hat man in letzter Zeit vor verschiedenen Substantiven gelesen. Drei Jugendliche wurden bei Hebron, d. h. im palästinensischen Autonomiegebiet entführt, es gibt keine Spur von ihnen. Ob es drei Talmud- oder Jeshiwaschüler waren, sei dahin gestellt. Ob man sie als drei Studenten, drei Schüler oder drei Kinder bezeichnen soll, darüber kann man streiten. Das Wort nach der Drei über das ich schreiben wollte, sind drei Finger. Sie werden von palästinensischen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen hoch gehalten, fotografiert und ins Internet gestellt, und zwar in großer Zahl und in verschiedenen Variationen. Die Bedeutung dieser Geste ist: Drei Juden haben wir gefangen. Oder auch: Drei Juden zappeln an einer Leine wie drei gefangene Mäuse - so habe ich es in einer palästinensischen Cartoonzeichnung gesehen. Oder ebenfalls ein palästinensischer Cartoon: 3 Köpfe mit den Gesichtszügen der drei Jugendlichen werden vom palästinensischen "Sieger" in ein Tor geschossen.
In den deutschen Medien wird immer wieder erwähnt, dass es noch gar nicht bewiesen sei, dass hinter der Entführung die Hamas stecke, ja dass es nicht einmal bewiesen sei, dass es sich um eine Entführung handle (Es sind übrigens die gleichen Medien, die immer wieder einmal einen palästinensischen Olivenbauern unter seinem Baum hervor holen, und ihn die absurdesten Dinge sagen lassen, die Reporter können ja nichts dafür, was er sagt). Ich las sogar die Vermutung, dass diese verschwundenen Jungen Netanjahu gut in sein Konzept passen, denn so könne er die Einheitsregierung von Fatah und Hamas kompromittieren. Als ich das las oder hörte, fiel mir mein Verschwörungstheoretiker (im Blog 11.+14. Oktober 2011) ein.
Wo bleiben die Stimmen, die immer wieder sagen: "Freunden muss man auch einmal kritisch die Meinung sagen können?" Können Zeitungsredakteure, Bischöfe, Politiker, von denen ich diesen Satz in Variationen hörte, nicht einmal ihre palästinensischen Freunde zur Seite nehmen und ihnen kritisch die Meinung sagen, dass es infam ist, die Not und die Angst der verschwundenen Jugendlichen, ihrer Eltern und Angehörigen mit diesen massenhaften menschenverachtenden Internetspots und schändlichen Karikaturen zu verspotten?
anne.c - 23. Jun, 23:17
Auf einer Autoreise quer durch Ostdeutschland geriet ich per Zufall (weil ich aus Versehen von der Umgehungsstraße abgekommen war) direkt vor die Jacobi Kirche in Perleberg. Da ich nun schon vor der Kirche stand, wollte ich sie mir ansehen. Mein Augenmerk gilt den Kriegerdenkmälern in den Kirchen, da diese meiner Meinung nach einen hohen Stellenwert in kirchlichen Räumen haben. Dabei befremdet mich mehr als die Anwesenheit dieser Tafeln die Anhänglichkeit mit der in der Regel Kirchenvorstand und Gemeinde an ihnen festhalten und sie unter keinen Umständen infrage stellen, trotz der nach Außen heftig demonstrierten Friedefertigkeit der evangelischen Kirche. In Perleberg suchte ich lange, denn das Kriegerdenkmal war in das bunt verglaste Fenster, direkt hinter dem Altar eingelassen mit folgender Inschrift: "Zum ehrenden Gedächtnis der im Weltkrieg gefallenen Heldensöhne dieser Gemeinde Perleberg - des kurmärkischen Feldartillerie Regimentes 39 und der Ulanenregimenter 11 und 15". So bestätigte sich wieder meine Vermutung: Wenn in einer Kirche kein Heldendenkmal zu finden ist, so liegt es daran, dass man nicht lange genug danach gesucht hatte.
Auf der Fahrt nach Hause freute ich mich - wie jedes Mal - an den übergroßen Holzmedaillons, die schon seit ewigen Zeiten, also etwa seit 20 Jahren, an einem Waldrand weit auf die Autobahn mit der Aufschrift mahnen: "Rettet den Wald, schützt die Bäume" und so überlegte ich wieder, ob sie den Autofahrern einfach ein schlechtes Gewissen einjagen sollen oder ob sie animieren sollen, nach der Reise an die Ostsee zu Hause einen Baum zu pflanzen. In regelmäßigen Zeitabständen sind diese beiden Schilder nicht mehr zu erkennen (wie auch diesmal), weil sie mit jungen Bäumen zugewachsen sind. Und regelmäßig werden die Bäume vor den Schildern abgeholzt, damit sie ihre Mahnung zur Rettung der Bäume weiter verkünden können.
anne.c - 16. Jun, 17:57
Anfang Juni hatte ich während der Arbeit Deutschland-Radio eingeschaltet, hörte gar nicht genau hin, aber plötzlich schwirrten mir ein paar Worte um die Ohren: "Nethanjahu - angebliches Autobusattentat - provoziert Abbas". Ich wusste nicht, worum es ging, aber schon die paar Worte sagten eigentlich alles. Warum sollte der israelische Ministerpräsident Nethanjahu ein angebliches Autobusattentat wozu auch immer benutzen? Hat es nicht jede Menge schlimmster Busattentate in Israel gegeben mit hunderten von Toten, zerfetzten Menschen, und mit überlebenden Schwerverletzten, die weiterhin leiden? Wenn Nethanjahu um irgendeine Meinung kund zu tun, nicht die tatsächlichen Bilder eines Bombenattentats benutzte, sondern vorgetäuschte, dann müsste er verrückt sein, aber ich nahm an, dass eher diejenigen verrückt sind, die es ihm unterstellen.
Später erfuhr ich, worum es bei diesem "vorgeblichen" Busattentat ging. Nethanjahu wollte darauf aufmerksam machen, mit welcher Art Partner, nämlich dem Führer der Hamas Hanija, sich die "gemäßigte" Fatah zusammen tut. Mit einem Menschen, der den Tod vieler israelischer Zivilisten auf dem Gewissen hat, und der sich die Vernichtung des Landes Israel auf seine Fahnen geschrieben hat. Netanjahu hat über Twitter ein Foto ins Internet gestellt: Oben waren vor rotem Hintergrund die Köpfe von Hanija und Abbas, und darunter ein Foto eines ausgebrannten Busses. Der Text dazu: "Präsident Abbas, triff neue Partner!" (man muss dazu wissen, dass diese "Partner" sich einst bis aufs Blut bekämpft haben, und sich zu Hunderten gegenseitig abschlachteten) und darunter steht: "Hamas-Selbstmordattentäter" ermordeten Hunderte Israeli.
Spiegel-Online kommentierte dazu: "Israel boykottiert die neue Einheitsregierung der Palästinenser. Regierungschef Netanjahu twitterte eine diffamierende Fotomontage. Sie zeigt, was er vom Palästinenserpräsident Abbas und seinem neuen Partner Hamas hält".
Nicht nur SPON, sondern auch diverse Rundfunksender lassen den Anschein entstehen, dass die Vereinigung von Hamas und Fatah etwas grundsätzlich Gutes ist. Selbst wenn Israel der Leidtragende von unzähligen ihrer Gewalttaten ist, soll es still sein, sich nicht dagegen wehren, und sich nicht damit auseinander setzten. Selbstmordattentate sind nicht das Schlimme, sondern ihre Darstellung und der Hinweis auf den Verursacher. Was für eine Logik!
Insgesamt hat die Welt und insbesondere Europa sehr viel Sympathie für die Einheitsregierung von Fatah und Hamas. Warum sollte die Hamas ihre Charta ändern?
So steht es in ihrer Charta (Artikel 7): "Der Prophet - Andacht und Frieden Allahs sei mit ihm - erklärte: Die Zeit wird nicht anbrechen, bevor nicht die Muslime die Juden bekämpfen und sie töten; bevor sich nicht die Juden hinter Felsen und Bäumen verstecken, welche ausrufen: Oh Muslim! Da ist ein Jude, der sich hinter mir versteckt; komm und töte ihn!"
Nicht nur die Juden Israels, sondern jeder Jude soll laut Hamas-Charta getötet werden. Es muss Menschen geben, die damit so sehr einverstanden sind, dass schon einen Hinweis darauf als diffamierend empfunden wird.
anne.c - 10. Jun, 22:08
Als sich die DDR ihrem Ende zuneigte - auch wenn es den Leuten nicht bewusst war -, versuchte man in der verzweifelten Abwehr des Niedergangs den Bürgern vieles zu bieten, was bis dahin tabu war. So lief etwa 1988 oder 1989 ein Film über Nordkorea im DDR-Fernsehen. Er kam fast ohne Worte aus, denn die Bilder sagten alles. Zu sehen waren Massenaufmärsche, Großveranstaltungen mit hervorragend inszenierten lebendigen Bildern, Paraden, Arbeitsbrigaden. Menschen traten nicht einzeln, sondern nur in der Masse auf. Der Film hinterließ einen beklemmenden Eindruck. Ich dachte: so etwas kann nicht lange so weiter gehen, es widerspricht doch allem Menschlichen!
Inzwischen sind 25 Jahre vergangen, und alles, was aus Nordkorea zu hören ist (es ist eher wenig), übertrifft den Eindruck von 1989 bei Weitem. Der Bericht des Flüchtlings Shin Dong-hyuk aus dem Lager 14 gibt einen Einblick in die schreckliche Welt der nordkoreanischen Gefangenenlager. Von der großen Hungersnot haben wir gehört und diese und jene Filmsequenz drang zu uns. Die Gerüchte um die Hinrichtung - mag es alles wahr sein oder nicht - des politischen Ziehvaters und Onkels des jetzigen Staatspräsidenten samt Nachkommen klingen entsetzlich. In Nordkorea scheint der Gipfel der Entmenschlichung erreicht zu sein, und all das läuft unter der Bezeichnung: Kommunismus.
Wenn man sich die Länder anschaut, die bereits vom Kommunismus - mehr oder weniger lange - beherrscht waren, so kann man vieles von dem, was Nordkorea auszeichnet, wieder entdecken. Wenn man sich an das Gulag-System in der Sowjetunion erinnert, die Aufmärsche, die Plattenbauten, in denen die Menschen wie in Käfigen wohnten, die Entmenschlichung - alles hat es schon gegeben. Nur äußere Zwänge verhinderten, dass die kommunistischen Systeme sich jeweils nicht so perfekt entwickeln konnten, wie es in Nordkorea der Fall ist. Mag mancher auch an einen Kommunismus mit menschlichem Antlitz glauben, ich möchte behaupten, dass der Kommunismus ohne Fesseln so aussehen würde wie in Nordkorea, denn im Wesen der dahinter stehenden politischen Doktrin ist etwas grundfalsch.
anne.c - 6. Jun, 13:44
ist ein Verein, dem ich, zugegeben, mit einem gewissen Misstrauen gegenüber stehe. Aber nichts desto Trotz begab ich mich auf eine Informationsveranstaltung des Volksbundes, die mit der Einweihung einer Gedenkstele für 40 in einem KZ-Außenlager ungekommenen KZ-Häftlingen verbunden war. So hatte ich bereits eine Lektion gelernt: Der Volksbund kümmert sich um verschiedene "Opfergruppen".
Im Bericht des Landesgeschäftsführers, in dem er die Teilnehmer mit dem Anliegen der Kriegsgräberfürsorge vertraut machte, hieß es, dass an allererster Stelle der Prioritäten die Mahnung für den Frieden stehe und dass alle Kriegsgräber Mahnmale für den Frieden seien. Für alle Kriegsgräber gelte: Sie haben ein ewiges Ruherecht, und sie müssen registriert sein.
Das ewige Ruherecht veranlasste mich, zur Pastorin neben mir zu schauen, denn ich nahm an, es müsste sie beunruhigen. Es schien nicht der Fall zu sein - ungerührt schaute sie den Vortragenden an. Ewig: Ist es nicht eine Kategorie außerhalb des Menschlichen? Sind Menschen befugt, über die Ewigkeit zu entscheiden? Das ist doch eine Angelegenheit, die wenn ich mich nicht irre, dem Herrgott zusteht. Wir selbst vermögen kaum unsere eigene Lebenszeit zu überblicken. Wäre es nicht sinnvoll zu sagen: Lassen wir sie 100 Jahre ruhen, und die Generationen nach uns entscheiden neu? Dass man sich befugt fühlt, in Kategorien der Ewigkeit zu denken und zu entscheiden, empfand ich als Anmaßung.
Auf den Fotos, die während des Vortrags präsentiert wurden, waren Soldatenfriedhöfe zu sehen, mit überdimensionierten Kreuzen an zentralen Stellen. Auch das befremdete mich. Nun ist das Kreuz zwar innerhalb der westlichen Kultur ein Symbol für das Sterben. Aber diese überdimensionierten, leeren Kreuze scheinen eine eher religiös-symbolische Bedeutung zu vermitteln - sie weisen auf die Auferstehung hin. Wenn ich Soldatenfriedhöfe betrachte, so scheint es mir, dass diese Gräberstätten mit einem besonderen Nimbus des Heiligen und des Ewigen dekoriert werden. Was natürlich auch das Wirken und Sterben der dort Liegenden als heilig und ewig darstellt.
Was in der Betrachtung gefallener Soldaten und anderer Opfergruppen der Kriege vollkommen unerwähnt bleibt, ist die Tatsache, dass in jenem letzten Krieg viele Millionen Menschen gar keine sterblichen Überreste hinterließen, weil sie zu Asche verbrannt wurden. Die Asche schüttete man in Flüsse, man verwandte sie als Füllmaterial beim Straßenbau oder verarbeitete sie zu Düngemitteln und Seife. Zumindest ein Teil jener, deren Gräber jetzt für alle Ewigkeit bewahrt werden, haben aktiv daran mitgewirkt oder den Weg dafür frei gemacht.
Ob jene zu Asche verbrannten Menschen etwa gar nicht zu Kriegstoten zählen, da sie nicht aktiv an Kampfhandlungen teilnahmen? Wie mag der Volksbund diese Diskrepanz für sich lösen, dass es Kriegstote gibt, von denen unter keinen Umständen noch etwas zu identifizieren ist und es zugleich anderen vergönnt ist, bis in alle Ewigkeit, sozusagen für die Auferstehung bestens vorbereitet, einen Ruheplatz zu haben? Selbst kann ich es mir nur so erklären, dass sehr oft das Wort "Frieden" gesprochen wird - dieses schöne Wort deckt alles zu, und lässt viele dringende Fragen gar nicht erst aufkommen.
anne.c - 29. Mai, 19:31
Auf meinen Brief habe ich dann doch eine Antwort bekommen. Zwar nicht von der Aktion Sühnezeichen, die die Ausstellung vorbereitet hat, aber vom Pfarrer der Brüdergemeinde, in dessen Räumen sie gezeigt wird. Der Pfarrer bestätigte mir, dass die Formulierung "rettete 400 Kinder vor dem Tod in tschechischen Internierungslagern" doch missverständlich übertrieben wäre und dass diese Textpassage in der Ausstellung geändert werde.
Inzwischen habe ich heraus gefunden, wieso es zu dieser missverständlich übertriebenen Textpassage kam. Der Autor oder die Autorin der Texte für die Ausstellung hat wortwörtlich bei Wikipedia abgeschrieben. Wikipedia ist ein neuartiges Lexikon und ihre Aussagen sind ständig durch laufende Bearbeitungen im Fluß und so kann man sich über einzelne Formulierungen von Wikipedia durchaus streiten. Meiner Meinung ergibt die Formulierung: "rettete hunderte Kinder vor dem Tod in tschechoslowakischen Internierungslagern" den zwingenden Schluss, dass einem deutschen Kind, das in so ein Lager kam, der Tod gewiss gewesen sei, egal auf welche Weise.
Aber abgesehen davon, wie man es auslegt, sicher kann man sich sein, dass diese Formulierungen, sei es bei Wikipedia, bei Aktion Sühnezeichen und ganz gewiss in vielen Medien so gestellt, so aufgenommen und so weiter gegeben werden, dass eine möglichst umfassende Verwischung der Geschehnisse in der Nazizeit geschieht. Und so geht alles in einem großen Geschichtsbrei auf, in dem letztlich alle Beteiligten gleichermaßen zu Opfern werden.
anne.c - 22. Mai, 22:01
Ein Brief von der "Aktion Sühnezeichen" erreichte mich. Es handelte sich um eine Einladung zu einer Ausstellungseröffnung über den tschechischen Humanisten Přemysl Pitter. Unter anderem wurde in der Einladung der Lebenslauf von P.P. widergegeben, den ich wörtlich wiedergebe:
"Přemysl Pitter (1895 - 1976) war Kriegsfreiwilliger der österreichisch-ungarischen Armee im ersten Weltkrieg und wurde unter den Eindrücken des Krieges zum überzeugten Pazifisten. 1933 gründete er das Kinderheim Milíčův dům in Prag. Während der Zeit der deutschen Besetzung der Tschechoslowakei ab 1939 nahm er unter Lebensgefahr jüdische Kinder in sein Kinderheim auf. Unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkrieges begann Pitter, für aus den Konzentrationslagern befreite, elternlose jüdische Kinder Heime aufzubauen. Pitter nahm auch deutsche Waisenkinder in seine Heime auf und rettete hunderte Kinder vor dem Tod in tschechoslowakischen Internierungslagern."
So weit Aktion Sühnezeichen
Ich hatte zwar gehört, dass es unmittelbar nach dem Krieg und später im Zuge der Vertreibung der Sudetendeutschen Übergriffe und Massaker an Deutschen gegeben hatte, dass Menschen unter den Bedingungen der Internierung und der Abschiebung starben, aber nie hatte ich gehört, dass Kinder in Internierungslager systematisch getötet wurden. Ich bat in folgendem Brief Aktion Sühnezeichen, mir eine Quelle für diese Behauptung (die aus der Formulierung hervor geht) zu nennen.
"Sehr geehrte Frau S.
vielen Dank für Ihre Einladung zu der Ausstellung über Přemysl Pitr, die ich mir sicher im Laufe der Ausstellung ansehen werde. Ich kenne selbst eine Frau, die zeitweise in einem Heim, das unter seiner Leitung stand, lebte. Der Text Ihrer Einladung ruft allerdings Irritationen hervor. Es heißt, P.P. rettete hunderte Kinder vor dem Tod in tschechoslowakischen Internierungslagern. Ich weiß, dass es bei der Vertreibung der Deutschen in der Tschechoslowakei zu Übergriffen mit Todesfolgen kam, dass Menschen aus verschiedensten Gründen zu Tode kamen, und Kinder sicher auch an Unterernährung und Krankheiten gestorben sind. Jedoch habe ich nie, wirklich nie, gehört oder gelesen, dass Kinder in Internierungslagern getötet wurden. Sie müssen dort etwas durcheinander bringen mit dem was Kindern in deutschen KZs geschah und was in Internierungslagern geschah. Können Sie mir bitte eine seriöse Quelle benennen dafür, dass Kinder in tschechischen Internierungslagern unmittelbar vom Tod bedroht waren?
Mit freundlichen Grüßen A.C."
Eine Antwort bekam ich darauf nicht. Ich möchte nun nicht Aktion Sühnezeichen diffamieren. Sie wirkte im Lauf ihres Bestehens sicher aufbauend und versöhnend. Sie kann sich nur nicht dem gesellschaftlichen Auftrag entziehen, den ich im gesellschaftlichen Leben in Deutschland erkennen und belegen kann und dem sich nur wenige entziehen: Deutschland immer wieder "Rein zu waschen" von seinen Taten in der Nazizeit. Dazu bedient man sich verschiedenster Mittel, unter anderem der Dämonisierung der Menschen, die unmittelbar von den Deutschen drangsaliert worden waren, in dem man versucht zu behaupten, sie hätten "das Gleiche" (wenn nicht dasselbe) getan. (siehe mein Beitrag 22.1.2012 über die Kinder von Bialystock)
anne.c - 14. Mai, 10:46
Das Phänomen der Kriegstafeln, die vermutlich oft bleibende Zeugnisse der Tätigkeit einstiger Kriegervereine sind, hat einige interessante Aspekte. Über die Tafeln wird öffentlich nicht geredet. Nie habe ich in einer kirchlichen Zeitschrift etwa gelesen: "Am Sonntag findet ein Gottesdienst zur Aufstellung einer Tafel für die Gefallenen des zweiten Weltkriegs in unserer Gemeinde statt". Nichtsdestotrotz entdeckt man an verschiedensten Stellen Deutschlands in Kirchen Tafeln für die Gefallenen des zweiten Weltkriegs. Mögen sie im Westen schon immer dort gehangen haben, auf dem Gebiet der DDR wurden sie garantiert erst nach der Wende angebracht.
Diese Tafeln versuche ich in Einklang mit der öffentlichen Ächtung jeglichen Krieges von Seiten prominenter und führender Vertreter der Kirche zu bringen. Sei es Friedrich Schorlemmer mit dem Umschmieden von Schwertern zu Pflugscharen oder Margot Käßmann mit ihrem "Nichts ist gut in Afghanistan", dem Ratsvorsitzender Schneider vorbehaltlos zustimmte. Es gibt einen Friedensbeauftragten der evangelischen Kirche namens Renke Brahms, der negiert, dass es überhaupt gerechte Kriege gibt, auch den Kampf der Alliierten im 2. Weltkrieg will er nicht dazu zählen, denn: "Krieg darf nach Gottes Willen nicht sein".
Und trotzdem legt man Wert darauf, dass Tafeln mit den Namen von gefallenen Soldaten in Kirchen angebracht sind und bleiben. Es gibt sogar eine beliebte Bibelstelle, die gern auf solchen Tafeln verwendet wird, nämlich den Sendungsauftrag Jesu an seine Jünger vor seinem Tod: „Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde.“ und damit wird die Kriegskunst zur direkten Nachfolge Jesu erhoben. Bei jedem Pastor, der einer von so friedensbewegten Führern geleiteten Kirche angehört, müsste sich beim ständigen Anblick so einer Tafel alles dagegen sträuben und er müsste ein gewaltiges Problem mit seiner Kirche bekommen.
Die Diskrepanz zwischen Friedensbewegtheit und Kriegsgedenken einerseits und der Tatsache, dass Kriegertafeln kein öffentliches Problem der Kirche zu sein scheinen andererseits, mag mehrere Gründe haben. Es kann ein Ausdruck einer schizophrenen Geisteshaltung oder aber auch einer völlig beliebigen Haltung sein, wonach es doch egal ist, was in unserer Kirche hängt. Wenn man die Tafeln thematisierte, könnte man vielleicht Leute verärgern. Ich vermute aber, dass die friedensbewegte Haltung der Kirche erst am 8. Mai 1945 entstanden ist, und dass alles, was vorher geschah durchaus mit einer Glorifizierung von Menschen verbunden ist, die - gewollt oder ungewollt - ihr "Leben ließen für ihre Freunde".
anne.c - 7. Mai, 15:35