Sonntag, 25. November 2012

Zwei Berichte vom Krieg

las ich in letzter Zeit - geschrieben von Menschen, die in Israel weilten, als die Spannungen zwischen Israel und Gaza eskalierten.

Eine kirchliche Reisegruppe, die gerade in diesen Tagen auf Pilgerreise in Israel war, schilderte ihre Eindrücke in einem Zeitungsartikel. Beim Lesen der Überschrift des Berichtes: "Auge um Auge, Zahn um Zahn?" fiel mir eine Predigt ein, die ich vor einiger Zeit hörte, und in der es hieß: "Die Palästinenser würden sich freuen, wenn Israel nur nach diesem Prinzip handeln würde. Aber Israel vergilt den Palästinensern um ein Vielfaches." Möglicherweise ist das Fragezeichen am Schluss des Zitats in diesem Sinne gemeint. Denn von "Hunderten" von Toten war in dem Bericht die Rede, eine übertriebene Zahl. Wörtlich: "Dieses Hin- und Hergeschieße, und dann wieder Waffenstillstand zu schließen, aber Hunderte Tote zu beklagen, darunter Frauen und Kinder und sogar Babies.

Als Auslöser des Krieges wird die "Erschießung" (gemeint ist gezielter Raketenangriff) eines Hamasführers angegeben, also eine Falschinformation, denn der ständig steigende Raketenbeschuss der Städte in Südisrael durch die Hamas war der Auslöser für die Liquidierung des Hamasführers.

Ansonsten gab es wenig Konkretes zu erzählen. Lediglich einen Knall hörte die Gruppe, schon zum Abflug auf dem Flughafen bereit. Dafür wurden umso eifriger die Meinungen der arabischen Reiseführer weiter gegeben. Die Tatsache, dass Raketen der Hamas das erste mal Tel Aviv und Jerusalem erreicht hatten, ließen diese muslimischen und christlichen Palästinenser aus Bethlehem nicht etwa die Gefahr erkennen, in der auch sie schweben, sondern sie äußerten sich triumphierend: "Jetzt müssen die Israeli zum ersten Mal auch Angst haben!". Ob die gut eine Million Bewohner im Süden Israels als Menschen Israels einfach nicht wahrgenommen werden oder ob der Berichterstatter noch nie gehört hat, dass dort in Jahren seit der Übergabe von Gaza an die Palästinenser mehr als Zehntausend Raketen niedergegangen sind und die Bewohner der Orte Südisraels in Angst und Schrecken versetzt haben, war nicht zu erkennen. Eine Araberin sagte: "Die sind alle verrückt. Auch Israel. Die Deutschen trauen sich nicht, das zu sagen. Aber ich sage das". Dieses Stereotyp von den Deutschen, die sich nicht trauen, ist inzwischen so überholt und ausgeleiert, aber das mag noch nicht nach Bethlehem vorgedrungen sein.


Als Gegenbeispiel zitiere ich aus dem Brief einer 19-jährigen deutschen Frau, die gerade in einem Kibbuz arbeitet:

"Wir bekommen in unserem Kibbuz sogar Flüchtlinge aus dem Süden. Die Gästehäuser sind alle für die Familien aus dem Süden leer geräumt. Einige der Jugendlichen aus dem Süden mit denen ich mich unterhalten habe, haben ungefähr 20-mal im Bunker gesessen. Es ist so, dass Raketen aus Gaza öfters auf israelische Gebiete geschossen wurden, schon bevor die israelische Armee den Hamaz Führer Ahmed al-Dschabari getötet hat. Am Tag danach wurden mehrere hundert Raketen auf israelisches Gebiet abgefeuert. Es kam dann im drei Minuten Takt im Radio "zeva adom" (danach bleiben 15 Sekunden bis zum Einschlag der Rakete), und es gibt weitere Orte, in denen die Menschen im Süden Israels in die Bunker flüchten mussten. Die Raketen sind zwar sehr treffunsicher, aber trotzdem ist das kein angenehmer Weg zu leben.

Nachdem Raketen auch in Tel Aviv und in Jerusalem explodiert sind, haben sich auch einige der Israelis Gedanken gemacht und als dann so viele Reservisten eingezogen wurden, waren darunter auch einige junge Männer aus diesem Kibbuz. Ich habe das nur mitbekommen von dem Sohn einer älteren Frau, die im Zoo arbeitet und dem Freund meiner Kollegin die den ganzen Tag feuchte Augen hatte.

Hass auf Araber wird hier nur scherzhaft erwähnt. Im Kibbuz selber gibt es ja auch viele Araber. Die Hamas kann hier keiner leiden - aber wer kann das schon? Ich denke die meisten Menschen hier im Kibbuz wünschen sich einfach eine friedliche Lösung der Probleme, soweit es irgendwie möglich ist.“

Der letzte Satz deckt sich dann mit dem letzten Satz des Berichtes der Reisegruppe, die auch die Sehnsucht nach Frieden in dieser Gegend herausstellt.

Im Luftreich des Traums

gegen Ideologien

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