Kommunismus in der Realität oder: Eine Kapitalistin
Für die marxistische Wirtschaftstheorie ist das Privateigentum an Produktionsmitteln Dreh- und Angelpunkt für das Funktionieren der kapitalistischen Produktionsweise. Das wurde uns in der Schule im Marxismus-Leninismus-Unterricht beigebracht. Man sprach von der Diktatur des Proletariats, dessen Aufgabe es sei, die Grundprinzipien des Marxismus-Leninismus durchzusetzen. In diesem Zusammenhang müsse man nicht zimperlich sein, der Einzelne habe sich der Allgemeinheit unterzuordnen.
Um zu demonstrieren, wie diese großartige Maxime in der Wirklichkeit zur Anwendung gebracht wurde, erzähle ich, wie es einer Frau in der (damaligen) Tschechoslowakei erging. In den 40/50-ger Jahren des letzten Jahrhunderts war sie eine allein erziehende Mutter. In dieser Zeit war das eine absolute Seltenheit, verbunden mit großen Schwierigkeiten und gesellschaftlicher Ausgrenzung. Aber die junge Frau, Anna, wollte den Vater ihres Kindes nicht heiraten und ihre Tochter auch nicht im elterlichen Haus auf dem Dorf groß werden lassen. Sie zog in die in der nähe liegende Stadt K., mietete sich ein Zimmer und baute sich dort ihre Existenz auf. Eine Nähmaschine wurde zu ihrer Existenzgrundlage, ihre Küche war ihr Produktionsstandort. Sie nähte für die Bewohner der Stadt, und da sie sehr gut nähen konnte und alle ihre Sachen einen besonderen Chic hatten, gab es keinen Mangel an Kunden. Ihre "geächtete" Stellung wurde dabei toleriert. So hätte es lange weiter gehen können: Anna nähte und ihre Tochter Lisa war in ihrer Nähe gut versorgt .
Aber in der Tschechoslowakei - sie lag nun einmal im Einzugsbereich der Sowjetunion - brach 1948 "unvermutet" der Kommunismus aus. Ein Kennzeichen dieser Staatsform und darüber hinaus aller totalitärer Herrschaften ist es, dass jeder Mensch sich bis in die letzten Winkel seiner Privatsphäre dem Staat unterordnen muss. Schon bald entdeckten die Machthaber, dass in der Stadt ein subversives Element lebte: Eine Kapitalistin mit Privateigentum an Produktionsmitteln, nämlich Anna mit ihrer Nähmaschine. Das musste schnellstens unterbunden werden. Anna wurde in eine Konfektionsfabrik geschickt, wo sie wie am Fließband an der Fabrik-Nähmaschine saß und die Weisungen ihrer Brigadierin zu befolgen hatte. Was das für eine selbständige Frau ihres Formats bedeutete, kann man nur erahnen. In K. gab es nun keine vernünftige Schneiderin mehr und die Frauen mussten sich mit der Kleidung aus der Konfektionsfabrik begnügen. Die kleine Lisa musste zeitweise in einem Kinderheim untergebracht werden. Nach der Einschulung besuchte sie den Hort. Und Hort war in der damaligen Zeit ein Mittags- und Aufbewahrungsort für Kinder, die kein richtiges zu Hause hatten, und wo man die Zeit einfach absaß, bis man gehen durfte. Und die Zeit, als sie noch mit ihrer Mutter zu Hause sein durfte, erschien der kleine Lisa wie ein vergangener Traum.
Die Geschichte ist nicht weltbewegend, dafür sagt sie viel aus über totalitäre Staatsformen, zu denen der Kommunismus zweifellos gehört. Sie ist ein unbedeutendes aber alltägliches Beispiel, das aber ein wesentliches und erhellendes Licht auf die komplexe Realität des Kommunismus im 20. Jahrhundert wirft.
Um zu demonstrieren, wie diese großartige Maxime in der Wirklichkeit zur Anwendung gebracht wurde, erzähle ich, wie es einer Frau in der (damaligen) Tschechoslowakei erging. In den 40/50-ger Jahren des letzten Jahrhunderts war sie eine allein erziehende Mutter. In dieser Zeit war das eine absolute Seltenheit, verbunden mit großen Schwierigkeiten und gesellschaftlicher Ausgrenzung. Aber die junge Frau, Anna, wollte den Vater ihres Kindes nicht heiraten und ihre Tochter auch nicht im elterlichen Haus auf dem Dorf groß werden lassen. Sie zog in die in der nähe liegende Stadt K., mietete sich ein Zimmer und baute sich dort ihre Existenz auf. Eine Nähmaschine wurde zu ihrer Existenzgrundlage, ihre Küche war ihr Produktionsstandort. Sie nähte für die Bewohner der Stadt, und da sie sehr gut nähen konnte und alle ihre Sachen einen besonderen Chic hatten, gab es keinen Mangel an Kunden. Ihre "geächtete" Stellung wurde dabei toleriert. So hätte es lange weiter gehen können: Anna nähte und ihre Tochter Lisa war in ihrer Nähe gut versorgt .
Aber in der Tschechoslowakei - sie lag nun einmal im Einzugsbereich der Sowjetunion - brach 1948 "unvermutet" der Kommunismus aus. Ein Kennzeichen dieser Staatsform und darüber hinaus aller totalitärer Herrschaften ist es, dass jeder Mensch sich bis in die letzten Winkel seiner Privatsphäre dem Staat unterordnen muss. Schon bald entdeckten die Machthaber, dass in der Stadt ein subversives Element lebte: Eine Kapitalistin mit Privateigentum an Produktionsmitteln, nämlich Anna mit ihrer Nähmaschine. Das musste schnellstens unterbunden werden. Anna wurde in eine Konfektionsfabrik geschickt, wo sie wie am Fließband an der Fabrik-Nähmaschine saß und die Weisungen ihrer Brigadierin zu befolgen hatte. Was das für eine selbständige Frau ihres Formats bedeutete, kann man nur erahnen. In K. gab es nun keine vernünftige Schneiderin mehr und die Frauen mussten sich mit der Kleidung aus der Konfektionsfabrik begnügen. Die kleine Lisa musste zeitweise in einem Kinderheim untergebracht werden. Nach der Einschulung besuchte sie den Hort. Und Hort war in der damaligen Zeit ein Mittags- und Aufbewahrungsort für Kinder, die kein richtiges zu Hause hatten, und wo man die Zeit einfach absaß, bis man gehen durfte. Und die Zeit, als sie noch mit ihrer Mutter zu Hause sein durfte, erschien der kleine Lisa wie ein vergangener Traum.
Die Geschichte ist nicht weltbewegend, dafür sagt sie viel aus über totalitäre Staatsformen, zu denen der Kommunismus zweifellos gehört. Sie ist ein unbedeutendes aber alltägliches Beispiel, das aber ein wesentliches und erhellendes Licht auf die komplexe Realität des Kommunismus im 20. Jahrhundert wirft.
anne.c - 20. Mär, 18:11