Wem gehört das Heilige Land? (Teil 1)

(Ein Bericht in drei Teilen)

Diese Frage stellte sich ein norddeutscher Bischof, und da er anderen Menschen seine Gedanken mitteilen wollte, hielt er in verschiedenen Kirchengemeinden Vorträge darüber. Dank meiner vielfältigen Erfahrungen über die zwiespältige Haltung deutscher Christen zum „Heiligen Land“ – ich berichtete mehrfach in diesem Blog – hatte ich den Verdacht, bei so einem Vortrag Interessantes zu erfahren und fuhr in den Nachbarort um ihn mir anzuhören.

Die Veranstaltung fand in einem kleinen Kirchlein statt. Es war gut gefüllt, überwiegend mit Urlaubern. Ein Gastpfarrer aus Chemnitz hielt die Begrüßung und erzählte, dass er zu Hause den Vorsteher der jüdischen Gemeinde gebeten hatte, einen Vortrag über Israel zu halten, und dieser hätte abgelehnt, denn er wäre als Chemnitzer Jude nicht für Israel zuständig. Der Bischof, obwohl ein deutscher Christ, hielt sich durchaus berufen, in Deutschland die Geschichte Israels zu beleuchten.

Sein Vortrag war rhetorisch gekonnt, systematisch aufgebaut und vermied jede emotionale Aussage zum „Heiligen Land“. Der Vortrag strotzte von Zahlen und Daten, was die Besucher etwas verwirrte und ermüdete. Ein Fazit, wem nun dieses Land gehören würde, gab es nicht, und das Publikum blieb mit der Erkenntnis zurück: Es gibt keine einfachen Lösungen.

Kontinuierlich schimmerte durch den Vortrag der Eindruck, dass der Vortragende es nicht für gut befindet, dass Juden in Israel leben und ihren eigenen Staat haben, denn „Land bringt keine Erlösung“ und „Gott bindet sich nicht an ein Territorium“, so war seine Aussage. Viele nebenher ausgesprochene Bemerkungen ließen den Eindruck entstehen, dass Juden in dieser Gegend nicht unbedingt zu Hause sein sollten, denn im 19. Jahrhundert lebten dort nur 17 000 Juden, dagegen 400 000 Araber. Nach mehreren Einwanderungswellen lebten bei der Staatsgründung 1948 600 000 Juden auf dem Gebiet. Dass zu Ende des 19. Jahrhunderts die Idee des Zionismus, den er offensichtlich missbilligte, aufkam, sah er in der Entfremdung zwischen Juden und Christen, in der Entfremdung der Ost- und Westkirche und in dem Aufkommen der Nationalstaaten. Ganz logisch waren der Inhalt des Vortrags und die Begründungen nicht. Der Begriff Antisemitismus wurde vermieden.

Der Bischof meinte, der Zionismus hätte einen Geburtsfehler, denn dieser strebe eine jüdische Parallelgesellschaft an in der nur Juden lebten, während in alter jüdischer Zeit, zur Zeit des alten Testaments, viele Völkerschaften auf dem Gebiet gelebt hätten. Wie viele Araber und andere Völkerschaften auch heute in Israel leben, wurde vorsichtshalber nicht erwähnt. Mehrmals fiel der Begriff: „Ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land“, er sagte aber nicht, dass dieser Satz von christlichen Autoren (höchstwahrscheinlich Lord Shaftesbury) geprägt wurde und nicht die Richtschnur für jüdische Einwanderer war.

Im Luftreich des Traums

gegen Ideologien

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