Mittwoch, 30. April 2014

Kriminalfilme

nennt man in der Regel einfach Krimis. In meiner Sprache aber heißen sie "Leichen". Diese Bezeichnung passt auf die Vorausschauen abendlicher Krimis im Fernsehen. In diesen 30-Sec-Trailern werden immer besonders grausige Szenen gezeigt, tote Menschen in möglichst entstellten Posen. Manchmal gibt es mehrere Krimivorschauen hintereinander: Leichen über Leichen. Aus etwas anderem scheinen Krimis im Wesentlichen nicht zu bestehen. Diese Vorausschauen nehmen mir jedes mal definitiv alle Lust, den Krimi auch noch anzuschauen. Als ich darüber nachdachte, lief kurz vor einer Sendung, die ich sehen wollte, der Schluss eines Krimis von Henning Mankell mit seinem bieder dreinschauenden Kommissar Wallander. So einen Krimi nenne ich ironisch: Das Produkt der kranken Phantasie eines Humanisten aus dem Norden. Es kam, was sein musste: Zwei Männer gingen hin und her, Kinder waren in der Nähe. Schließlich kam eine Kolonne von Militärfahrzeugen. Auf einmal hörte manSchreie, und man sah dann hinter einem gewaltigen Panzer einen in zwei Teile gefahrenen Blutklumpen. Das sollte wohl einer der Männer gewesen sein. Wer solche Bilder unter die Menschen bringt, muss eine reichlich perverse Phantasie haben, auch wenn er sonst, wie man hört, ein Wohltäter Afrikas ist, ein Freund der Palästinenser und ein Verächter Israels.

Warum sehen Menschen solche Filme, warum werden sie aus der hoch moralischen Anstalt ARD gesendet? Man könnte wohl sagen: Das ist ja nur ein Krimi, das hat doch nichts mit der Wirklichkeit zu tun. Immerhin dringen diese Produkte der Phantasie von Henning Mankell oder von wem auch immer in die Köpfe der Menschen ein. Ich frage mich auch, wie solche Bilder mit der ständig zitierten und allgegenwärtig hoch gehobenen "Würde des Menschen" zu vereinbaren sind? Der Film ist zwar Phantasie, die Leiche ist ein Produkt der Phantasie, aber die Figuren in Filmen stehen immer für den "Menschen an sich". Wer den zerfahrenen Blutklumpen sieht, sieht was aus einem Menschen werden könnte. Werden Filme dieser Art häufig gezeigt, weil es den Fernsehmachern gefällt, oder weil sie dem Publikum gefallen oder weil die Fernsehmacher denken, so etwas gefällt dem Publikum?

Ich kann diese Krimis nur mühsam mit der in Fernsehsendungen, insbesondere in Diskussionssendungen gezeigten Moralität vereinbaren. In Talksendungen wird meistens nicht geklatscht, wenn jemand originelle Ansichten oder schlagkräftige Argumente hat, sondern wenn etwas gesagt wird, was sich besonders moralisch anhört. Nun sind Krimischauer zwar nicht identisch mit Zuhörern von Talk-Sendungen. Aber das Fernsehpublikum in seiner Gesamtheit weist schon eine merkwürdige Diskrepanz in seiner Vorliebe für blutrünstige Krimis und sich moralisch gebende Talksendungen auf.

Im Luftreich des Traums

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