Dienstag, 5. Mai 2015

Zieht endlich einen Schlussstrich!

... Diese Botschaft hörte ich zu allen Zeiten, jedenfalls seit ich solche Botschaft wahrzunehmen im Stande bin. Auch der fulminante Auftritt von Martin Walser bei seiner Friedenspreisrede 1998 hat nichts genützt. Obwohl seine Rede heftigste Diskussionen hervor rief, wurde weiter und weiter von Krieg und Holocaust gesprochen. Man kann am beliebigen Tag die Fernsehprogramme durchzappen, um mehr als genug davon zu entdecken, insbesondere bei den Sendern Phoenix und n-tv sind es oft programmfüllende Themen. Da gibt es Hitler in allen Variationen, die voluminösen Filmarchive des "3. Reiches" scheinen Stoff in Fülle zu horten, so dass damit die Informationskanäle auf Jahre hin voll zu versorgen sind.

Nun könnte man meinen, dass Information und Aufklärung gute Vorhaben seien, wovon man nie genug haben könne. Das 3. Reich war anscheinend eine in die Volksseele einschneidende Epoche, so dass man sich nicht gründlich genug damit beschäftigen kann. In der Rezension eines Buches, in dem es um Frauen um Hitler ging, hieß es: "...erst wenn man dieses Buch gelesen hat, kann man die Nazizeit besser verstehen". In diesem Sinne wird man sich auch mit Sendungen um Hitlers Hunde, seine Sekretärinnen und des Führers kunstmalerisches Werk (lange Zeit sträflich unterschätzt!) befassen müssen und diese Zeit wahrscheinlich auch dann immer noch nicht viel besser verstehen. Denn um das ständig mangelnde Verstehen vervollkommnen zu können, benötigt man nach Paul Watzlawick: "... mehr desselben". Aus diesem Grunde werden die Rufe nach einem Schlussstrich weiterhin nicht verhallen können, sie gehören wie ein siamesischer Zwilling zu der in immer abstrusere Details vorstoßenden Aufklärung.

Hinter der Beflissenheit, die die Informationskanäle und andere Medien an den Tag legen, um der Bevölkerung ein Verstehen bis hin zum Verständnis des Nazitums zu ermöglichen, sehe ich eine bedenkliche Angelegenheit: Es soll ein Bild dieser Zeit festschrieben werden, das zu diesem Zweck in einer Endlosschleife wiederholt wird. Die armseligen Gestalten, die in den KZ gequält wurden, die Leichenberge, die aufgehängten Deserteure und dagegen: Die tollen Landser, die fesche Gesellschaft um die Nazigrößen herum, das Leiden der deutschen Bevölkerung im Bombenkrieg, "obwohl der Krieg längst entschieden war", oder edle Gräfinnen, die auf der Flucht für die ihnen Anvertrauten aufopferungsvoll sorgen. Den Zuschauern wird für die Zukunft ein Bild in die Seele gebrannt, wer auf welcher Seite stand und wer wohin gehöre.

Es gibt ohne Zweifel unzählige gute und ausgezeichnete Sendungen in den Medien, die sich mit Geschichte befassen, und auf diese möchte ich nicht verzichten. So dass ich mit einem Ruf nach einem Schlussstrich vorsichtig bin. Darum möchte ich nicht für einen Schlussstrich, sondern für Mäßigung bei der so genannten Aufklärung und Information plädieren.

Im Luftreich des Traums

gegen Ideologien

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