Donnerstag, 8. August 2019

Meine Reise in die Ukraine vom 14. bis zum 23. Juni 2019

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Es wird höchste Zeit, dass ich den Bericht über meine Reise anfange, denn der Alltag drängt sich in meine Erinnerungen. Zum Glück habe ich meine vielen Fotos und meine schriftlichen Aufzeichnungen, sonst wäre die Reise ein wirres buntes Gemisch in meinem Kopf, mehr aus Gefühlen bestehend als aus Erinnerungen.

Dass ich in die Ukraine reise, dazu noch allein, bzw. allein mit einer Reisegruppe, rief etwas Verwunderung hervor aber irgendwie auch erstaunte Anerkennung. Die Literatur Gogols hat meine Vorstellungen von der Ukraine geprägt und meine Phantasie angeregt. Ich wollte endlich die weiten wogenden Kornfelder der Ukraine unter dem unendlich hohen Himmel sehen. Die Reise bestand unter anderem aus 1300 km Busfahrt innerhalb der Ukraine, und ich stellte mir vor, dass ich die ganze Zeit aus dem Fenster schauen werde um die Weite zu bestaunen. Wäre das mein einziger Wunsch gewesen, dann hätte ich die Reise als großen Reinfall bezeichnen müssen. Abgesehen davon, dass wir uns größtenteils in einem Bereich aufhielten, den man als ukrainische Schweiz bezeichnet, der also leicht wellig war, sind die außerordentlich löchrigen Straßen fast ausnahmslos zum Schutz vor Schneeverwehungen so beschaffen, dass sie von einem ca. 20 m breiten Gürtel aus Bäumen und Büschen zu beiden Seiten bestanden sind. Absolut blickdicht. Wir fuhren ununterbrochen durch grüne Tunnel. Ergab sich an Kreuzungen oder Flussüberquerungen ein Blick in die Landschaft, sah es da ähnlich aus wie bei uns in Norddeutschland. Der Busfahrer fuhr einen rasanten Zickzackkurs, immer um die Schlaglöcher herum, es war manchmal atemberaubend.

Nach Wolhynien, einem Gebiet der Ukraine, wollte ich schon lange reisen, denn Verwandte von mir sind hier geboren. Als ich mich um eine Mitreise bei den wolhynischen Heimattouristen bemühte, war es zu spät: die Generation war zu alt geworden zum Reisen oder gestorben.

Sehr interessierte mich die jüdische Vergangenheit dieser Gegend, die Geschichte ihrer Auslöschung und wie man es an Ort und Stelle erlebt und empfindet. Davon hatte ich viel gelesen: Chassidische Geschichten, die Czernowitzer Dichter, Soma Morgenstern, Isaac und Israel Singer und viele andere. Hier hätte man ohne kundige Reiseführer nicht viel entdecken können, zu wenig war im allgemeinen Straßenbild davon zu sehen. Wenn man bedenkt, dass bis zum Krieg ein Drittel, in den Städten sogar bis die Hälfte der Bevölkerung aus Juden bestand, waren es wirklich nur Spuren, die man finden konnte. Die Reiseführer wiesen uns ja auf entsprechende Denkmäler hin oder auf ein altes Gebäude, das einst eine Synagoge war oder auf Stellen, die damals die Grenzen des Ghettos bedeuteten.

Weiterhin interessierte mich der aktuelle politische Konflikt mit Russland, man kann ihn als Krieg bezeichnen. Dazu kann ich sagen, dass man außerhalb der Kriegsgebiete in der Ostukraine nichts vom Krieg bemerkte, wären da nicht die Heldenplätze in jeder größeren Stadt. Die Männer in der Westukraine werden „normal“ zum Militär eingezogen und müssen im Osten kämpfen, und so gibt es in jeder Stadt Gefallene, deren Abbilder auf zentralen Plätzen verewigt werden, manchmal in Stein gemeißelt.
(Fortsetzung folgt)

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