"Geschichtsbewältigung"

In der jüdischen Rundschau war ein Artikel über die Wanseekonferenz 1942. Nicht, dass darin etwas ganz Neues stand, die Konferenz, ihr Inhalt und die dabei Mitwirkenden sind bekannt. Doch war es wieder beklemmend, sich vorzustellen, was diese Leute sich ausdachten, was für ein Vokabular sie benutzten und sich gleichzeitig vorzustellen, wie die Verwirklichung ihrer perversen Gedanken für die einzelnen Menschen, Gemeinden, Orte ausgesehen hat.

Immer wieder einmal bekommt man zu hören, dass Deutschland ein unheimlich tolles Land ist mit höchst aufregender Geschichte und einer beeindruckenden Kultur. Bis eben auf diese 12 Jahre. Wie Alexander Gauland verkündet hat, die wären ein „Fliegenschiss“ im Vergleich mit der übrigen Geschichte. Da frage ich mich, wie aus dieser tollen Geschichte Menschen wie Heydrich, Himmler, Eichmann usw. hervor gehen konnten. In ihrem Gespräch in der Villa benutzten sie Ausdrücke wie „natürliche Verminderung“, „entsprechend behandelt“, „praktische Durchführung der Endlösung“ „entfernt werden“. Und man muss sich vorstellen, wie das – aus der Forschung und aus Büchern von Überlebenden weiß man es – aussah. Und man muss sich vorstellen, dass die Witwe von Heydrich, den man als den „Architekten des Holocaust“ bezeichnet, sich eine lebenslange Rente (incl. Nachzahlungen) für diese „Architektur des Holocaust“ erstritten hat, d.h. es gab in dem „schönen Deutschland, außerhalb der 12 Jahre“ dann immer noch eine Belohnung für die Menschen, die am Holocaust beteiligt waren (ebenso wie die Witwe von Freisler eine hohe Pension bezog, und welche Witwen noch alle etwas bekamen, das weiß ich nicht).

Vor einem Jahr fand in einer Villa in Potsdam ein Treffen von Mitgliedern der AfD statt, das war einigermaßen harmlos, jedenfalls hatte es keine Reichweite und war von unbedeutenden Personen besetzt. Prompt bezeichneten einige Leute, z.B. Innenministerin Faeser das Treffen als eine „2. Wanseekonferenz“. Es hätte zumindest Parallelen dazu. Nun kann man sich durchaus Gedanken machen zu Absichten und Zielen der AfD und auch der Inhalt ihrer Gespräche wäre interessant. Aber überhaupt die Bezeichnung „Wannseekonferenz“ mit so einem Treffen zu assoziieren, das bezeugt eine Ignoranz, zur eigentlichen Konferenz. Das ist - wie man es oft erlebt-, eine Verniedlichung des Holocaust, das lässt die unzähligen Menschen, die auf barbarischste Weise zu Tode gebracht wurden, als Marionetten erscheinen, die auf einem Reißbrett der Geschichtsbewältigung hin und her geschoben werden.

Mittwoch, 8. Januar 2025

Wem gehört das Heilige Land? (Teil 2)

Die Gründung des Staates Israel wäre aus drei Säulen hervorgegangen, er bezeichnete sie als Sekundärfolge der Shoa: Die starken Einwanderungswellen während der Nazizeit und nach dem Krieg. Weiterhin dem schlechten Gewissen der Welt und einer „Überidentifikation“ mit dem Leiden der Juden. Was er unter Überidentifikation verstand, konnte ich mir nur so auslegen, dass es etwas übertrieben war, den Juden wegen des Holocaust einen Staat zu gewähren. Dass die Shoa (wie er es sagte) etwas ganz Schreckliches war, dieser Meinung war er, allerdings begrüßte er die Gründung Israels nicht. Denn die war mit einer Vertreibung der Palästinenser verbunden, nämlich der Nakba. Dass die Palästinenser überwiegend vertrieben wurden und nicht etwa von arabischen Führern zur Flucht aufgerufen worden waren, das würde der israelische Historiker Ilan Pappe belegen, auf andere wissenschaftliche Erkenntnisse stützte er sich nicht. Warum 20 % der israelischen Einwohner Araber sind, ging daraus nicht hervor. Den Juden, die aus den Gebieten vertrieben wurden, die vorher in dem Teil des Landes wohnten, das nicht zu Israel gehören sollte und die dort bedeutende Kulturleistungen erbracht hatten, wurde kein Begriff wie Nakba zugestanden – vielleicht weil sie schon den Holocaust für sich reklamieren konnten. Er war der Meinung, dass es ein Skandal sei, dass die palästinensischen „Flüchtlinge“ bis heute in Lagern leben und von ihren arabischen Brüdern nicht integriert wurden.

Der Bischof vermied es, allzu konkret auf geschichtliche Details einzugehen. Man bekam aber mit, dass dieser Teil der Erde vor dem 1. WK zum Osmanischen Reich gehörte und danach von den Engländern als „britisches Mandat“ verwaltet und beherrscht wurde. Die Engländer hätten nach ihrem Abzug 1948 die Grenzen der Staaten, die neu entstanden, sehr willkürlich gezogen ohne Rücksicht auf die Befindlichkeiten der dortigen Volksgruppen. Das kollidiert meiner Meinung nach mit seiner Aussage, dass Land sowieso keine Erlösung bringt. (In dieser Beziehung wundere ich mich – ebenso wie bei Vorträgen und Aufsätzen anderer -, dass die Gründung anderer Staaten wie z.B. Jordanien (am 25. Mai 1946) als selbstverständlich und nicht der Rede Wert angesehen, während die Gründung Israels (am 14. Mai 1948) mit dem Nimbus von etwas, was sich nicht gehöre umgeben ist. Das hat der Bischof allerdings nicht wörtlich gesagt).

Einige Aussagen fand ich über der Grenze des Vertretbaren. Der Abzug von Gaza erfolgte 2005, und bis heute ginge die Abriegelung weiter! Kein Wort von Raketenbeschuss, kein Wort von der blutrünstigen Herrschaft der Hamas, von den Tunneln. Dann fiel der Ausspruch von den Bewohnern des Westjordanlandes, die nun schon 49 (!) Jahre unter Besatzung leben. Hatten sie vorher einen Staat, der ihnen vor 49 Jahren genommen wurde? Wer hat diesen Staat regiert, wer hat ihn ihnen genommen?

Dann folgte ein Überblick über die drei wichtigen Religionen der Region und ihre Geschichte. Der Islam gelte als antijüdisch, das wäre aber pauschal, denn der Islam hätte allerhand aus dem Judentum übernommen. Später wäre der Islam „kritisch“ gegen die Juden geworden. Ich weiß nicht ob er mit „kritisch“ das Abschlachten der gut 700 Juden durch Mohamed meinte oder die Passagen im Koran, dass man jeden Juden, dessen man habhaft werden kann, töten soll, denn davon wurde nichts gesagt. Dass im Alten Testament Verse stehen, die besagen, man solle alles Nichtisraelische ausrotten, das erwähnte er dagegen ausgiebig, las diese Verse vor und meinte, das Blut bliebe einem dabei stehen. Er sagte, dass später, bei den Propheten überhaupt nicht mehr so gesprochen wurde und dass das Judentum Fremdlinge als gleichberechtigt angesehen hatte. Es war also eine umgekehrte Entwicklung wie im Islam, aber das musste sich jeder selbst denken. Über die Christen im Heiligen Land gab er Auskunft, dass sie vor allen Dingen für ihre Gewaltlosigkeit bekannt wären.

Der Vortrag endete ziemlich abrupt. Der gastgebende Pfarrer dankte und lobte die Zuhörer für ihr stilles Zuhören. Die Zuhörer nahmen es sich zu Herzen und blieben weiterhin still, auch nachdem sie zu Fragen aufgefordert wurden. Ich hatte den Eindruck, die vielen Fakten haben sie erschlagen. So meldete ich mich zu Wort, fragte nach der Meinung zu den Gerüchten, dass bei palästinensischen Christen die Bestrebung bestehe, Jesus als einen Palästinenser für sich zu reklamieren. Das verneinte der Bischof kategorisch, er wusste nur, dass Jesus für einen Juden aus Palästina angesehen wird. Als die Zuhörerschaft weiter stumm blieb, fragte ich ob es wahr sei, dass christliche Palästinenser das Westjordanland verlassen und ob das auf Druck der israelischen Regierung geschehe. Der Bischof – immer lavierend – bestätigte die Fluktuation und meinte, dass die Christen starkem Druck von beiden Seiten, der jüdischen und der muslimischen ausgesetzt wären. Die übrigen Zuhörer waren weiterhin nicht zu Fragen animiert, und da ich kein Zwiegespräch halten wollte, enthielt ich mich weiterer Fragen.

Das Publikum klatschte brav und spendete ebenso brav für den Jerusalemverein.
(Ende)

Samstag, 4. Januar 2025

Wem gehört das Heilige Land? (Teil 1)

Da im letzten Beitrag die Links nicht funktionierten, werde ich den Beitrag, den ich schon vor einigen Jahren schrieb, noch einmal einstellen (in zwei Teilen). Ich empfand die Veranstaltung
damals als symptomatisch für die Einstellung vieler Kirchenvertreter in Deutschland. Der Artikel zeigt auch, dass es nicht der Gaza-Krieg ist, der in evangelischen Kirchen Abneigung gegen Israel hervor gerufen hat, sondern dass diese Abneigung verinnerlicht ist über Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte.
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Wem gehört das Heilige Land?

Diese Frage stellte sich der norddeutsche Bischof Abromeit, und da er anderen Menschen seine Gedanken mitteilen wollte, hielt er in verschiedenen Kirchengemeinden Vorträge darüber. Dank meiner vielfältigen Erfahrungen über die zwiespältige Haltung deutscher Christen zum „Heiligen Land“ hatte ich den Verdacht, bei so einem Vortrag Interessantes zu erfahren und fuhr in den Nachbarort um ihn mir anzuhören.

Die Veranstaltung fand in einem kleinen Kirchlein statt. Es war gut gefüllt, überwiegend mit Urlaubern. Ein Gastpfarrer aus Chemnitz hielt die Begrüßung und erzählte, dass er zu Hause den Vorsteher der jüdischen Gemeinde gebeten hatte, einen Vortrag über Israel zu halten, und dieser hätte abgelehnt, denn er wäre als Chemnitzer Jude nicht für Israel zuständig. Der Bischof, obwohl ein deutscher Christ, hielt sich durchaus berufen, in Deutschland die Geschichte Israels zu beleuchten.

Sein Vortrag war rhetorisch gekonnt, systematisch aufgebaut und vermied jede emotionale Aussage zum „Heiligen Land“. Der Vortrag strotzte von Zahlen und Daten, was die Besucher etwas verwirrte und ermüdete. Ein Fazit, wem nun dieses Land gehören würde, gab es nicht, und das Publikum blieb mit der Erkenntnis zurück: Es gibt keine einfachen Lösungen.

Kontinuierlich schimmerte durch den Vortrag der Eindruck, dass der Vortragende es nicht für gut befindet, dass Juden in Israel leben und ihren eigenen Staat haben, denn „Land bringt keine Erlösung“ und „Gott bindet sich nicht an ein Territorium“, so war seine Aussage. Viele nebenher ausgesprochene Bemerkungen ließen den Eindruck entstehen, dass Juden in dieser Gegend nicht unbedingt zu Hause sein sollten, denn im 19. Jahrhundert lebten dort nur 17 000 Juden, dagegen 400 000 Araber. Nach mehreren Einwanderungswellen lebten bei der Staatsgründung 1948 600 000 Juden auf dem Gebiet. Dass zu Ende des 19. Jahrhunderts die Idee des Zionismus, den er offensichtlich missbilligte, aufkam, sah er in der Entfremdung zwischen Juden und Christen, in der Entfremdung der Ost- und Westkirche und in dem Aufkommen der Nationalstaaten. Ganz logisch waren der Inhalt des Vortrags und die Begründungen nicht. Der Begriff Antisemitismus wurde vermieden.

Der Bischof meinte, der Zionismus hätte einen Geburtsfehler, denn dieser strebe eine jüdische Parallelgesellschaft an in der nur Juden lebten, während in alter jüdischer Zeit, zur Zeit des alten Testaments, viele Völkerschaften auf dem Gebiet gelebt hätten. Wie viele Araber und andere Völkerschaften auch heute in Israel leben, wurde vorsichtshalber nicht erwähnt. Mehrmals fiel der Begriff: „Ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land“, er sagte aber nicht, dass dieser Satz von christlichen Autoren (höchstwahrscheinlich Lord Shaftesbury) geprägt wurde und nicht die Richtschnur für jüdische Einwanderer war.

Obwohl der Bischof seinen Vortrag systematisch mit Punkten und Untergliederungen aufbaute, herrschte innerhalb der Punkte wenig Logik, ja sogar Missverständliches. So erzählte er einfach mal zwischendurch, dass sich die jordanische Königin und Frau Netanjahu auf dem Nahostgipfel 1996 unterhielten, und die Königin meinte, die Israeli würden die Araber nicht anerkennen, worauf Frau Netanjahu antwortete: Wir brauchen doch die Araber als Arbeiter! Das sollte vielleicht eine Begründung dafür sein, dass viele Araber in Israel leben oder eine Begründung für etwaige Missachtung der Araber, uneingedenk der Tatsache, dass viele Araber in Israel freier leben als in jedem arabischen Land, und dort ihren Wohlstand und ihre Lebensgrundlage haben. (Fortsetzung folgt)

Donnerstag, 26. Dezember 2024

Wie antisemitische Stereotype transportiert werden

Mir flatterte ein Heftchen ins Haus, das heißt „Welt-Blick“ und ist das Magazin der Berliner Mission. In diesem Heft fand ich einen Artikel: „Wer den Frieden will….“, verfasst vom Nahostreferenten, Dr. Simon Kuntze der auch Geschäftsführer des Jerusalemvereins ist. Mit dem Jerusalemverein hatte ich schon meine Erfahrungen gemacht. (Den Vortrag „Wem gehört das Heilige Land?“- eine reine Delegitimierung Israels) Der Artikel dreht sich weniger um Einzelheiten des Gaza-Kriegs, sondern er stellt Überlegungen an, wie mit Hilfe von betenden Christen Verständigung und Frieden geschaffen werden kann.
Der Artikel ist belanglos, man könnte über ihn hinweg lesen, er ist gespickt mit vielen schönen Worten, alles umkreist den Begriff „Frieden“.

Er fängt an mit einer Zeile eines Liedes, das in Israel (wohl nach dem 7.Oktober) oft gesungen wurde, übersetzt heißt es: „Bekriegt sie, schlagt sie“, das als Aufforderung zum Krieg gegen Gaza verstanden werden sollte, „ohne auf Zivilisten Rücksicht zu nehmen“.
So hätte Israel den Krieg gegen die Hamas beabsichtigt: „ohne dabei auf zivile Opfer Rücksicht zu nehmen“

Was dem Krieg voraus ging, das spielt bei Herrn Kuntze keine Rolle, da gab es mal so einen ominösen, nicht näher bezeichneten „7. Oktober“, der führte bei Israelis einfach nur zu Unsicherheit und zur Gleichgültigkeit gegenüber palästinensischen Zivilisten. Dass sich viele palästinensischen Zivilisten an den Massakern beteiligten, spielt wiederum für Herrn Kuntze keine Rolle. Insgesamt werden beide Seiten als etwa gleichwertig geschildert, die sich allerdings als Feinde wahrnehmen. Dass genau in den verwüsteten Orten am Gazastreifen viele „Linke“ Israeli lebten, inzwischen sind sie zum großen Teil tot, die sich ausgesprochen aktiv den Palästinensern zugewendet haben und an gemeinsamen Projekten beteiligt waren, hat Herr Kuntze nicht wahrgenommen, ebenso nicht, dass vor dem 7.10. oft palästinensische Kinder in israelischen Krankenhäusern behandelt wurden, während in Gaza-Krankenhäusern Waffen gelagert und Kommandozentralen der Hamas eingerichtet wurden. Es ist eben einer wie der andere, beide von „Misstrauen und Polarisierung gekennzeichnet“.

Überhaupt wäre der 7. Oktober geschehen, weil die israelische Regierung nicht genug aufgepasst hat. Und nun wäre es Zeit, dass USA und Deutschland mehr Druck auf Netanjahu ausüben, der wohl das personifizierte Böse in der Region ist, denn andere Namen wurden nicht genannt.

Der Beschuss Iran-Israel wird so geschildert: „Israel und Iran beschossen einander mit Raketen“. Israel wird natürlich als erstes genannt, es hatte wohl einfach mal so Lust, Raketen auf Iran zu schießen. Vollkommen verschwiegen werden jegliche Drohungen, Israel auszulöschen, seine Bewohner zu vertreiben und zu töten, den „7. Oktober immer wieder zu wiederholen“. Verschwiegen werden Terrorattentate mit unzähligen jüdischen Opfern, meistens jungen Leuten, und dieser Terror fand in Israel statt in Zeiten, die man als „friedlich“ bezeichnet, verschwiegen werden ebenso die Geiseln.

Dagegen gestellt wird die christliche Praxis, um den Frieden zu beten, zu versöhnen und mit friedensbereiten Personen zusammen zu arbeiten.

Da frage ich mich bei der Friedfertigkeit von Christen: Warum schreiben sie in ihren Publikationen Artikel, die Israel dämonisieren, warum verschweigen sie punktgenau die Tatsachen, die zum Verstehen von Israel beitragen könnten? Warum verschweigen sie ebenso punktgenau Tatsachen, die ein realistisches Bild von Gaza und von den Palästinensern zeichnen könnten?

Kann man Simon Kuntze als Antisemiten bezeichnen? Wohl nein, und wenn, dann ist er sich dessen nicht bewusst. Aber solche Traktate kann man schon als antisemitisch bezeichnen, weil sie nach dem Motto: ´Steter Tropfen höhlt den Stein´ oder wie unterschwellige Kaufhauswerbung die Botschaft von den „unversöhnlichen“ Juden in die Welt posaunen. (Etwas wird beim Leser schon hängen bleiben).

Donnerstag, 19. Dezember 2024

Positionen von "Idealisten" Teil II

Um wieder auf UNO, Kirche und Linke zurück zu kommen. Sie wissen genau, wie es bei den Palästinensern zugeht, zu sehr verbreitet sind Berichte über ihre Lebensweise und Mentalität. Also ist ihre Liebe zum palästinensischen Volk wissend, bewusst und aus eigenem Antrieb. D.h., sie w o l l e n sich für Menschen einsetzen, die in hohem Maße gewalttätig sind, man könnte auch sagen mit „Schmuddelkindern“, die Terrorismus verherrlichen und ausüben, Kindersoldaten heranzüchten. Sie scheinen sich auch nicht für diese Menschen einzusetzen, um sie dazu zu bringen, eine moralischere und ethischere Lebensweise anzunehmen. Im Gegenteil, sie lassen durchblicken, dass das, was in dem Verhalten der „Schmuddelkinder“ nicht den ethischen Normen entspricht, eine Reaktion auf etwas viel „Schlimmeres“ ist. Jede Gewalttat der „Schmuddelkinder“ ist gerechtfertigt, denn „sie leben nicht im luftleeren Raum“.

Ich sehe den Papst betend vor einer Krippe mit einem so genannten Palästinenserkind, das auf einer Kufiya liegt, einem Symbol für den palästinensischen Kampf, der wiederum durch unzählige Attentate mit tausenden jüdischen Toten gekennzeichnet ist. Der Papst betet nicht ein Jesuskind an, das Stifter einer Religion der Nächstenliebe und Erlösung ist, sondern ein Jesuskind, das auf einem Symbol für Terrorismus liegt, also er betet den Terrorismus an. Das kann kein Versehen sein. Der Papst unterwirft sich dem Zeitgeist und verliert dabei alle Hemmungen.

„Linke“ sind tatsächlich für Gerechtigkeit und Gleichheit. Dass es in der Praxis von Linken in allen Epochen ihres Wirkens so aussah, dass es „Gleiche“ gab, nämlich die Mehrheit der Menschen und diejenigen, die „gleicher als die anderen“ waren und dementsprechend über Privilegien verfügten, das weiß man aus der Geschichte. Dass „Linke“ sich von den Palästinensern angezogen fühlen, kann man auch so erklären, dass bei Letzteren das gleiche Prinzip herrscht, dass diejenigen, die über hohe Privilegien verfügen, erhoben sind über die Masse der verarmten Menschen. Die Liebe zur Gewaltanwendung mag die Linken auch anziehen.

So kann man feststellen, dass diejenigen Vertreter, die sich am meisten vom Verhalten der Palästinenser angezogen fühlen, Gruppen sind, die sich als idealistisch bezeichnen. Warum das so ist, darüber müsste man nachdenken und käme zu dem berühmten Orwell-Zitat: „Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei, Unwissenheit ist Stärke“

Anmerken möchte ich noch, dass es in all diesen Gruppen, auch bei den Palästinensern, Menschen gibt, die ihre Ideale auch wörtlich nehmen und leben. Sie dringen nur nicht so nach außen.

Im Luftreich des Traums

gegen Ideologien

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