Praxis in der DDR: Militärlager und Theologiestudium
Noch kann ich mich an meine Empörung erinnern, als ein Bekannter mir schilderte, wie die Studenten während ihres Theologiestudiums durch ein raffiniertes und ausgeklügeltes System von Nötigungen dazu gebracht wurden, dass sie alle an militärischen Ausbildungslagern teilnehmen und sich dabei noch um gute Leistungen bemühen mussten.
Bei der militärischen Ausbildung, die während jedes Studiums obligatorisch war, vermischte man Theologiestudenten mit den Studenten anderer Fächer. Für die militärische Ausbildung gab es eine Abschlusszensur, die sich unmittelbar auf die Endzensur des Studiums auswirkte. Diese Zensuren wurden aber nicht jedem einzelnen verpasst, sondern diese Zensur wurde in der Ausbildungsgruppe, - die ja zudem noch gemischt war – erarbeitet. Ein einzelner Renitenter hätte das gesamte Studium von ganz fremden Kommilitonen gefährden können. Die Theologiestudenten - die ja an sich den Anspruch der Menschenfreundlichkeit stellten -, hätten also (in diesem Sinne) ganz besonders gute militärische Leistungen erbringen müssen, um ihre fakultätsfremden Kommilitonen zu unterstützen. Die Praxis sah natürlich so aus, dass keiner das besonders ernst nahm, dass nur zum Schein alles Geforderte durchgeführt wurde. Dass alles an ihnen abglitt, keiner davon besonders berührt war, auch die Ausbilder selbst nicht.
Trotzdem bin ich der Meinung, dass sich dabei eine Lebenseinstellung herausgebildet hat, die fatal war, und die sich auch heute katastrophal auswirkt. Man hat ihnen die Einstellung vermittelt, dass es ziemlich egal ist, was man macht, wenn man nur keinen unmittelbaren Schaden anrichtet. Möglicherweise hat man ihnen damit das Unterscheidungsvermögen genommen, was Richtig, Falsch, Gut oder Böse ist.
Unsere Theologiestudenten lehnten das Militär ab. Sie hatten den Slogan „Frieden schaffen, ohne Waffen“. Dann lernten sie: Militärlager ist doch nur ein Jux, das schadet keinem. Andererseits hatten sie sich ein Studium gewählt, bei der es gerade darum geht, geistige Grundlagen zu schaffen, und da hätten sie wissen sollen, dass harmlose Sachen fatale Auswirkungen haben können, dass eine Teilnahme am Militärlager sie zu Dingen verpflichten könnte, die sie ablehnen. Besonders hätten sie sich aber gegen die in höchstem Maße unmoralische Koppelung von Dingen, die nichts miteinander zu tun haben und die eine Nötigung einschließen, auflehnen müssen: Sie hätten als gesamter Studiengang dagegen rebellieren müssen. Ich bin überzeugt, dass sie es geschafft hätten, dass die Vermischung von Zensuren von Militärausbildung und Studium, von Theologiestudenten und Studierenden anderer Fächer nicht zu halten gewesen wäre. Es war viel mehr in der DDR möglich, als man im Nachhinein Glauben machen will.
Bei der militärischen Ausbildung, die während jedes Studiums obligatorisch war, vermischte man Theologiestudenten mit den Studenten anderer Fächer. Für die militärische Ausbildung gab es eine Abschlusszensur, die sich unmittelbar auf die Endzensur des Studiums auswirkte. Diese Zensuren wurden aber nicht jedem einzelnen verpasst, sondern diese Zensur wurde in der Ausbildungsgruppe, - die ja zudem noch gemischt war – erarbeitet. Ein einzelner Renitenter hätte das gesamte Studium von ganz fremden Kommilitonen gefährden können. Die Theologiestudenten - die ja an sich den Anspruch der Menschenfreundlichkeit stellten -, hätten also (in diesem Sinne) ganz besonders gute militärische Leistungen erbringen müssen, um ihre fakultätsfremden Kommilitonen zu unterstützen. Die Praxis sah natürlich so aus, dass keiner das besonders ernst nahm, dass nur zum Schein alles Geforderte durchgeführt wurde. Dass alles an ihnen abglitt, keiner davon besonders berührt war, auch die Ausbilder selbst nicht.
Trotzdem bin ich der Meinung, dass sich dabei eine Lebenseinstellung herausgebildet hat, die fatal war, und die sich auch heute katastrophal auswirkt. Man hat ihnen die Einstellung vermittelt, dass es ziemlich egal ist, was man macht, wenn man nur keinen unmittelbaren Schaden anrichtet. Möglicherweise hat man ihnen damit das Unterscheidungsvermögen genommen, was Richtig, Falsch, Gut oder Böse ist.
Unsere Theologiestudenten lehnten das Militär ab. Sie hatten den Slogan „Frieden schaffen, ohne Waffen“. Dann lernten sie: Militärlager ist doch nur ein Jux, das schadet keinem. Andererseits hatten sie sich ein Studium gewählt, bei der es gerade darum geht, geistige Grundlagen zu schaffen, und da hätten sie wissen sollen, dass harmlose Sachen fatale Auswirkungen haben können, dass eine Teilnahme am Militärlager sie zu Dingen verpflichten könnte, die sie ablehnen. Besonders hätten sie sich aber gegen die in höchstem Maße unmoralische Koppelung von Dingen, die nichts miteinander zu tun haben und die eine Nötigung einschließen, auflehnen müssen: Sie hätten als gesamter Studiengang dagegen rebellieren müssen. Ich bin überzeugt, dass sie es geschafft hätten, dass die Vermischung von Zensuren von Militärausbildung und Studium, von Theologiestudenten und Studierenden anderer Fächer nicht zu halten gewesen wäre. Es war viel mehr in der DDR möglich, als man im Nachhinein Glauben machen will.
anne.c - 26. Aug, 15:28