Donnerstag, 16. Februar 2012

Nicht: Was ist das für ein Volk? sondern: Warum der Hass?

Es ist schon lange her, als ich zu einer Freundin kam, die gerade beim Lesen war. Sie sagte: „Ich lese jetzt das Buch „Die Quelle“. Denn ich möchte wissen, was das für ein es Volk ist, das überall, wo es auf der Welt auftritt, den Hass der Umgebung auf sich zieht?“ Leider war ich nicht imstande, darauf zu antworten und wir haben auch nicht wieder über das Buch gesprochen. Soviel ich weiß, ist es eine Mischung aus Roman und archäologischem Sachbuch, das die Ursprünge Israels erforscht. Ich nehme an, dass es mehr Zufall war, dass meine Freundin gerade an dieses Buch geraten ist, eine Antwort auf ihre Frage wird sie daraus nicht erhalten haben.

Mir wurde bewusst, dass genau in dieser Frage, die sie sich oder anderen stellte, ein ganzes Weltbild steckt: Hass ist eine zwingende Folge von etwas zu Ergründendem. Der Hass ist entschuldbar, weil er provoziert wurde. Hätte ich damals schon mehr nachgedacht, hätte ich mit einer Gegenfrage geantwortet: „Warum hassen Menschen andere Menschen, ohne dass diese ihnen etwas angetan haben, so sehr dass sie sie verfolgen, diskriminieren, umbringen?

Wenn man diese Gedanken weiter denkt, gelangt man zu den Grundpositionen:

Der Mensch ist gut. Böse können die Verhältnisse sein, und wenn sich der Mensch nicht gut verhält, dann liegt es an dem Bösen, das ihn provoziert hat.

Oder: Der Mensch ist zu allem Bösen fähig, er sollte sich und das, was in ihm „schlummert“, kennen, sich bewusst damit auseinandersetzen und die Regeln des menschlichen Zusammenlebens annehmen, weil das im Endeffekt auch ihm nützlich ist.

Bei der ersten These muss man davon ausgehen, dass derjenige, der zu dem Urteil „der Mensch ist gut“ kommt, sich selbst in der Position des Subjekts sieht, d. h. er und Seinesgleichen sind jene, die er als Menschen bezeichnet. Und diejenigen, die „das Böse“ darstellen, werden als Menschen nicht in Betracht gezogen. Wenn jemand den Satz ausspricht: „Was ist das für ein Volk, das den Unmut etc. auf sich zieht…?“, sieht er die Juden nicht als Menschen an. Sie sind Objekte, die den guten Menschen zu schlimmen Taten veranlassen. Er sieht sie nicht nur als jene die „das Böse herausfordern“, sondern er hält sie auch verantwortlich dafür, dass „der gute Mensch“ etwas Böses überhaupt tut. Diese Denkweise birgt einen unentrinnbaren Teufelskreis in sich, der von Dialektikern aller Art gern angenommen wird.

Es ist eigentlich nur ein winziger Gedankensprung von der Frage: „Was sind das für Menschen, die den Hass auf sich ziehen….“ zu „Warum sind Menschen so zum Hass fähig?“ Diese Frage wird in der Regel ignoriert, es ist geradezu eine Tabufrage. Wenn man dieser Frage nicht nachgeht, hat man sich schon auf die falsche Spur begeben mit allen tragischen und schlimmen Folgen.

Im Luftreich des Traums

gegen Ideologien

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Apartheit im Ökumenischen...
1 .Ein abgeschickter Brief an Bischof a.D. Bedfort-Strohm Herr...
anne.c - 8. Jul, 05:51
Reaktionen nach dem Angriff...
Dieser Beitrag wird ein wenig veraltet wirken, zu rasch...
anne.c - 1. Jul, 22:28
Presseclub
Vor der Fortsetzung der Reaktionen des Angriffs Israel...
anne.c - 24. Jun, 21:21
Reaktionen nach dem Angriff...
Die Reaktionen von offiziellen Medien und Bevölkerung...
anne.c - 21. Jun, 15:11
Nachtrag zu den Stolpersteinen
Vor Kurzem spazierte ich durch die kleine böhmische...
anne.c - 19. Jun, 23:09
Stolpersteine
Das sind diese kleinen quadratischen, messingfarbenen...
anne.c - 5. Jun, 21:28
Die Einschläge kommen...
Bis jetzt waren wir im Bekanntenkreis einigermaßen...
anne.c - 29. Mai, 14:39
Eine Zuschauermail
"Sehr geehrter Herr Prantl, als ich Sie heute bei...
anne.c - 22. Mai, 10:23
Gedenken: 80 Jahre seit...
In unserer Nachbarstadt fand eine große Veranstaltung...
anne.c - 16. Mai, 14:33
Gedenken: 80 Jahre seit...
Wer in der DDR aufgewachsen ist, hat den 8. Mai als...
anne.c - 10. Mai, 11:47

Links

Suche

 

Status

Online seit 5080 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 8. Jul, 05:54

Disclaimer

Entsprechend dem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 12.05.1998 gilt für alle Links und Kommentare auf diesem Blog: Ich distanziere mich hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller verlinkten Seitenadressen und aller Kommentare, mache mir diese Inhalte nicht zu eigen und übernehme für sie keinerlei Haftung.

Impressum

Anne Cejp
Birkenstr. 13
18374 Zingst