Donnerstag, 25. Juli 2013

Begegnung mit Ruven Moskovic (Teil 3)

Bezeichnend ist Ruvens Haltung zu Deutschland, die eine zentrale Stelle in seinem Leben einnimmt. Seine Liebe zu Deutschland kann er nie verbergen. Er spricht vom „anderen Deutschland“, dem „guten“, aber ein anderes als das gute ist bei ihm nirgends zu entdecken. Deutschland besteht für ihn aus wunderbaren, friedliebenden Menschen. Schlimme Erlebnisse im Krieg hatte erlitt er durch nebulöse rumänische „Antisemiten“, während er die deutschen Soldaten, die er persönlich erlebte, bewunderte, denn sie waren "„sauber“ und „großzügig“ und schenkten den Kindern gern Süßigkeiten.

Bemerkenswert ist Ruvens zusammenfassende Bewertung über die Zeit der Allianz zwischen Rumänien und NS-Deutschland. Nachdem er lustige Erlebnisse mit deutschen Soldaten schilderte, die Schokoladenbonbons an jüdische Kinder verteilten und sie gegen rumänische Antisemiten schützten - eine Idylle war es nach seinen Worten -, heißt es: „Im Vergleich zu dem Leiden der Juden in der Sowjetunion, in Polen und Ungarn und überall dort, wo die deutsche SS und Eichmann ihr Unwesen trieben, war unser Leiden nicht der Rede wert.“ Dass in dieser Zeit ein Drittel der rumänischen Juden umgebracht wurde, an die 300.000 Menschen, das entging dem „Historiker“ Moskovic.

Ruvens Logik und die Schilderung der Zusammenhänge waren zum Teil so absurd, dass ich nicht glauben konnte, ein vernünftiger Mensch wäre bereit, so etwas zu galuben. So kann ich mir nur vorstellen, dass Ruvens „deutsche Freunde“ von seinem Charisma derart entzückt sind, dass sie widerspruchslos alles bewundern, was seinem Geist entspringt. Überlegt habe ich, ob es instinktive Schläue, bewusste Berechnung oder die Auswüchse eines chaotischen Geistes sind, die seine Aufzeichnungen hervorgebracht haben. Wahrscheinlich ist es alles zusammen, aber viel an Berechnung scheint mir dabei zu sein. Er gibt den christlichen, friedensbewegten und von einem schlechten Gewissen geplagten Deutschen das Futter, das sie brauchen, und sie rücken dafür die Spenden für seine fragwürdigen Projekte heraus. Er sonnt sich in ihrer Bewunderung, und sie haben wiederum ein Objekt für ihre Zuwendung und ihren unbestimmten Willen, etwas „wieder gut zu machen“. Er hat für jede Geisteshaltung etwas dabei, die Widersprüchlichkeiten benutzt er dazu, jedem Recht zu geben, und auch jeden eventuellen Einwurf zu entkräften. Es ist so viel von Frieden und Versöhnung die Rede, dass es nur ein böser Mensch sein kann, der irgend etwas missbilligt, was Ruven sagt, denkt oder schreibt.

Der Zufall wollte es, dass ich sehr bald darauf die Gelegenheit hatte, Ruven persönlich kennenzulernen. Wir verlebten ein paar Urlaubstage in Aachen. Gerade in diesen Tagen war eine Veranstaltung beim christlich-jüdischen Forum angekündigt, wo Ruven sein Buch vorstellen wollte. Meine Freundin ist eine Bewunderin von Ruven. Sie hat ihn in die evangelischen Kreise von Aachen eingeführt und schon mehrere Veranstaltungen mit ihm organisiert. So war ich neugierig darauf, Ruven in Aktion zu erleben, ihn mit seinem Buch zu vergleichen, während mein Mann sagte, er wisse genug von Ruven und werde zu der Buchvorstellung nicht gehen. Aber auch er kam dann nicht umhin, Ruven zu begegnen. Wir saßen mit mehreren Leuten bei unserer Freundin beim Abendbrot, als Ruven vom Bahnhof her anrief und bat, abgeholt zu werden. Unsere Freundin lief sofort los und kam nach einer Weile mit ihm zurück. Erst einmal war ich überrascht. Durch seine Briefe, das Buch und durch die Erzählungen meiner Bekannten hatte ich gleich den Eindruck, ihn schon lange zu kennen. Er war keineswegs unsympathisch, wirkte fröhlich, ein wenig zerknautscht, tatsächlich etwas „balkanisch“. Er war wortgewandt, sagte jedem etwas Nettes und war besonders freundlich zu dem Kind, das in der Runde saß. Wir ließen den ersten Eindruck auf uns wirken und verabschiedeten uns dann, um nach Hause zu gehen.

Fortsetzung folgt

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