Mittwoch, 18. Dezember 2013

Eine Weihnachtsgeschichte

Es ist keine rührselige Geschichte über Maria und Josef - nein, in dieser Geschichte heißen die Protagonisten Mirjam und Jussuf, ein junges palästinensisches Paar. Auch ihnen wurde ein Kind geboren. Nicht etwa im Stall, sondern im Niemandsland innerhalb der israelischen Sperranlagen soll es zur Welt gekommen sein. So wurde es jedenfalls mit dem Unterton moralischer Entrüstung in der Kirchenzeitung kolportiert, und diese Geschichte ist mit Sicherheit ein miserabler journalistischer Fake. Die Zeitung war auch nicht im Stande, irgendwelche glaubhaften Belege für die Story aufzubieten.

Dass sehr viele palästinensische Babies in israelischen Krankenhäusern behandelt werden, wenn ihr Leben in Gefahr und ein Krankenhaus in den palästinensischen Gebieten oder in Gaza zu einer Behandlung nicht in der Lage ist, darüber hätte die Kirchenzeitung durchaus einmal berichten können. Sogar das Enkelkind von Ismayil Haniya, einem der Führer der palästinensischen Hamas, die sich die Vernichtung Israels auf ihre Fahnen geschrieben hat, wurde im November in einem israelischen Krankenhaus behandelt. Nirgends hier in Deutschland konnte ich darüber lesen - obwohl solche Geschichte durchaus mit der biblischen Botschaft etwas gemeinsam hat.

Nachdem also die Mär von Yussuf und Mirjam im Niemandsland zu lesen war, schrieb ich an die Zeitung und erinnerte sie daran, dass es ja in unserem Land auch 28 Jahre lang Mauer samt Sperranlagen gegeben habe und die Zeitung damals durchaus Gelegenheit gehabt hätte, wahre tragische Geschichten über Eltern und Kinder im Zusammenhang mit den deutsch-deutschen Grenzanlagen zu schreiben, was sie aber wohlweislich unterlassen hatte. Und wenn sie Mauern in anderen Ländern anprangern wollten, so mögen sie bitte eine Schamfrist von 28 Jahren einhalten. Meine Zuschrift wurde abgedruckt, aber nur zur Hälfte. Alles was zum Verständnis meines Leserbriefs nötig war, wurde "aus Platzgründen" weggelassen.

Danach wurde mir noch eine kleine Auseinandersetzung mit dem Chefredakteur beschert, der sofort wusste, wer ich bin, nämlich ein "Philoisraelitist", was die Kehrseite "des Antisemitismusses" (es sind seine Wortschöpfungen) sei - die Juden würden so etwas nicht mögen. Auch hätte ihm noch nie ein Rabbiner antisemitische Tendenzen unterstellt - die ich dem guten Mann allerdings mit keinem Wort angehängt hatte.

So gibt es zum Thema Weihnachten doch immer wieder Geschichten aus dem wahren Leben, die nicht unbedingt in besinnlichen Weihnachtsstunden vorgelesen werden und eben deshalb wirklich weihnachtlich sind.

Im Luftreich des Traums

gegen Ideologien

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