Donnerstag, 29. Mai 2014

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.

ist ein Verein, dem ich, zugegeben, mit einem gewissen Misstrauen gegenüber stehe. Aber nichts desto Trotz begab ich mich auf eine Informationsveranstaltung des Volksbundes, die mit der Einweihung einer Gedenkstele für 40 in einem KZ-Außenlager ungekommenen KZ-Häftlingen verbunden war. So hatte ich bereits eine Lektion gelernt: Der Volksbund kümmert sich um verschiedene "Opfergruppen".

Im Bericht des Landesgeschäftsführers, in dem er die Teilnehmer mit dem Anliegen der Kriegsgräberfürsorge vertraut machte, hieß es, dass an allererster Stelle der Prioritäten die Mahnung für den Frieden stehe und dass alle Kriegsgräber Mahnmale für den Frieden seien. Für alle Kriegsgräber gelte: Sie haben ein ewiges Ruherecht, und sie müssen registriert sein.

Das ewige Ruherecht veranlasste mich, zur Pastorin neben mir zu schauen, denn ich nahm an, es müsste sie beunruhigen. Es schien nicht der Fall zu sein - ungerührt schaute sie den Vortragenden an. Ewig: Ist es nicht eine Kategorie außerhalb des Menschlichen? Sind Menschen befugt, über die Ewigkeit zu entscheiden? Das ist doch eine Angelegenheit, die wenn ich mich nicht irre, dem Herrgott zusteht. Wir selbst vermögen kaum unsere eigene Lebenszeit zu überblicken. Wäre es nicht sinnvoll zu sagen: Lassen wir sie 100 Jahre ruhen, und die Generationen nach uns entscheiden neu? Dass man sich befugt fühlt, in Kategorien der Ewigkeit zu denken und zu entscheiden, empfand ich als Anmaßung.

Auf den Fotos, die während des Vortrags präsentiert wurden, waren Soldatenfriedhöfe zu sehen, mit überdimensionierten Kreuzen an zentralen Stellen. Auch das befremdete mich. Nun ist das Kreuz zwar innerhalb der westlichen Kultur ein Symbol für das Sterben. Aber diese überdimensionierten, leeren Kreuze scheinen eine eher religiös-symbolische Bedeutung zu vermitteln - sie weisen auf die Auferstehung hin. Wenn ich Soldatenfriedhöfe betrachte, so scheint es mir, dass diese Gräberstätten mit einem besonderen Nimbus des Heiligen und des Ewigen dekoriert werden. Was natürlich auch das Wirken und Sterben der dort Liegenden als heilig und ewig darstellt.

Was in der Betrachtung gefallener Soldaten und anderer Opfergruppen der Kriege vollkommen unerwähnt bleibt, ist die Tatsache, dass in jenem letzten Krieg viele Millionen Menschen gar keine sterblichen Überreste hinterließen, weil sie zu Asche verbrannt wurden. Die Asche schüttete man in Flüsse, man verwandte sie als Füllmaterial beim Straßenbau oder verarbeitete sie zu Düngemitteln und Seife. Zumindest ein Teil jener, deren Gräber jetzt für alle Ewigkeit bewahrt werden, haben aktiv daran mitgewirkt oder den Weg dafür frei gemacht.

Ob jene zu Asche verbrannten Menschen etwa gar nicht zu Kriegstoten zählen, da sie nicht aktiv an Kampfhandlungen teilnahmen? Wie mag der Volksbund diese Diskrepanz für sich lösen, dass es Kriegstote gibt, von denen unter keinen Umständen noch etwas zu identifizieren ist und es zugleich anderen vergönnt ist, bis in alle Ewigkeit, sozusagen für die Auferstehung bestens vorbereitet, einen Ruheplatz zu haben? Selbst kann ich es mir nur so erklären, dass sehr oft das Wort "Frieden" gesprochen wird - dieses schöne Wort deckt alles zu, und lässt viele dringende Fragen gar nicht erst aufkommen.

Im Luftreich des Traums

gegen Ideologien

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