Dienstag, 15. Januar 2013

Der Schutzschirm der Moral

Mir ist aufgefallen, dass es bestimmte Institutionen und Begriffe gibt, die man tabuartig für sakrosankt erklärt. Und geschehe unter deren Deckmantel was es will, man darf nicht daran rühren.

Und die so genannten seriösen Medien sind solche unter „moralischen Schutz“ gestellte Institutionen. Wenn solch eine Institution unmoralisch handelt, darf man sie nicht angreifen, weil ihr Handeln statusgemäß als moralisch gilt.

Mir fällt ein, wie ich an den Rundfunkrat schrieb, in welcher Weise der DLF über Israel berichtet und illustrierte das an dem Beispiel, als in einer Folge der Sendung "Politische Bücher" zuerst ein Buch von Tom Segev vorgestellt wurde, der als Israeli kritisch über die ersten Jahre des Staates schrieb. Er behauptete, dass es im frühen Staat Israel auch Massaker an Arabern gegeben habe. Unmittelbar danach kam ein Buch über Bin Laden, bei dem Originalzitate von Bin Laden über Massaker Israels an Arabern gelesen wurden. In blutrünstigen Reden stellte Bin Laden Israel als bestialisches, mörderisches Gebilde hin, das vernichtet werden muss.

Der DLF benutzte Bin Laden also als Zeugen für Tom Segevs Buch und hielt sich selbst neutral heraus. Ich benutzte in meinem Protest den Ausdruck, dass solch ein Handeln "der Zeitschrift „Der Stürmer“ würdig sei…“, und bekam weder Antwort vom DLF noch vom Verwaltungsrat und auch keine Bestätigung meines Schreibens. Ich nehme an, dass man es ungeheuerlich fand, diesen seriösen Sender und „den Stürmer“ in einem Atemzug zu nennen. Handeln darf der DLF im Sinne des „Stürmers“ schon, aber so bennenen darf man es nicht.

Nach gleichem Muster wird im derzeitigen Antisemitismusstreit um Jacob Augstein verfahren. Egal, wie sehr seine Ausführungen den antisemitischen Klischees entsprechen, nie kann die intelektuelle Gesellschaft es zulassen, dass einer der ihren als Antisemit bezeichnet wird, denn was das ist, das bestimmen immer noch "wir". Antisemiten sind die hässlichen braunen Gestalten am Rande der Gesellschaft, mit denen wir nichts zu tun haben, aber der Nachkomme "unserer" eigenen kulturellen Größe kann es nicht sein.

Im Luftreich des Traums

gegen Ideologien

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