Vorschulerziehung in der DDR (Teil 4)
In mancher Beziehung war das Kindergartengeschehen in der DDR relativ frei, jedenfalls auf dem Lande. Ab etwa 5 Jahren gingen die Kinder allein zum Kindergarten. Sie mussten nicht unbedingt abgeholt werden und gingen, manchmal in kleinen Gruppen, zu Fuß nach Hause. In Städten mag das anders gewesen sein. Meine Tochter ging normalerweise mit ihrem Nachbar-Spielfreund zum Kindergarten und auch wieder zurück. Genau ein Jahr nach dem dramatischen Kindergartenerstbesuch der Tochter war nun unser dreijähriger Sohn an der Reihe. Den brachte ich in der folgenden Zeit selbst in die Einrichtung.

Inzwischen hatte ich dazu gelernt. Weil es mich empörte, wie abrupt die Kinder am Eingang ihren Bezugspersonen entrissen wurden, dachte ich mir eine List aus. Ich wartete mit meinem Sohn immer so lange in der „Eingangsschleuse“, bis ein weiteres Kind ins Haus gebracht wurde. Für dieses Kind wurde nach dem Klingeln die „richtige“ Eingangstür geöffnet, und wenn sich diese Tür öffnete, schlüpfte ich mit meinem Sohn hindurch. Wir gingen dann zur Garderobe, ich half beim Ausziehen und Schuhe umziehen und ließ mir Zeit für einen gelassenen Abschied. Inzwischen kamen manchmal seine Kumpel, die ihn begeistert in Empfang nahmen. Auch diesen Kindern widmete ich mich, und dadurch hatte ich ein gutes Verhältnis zur Kindergartengruppe. Obwohl mein Verhalten von der Kindergartenleitung missbilligt wurde, hat mich nie jemand zurechtgewiesen.
Mit der Zeit hatte sich dieses Ritual so eingespielt, dass ich gar nicht mehr das Kommen eines anderen Kindes abwarten musste. Wenn ich geklingelt hatte, wurden wir beide hineingelassen, und wir wickelten unsere Abschiedszeremonie ab. Ich kann mir vorstellen, dass das „Kollektiv der Kindergärtnerinnen“ beschlossen hatte, mein unbotmäßiges Verhalten zu akzeptieren, da mit mir sowieso nichts zu machen sei. Mich wundert es allerdings bis heute, dass mein Verhalten nicht von anderen Müttern nachgemacht wurde. Damals kannte ich noch zu wenig ähnlich gesinnte Mütter, so dass ich keine „Verbündete“ fand. Von Seiten des Kindergartens gab man sich alle Mühe, zu zeigen, dass mein Verhalten das eines Außenseiters ist, während die anderen, Folgsamen, dem eingeforderten (sozialistischen) Menschenbild entsprechen.
(Fortsetzung folgt)

Inzwischen hatte ich dazu gelernt. Weil es mich empörte, wie abrupt die Kinder am Eingang ihren Bezugspersonen entrissen wurden, dachte ich mir eine List aus. Ich wartete mit meinem Sohn immer so lange in der „Eingangsschleuse“, bis ein weiteres Kind ins Haus gebracht wurde. Für dieses Kind wurde nach dem Klingeln die „richtige“ Eingangstür geöffnet, und wenn sich diese Tür öffnete, schlüpfte ich mit meinem Sohn hindurch. Wir gingen dann zur Garderobe, ich half beim Ausziehen und Schuhe umziehen und ließ mir Zeit für einen gelassenen Abschied. Inzwischen kamen manchmal seine Kumpel, die ihn begeistert in Empfang nahmen. Auch diesen Kindern widmete ich mich, und dadurch hatte ich ein gutes Verhältnis zur Kindergartengruppe. Obwohl mein Verhalten von der Kindergartenleitung missbilligt wurde, hat mich nie jemand zurechtgewiesen.
Mit der Zeit hatte sich dieses Ritual so eingespielt, dass ich gar nicht mehr das Kommen eines anderen Kindes abwarten musste. Wenn ich geklingelt hatte, wurden wir beide hineingelassen, und wir wickelten unsere Abschiedszeremonie ab. Ich kann mir vorstellen, dass das „Kollektiv der Kindergärtnerinnen“ beschlossen hatte, mein unbotmäßiges Verhalten zu akzeptieren, da mit mir sowieso nichts zu machen sei. Mich wundert es allerdings bis heute, dass mein Verhalten nicht von anderen Müttern nachgemacht wurde. Damals kannte ich noch zu wenig ähnlich gesinnte Mütter, so dass ich keine „Verbündete“ fand. Von Seiten des Kindergartens gab man sich alle Mühe, zu zeigen, dass mein Verhalten das eines Außenseiters ist, während die anderen, Folgsamen, dem eingeforderten (sozialistischen) Menschenbild entsprechen.
(Fortsetzung folgt)
anne.c - 7. Jan, 10:47