Freitag, 17. April 2020

Das Massaker von Gardelegen (Teil IV)

Meine Hypothese ist theoretisch, aber die auf der Tafel Verzeichneten hätten jedenfalls bei einem anderen Massaker mitgewirkt haben können. Es gab genug davon, nicht nur an Juden, sondern an unzähligen Zivilisten und Kriegsgefangenen. (Unter anderem konnte ich mich im Sommer in der Ukraine davon überzeugen)

Wahrscheinlich würde jeder Angehörige behaupten: mein gefallener Angehöriger hat nichts verbrochen, das weiß ich ganz genau. Vielleicht würde jemand behaupten: Diese, auf der Tafel Verzeichneten können nichts begangen haben, denn sie sind ja nicht verurteilt worden. (Untersuchungen dazu wurden wohl bei Gefallenen auch kaum geführt) Wenn man sich die geringe Zahl der verurteilten Kriegsverbrecher vor Augen hält und dazu die Zahl von Massakern und Opfer davon, dann stimmen die Relationen nicht. Daran waren etwas mehr beteiligt als nur die bekannten verurteilten Kriegsverbrecher. Wenn in jeder Kirche Deutschlands gefallenen Soldaten das ewige Leben versprochen wird, dann müssen darunter Mörder und Kriegsverbrecher sein. Ich bin überzeugt, dass auch so manchem SS-Mann in deutschen Kirchen das ewige Leben versprochen wird.

Es gab sicher viele Soldaten, die gegen ihren Willen in den Krieg gezogen sind, und die ganz bestimmt nicht zu Opfern werden wollten. Die Angehörigen der gefallenen Soldaten könnten diese auf ihren privaten Grabsteinen mit betrauern, wie es oft der Fall war. Wenn sie aber in der Kirche oder auf einem öffentlichen Platz verewigt sind, dann sind sie nicht mehr privat, dann stehen sie für den Krieg mit all dem, was darin geschah und was Soldaten angerichtet haben. So kann man mit Fug und Recht sagen, dass in der Kirche Kriegsverherrlichung betrieben wird.

Ich stelle mir das ewige Leben nicht schön vor, wenn SS-Männer oder Polizisten aus Mörderbataillonen dort mit ihren Taten prahlen können, während andere sich das ewige Leben mühsam verdienen müssen. Ob die Verbrannten aus der Feldscheune Isenschnibbe überhaupt Anrecht auf das ewige Leben haben? Sie sind nicht als deutsche Soldaten umgekommen, hätten also nicht automatisch Anrecht darauf. Ich vermute, dass im neu errichteten Dokumentationszentrum keine Tafel mit so einem hehren Versprechen vorhanden ist.

Wenn jemand fragen würde: „Was beschäftigst du dich nach mehr als 75 Jahren noch mit so was?“ (wie ich schon hörte), dann müsste ich antworten: „Warum hängen nach mehr als 75 Jahren noch solche Tafeln in Kirchen? Sie zwingen einen geradezu dazu, sich mit ´so was´ zu befassen“. Und wenn ein Pfarrer sagen würde, wie ich es schon einmal vernahm: „Ich kuck´ da gar nicht hin“, dann würde ich sagen, dass er sich dann damit abfinden muss, dass man sagt: „Ich hör´ da gar nicht hin!“
(Ende)

Im Luftreich des Traums

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