Dienstag, 4. Juli 2017

Bericht über eine Tagung: „Antisemitismus in den Medien“ (Teil 3)

Episoden am Rande

Eine freudige Überraschung war, dass ich auf eine Frau traf, mit der ich vor 20 Jahren in einem Elternkreis zusammen arbeitete, und mit der ich seitdem kaum Kontakt hatte. So hielten wir zueinander. Nicht ohne Kontroversen. Sie hatte kein schlechtes Verhältnis zu Juden, aber auf ihren Luther ließ sie nichts kommen. „Stellen sie sich vor, gerade habe ich zu Hause einen Vortrag von einem Juden über Luther gehört, und der ließ kein gutes Haar an Luther, das gehört sich nicht!“ Ich entgegnete: „Die Juden mussten aber die Folgen von Luthers feindseligen Einstellung zu ihnen tragen.“ „Aber das ist doch 500 Jahre her, das hat doch heute nichts mehr zu sagen!“ „Dann spielen die 95 Thesen heute auch keine Rolle mehr“. „Nein, so sehe ich das nicht, ich finde nur, wenn jemand etwas Negatives zu sagen hat, dann muss er bei sich anfangen.“ „Wollen sie damit sagen, dass die Juden bei sich selbst die Schuld suchen sollen, dass sie gehasst und getötet werden?“ „Nein, um Gottes Willen! Ich meine nur, man muss grundsätzlich immer erst einmal sich selbst hinterfragen, wenn man Negatives sagt“. Ich antwortete: „Dann müssen sie jetzt erst mal sich selbst hinterfragen bei dem, was sie gesagt haben“ Mit einem entnervten: „Ach sie, mit ihrer Wortklauberei!“ endete die Unterhaltung bis zum Ende der Mahlzeit, später waren wir einander wieder freundlich zugetan.

Ebenfalls zu meiner Freude traf ich einen mir seit Jahren bekannten Musikfreund. Er hatte einen beträchtlichen Weg zurückgelegt, um den Vortrag „Judenfeindschaft in den Passionsmusiken von J.S. Bach?“ zu hören. Als ich ihn zufällig einige Tage später bei einem Konzert wieder traf, fragte ich ihn nach seinem Eindruck. Er bestritt die rhetorische Qualität des Vortragenden nicht, aber mit dem Inhalt war er nicht zufrieden. Ähnlich wie meine Bekannte nichts auf ihren Luther kommen lassen wollte, so wollte er seinen Bach nicht diskreditiert sehen. „In den Textbüchern sind doch nur die Juden gemeint, die damals gerade da waren, doch nicht alle Juden“. „Ja, aber alle Juden mussten es ausbaden“. Mit: „Ja, da haben sie wohl Recht“, wurde dieser kurze Dialog beendet.
(Fortsetzung folgt)

Im Luftreich des Traums

gegen Ideologien

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Zwei deutsche Kulturgrößen
Wenn sich in Deutschland Kulturgrößen zu Israel zu...
anne.c - 23. Apr, 17:37
Nach dem iranischen Angriff
Wie viele andere Menschen, haben wir den iranischen...
anne.c - 17. Apr, 17:39
Lüge und Wahrheit
Gern höre ich den Schweizer Sender „Kontrafunk“, der...
anne.c - 12. Apr, 12:59
Ein schönes Erlebnis
Wieder befand ich mich 2 ½ Tage mit meinem gut sichtbaren...
anne.c - 6. Apr, 19:42
Warum? – Die ewige Frage
„Es wird keine Geisel befreien, wenn Kinder derzeit...
anne.c - 29. Mär, 10:16
„The Zone of Interest“
Schon 2012 schrieb ich https://luftreich.twoday.n et/20120722/...
anne.c - 23. Mär, 13:40
Erlebnisse mit Israel-Fahne
Die Erlebnisse, die man selbst hat, sind immer interessanter...
anne.c - 16. Mär, 21:49
Nachbetrachtungen zum...
In dem Buch „Jahrhundert der Wölfe“ von Nadeshda Mandelstam...
anne.c - 7. Mär, 21:19
Arye Shalicar und die...
Jeden Abend hören wir den Podcast von Arye Shalicar....
anne.c - 26. Feb, 20:43
Als unredigierte Kommentare...
Als unredigierte Kommentare im Internet können solche...
nömix - 19. Feb, 12:10

Links

Suche

 

Status

Online seit 4635 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 23. Apr, 17:38

Disclaimer

Entsprechend dem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 12.05.1998 gilt für alle Links und Kommentare auf diesem Blog: Ich distanziere mich hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller verlinkten Seitenadressen und aller Kommentare, mache mir diese Inhalte nicht zu eigen und übernehme für sie keinerlei Haftung.

Impressum

Anne Cejp
Birkenstr. 13
18374 Zingst