Montag, 1. August 2016

Wem gehört das Heilige Land (Teil 2)

Ein Bericht in drei Teilen

Obwohl der Bischof seinen Vortrag systematisch mit Punkten und Untergliederungen aufbaute, herrschte innerhalb der Punkte wenig Logik, ja sogar Missverständliches. So erzählte er einfach mal zwischendurch, dass sich die jordanische Königin und Frau Netanjahu auf dem Nahostgipfel 1996 unterhielten, und die Königin meinte, die Israeli würden die Araber nicht anerkennen, worauf Frau Netanjahu antwortete: Wir brauchen doch die Araber als Arbeiter! Das sollte vielleicht eine Begründung dafür sein, dass viele Araber in Israel leben oder eine Begründung für etwaige Missachtung der Araber, uneingedenk der Tatsache, dass viele Araber in Israel freier leben als in jedem arabischen Land, und dort ihren Wohlstand und ihre Lebensgrundlage haben.

Die Gründung des Staates Israel wäre aus drei Säulen hervorgegangen, er bezeichnete sie als Sekundärfolge der Shoa: Die starken Einwanderungswellen während der Nazizeit und nach dem Krieg. Weiterhin dem schlechten Gewissen der Welt und einer „Überidentifikation“ mit dem Leiden der Juden. Was er unter Überidentifikation verstand, konnte ich mir nur so auslegen, dass es etwas übertrieben war, den Juden wegen des Holocaust einen Staat zu gewähren. Dass die Shoa (wie er es sagte) etwas ganz Schreckliches war, dieser Meinung war er, allerdings begrüßte er die Gründung Israels nicht. Denn die war mit einer Vertreibung der Palästinenser verbunden, nämlich der Nakba. Dass die Palästinenser überwiegend vertrieben wurden und nicht etwa von arabischen Führern zur Flucht aufgerufen worden waren, das würde der israelische Historiker Ilan Pappe belegen, auf andere wissenschaftliche Erkenntnisse stützte er sich nicht. Warum 20 % der israelischen Einwohner Araber sind, ging daraus nicht hervor. Den Juden die aus den Gebieten vertrieben wurden, die vorher in dem Teil des Landes wohnten, das nicht zu Israel gehören sollte und die dort bedeutende Kulturleistungen erbracht hatten, wurde kein Begriff wie Nakba zugestanden – vielleicht weil sie schon den Holocaust für sich reklamieren konnten. Er war der Meinung, dass es ein Skandal sei, dass die palästinensischen „Flüchtlinge“ bis heute in Lagern leben und von ihren arabischen Brüdern nicht integriert wurden.

Der Bischof vermied es, allzu konkret auf geschichtliche Details einzugehen. Man bekam aber mit, dass dieser Teil der Erde vor dem 1. WK zum Osmanischen Reich gehörte und danach von den Engländern als „britisches Mandat“ verwaltet und beherrscht wurde. Die Engländer hätten nach ihrem Abzug 1948 die Grenzen der Staaten, die neu entstanden, sehr willkürlich gezogen ohne Rücksicht auf die Befindlichkeiten der dortigen Volksgruppen. Das kollidiert meiner Meinung nach etwas mit seiner Aussage, dass Land sowieso keine Erlösung bringt. (In dieser Beziehung wundere ich mich – ebenso wie bei Vorträgen und Aufsätzen anderer -, dass die Gründung anderer Staaten wie z.B. Jordanien (am 25. Mai 1946) als selbstverständlich und nicht der Rede Wert angesehen, während die Gründung Israels (am 14. Mai 1948) mit dem Nimbus von etwas, was sich nicht gehöre umgeben ist. Das hat der Bischof allerdings nicht wörtlich gesagt).

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