Mittwoch, 1. Mai 2013

Die Stasi der Anderen

Nichts gegen den Film "Das Leben der Anderen". Man hat bei dem Film die Vorstellung, dass er geradezu für das amerikanische Publikum gedreht wurde, um dessen romantisch-abenteuerliche Vorstellung von der "Stasi" erfüllen zu können und um dann den Oscar verliehen zu bekommen. Aber ich erinnere mich noch, wie eine alte Frau aus unserer Verwandtschaft, die einige wirkliche Begegnungen mit der Stasi erlebt hat, wütend aus dem Kino kam - sie war zu diesem Film eingeladen worden -, und sagte: "So waren die nicht! Ich weiß, wie die von der Stasi waren, solche wie im Film gab es dort nicht!"

Sie selbst hatte viele Jahre zuvor etwas getan, was niemand aus ihrer Umgebung verstehen konnte. Aus Liebe hatte sie von Westdeutschland aus in die DDR geheiratet. Alles wäre zu verstehen gewesen: Aus Liebe zu sterben, aus Liebe Verbrechen zu begehen und wer weiß noch was alles. Aber aus Liebe vom Westen in den Osten zu gehen, das war unbegreiflich. Und doch gab es einige Menschen, die das getan haben. Natürlich wusste man in den 50-ger Jahren nicht, dass die Mauer einmal eine sehr plötzliche und dann dauerhaft harte Trennung von den Freunden und Verwandten bringen würde. So kam es, dass Ende der 60-ger Jahre der Vater dieser Frau sterbenskrank war. Sie wollte ihn unbedingt noch einmal sehen, und bat in schönsten Worten um eine Reiseerlaubnis nach Westdeutschland. Ihre fünf unmündigen Kinder wären doch eine sichere Garantie, dass sie zurückkomme, ihr Vater liege im Sterben, und sie möchte sich von ihm verabschieden. Und dann bekam sie die präzise und wirklich stasigemäße Antwort: "Der stirbt auch ohne Sie".

So war die DDR und so sprachen und handelten ihre Protagonisten! Diese Szene ist nicht bedeutsam, aber sie ist trotzdem wert, festgehalten zu werden, denn sie ist ein Charakteristikum einer Wirklichkeit, die komplexer ist und eben realer ist, als es romantische Filme aufzuzeigen vermögen.

Im Luftreich des Traums

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