Donnerstag, 28. November 2019

Distanziert euch von euren Westverwandten!

In der DDR war es üblich, dass sich Menschen von ihren Verwandten distanzieren mussten. Auch Eltern von ihren Kindern und umgekehrt. Eine Gemeindeschwester berichtete mir erschüttert, wie sie bei einem Patienten, einem alten Mann ein Schreiben vorfand, worauf er bestätigte, dass er sich von seinen Söhnen, die in den Westen „abgehauen“ (das war die übliche Bezeichnung) waren, lossagt. In diesem Fall war das besonders makaber, da der Mann längst aus dem Arbeitsalter heraus war, also keine beruflichen Nachteile mehr erfahren konnte. Er war dazu genötigt worden, und so tat er es eben.

Wer beruflich Karriere machen wollte und nahe Westverwandte hatte, sollte oft unterschreiben, dass er mit diesen keinen Kontakt mehr haben wird. Gezwungen wurde dazu niemand. So kenne ich den Fall eines Betriebsleiters, der sich weigerte zu unterschreiben, dass er die Westgeschwister nicht treffen wird. Er blieb trotzdem Betriebsleiter. Später wünschte sich sein Sohn, zur See zu fahren. Menschen, die in der Seefahrt arbeiteten, hatten besonders strenge Auflagen, keine Westkontakte zu haben. Denn die Seefahrer hatten natürlicherweise mehr Möglichkeiten „abzuhauen“. Der Betriebsleiter wollte seinem Sohn keine Steine in den Weg legen und unterschrieb schweren Herzens die Distanzierung von seinen Westgeschwistern. (Dass der zu See fahrende Sohn unterschreiben musste, keinen Kontakt mit dem Westen zu haben, war selbstverständlich, aber nahe Verwandte mussten auch bürgen). Die Westgeschwister hatten zum Glück genug DDR-Kenntnis, so dass sie nicht entrüstet waren, sondern sich von da an mit dem Bruder „heimlich“ bei anderen Verwandten trafen. Die Wirklichkeit war nämlich, dass der Einhaltung der „Distanzierungen“ normalerweise keine große Aufmerksamkeit geschenkt wurde, es war nur ein Mittel, um die betreffenden Menschen notfalls zu erpressen.

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